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Aufsätze zur Geschichte Ibbenbürens > Abbau und Nutzung der
Oberkreidekalke |
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Abbau und Nutzung der Oberkreidekalke
am
Nordrand der Westfälischen Bucht von
Rheine bis Tecklenburg
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Standorte |
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Karte - Kreis Steinfurt 1985 - 1;50 000
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Standort 4:
Riesenbeck - Birgte, Alte Birgter Str. 209, Breckweg-Gehring
Standort 4.1 - Birgte,
Kaisereistr. - Im Lerchengrund 99, Görges
Standort 5
: Ibbenbüren, Riesenbecker Str. 64
Standort 5.1 - Riesenbecker
Str. 30
Standort 5.2 - Riesenbecker
Str. 70 westliche Kalköfen
Standort 6 : Ibbenbüren,
Am Klee 15 Krüer
Standort 7 : Brochterbeck,
Dörenther Str. 40
Standort 8 : Brochterbeck,
Höhenweg 24
Standort 8.1 Brochterbeck,
Am Kalkwerk 1
Standort 9 : Tecklenburg
- Sundermanns Knapp 16 - Kleeberg, Canyon |
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Schriftliche Hausarbeit,
vorgelegt im Rahmen der Ersten Staatsprüfung
für das Lehramt für die Sekundarstufe II
von Thorsten Hinz
Auf dem Lohesch 20
4542 Tecklenburg 4 |
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Original bei Heinz Krüer, Krummacherstr. 1 |
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Vorwort
Die Kalkindustrie läßt sich in ihren Anfängen bis zum Ende des
19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Die Nutzung des Kalksteins
als Nebenerwerb und zur Deckung des Eigenbedarfs begann im nordwestlichen
Bereich des Teutoburger Waldes jedoch bereits Mitte des 19.
Jahrhunderts. Eine Arbeit, die sich mit der Kalkindustrie befaßt,
muß also zwangsläufig auch ihre Geschichte berücksichtigen,
so daß die Entwicklung bis zu den heutigen Industriestandorten
nachvollziehbar und bewertbar wird. Das Recherchieren der Genese
und der Technikgeschichte der im Untersuchungsgebiet ansässigen
Kalkindustrie ist ein wesentlicher Aspekt dieser Arbeit. Der
zweite wichtige Punkt ist die weiterführende Bestands- aufnahme
der gegenwärtigen Kalkwerke. Im Vergleich zu den Anfängen der
Kalknutzung haben sich bis heute grundlegende Änderungen vollzogen,
die sich sowohl dem technischen, dem wirtschaftlichen als auch
dem ökologischen Bereich zuordnen lassen. Neben der üblichen
Literatur war sowohl Archiv- als auch Feldarbeit vor Ort erforderlich.
Als besonders zeitaufwendig erwies sich die Arbeit in den Stadtarchiven
Ibbenbüren und Rheine. Für eine korrekte und exakte Übersicht
über die Entwicklungs-geschichte war sie jedoch absolut notwendig.
Als sehr hilfreich erwiesen sich Befragungen älterer Bewohner
in den Ortschaften Brochterbeck, Dörenthe und Birgte, wodurch
manche Unklarheit bezüglich einiger Besitzverhältnisse geklärt
werden konnte. Die Befragung der Kalkwerkbesitzer verschaffte
vor allem Aufschluß über gegenwärtige technische Aspekte wie
Produktangebot, Absatzsituation u.a. Bezogen auf die Geschichte
der Kalkwerke erwiesen sich Aktenunterlagen und Briefwechsel
allerdings als verläßlichere Informations-quellen. Gegenwärtig
spielen ökologische Aspekte in der Kalkindustrie eine oft entscheidende
Rolle. Die Diskussion über Folgenutzungen von Steinbrüchen begann
in den 70er Jahren. Rekultivierung und Renaturierung haben heute
in der Steine-und-Er-den-Industrie einen hohen Stellenwert und
durften daher auch in dieser Arbeit nicht unberücksichtigt bleiben.
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Ich möchte an dieser Stelle allen Personen danken,
die mir bei der Erstellung meiner Arbeit zur Seite gestanden
haben. Herrn Prof. Dr. Wolfgang Feige möchte ich für seine Betreuung
und Hilfestellung danken. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn
Dr. Jussen, der mir einige wertvolle Unterlagen zur Verfügung
gestellt hat, die bei der Untersuchung der Entwicklungsgeschichte
der Kalkwerke Rheine GmbH sehr hilfreich waren. ' Ebenso danke
ich den Mitarbeitern des Stadtarchivs Ibbenbüren, Frau Schürmann
und Herrn Schwank, mit deren Hilfe ich Einsicht in wichtige
Unterlagen nehmen konnte. Ihnen verdanke ich auch einige wichtige
Repro-Aufnahmen. Ebenso für Bildmaterial und die Einsicht in
unveröffentlichte Literatur gilt mein Dank Herrn Christian Hoebel
vom Referat "Technische Kulturdenkmäler" in Münster. Ohne die
Hilfe von Frau Sebastian vom Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie,
durch die ich weitere, z.T. unveröffentlichte Literatur erhielt,
wären meine Ausführungen über die Technikgeschichte sehr viel
weniger informativ gewesen. Mein Dank gilt natürlich auch den
Inhabern bzw. Geschäftsführern der Kalkwerke Wallmeier in Dörenthe,
der Kalkwerke Middel GmbH und Breckweg GmbH in Rheine sowie
der Kalkwerke Rheine Wettringen Schencking & Co. für ihre Kooperationsbereitschaft.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch bei Herrn Krüer
in Dörenthe bedanken, der mir Informationen über das Kalkwerk
Krüer sowie einiges Bildmaterial zur Verfügung gestellt hat.
Besonderer Dank gilt Frau Dittmar, die mich ständig angespornt
und motiviert hat und mich bei vielen Untersuchungen "vor Ort"
begleiten konnte.
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Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung 1 |
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2. Untersuchungsgebiet 2
2.1 Geographische Einordnung 2
Eingrenzung des Untersuchungsgebietes * 3
Geologisch-morphologisches Gesamtbild 4
Stratigraphische Gliederung und Charakterisierung der Oberkreidekalke
im Untersuchungsgebiet 6
Klimatische Verhältnisse 7
2.6 Edaphische Gegebenheiten 8 |
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3. Kurzcharakterisierung der Standorte
Standort 4: Riesenbeck - Birgte 14
3.5 Standort 5 : Ibbenbüren - Dörenthe, westlich der B 219
3.6 Standort 6 : Ibbenbüren - Dörenthe, östlich der B 219
3.7 Standort 7 : Brochterbeck - Oberdorf 20
3.8 Standort 8 : Brochterbeck - Ost 20
3.9 Standort 9 : Tecklenburg - Kleeberg 23 |
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4. Genese der Kalkgewinnung und Kalknutzung 26
4.1 Chronologie der globalen Entwicklung von den Anfängen bis
zum 19. Jahrhundert 26
Vorindustrielle Kalknutzung im Untersuchungs gebiet 29
Raum Riesenbeck-Brochterbeck-Tecklenburg 32
4.3 Industrielle Kalknutzung 33
4.3.1 Entwicklung und Funktionsweise der relevanten Ofentypen
34
4.3.3 Raum Riesenbeck-Brochterbeck-Tecklenburg 54 |
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5. Produktionsablauf 65
5.1 Exploration und Aufschluß 65
Gewinnung des Kalksteins 67
5.3 Weiterverarbeitung des Haufwerks 70
Entsäuerung des Materials 71
Verwendung bzw. Weiterverarbeitung des Brannt kalkes 73
5.6 Anwendungsbereiche außerhalb des Untersu chungsgebietes 76
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6. Wirtschaftliche Situation und Perspektiven
79
6.1 Wirtschaftliche Situation und Perspektiven der deutschen Kalkindustrie
80
6.2 Wirtschaftliche Situation und Perspektiven der im Untersuchungsgebiet
ansässigen Kalkindustrie 81 |
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7 Rekultivierung bzw. Renaturierung und Folgenutzung
der Steinbrüche 89
8 Zusammenfassung 94 |
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Einleitung
Der Nordrand der Westfälischen Bucht ist das am weitesten nordwestlich
gelegene Kalkabbaugebiet der Bundesrepublik. Es versorgt vor allem
nordwestliche Regionen ( Münsterland, Emsland ) mit einer differenzierten
Produktpalette. Abgebaut werden im Untersuchungsgebiet überwiegend
hochprozentige Kalksteine der Oberkreideschichten, die als Oberkreidekette
morphologisch sichtbar von Tecklenburg über Bevergern bis Rheine
verlaufen ( vgl. Kap. 2.3 ).
Dieses Kalkabbaugebiet hat eine 140 jährige Tradition. Der Abbau
begann - wie in anderen Regionen auch - als Nebenerwerb mit einfachsten
Geräten und Hilfsmitteln. Mittlerweile haben sich große Kalkwerke
entwickelt, die vollautomatisch betrieben werden. Im Untersuchungsgebiet
waren die kleinen Kalkgruben zwischen Tecklenburg und Rheine gleichmäßig
verteilt. Von den Anfängen des Abbaus bzw. der Kalkherstellung
ist kein Datenmaterial mehr erhalten.
Später, im 20. Jahrhundert, konzentrierte sich der Abbau auf einige
Regionen, die entweder verkehrsgünstig lagen oder ein großes Abbaupotential
aufwiesen.
Von den vielen kleinen und größeren Betrieben im Raum Tecklenburg
konnte sich nur ein Familienbetrieb in Brochterbeck behaupten.
Voraussichtlich wird in absehbarer Zeit auch Brochterbeck als
Kalkindustriestandort wegfallen (vgl. Kap. 6.2 ).
Über die Kalkindustrie und ihre Genese wurden bislang schon einige
Arbeiten verfaßt. Diese Untersuchungen erfolgten jedoch unter
anderen thematischen Gesichtspunkten. Berücksichtigt wurden hier
überwiegend vegetationsgeographische Fragestellungen und ökologische
Aspekte. Eine Untersuchung, die gleichermaßen historisch-genetische
und gegenwärtige Entwicklungen aufzeigt und regionale Unterschiede
in diesem Raum analysiert und bewertet, liegt meines Wissens noch
nicht vor. |
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Eingrenzung des Untersuchungsgebietes
Die geologischen Untersuchungen lassen erkennen, daß die Westgrenze
des Untersuchungsgebietes über Rheine hinaus festgelegt werden
kann ( vgl. Kap. 2.3 ). Die Untersuchungen über die Genese der
Kalkindustrie und ihre betrieblichen Verflechtungen im Raum
Rheine erfordern es meines Erachtens sogar, daß die Region bis
zum Bilker Berg nördlich von Wettringen mitberücksichtigt wird.
Der Kleeberg im Nordwesten Lengerichs kennzeichnet die östliche
Grenze meiner Untersuchungen. Regionalpolitisch gehört dieser
Raum zwar zum Stadtgebiet Lengerich, industriegeschichtlich
jedoch muß er zum Raum Tecklenburg gerechnet werden
Geologisch-morphologisches
Gesamtbild
Die Bezeichnungen Teutoburger Wald' und 'Osning' werden in der
Fachliteratur oft gleichwertig verwendet, als handele es sich
in beiden Fällen um das gleiche Objekt. Das ist sachlich nicht
richtig; 'Teutoburger Wald' ist die geographische Bezeichnung
für den bewaldeten Gebirgszug, der das flache Münsterland von
dem hügeligen Bergland der Nordwestfälisch-Lippischen Schwelle
bzw. dem Osnabrücker Bergland trennt. Der 'Osning' ist eine
tektonische Grenzlinie zwischen Niedersächsischem Tektogen und
der Rheinischen Masse und vermutlich durch Vertikalbewegungen
dieser Großschollen bei gleichzeitiger Annäherung entstanden.
Die tektonische Einheit des Osnings fällt in den südöstlich
anschließenden Räumen mit dem Gebirgszug zusammen und die tektonischen
Elemente sind sehr viel enger zusammengedrängt als im Untersuchungsgebiet.
Die undifferenzierte Bezeichnung 'Osning' für den Teutoburger
Wald wird ihren Ursprung in der räumlichen Nähe der beiden Phänomene
haben. Die Osning-Achse verläßt bei Iburg den Teutoburger Wald
und verläuft im Untersuchungsgebiet bereits 2-4 km weiter nördlich.
Der Teutoburger Wald wird hier von zwei parallel laufenden Ketten
gebildet, die ihren Ursprung in der saxonischen Faltungsära
haben und durch ein ca. 500 m breites Längstal getrennt sind.
Dieses Tal entstand durch die Ausräumung der weicheren Gesteine
des Mittel- und Oberalbs (THIERMANN 1987). Das Landschaftsbild
des Untersuchungsgebietes deckt sich überwiegend mit seinem
geologischen Bau. Der nördlichere und zudem höhere der beiden
Höhenzüge des Teutoburger Waldes ist schütter mit Nadelholz
bewachsen. Er besteht aus Sandsteinen der Unterkreide, die nach
Nordwesten zunehmend morphologisch gegliedert sind. Diese Unterkreidekette
endet nördlich von Bevergern mit dem Übergang bzw. der Faziesänderung
der sandigen in tonige Gesteine. Die Oberkreidekette, , die
mehr durch tektonische Störungen verursachte Täler aufweist,
nimmt im Untersuchungsgebiet von Tecklenburg bis Bevergern ständig
an Höhe ab. Westlich von Bevergern setzt sich dieser Höhenzug
mit jetzt westsüdwestlicher Streichrichtung bis zum Thieberg
bei Rheine fort, wird aber geographisch nicht mehr zum Teutoburger
Wald gerechnet. Von Tecklenburg bis Dörenthe ist eine Längsgliederung
in einen höheren, aus Gesteinen des Cenomans und einem niedrigeren,
südlichen, aus Gesteinen des Turons bestehenden Höhenzug erkennbar.
Bei Dörenthe taucht die Turon-Rippe unter das Quartär ab. Nordöstlich
von Rheine ändert sich das morphologische Erscheinungsbild.
Der geologisch-tektonisch zum Teutoburger Wald gehörende Höhenzug
beginnt in Altenrheine, verläuft südwestlich durch Rheine und
Neuenkirchen und streicht bei Haddorf aus. Zum Untersuchungsgebiet
gehört daher im Prinzip das gesamte Gebiet Stadtberg-Thieberg
mit vorgelagertem Waldhügel bis zum Bilker Berg nördlich von
Wettringen Charakteristisch für die Kalkgesteine der westfälischen
Oberkreide und damit auch für die Oberkreide des Teutoburger
Waldes ist ihr schwankender Gehalt an Calciumcarbonat ( CaCO3
). Den höchsten CaCo3-Gehalt haben die Cenoman-Kalke (Rhotomagense-Kalke),
die von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind und die die insbesondere
im Raum Rheine und Brochterbeck verstärkt zutage treten.
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Kurzcharakterisierung der Standorte |
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Standort 4:
Riesenbeck - Birgte
Das Cenoman tritt bei Birgte nur noch als unbedeutender Höhenrücken
zutage, dessen Kamm an diesem Standort noch eine Höhe von 77,7
m über NN erreicht ( THIERMANN 1970a ). Abgebaut wurde auch
hier Rhotomagense-Kalk, der mit einer mittleren Mächtigkeit
von 60 m zutage tritt und dessen Grenze zum Turon als Geländeknick
am Fuße des Höhenzuges erkennbar wird Abbautreibende waren hier
(Im Lerchengrund) die Kalkwerke Otto Breckweg GmbH (bis 1963
) und die Firma Görges ( vermutlich bis Ende der 70er Jahre
), deren Betriebsgelände ca. 500 m weiter nordwestlich liegt
Standort 4.1
Im Lerchengrund 99, Görges Das Gelände der Firma Görges
wird auch weiterhin gewerblich genutzt; einige LKWs befinden
sich zu verschiedenen Zeiten auf dem Gelände. Nähere Auskünfte
wollte der jetzige Eigentümer nicht geben. Darüber hinaus untersagte
er jegliches Betreten oder Fotografieren des Betriebsgeländes
inklusive Steinbruch. Vermutlich handelt es sich um einen offengelassenen,
mit Abraum oder Schutt teilverfüllten Bruch, so ist der Bruch
offengelassen worden oder mit Abraum oder Schutt teilverfüllt.
Hier können nur Vermutungen angestellt werden, die Produktionsanlagen
wirken verwahrlost. Es handelt sich - der nach Größe zu urteilen
- um einen Familienbetrieb aus den 30er bis 50er Jahren.
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Broschüre vom Heimatverein Riesenbeck Storcks
Linde als Zeitzeuge Paul Egbert -
Das Kalkwerk Wilhelmina,
Standort 4
Im zentralen Bereich von Storcks Linde waren vier größere
Kalköfen mit Mühlen mit dem Abbau des Mergels oder Kalkes industriell
beschäftigt. Die erste Kalkgrube in Höhe des Hofes Schnellebrink
betrieb ein Holländer als Pächter und nannte das Kalkwerk in
Anlehnung an die holländische Königin "Wilhelmina". Es wurde
hier hauptsächlich Mergel verarbeitet, das ist Rohkalk, der
nicht gebrannt ist, sondern nur gemahlen und als Dünger von
saurem Ackerboden oder zur Wasseraufbereitung gebraucht wurde.
Das Werk hatte eine eigene verlegt und zusätzlich drei Schachtöfen
gebaut, um den Rohkalkstein auch zu brennen, der dann in der
Bauindustrie Verwendung fand. 1967 wurde das Werk - zwischenzeitlich
war Otto Breckweg alleiniger Inhaber - stillgelegt, da sich
die weiteren betrieblichen Aktivitäten auf das Hauptwerk in
Rheine konzentrierten.
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Foto Nr. 25
Kalkwerk Riesenbeck,
Otto Breckweg 1960 |
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Quelle:: (Öl auf Leinwand, Kalkwerke
Otto Breckweg GmbH, Rheine) |
Kalkwerk Riesenbeck, Otto Breckweg 1960
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Foto Nr.
5
Ehemaliges Kalkwerk Görges
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Quelle::Thorsten Hinz |
Ehemaliges Kalkwerk Görges
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Der Kalksteinbruch (Alte Birgter Str. 209, Sackgasse
vom Kanal nach Norden) der Kalkwerke Otto Breckweg in Riesenbecke/Birgte
ist vom Eigentümer (Familie Gehring) z.T. als Bauschuttdeponie
freigegeben. Der Kalkteich im Bruch ist als Fischgewässer verpachtet.
Die beiden Öfen im Steinbruch sind halb verfallen; ebenso die
Reste der Firmengebäude am Kanal, die nicht abgerissen
wurden.
Standort 5: Ibbenbüren - Dörenthe,
Riesenbecker Str. 64
Standort 4 und Standort 5 sind etwa 1000 m voneinander entfernt;
es liegen daher ähnliche geologische Verhältnisse vor Die Mächtigkeit
des begehrten rhotomagense-Kalkes, der auch hier abgebaut wurde,
liegt bei wenig über 60 m, nimmt aber nach Osten ständig zu.
Die Obergrenze zum Turon ist am Fuß der Hügelkette deutlich
als Geländeknick ausgeprägt.4. Es handelt sich hier um einen
länglichen, ca. 6 ha großen Steinbruch, der zuletzt von drei
Firmen genutzt worden ist. Die Betriebe sind zu unterschiedlichen
Zeiten stillgelegt worden. Abbautreibende waren im Westteil
bis 1968 Firma H. Wallmeier, im Mittelteil als Pächter bis 1982
Firma B. Breckweg und im Ostteil (Riesenbecker Str. 30,
Standort 5.1)
als Pächter Firma Wallmeier bis 1972. Seit 1983 wird im
Mittelteil von einer anderen Firma Kalk zur Herstellung von
Schottern abgebaut.
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Foto Nr.
7
Ehemaliges Kalkwerk Wallmeier mit Wohnhaus (Westteil)
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Quelle::Thorsten Hinz |
Ehemaliges Kalkwerk Wallmeier
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Die Betriebsgebäude Breckweg sind überwiegend
gut erhalten, befinden sich aber mit Ausnahme der im Mittelteil
1983 wieder in Betrieb genommenen Gebäude und den westlichen
Kalköfen (Standort ohne Nr. - Riesenbecker Str. 70) im Verfall.
4. Vergleiche auch Thiermann 1970b, S. 97f.
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Foto Nr. 8
Ehemaliges Kalkwerk Bernhard
Breckweg (mittler Betrieb
Riesenbecker Str. 64)
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Quelle::Thorsten Hinz |
Ehemaliges Kalkwerk Bernhard Breckweg
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Ehemaliges Kalkwerk Bernhard Breckweg (mittler
Betrieb Riesenbecker Str. 64) Die heutige Firma Heinl Die Betriebsgebäude
Breckweg sind überwiegend gut erhalten, befinden sich aber mit
Ausnahme der im Mittelteil seit 1983 wieder in Betrieb genommenen
Gebäude und den westlichen Kalköfen im Verfall. Zum Teil wird
in den Bereichen des rechten Betriebes Bauschutt verfüllt. Im
Mittelteil ist Mutterboden aufgefüllt worden. Ein Kalkteich
im westlichen Teil wird nach Angaben eines Anwohners als Angel-
und Badeteich genutzt.
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Standort 6 - Krüer, Am Klee 15
Ibbenbüren - Dörenthe - östlich der B219 Die geologischen Verhältnisse
westlich und östlich der Bundesstraße 219 unterscheiden sich
nicht. Auch hier sind die Ablagerungen des Turon vom Quartär
bedeckt. Dieser Steinbruch allerdings ist stark bewaldet, der
Boden mehr oder weniger stark durchnäßt. Abbautreibende waren
zuletzt die Firma Bernhard Breckweg in Zusammenarbeit mit den
Grundbesitzern, der Familie Krüer. Der, Betrieb wurde 1973 endgültig
stillgelegt.5. Teilbereiche des Bruches wurden mit Abraum verfüllt.
Im östlichen Bruchgebiet nutzt ein Hundesportverein ein ca.
500 m2 großes Areal.6. Die Betriebsgebäude sind erhalten, befinden
sich jedoch im Verfall.
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5 Nach Angaben des Besitzers, Herrn Krüer
6 siehe Amm. 5
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Foto Nr. 10
Ehemaliges Kalkwerk Krüer
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Quelle::Thorsten Hinz |
Ehemaliges Kalkwerk Krüer
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Standort 7: Dörenther Str. 40, Schmitt - Cramer
Brochterbeck - Oberdorf
Dieser Steinbruch befindet sich auf dem gleichen Höhenzug 2000
m östlich des vorherigen Standortes Von Brochterbeck kommend
ist der alte, ca. 11m hohe Trichterofen schon von weitem erkennbar.
Der Steinbruch, der aus mehreren Teilkomplexen besteht, ist
recht stark bewaldet; es handelt sich hierbei jedoch nicht um
Anpflanzungen.
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Foto Nr. 11
Kalkofen Schmitt
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Quelle::Thorsten Hinz |
Kalkofen Schmitt
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Der Kalkofen steht unter Denkmalschutz, befindet
sich aber trotzdem in schlechtem Zustand. Das ehemalige Betriebsgelände
wird vom jetzigen Besitzer Schmitt als Kfz-Kleinbetrieb gewerblich
genutzt. Ein großer Teil des Bruches ist mit Bauschutt und Müll
aufgefüllt worden und wird jetzt ackerbaulich genutzt. Der Ofen
war nur wenige Jahre in Betrieb und wurde 1935 stillgelegt.
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3.8 Standort 8: Lindner, Höhenweg 24 Brochterbeck
- Ost
Morphologisch hebt sich der Oberkreiderücken östlich von
Brochterbeck markanter hervor als im Verlauf weiter westlich.
Hier befinden sich zwei Steinbrüche, von denen der nord-exponierte
Ende der 20er Jahre aufgegeben und in den 70er Jahren mit Bodenaushub
und Bauschutt teils verfüllt wurde. Es überwiegen Ruderal-Gesellschaften.
Die Betriebsgebäude befinden sich 200-300 m weiter nördlich
auf der anderen Talseite
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Foto Nr. 12
Betriebsgebäude des
ehemaligen Werkes Lindner
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Quelle::Thorsten Hinz |
Betriebsgebäude des ehemaligen
Werkes Lindner
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Foto Nr. 13
Standort 8.1
Kalkwerke Dörenthe
Wallmeier u. Söhne,
Am Kalkwerk 1 |
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Quelle::Thorsten Hinz |
Standort 8.1 Kalkwerke Wallmeier u. Söhne,
Am Kalkwerk 1
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Standort 8.1 Kalkwerke Wallmeier u. Söhne,
Am Kalkwerk 1
Auf der südexponierten Seite wird von der Firma Wallmeier und
Söhne immer noch Kalk abgebaut und gebrannt. Auch hier wird
der Rhotomagense-Kalk gewonnen. Gebrannt wird in 4 Schachtöfen,
die mit Kohle befeuert werden. Eine ca. 50 m breite Kalkrippe
trennt die westliche Grube mit den Ofenanlagen von der östlichen,
wo derzeit abgebaut wird. In der Nähe der Öfen wurde Abraum
abgekippt, der mit standortgerechten Gehölzen bepflanzt wurde.
Die Firma Wallmeier und Söhne ist das einzige Kalkwerk im Alt-Kreis
Tecklenburg, das noch in Betrieb ist (vgl. Kap. 6.2 ).
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Standort 9
Tecklenburg, Kleeberg, Sundermanns Knapp 16 Dies ist der östlichste
Standort im Untersuchungsgebiet. In diesem Steinbruch wurden
Cenomankalke bis zum Varians-Pläner abgebaut Abbautreibender
war zuletzt die Firma Dyckerhoff. Der Bruch wurde 1977 stillgelegt,
die Betriebsgebäude in den 60er Jahren abgerissen. Die Höhendifferenz
zwischen dem höchsten Punkt und der tiefsten Abbaustelle beträgt
ca. 50-60 m. Im westlichen Bruchgebiet liegt ein See, der durch
Bauschutt geteilt wurde und dessen östliche Hälfte seit 1982
als Badesee genutzt wurde (Foto Nr. 14). In der östlichen Spitze
des Bruches, der in Lengerich als Canyon bekannt ist, wurde
Bauschutt verfüllt. Auf dem ehemaligen Betriebsgelände südlich
des Bruches wachsen angepflanzte Pappeln. Auf dem größten Teil
der Fläche, wo keine anthropogene Beeinträchtigung ( Badebetrieb,
"Biking", Naherholung ) vorliegt, hat sich eine üppige Vegetation
entwickelt.
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Foto Nr. 14
Badesee des Steinbruches
Standort 9
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Quelle::Thorsten Hinz |
Badesee des Steinbruchs
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Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Jedoch sind alle nachweisbaren Betriebe aufgeführt. Es gibt
darüber hinaus zahllose Brüche und Gruben zwischen Riesenbeck
und Brochterbeck, in denen Kalk abgebaut und gebrannt wurde.
Sie sind jedoch mit dichter Vegetation bewachsen und oft auf
den ersten Blick nicht mehr als Abbaustellen erkennbar.
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4. Genese der Kalkgewinnung und Kalknutzung
Der Übergang vom vorindustriellen zum industriellen Zeitalter
erfolgte in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Bis
zu diesem Zeitraum wurde Kalk in Deutschland nebenbei von Landwirten
abgebaut und gebrannt, die damit ihren Eigenbedarf deckten und
ihn vorwiegend als Düngekalk und Baustoff verwendeten. Zusätzlich
wurde meist ein kleiner Mitversorgerkreis vor Ort beliefert.
Die vorindustrielle Kalknutzung war als Nebenerwerbs-Quelle
für einen kleinen Teil der ländlichen Bevölkerung von großer
Bedeutung. Natürlich wurde Kalk nicht erst im 19. Jahrhundert
abgebaut und genutzt. Die Anfänge liegen weit zurück, können
aber aufgrund der Forschungsergebnisse recht genau beschrieben
werden. Ein kurzer, chronologischer Abriß soll an dieser Stelle
die Geschichte des Kalkes und seiner Nutzung wiedergeben, ohne
Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Erläuterungen und Abbildungen
der verschiedenen Ofentypen befinden sich z.T. im Kapitel 4.3.1.
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4.1 Chronologie der globalen Entwicklung von
den
Anfängen bis zum 19. Jahrhundert
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12. Jahrtausend v. Chr.
Älteste Kalkmörtelanwendung in der Osttürkei für Terazzoböden
7. Jahrtausend v. Chr.
Sogenannte "Weißware", eine Mischung aus Kalk und Pottasche,
wird als Bindemittel benutzt; Vorstufe der Tonware.
6000-4000 v. Chr.
In der Jericho-Kultur in Palästina wurde Kalk bei Ziegelbauten
verwendet.
Um 2800 v. Chr.
Für den Bau der Pyramiden des Chefren wurde mit Gips verunreinigter
bzw. vermischter Kalkmörtel benutzt.
Um 2600 v. Chr. (5.
Dynastie König Sahure) Benutzung von Mörtel unter Verwendung
von Kalkzusatz zum Mauerbau.
Um 2500 v. Chr.
Staat Ur, Mesopotamien. Bei Ausgrabungsarbeiten werden Reste
eines Kalkofens gefunden.
Um 2000 v. Chr.
Bei archäologischen Ausgrabungen nahe Ur werden weitere Kalköfen
gefunden. Verwendung von Kalkmörtel zum Bau von Troja und Mykene.
Die Farben der Freskomalerei im Palast von Knossos enthalten
Kalk und Kalkstein.
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Um 1700 v. Chr.
Beim Bau des Palastes von Pergamon wurde ein kalkhaltiger Mörtel
eingesetzt. Überlieferung babylonischer Rezepte für die Herstellung
von Glasuren mit Kalkzusatz.
Um 1000 v. Chr.
Benutzung von Kalkmörtel bei den Zisternen von Jerusalem.
Um 700 v. Chr.
Verwendung von Mörtel mit einem CaCO3-Gehalt von 43% zum Bau
der Zisternen auf der Insel Thera.
600 v. Chr.
Nebukadnezar verwendet bei seinen letzten Bauten (Kasr, Hauptburg
und Babil ) Kalkmörtel.
Um 450 v. Chr.
Verwendung von Kalkmörtel zum Bau der "langen Mauer von Athen".
300 v. Chr.
Bau der Chinesischen Mauer mit Kalkmörtel als Bindemittel. Die
Bodenverfestigung erfolgte ebenso mit Kalk.
1. Jh. v. - 1. Jh. n. Chr.
Ein Gemisch aus feingemahlenem Kalk und entrahmter Kuhmilch
wird zur Erhaltung von durch Verschmutzung bedrohter Marmorsäulen
und -reliefs verwendet. Kalkwandputz wird benutzt bei Palastbauten
des Krösus, Mausolos und Attalos.
50 n. Chr.
Römische Hafenanlagen weisen wasserdichten Mörtel aus reinem
Kalk und Ölen als Bindemittel auf.
2tes/3tes Jh. n. Chr.
Römische Kalköfen (Meiler, Feldöfen ) wurden 1985 in der Eifel
ausgegraben.
140-300
Römische Kalköfen bei Iversheim/Eifel, ausgegraben 1986.
2. Jh.
Ausgrabungen eines germanischen Kalkofens aus dieser Zeit im
Park des Schlosses Bellevue
(Berlin-Tiergarten ).
4. Jh.
Bau der Kaiserthermen in Trier unter Verwendung von Kalkmörtel.
1335
Beurkundete Kalkfeldöfen in der Grafschaft Hardenberg bei Neviges.
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1568
Herausgabe der "Newe Bawordnung des Fürstenthumbs Württemberg"
durch Herzog Christoph von Württemberg mit Bestimmungen über
den Kalkstein und den Kalk.
1750
Erste Trichteröfen werden gebaut.
1756
Anordnung durch schlesische Kammer-Reskripte: Wo Steinkohlen
in der Nähe sind, darf der Kalk nicht mehr mit Holz gebrannt
werden, da die Waldbestände stark dezimiert waren.
1767
Henry Cavendish entdeckte die Löslichkeit des kohlensauren Kalkes
in kohlensäurehaltigem Wasser.
1802
In Rüdersdorf bei Berlin werden die ersten beiden ununterbrochen
arbeitenden Kalköfen errichtet
1814
Reuben und Phillips schlagen vor, Leuchtgas statt mit Kalkmilch
auf trockenem Wege mit Kalk zu reinigen.
1830
Joh. Nepomuk von Fuchs beweist, daß die Erhärtung des hydraulischen
Mörtels auf einer chemischen Verbindung zwischen aufgeschlossener
Kieselsäure und Kalkhydrat beruht.
1836
Louis Joseph Gay-Lussac weißt nach, daß CaCO3 Kohlensäure besser
abgibt, wenn diese durch einen Luftstrom weggeführt wird oder
Feuergase kontinuierlich durch die Kalksteine hindurchstreichen.
1840
Caton Hodgkinson erforscht die Festigkeit der Baumaterialien
für Kalköfen.
1855
In belgischen Sodafabriken werden erste Schachtöfen (sogenannte
"Belgische Öfen" ) errichtet.
1857
Friedrich Eduard Hoffmann baute den ersten vollkommenen Ringofen
(Hoffmann-Licht'scher Ringofen ). ( KÄSIG u. WEISKORN 1992,
S. 10-13 )
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Erkennbar ist der Innovationsschub vor allem
auf dem technologischen Sektor seit Beginn des 19. Jahrhunderts.
Er äußerte sich vor allem in der Entwicklung neuer Brenntechniken
und Ofentypen und der zunehmenden inner- und außerbetrieblichen
Organisation der Kalkbrennerei. Der erste Aspekt wird im Kapitel
4.3.1 weiter ausgeführt. Eine Erläuterung der Organisationsform
der Kalkindustrie kann in dieser Untersuchung nicht geleistet
werden. Ausführlich behandeln diesen Punkt KASIG/WEISKORN (1992).
(im Bestand Suer)
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4.2.2
Raum Riesenbeck-Brochterbeck-Tecklenburg
Auch im alten Kreis Tecklenburg wird schon sehr lange Kalk abgebaut
und gebrannt. Als Nebenerwerb betrieben, diente die Kalkbrennerei
dem eigenen und örtlichen Bedarf. Wann genau die Gewinnung von
Kalk eingesetzt hat, ist für den Raum Tecklenburg ebenso wenig
bestimmbar wie für den Raum Rheine. 1618 jedenfalls gab es einen
"Kalkoven unter dem Klei", so berichtet eine Urkunde des Hofes
Engelbert in Wallen-Lienen, östlich von Brochterbeck Im Brochterbecker
Sterberegister ist verzeichnet, daß "Berend Stuck aus dem Kalkhause"
am 6. Juli 1706 in Brochterbeck begraben wurde. Nachweislich
wurde also in diesem Raum schon vor 350 Jahren Kalk in kleinen,
einfachen Öfen gebrannt. Der nachweisbar älteste Kalkofen lag
bei Riesenbeck. 1748 soll der Bischof von Münster die Konzession
dazu erteilt haben. Der Besitzer mußte für diesen Ofen jährlich
12 Reichstaler Pacht an die Landesherrliche Domänenstelle zahlen.
Solche finanziellen Abmachungen waren durchaus üblich und wurden
in Verpachtungsurkunden schriftlich fixiert ( KÄSIG u. WEISDORN
1992 ). Ein weiterer Kalkofen wurde vom Kolon Grewe betrieben.
Er befand sich ebenfalls in Riesenbeck, lag aber auf einem eigenbehörigen
Kolonat des Bergrichters Mettingh-Ibbenbüren. Dieser Ofen wurde
in den 1740er Jahren erbaut und mit Ibbenbürener Kohle betrieben.8.
8 Schon damals machte sich der starke Holzverbrauch durch das
Kalkbrennen bemerkbar. Je nach Ofengröße wurden für einen Brennvorgang
bis zu 30 m3 Holz verfeuert, so daß wegen des großen Bedarfs
an Holz ganze Wälder gerodet wurden. Gegenmaßnahmen der Landesregierung
waren z.B. Verbote der Holzverfeuerung bei Kohleverfügbarkeit.
1766 veranstaltete die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften
eine Art Wettbewerb. Herausgefunden werden sollte die beste
Art, Kalköfen zu bauen, die mit Kohle befeuert werden konnten.
Zudem garantierte die Kohle durch ihren hohen Heizwert ein schnelles
und gleichmäßiges Garen des Kalksteins.
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Wegen der schlechten Finanzlage des Kolons blieb
der Ofen längere Zeit außer Betrieb. Erst mit der finanziellen
Unterstützung des Gutsherrn konnte 1788 wieder gebrannt werden.
Ebenso alt ist vermutlich der Ofen des Kolon Segbert in
Dörenthe. Dieser Ofen gehörte dem Preußischen Staat und war
dem Kolon verpachtet worden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts
war es auch Untertanen der Grafschaft Tecklenburg gegen jährliche
Abgaben (Kanone) gestattet, Kalköfen anzulegen. Außerdem konnte
der Kolon Segbert dem preußischen Ministerium den Ofen gegen
Anzahlung eines Konventionsgeldes von 180 Reichstalern abkaufen.
Außerdem mußte Kolon Segbert jedes Jahr einen Kanon von einem
Reichstaler abführen. Auch die Kalkofenbesitzer im Fürstentum
Münster wurden zur Zahlung eines jährlichen Kanons herangezogen.
Es waren dies die Kolone in Riesenbeck, namentlich Grove, Jessef
und Schnellbrink. Nachdem Preußen die an Frankreich abgetretenen
Länder wieder in Besitz genommen hatte, wurden ab 1814 auch
die Kalkofenbesitzer von Rheine für abgabepflichtig erklärt.
Es waren die 1813 eröffneten Kalksteinbrüche von Laukämper in
Rheine-Eschendorf und Pohlmann in Rheine. Vom 1. Januar 1835
an wurden sämtliche Kalksteinbrüche in den Domänen-Etat aufgenommen
und seitdem von der Domänenkammer verwaltet. Im Jahr 1831 gab
es im Kreis Tecklenburg 15 Kalk-Brennereien, davon fielen auf
Brochterbeck und Riesenbeck jeweils zwei.9. Ebenso wie in Rheine
sind auch diese alten Öfen nicht mehr erhalten.
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9 Aus Aktenunterlagen des Stadtarchivs Ibbenbüren.
Vgl. aber auch: Gladen, 1970 S. 75ff. LIEBIG 1840
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Das stete Wachsen der Bevölkerung wirkte sich
wiederum positiv auf die Bau- und Baustoffindustrie aus, denn
der ständig zunehmende Wohnraumbedarf mußte gedeckt werden.
Darüber hinaus entstanden viele neue Industriezweige, die alle
Kalk und Kalkprodukte benötigten ( Eisen- und Stahlindustrie,
chemische Industrie ). Mit den bisher zur Verfügung stehenden
Mitteln konnte der hohe Kalkbedarf nicht mehr gedeckt werden.
Die Kalkindustrie erfuhr einen starken Innovationsschub, der
sich auch im Untersuchungsgebiet bemerkbar machte.
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4.3.1 Entwicklung und Funktionsweise der relevanten
Ofentypen Seitdem der Mensch Kalk brennt, hat er auch seine
Brenntechniken geändert und verschiedene Ofentypen entwickelt.
Im industriellen Zeitalter folgte die Entwicklung der Kalköfen
dem immer größer werdenden Bedarf an Kalk. An dieser Stelle
sollen daher Entwicklung und Funktionsweise der Brennofentypen
untersucht werden, die im Untersuchungsgebiet betrieben wurden
bzw. die heute (noch) in Betrieb sind. Insgesamt lassen sich
vier Entwicklungsreihen von Kalköfen feststellen und zurückverfolgen.
Die älteste ist die vom periodisch betriebenen, römischen Kalkofen
mit gesetzter Brennkammer zum kontinuierlich betriebenen Röstofen.
Die jüngste Entwicklungsreihe ist die der Drehrohröfen. Der
Engländer Frederick Ransome führte den Drehrohrofen 1885 in
die Portland-Zementindustrie ein. Die Kalköfen, welche im Untersuchungsgebiet
betrieben wurden, sind jedoch entweder Schacht- oder Ringöfen,
die aus den folgenden Entwicklungsreihen hervorgehen:
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1.Die Entwicklung vom Kalkmeiler zum Ringofen
2.Die Entwicklung vom Hangofen zum Hochleistungsschachtofen
Hierbei handelt es sich um Hauptentwicklungsreihen; es ist natürlich
nicht auszuschließen, daß einige unbekannte Misch-und Sonderformen
entwickelt worden sind.
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Die Entwicklung vom Kalkmeiler zum Ringofen
Der Kalkmeiler
Dieser Ofen wurde periodisch betrieben und für nur einen Brand
aufgeschichtet. Aufbau und Brennvorgang sind in der Abbildung
erkennbar. Der Windempfindlichkeit des Feuers wurde mit Stohmatten
oder Bretterwänden entgegengewirkt. Der Meiler faßte 50-54 m3
Kalkstein und lieferte nach sieben Tagen Brand 35-40 Tonnen
gebrannten Kalk. Der Kohlenverbrauch lag bei acht bis neun Tonnen
pro Brennvorgang. Zum Aufbau benötigten acht Männer vier Tage.
Die offene Kalkscheune
Dieser Ofentyp wurde Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt. Wesentliche
Unterschiede zum Kalkmeiler waren die Ummauerung und die Feuerröhren,
welche - wie beim Meiler der Graben - verbindende und längslaufende
Luftkanäle aufwiesen. Dieser Ofen fasste 170 Tonnen Kalkstein.
Das ergab ca. 95-100 Tonnen gebrannten Kalk. Über den Holz-
und Kohlenverbrauch ist nichts bekannt.
Der Kammerofen
Dieser Ofentyp war der direkte Vorgänger des Ringofens. Im Prinzip
handelt es sich um eine geschlossene Kalkscheune mit separatem
Rauchabzug. Vermutlich ist dieser Ofen ebenfalls durch aus Kalkstein
gesetzte Feuerkanäle beheizt worden.
Der Ringofen
Mehrkammeröfen waren schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts gebräuchlich.
1858 - zur Zeit des Innovationsschubes, der durch die Industrialisierung
ausgelöst wurde - kamen die Herren Hoffmann und Licht auf die
Idee, die Brennkammern hintereinanderzulegen, so dass sie einen
Ring ergaben, durch den das Feuer "wandern" konnte. Diese Öfen
konnten daher kontinuierlich betrieben werden und lieferten
je nach Kammerzahl bis zu 100 Tonnen Kalk am Tag. Große Ringöfen
wurden oft mit zwei Feuern gleichzeitig betrieben.
Hoffmann'scher Ringofen
Die Abbildung verdeutlicht das Funktionsprinzip des Ofens. Die
Papierschieber verhindern den Eintritt von Falschluft solange,
bis das Feuer sie verbrennt und die folgende Kammer mit Kalkstein
aufgefüllt ist. Die Befeuerung erfolgt hier ebenfalls durch
Schürlöcher. Durch dieses Brennverfahren wurde der Kohlenverbrauch
erheblich gesenkt, denn das Feuer konnte gelenkt und der Heizwert
der Kohle besser genutzt werden. Ein wesentlicher Nachteil lag
in dem hohen Bedienaufwand; 12 Männer waren für den Betrieb
eines mittelgroßen Ofens notwendig:
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3 Brenner 3
Einsetzer + 1 Hilfskraft
2 Kalkauslader + 1 Hilfskraft
2 Kohlenauslader
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Seite 39
Ein weiterer Nachteil bestand in der Notwendigkeit von groß-stückigem
Material (> 20 cm), denn das Einsetzten erfolgte per Hand. Im
Zeitalter der Maschinisierung und Rationalisierung überwiegten
die Nachteile des Ringofenbetriebes, so daß diese Öfen in den
60er Jahren, z.T. auch früher stillgelegt und durch Schachtöfen
ersetzt wurden.10. Betreiber von Ringöfen waren im Untersuchungsgebiet
die Tecklenburger Kalk- und Zementwerke und die Kalkwerke Rheine
GmbH.
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Der Hangofen
Hierbei handelt es sich um einfache Trichter, die in einen Erdhang
gegraben wurden. Sie konnten mit Holz oder Kohle betrieben werden.
Der Erdtrichterofen
Dies ist im Prinzip ein weiterentwickelter Hangofen. Der Erdtrichter
wurde mit feuerfesten Steinen ausgekleidet und unterhalb des
Trichters mit Kalkziehlöchern versehen, so dass ein kontinuierlicher
Betrieb möglich war.
10 Wenn auch der Heizwert gut genutzt werden konnte, so ergaben
die ständigen Wärmeverluste durch das wandernde Feuer und das
damit verbundene ständige Aufheizen bereits erkalteter Kammern
einen zu hohen Kohleverbrauch.
Der wesentliche Unterschied zum Funktionsprinzip des Ringofens
wird schon jetzt deutlich: Allen Trichter- und Schachtöfen ist
gemeinsam, daß die Materialsäule den Brennschacht nach unten
durchwandert und dabei im mittleren Drittel in die Brennzone
gelangt. Oben wird beschickt, unten gezogen. Bei den Ringöfen
ruht der eingesetzte Stein. Das Feuer durchzieht den Ring und
überwandert das eingesetzte Material. Beiden Ofentypen gemeinsam
ist jedoch die Aufteilung des Brennraumes in drei Betriebszonen:
1. Die Vorwärmzone Hier wird der Kalkstein durch die Abgase
vorgewärmt, die aus der Entsäuerung des Kalksteins und aus der
Verbrennung von Kohle und Koks entstehen und nach oben strömen.
2. Die Brennzone Bei 1150-1250 °C findet hier die Entsäuerung
( vgl. Kap. 5.4 ) statt.
3. Die Kühlzone Der gebrannte Kalk wird mittels der durch die
Ziehöffnungen eintretenden Luft abgekühlt. Der sich dabei erwärmende
Luftstrom dient in der Brennzone als Verbrennungsluft.
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Foto Nr. 15
Schachtöfen der ehemaligen
Kalkwerke Breckweg in Dörenthe,
Riesenbecker Str. 64.
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Quelle::Thorsten Hinz |
Schachtöfen der ehemaligen Kalkwerke Breckweg
in Dörenthe, Riesenbecker Str. 64.
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Der Übergang vom Großtrichterofen zum gemauerten
Schachtofen verlief nicht geradlinig; zahlreiche Zwischenformen
wurden entwickelt. Im Untersuchungsgebiet sind solche Öfen noch
in Betrieb (vgl. Kap. 3.8 und 4.3.3). Die Beschickung erfolgt
hier grundsätzlich von oben. Kohle und Kalkstein werden entweder
in Lagen aufgefüllt oder mit Hilfe von Drehkübeln gemischt eingebracht.
11 Nach Angaben des ehemaligen Kalkwerksbesitzers, Herrn Krüer,
Dörenthe.
Die nächste technische Änderung erfolgte in diesem Gebiet und
überregional Ende der 50er Jahre. Die in dieser Zeit gebauten
Öfen hatten einen Stahlmantel mit feuerfester Innenauskleidung
aus Schamotte mit Tonerde und wurden mit Mischfeuerung gefahren,
d.h. Energieträger und Brenngut wurden - wie oben erläutert
- gemischt eingebracht. Die Kombination von feuerfesten Schamottestein
und Stahlmantel gewährleistet eine optimale Ausnutzung des Energieträgers,
so daß zum Brennen von einer Tonne Kalkstein durchschnittlich
100 kg Kohle benötigt werden (JUSSEN 1974). Zusätzlich installierte
Ventilatoren ermöglichen eine raschere Zufuhr von Verbrennungsluft.
Dadurch wird ein schnelles, gleichmäßiges Garen des Kalksteins
in der Brennzone und ein rasches Abkühlen des Branntkalks in
der Kühlzone ermöglicht. Mitte der 60er Jahre ging man dazu
über, Schachtöfen auf Gasbetrieb oder Teilgasbetrieb umzustellen
bzw. neu zu entwickeln. Die Vorteile dieser Betriebsweise wurden
z.T. erst nach der Installation erkannt:
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Erdgas erfordert nicht zwingend Lagerraum und
bedeutet weniger Verwaltungs- und Arbeitsaufwand; es muß nicht
angefordert, entladen, gelagert und in Kübeln gemischt werden,
sondern wird direkt eingedüst.
Verschmutzungen und damit Unfallgefahr auf dem Betriebsgelände
werden vermindert.
Im Betrieb ist Erdgas zwar kostenintensiver; im Produktionsgang
werden jedoch der Wärmeverlust und die Emissionsbelästigung
durch stechende Abgase verhindert, die aus Schwefelverbindungen
der verfeuerten Kohle resultieren12.
Der Gehalt an Kohlenmonoxid wird verringert.
Die Reaktionsfähigkeit des Kalkes ( und damit die Kalk- qualität
) wird durch Erdgasverfeuerung deutlich verbessert.13.
Seit Beginn der 70er Jahre werden Schachtöfen konstruiert, die
mit ihren Vorläufern physiognomisch keine Ähnlichkeit mehr haben.
Sie sind bis zu 50 m hoch und haben eine Tageskapazität von
bis zu 400 Tonnen gebrannten Kalk. Für den unkundigen Betrachter
bieten sie ein verwirrendes Bild. Ihr Bedienungsmechanismus
gleicht einem "feingliedrigen Gitterwerk" ( ARNOLD 1961, S.
32 ), so daß eine Abbildung eher Verwirrung als Klarheit schaffen
würde. Das Funktionsprinzip hat sich jedoch nicht geändert.
Diese Öfen werden vollautomatisch gefahren und überwiegend mit
Erdgas befeuert. Selten wird zusätzlich Kohlenstaub eingeblasen.
Im Untersuchungsgebiet werden solche Hochleistungsschachtöfen
nur in Rheine betrieben, und zwar am Waldhügel von den Bau-
und Düngekalkwerken Middel GmbH (Besitzer: Rheinische Kalksteinwerke
Wülfrath ) und in Rheine-Wadelheim von der Firma Otto Breckweg
GmbH.
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Foto Nr. 22
Alter Trichterofen von
Bernhard Wallmeier
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Quelle::Thorsten Hinz |
Alter Trichterofen von Bernhard Wallmeier
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Die im Raum Brochterbeck-Riesenbeck ansässigen
Kalkbrennereien lieferten den für die umliegenden Gemeinden
notwendigen Baukalk mit Fuhrwerken teilweise is in den Raum
Münster (Windmöller 1923) Erst um 1900 versuchten einige Unternehmer,
den Kalkstein in diesem Raum in größerem Maßstab auszunutzen.
Aus den Akten des Stadtarchivs Ibbenbüren läßt sich die Entwicklung
und Verflechtung der nun entstehenden Kalkwerke wie folgt rekronstuieren:
Die Kalkbetriebe der Firma Wallmeier
1899/1900 errichtete Heinrich Wallmeier auf dem Grundstück der
Familie Krüer ( Flur 35, Nr. 66, Am Klee 15 ) einen dritten
Kalkofen. Es handelt sich um eine Erweiterung des von Bernhard
Wallmeier im Jahr 1893 errichteten Hang-Trichterofens.25. 1905-1910
verlagerte Heinrich Wallmeier seine Abbautätigkeit vom Standort
6 zum Standort 5 (Riesenbecker Str. 64) Die Wallmeier-Öfen am
Standort 6 wurden stillgelegt. Der Grund für die Aufgabe des
Standortes 6 zugunsten des Standortes 5 ist nicht mehr erfragbar.
Es können jedoch Vermutungen angestellt werden, die sich aus
den damaligen Verhältnissen ableiten lassen.
1
Die Ofenanlage am Standort 6 stand auf dem Grundstück der Familie
Krüer. Heinrich Wallmeier hatte die Abbaurechte mit einem Pachtvertrag
erworben. Vielleicht war nun der Pachtvertrag auf 10 Jahre begrenzt.
Das würde aber jegliche Planungsfähigkeit des Pächters ausschließen.
2
Einleuchtender scheinen in dieser Hinsicht abbaurechtliche Streitigkeiten
zwischen dem Verpächter Krüer und Heinrich Wallmeier.
3
Eine Verlegung aus verkehrstechnischen Gründen wäre ein weiterer
Aspekt, denn sie erfolgte vor dem Bau des Anschlußgleises zum
Dortmund-Ems-Kanal bzw. zur Teutoburger-Wald-Eisenbahn 1912
Die Erweiterungen am Standort 5, Riesenb. Str. 64, beschränkten
sich bis nach dem zweiten Weltkrieg auf das Werk im Westteil.
So wurde 1906 der Bau eines Gas-Generator-Hochofens durchgeführt.
Dieser Ofen mußte wenige Jahre später jedoch wegen technischer
Probleme wieder umgebaut und schließlich abgerissen werden (s.
Foto Nr. 23 ). 1910-1939 erfolgte der Bau zweier weiterer Kalköfen
im Abstand von ca. 5-10 Jahren sowie einer Kalkmühle. Der Abtransport
des gebrannten Bau- und Düngekalkes erfolgte mit Lastkraftwagen;
der Transport per Schiff oder Bahn war zu unflexibel.
25 Nach mündlichen Aussagen von Herrn Ludger Wallmeier,
Dörenthe, wurde der erste Ofen von Bernhard Wallmeier bereits
1881 gebaut, und zwar im Westteil des Standortes 5. Demnach
handelt es sich bei dem in Akten beschriebenen Ofen Bernhard
Wallmeiers auf dem Grundstück 35, Nr. 66 (Standort 6, Krüer)
bereits um dessen zweiten. .
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Foto Nr. 23
Gas-Generator-Hochofen der
Firma Wallmeier in Dörenthe
( 1906 ).
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Quelle::Thorsten Hinz |
Gas-Generator-Hochofen der Firma
Wallmeier in Dörenthe ( 1906 ).
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Nach dem zweiten Weltkrieg arbeiteten zunächst
alle drei Söhne Heinrich Wallmeiers im Betrieb mit. Die beiden
älteren Söhne sollten schon bald eigene Kalkwerke leiten, die
auf den Namen des Vaters eingetragen wurden. Es folgten die
Betriebsgründungen:
1950
auf dem Grundstück Flur 31, Nr. 286/78 und 285/67, Riesenbecker
Str. 30 Standort 5.1, das ist im Ostteil des Standortes 5 (
vgl. Foto Nr. 9 ). Errichtet wurde ein Betrieb mit zwei Schachtöfen
und einem Mannschaftsraum mit Büro. Der Anbau einer Kalkmahlanlage
erfolgte vermutlich 1951, so dass der Transport des gebrannten
Kalkes zum elterlichen Betrieb entfiel.
1952
auf dem Grundstück Flur 7, Nr. 60, Am Kalkwerk 1) Dieser Betrieb
lief zunächst mit zwei Schachtöfen.
1963
wurde dieses Werk um folgende Anlagen erweitert: zwei Schachtöfen
vier Kalksilos zwei Arbeitsbunker für die Hydratanlage eine
Kalklöschmaschine eine Entstaubungsanlage eine Sackverpackungsanlage
eine Anlage für den Versand von losem Kalk
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Seitdem wurden keine wesentlichen Veränderungen mehr vorgenommen,
so daß sich dieses Werk heute im Bild der 60er Jahre präsentiert.
Steigende Produktionskosten, Betriebsauflagen und Konkurrenzdruck
durch das Werk Breckweg im Mittelteil des Standortes 5 machten
den gleichzeitigen Betrieb der drei Wallmeier-Werke unwirtschaftlich,
so dass 1968 das Werk im Westteil des Standortes 5 und 1972
schließlich das im Ostteil stillgelegt wurde.26. Das Werk Wallmeier
in Brochterbeck produziert zurzeit Bau-und Düngekalk für Abnehmer
im Umkreis von 100 km. Der Transport erfolgt ausschließlich
mit Lastkraftwagen. Im Betrieb sind 15 Arbeiter beschäftigt.
Das Werk Wallmeier wird seinen Betrieb voraussichtlich 1994
einstellen (vgl. dazu Kap. 6.2 ).27.
Kalk- und Zementwerke Alfred Lindner
Alfred Lindner errichtete 1920 zunächst eine Mergelmühle. Hunsche
gibt als Standort den "Lagemannschen Garten" an ( HUNSCHE 1969,
S. 156 ). Vermutlich stand diese Mergelmühle am Standort 7 (
Kalkofen Schmitt ).28. 1921 wurde ein größeres Kalk- und Zementwerk
mit zwei Schachtöfen östlich des Brochterbecker Bahnhofs direkt
an den Gleisen der Teutoburger-Wald- Eisenbahn gebaut ( Standort
8 ). Aufwendig war die Beförderung des rohen Kalksteins, der
am Nordhang des östlichen Kleebergs gebrochen wurde. Er mußte
über eine schmalspurige Gleisanlage mit Seilbahn 500 m quer
durch das Tal zu den Fabrikations-anlagen befördert werden.
Die verkehrsgünstige Lage an den Gleisen der Teutoburger-Wald-Eisenbahn
( TWE ) machte diesen Aufwand wett. Die fortschreitende Inflation
brachte das Werk in erhebliche Schwierigkeiten, lediglich die
Stabilisierung der deutschen Währung 1923 verhinderte die Stilllegung.
26 Nach mündlichen Angaben von Ludger Wallmeier, Dörenthe. 27
Nach Angaben des Geschäftsführers Dr. Wallmeier. Weitere Strukturdaten
wurden nicht bekannt gegeben. Die mittlere Tagesproduktion dürfte
bei 100-150 Tonnen Branntkalk liegen. 28 Dieser Standort bei
Schmitt ergibt sich aus dem Situationsplan, der für den Bau
des Kalkofens Lagemann angefertigt wurde.
Seite 59
1925 wurde das Werk vom westdeutschen Zementverband aufgekauft.
Die Werke in Lengerich machten die Zementproduktion in Brochterbeck
überflüssig, so daß das Werk 1925 stillgelegt wurde. In diesem
Betrieb waren ca. 100 Arbeiter und Angestellte beschäftigt,
von denen 60 von auswärts kamen. Sie wohnten in werkseigenen
Unterkünften. Nahe den Gleisanlagen hatte die Firma Lindner
Wohnhäuser für die auswärtigen Angestellten gebaut. Die Fabrikanlagen
wurden größtenteils abgebrochen und die Wohnhäuser verkauft.
Firma Alfred Cramer
Dieser Trichterofen befindet sich am 7. Standort. Er wurde 1922
von Alfred Cramer erbaut und bereits wenige Jahre später außer
Betrieb genommen. Gründe für die frühe Stilllegung sind nicht
genau bekannt. Nach Aussagen des Grundstückseigentümers Herrn
Schmitt lag es hauptsächlich an den Konstruktionsfehlern, welche
die Qualität des gebrannten Kalks verminderten.29. Außerdem
entsprach der Ofen nicht mehr dem damaligen Stand der Technik.
In den wenigen Jahren des Betriebs wurde der gebrannte Stückkalk
vermutlich mit der Bahn abtransportiert. Die Nähe der Anschlussgleise
der Teutoburger-Wald-Eisenbahn bzw. des Dortmund-Ems-Kanals
sprechen allerdings dafür, daß es sich bei dem Abnahmegebiet
um das Rheinisch-westfälische Industriegebiet handelte, wo vermutlich
auch der Hauptsitz der Firma war (STADTARCHIV IBBENBUREN). Die
hohen Frachtkosten werden der zweite Grund für die kurze Betriebsdauer
gewesen sein.
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Firma Krüer
Die beiden Hangtrichteröfen der Firma Wallmeier auf dem Grundstück
der Familie Krüer in Dörenthe wurden 1928 von Alois Krüer wieder
in Betrieb genommen. Bereits 1931 folgte die Stillegung dieser
beiden Öfen. Gleichzeitig errichtete Krüer 50 m westlich 1931
ein neues Kalkwerk mit zwei Schachtöfen und einer Mahlanlage.
29 Nach Angaben von Herrn Schmitt dürfte die überdurchschnittliche
Höhe von 11 Metern der Grund dafür gewesen sein, daß der Ofen
nicht richtig zog.
Seite 60
Dieser Betrieb wurde in den 50er Jahren erweitert: Beide Öfen
wurden um ca. 2 m erhöht .30. Der Abbau erfolgte zuletzt in
Zusammenarbeit mit der Firma Breckweg in Dörenthe. Die Stilllegung
des Betriebs 1973 war das Resultat der Energie- und Produktions-Kostenexplosion,
die von kleinen Familienbetrieben nur schwer aufgefangen werden
konnte. Bis zur Stilllegung wurde Bau- und Düngekalk produziert,
der an Stammkunden im Umkreis von ca. 50 km geliefert wurde.
Kalkwerk Bernhard Breckweg
Wie die beiden äußeren, so gehört auch der mittlere Steinbruch
am Standort 5 zum Grundbesitz des hier ansässigen Bernhard Loismann.
In den Anfängen hat die Familie Loismann in allen drei Brüchen
selber Kalk abgebaut. Der westliche Teil wurde bereits Ende
des 19. Jahrhunderts verpachtet, und zwar 1881 an Bernhard Wallmeier
( vgl. Anm. 25 ). Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hat
Loismann seine Abbautätigkeiten beendet und zunächst das mittlere,
später das östliche Grundstück verpachtet. Pächter des mittleren
Grundstücks bzw. Steinbruchs waren 1933 die Gebrüder Otto und
Bernhard Breckweg aus Rheine, die in diesen Jahren noch zusammenarbeiteten.
Die in diesem Bruch befindlichen Betriebsanlagen Loismanns wurden
modernisiert, die vier alten Trichteröfen um einen gemauerten
Schachtofen erweitert.31. Bereits zwei Jahre später wurde in
Dörenthe umgebaut und modernisiert. Als die Gebrüder schon getrennt
arbeiteten, wurde etwa gleichzeitig das Werk in Dörenthe von
Bernhard Breckweg umgebaut und das Werk in Riesenbeck/Birgte
(Gehring) von Otto Breckweg in Betrieb genommen. Die vier alten
Öfen in Dörenthe wurden abgerissen und ein neuer Ofen errichtet,
so dass nun mit zwei Öfen von drei Metern Breite und acht Metern
Höhe gebrannt wurde.32. 1955 wurde ein vierter Schachtofen .32.
gebaut, während gleichzeitig die übrigen - inzwischen drei -
um fünf Meter aufgestockt wurden, so daß jetzt alle vier Öfen
13 m hoch waren. Zusätzlich wurde die mechanische Beschickungsanlage
in Betrieb genommen.
30 Nach Angaben des Besitzers, Herrn Krüer, Dörenthe.
31 Unterlagen des Stadtarchivs Ibbenbüren.
32 Siehe Anm. 31.
Es folgten die üblichen, kleineren Wartungsarbeiten bis zu einer
grundlegenden technischen Neuerung, die auch von außen weithin
sichtbar war:1969/70 wurde der Hochleistungsschachtofen am Standort
5 in Betrieb genommen, welcher eine Gesamthöhe von 40 m hatte
und eine Tageskapazität von ca. 200 Tonnen Branntkalk erreichte.
Die alten Schachtöfen wurden nicht abgerissen, sondern als Silos
genutzt. Auch vom Kalkwerk Bernhard Breckweg konnte die Energiekostenexplosion
nicht aufgefangen werden, so dass Anfang der 80er Jahre die
Betriebsstätte stillgelegt wurde. 1982 wurde der Hochleistungsofen
abgerissen.
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Foto Nr. 24
Hochleistungsofen der Firma
Bernhard Breckweg
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Quelle::(Stadtarchiv Ibbenbüren 1979)
Thorsten Hinz |
Hochleistungsofen der Firma Bernhard Breckweg
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1983 wurde der Betrieb in diesem Steinbruchteil
wieder aufgenommen. Seitdem wird jedoch lediglich Straßenschotter
hergestellt und gleichzeitig eine Recyclingmaschine für Bauschutt
betrieben. Abbautreibender ist die Firma Heinl.
Kalkwerk Riesenbeck Otto Breckweg, Standort 4, Alte
Birgter Str. 209 Ähnlich wie der Hauptbetrieb in Rheine
ist auch dieses Kalkwerk mit alten Betriebsanlagen von Otto
Breckweg übernommen und nicht neu gegründet worden. Nach Aussagen
von Josef Breckweg, dem jetzigen Besitzer der Kalkwerke Otto
Breckweg in Rheine, wurde dieser Bruch mit Mergelmühle einem
Holländer 1935 abgekauft. (Kalkwerk Wilhelmine? - siehe
Datei Breckweg). Sofort errichtete Otto Breckweg zwei Schachtöfen
und unmittelbar am Kanal weitere Produktionsanlagen. Der Absatzmarkt
war also für dieses Werk offensichtlich das Emsland und das
nahe Münsterland. Das Fehlen einer ausreichenden Verbindung
zur Landstraße bestätigt die Annahme, dass der Abtransport des
gebrannten Mergels und die Versorgung mit Steinkohle ausschließlich
mit dem Schiff sichergestellt wurde
(s. auch Foto Nr. 25).
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Foto Nr. 25
Kalkwerk Riesenbeck,
Otto Breckweg 1960 |
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Quelle:: (Öl auf Leinwand, Kalkwerke
Otto Breckweg GmbH, Rheine) |
Kalkwerk Riesenbeck, Otto Breckweg 1960
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Die zwei Hochleistungsöfen in Rheine, die 1972
in Betrieb genommen wurden, ersetzten die Tageskapazität aller
neun Schachtöfen. Zusammen mit dem Werk Deitmar in Rheine wurde
das Werk Birgte 1972 stillgelegt und die Produktion in das Hauptwerk
verlegt. Der Standortvorteil direkt am Kanal wog die Kostenersparnis
durch Stillegung des Birgter Werkes und Betriebsverlagerung
ins Hauptwerk nicht auf. Die Produktionsanlagen wurden zum größten
Teil abgerissen.
Broschüre vom Heimatverein Riesenbeck
Storcks Linde als Zeitzeuge Paul Egbert -
Das Kalkwerk Wilhelmina,
Standort 4
Im zentralen Bereich von Storcks Linde waren vier größere Kalköfen
mit Mühlen mit dem Abbau des Mergels oder Kalkes industriell
beschäftigt. Die erste Kalkgrube in Höhe des Hofes Schnellebrink
betrieb ein Holländer als Pächter und nannte das Kalkwerk in
Anlehnung an die holländische Königin "Wilhelmina". Es wurde
hier hauptsächlich Mergel verarbeitet, das ist Rohkalk, der
nicht gebrannt ist, sondern nur gemahlen und als Dünger von
saurem Ackerboden oder zur Wasseraufbereitung gebraucht wurde.
Das Werk hatte eine eigene Verladestelle am Dortmund-Ems-Kanal
und war umsatzstark. 1935 kaufte der Betriebsführer Franz Breulmann
den Betrieb, da die holländischen Besitzer die notwendige Verlegung
der Mahl- und Verladestation am Kanal in Höhe km 105,2 aufgrund
der Verbreiterung des Dortmund-Ems-Kanals nicht vornehmen wollten.
Mit den Herren Otto und Bernhard Breckweg aus Rheine-Wadelheim
gründete Breulmann die Mergel- und Kalkwerke "Wilhelmina". Die
Mahl- und Verladeeinrichtungen wurden zu km 103,2 am Kanal verlegt
und zusätzlich drei Schachtöfen gebaut, um den Rohkalkstein
auch zu brennen, der dann in der Bauindustrie Verwendung fand.
1967 wurde das Werk - zwischenzeitlich war Otto Breckweg alleiniger
Inhaber - stillgelegt, da sich die weiteren betrieblichen Aktivitäten
auf das Hauptwerk in Rheine konzentrierten.
Standort 9 - Tecklenburger Kalk- und Zementwerke,
Kalkwerke Tecklenburg, Sundermanns Knapp 16
Über die Entwicklung dieses Betriebs liegt kein Aktenmaterial
vor. Die wenigen Informationen wurden der Literatur entnommen
und durch telefonische Auskünfte bei der Firma Dyckerhoff in
Lengerich ergänzt. Die Gründung des Werkes wird mit 1901 angeben.
Sie wurde ermöglicht durch den Bau der Teutoburger-Wald-Eisenbahn,
die den Absatz in den Nordwesten ermöglichte. Wichtiger aber
war die Bahnverbindung zur Linie Wanne-Hamburg (Münster-Osnabrück),
so daß auch der norddeutsche Raum und das rheinisch-westfälische
Industriegebiet beliefert werden konnten. Gebrannt wurde der
Kalk in einem Ringofen.
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Foto Nr. 26
Ringofen des Kalkwerks
Tecklenburg
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Quelle::(Amt f. Denkmalschutz u. Denkmalpflege,
Steinfurt) |
Ringofen des Kalkwerks Tecklenburg
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In dieser Hochkonjunkturphase bedeuteten kleine
Betriebe wie das Werk Tecklenburg für größere Kalk- und Zementwerke
eine große Konkurrenz, denn sie konnten ihre Preise frei gestalten.
Um diese Konkurrenz abzufangen, ging man in Rezessionsphasen
dazu über, kleinere Werke aufzukaufen und stillzulegen.
1914 erwarb der rheinisch-westfälische Zementverband
das Kalk- und Zementwerk Tecklenburg und legte es still.
Dieser Verband wurde 1929 von der Wicking AG übernommen, deren
Fusion mit der Dyckerhoff AG 1931 zusammenbrach. 1936 übernahm
die Dyckerhoff AG die Wicking AG vollständig (KETTLER 1987).
Das Werk Tecklenburg wurde für die Kalkgewinnung bis 1961/63
wieder in Betrieb genommen, dann endgültig stillgelegt und abgerissen.
Für die Kalkproduktion wurden im Hauptwerk Lengerich 6 Schachtöfen
mit Eisenmantel gebaut. Der Steinbruchbetrieb im ehemaligen
Bruch der Kalkwerke Tecklenburg wurde von der Dyckerhoff AG
1977 endgültig eingestellt. 32.
32 Nach telefonischen Auskünften der Dyckerhoff AG, Lengerich.
5. Produktionsablauf Kalkstein
5.1 Exploration und Aufschluss
Der erste Schritt für den Kalksteinabbau ist immer die
Exploration. Geologische Gutachten, Kernbohrungen und andere
geophysikalische Methoden entscheiden über die Abbauwürdigkeit
einer Region bzw. über die Wirtschaftlichkeit einer Steinbrucherweiterung.
Besonders wichtig ist der Kalksteinvorrat der rohstofforientierten
Betriebe. Er bestimmt die Kreditwürdigkeit der Unternehmen,
die daher ein Abbaupotential von mindestens 50 Jahren sichern
sollten, bevor sie den Betrieb aufnehmen. Ergibt die Exploration,
dass der Abbau bzw. die Erweiterung wirtschaftlich lohnend ist,
beginnt die Abbauplanung. Der Abbauplan legt fest:
Höhe der Abbauwände
Ort der Abraumlagerung
ggf. Anlage eines Klärteiches
Erfordernisse des
Landschafts- und Umweltschutzes
Jegliche spätere Abweichung von diesem Plan ist wegen der hohen
Technisierung in der Steingewinnung mit hohen Kosten verbunden.33.
Explorationsmaßnahmen wurden auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts
durchgeführt. Die technischen Möglichkeiten erlaubten jedoch
oft nur Untersuchungen bis in geringe Tiefen. Wenn der Abbau
beginnt bzw. die Erweiterungen durchgeführt werden sollen, müssen
zunächst die unterschiedlich mächtigen Verwitterungs- und Deckschichten
abgeräumt werden. Die Verwitterungsschichten wurden vor der
Steinbruchtechnisierung mit einfachen Geräten abgetragen. Heute
geschieht das mit Planierraupen, Baggern und Schaufelladern.
Während in früheren Zeiten der Abraum dort gelagert wurde, "wo
gerade Platz war".34, muß das Material heute nach den abgrabungsrechtlichen
Verordnungen der Länder in geordnetem Zustand in Bereichen des
Steinbruchs, die keinem Abbau mehr unterliegen, gelagert werden
(BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN KALKINDUSTRIE 1992 ).
33 Nach Aussagen des Besitzers der Kalkwerke Otto Breckweg GmbH,
Herrn Josef Breckweg.
34 Nach Aussagen von Herrn Schmitt, Bochterbeck.
5.2 Gewinnung des Kalksteins
Dieser Arbeitsvorgang wurde in den Anfängen mit den einfachsten
Geräten und unter großer körperlicher Anstrengung durchgeführt.
In den Steinbrüchen arbeiteten - je nach Betriebsgröße - 10-30
"Steinbrecher" gleichzeitig. Die Gewinnung des Rohmaterials
erfolgt heute durch Sprengung. Die Sprengverfahren sind im Laufe
der Zeit immer mehr verfeinert worden, um die Gefahren durch
den Sprengstoffeinsatz und die Erschütterungen zu minimieren.
Es gibt verschiedene Sprengverfahren; das gebräuchlichste ist
das "Großbohrlochsprengen". Die Bohrarbeiten werden mit Großloch-
Bohrmaschinen ausgeführt ( STEINBRUCHSBERUFSGENOSSENSCHAFT 1982
).
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Foto Nr. 28
Klassiermaschine des
Kalkwerks Krüer
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Quelle::(Repro-Aufnahme von Herrn Krüer,
Dörenthe ) |
Klassiermaschine des Kalkwerks Krüer
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Zu große Blöcke blieben entweder liegen, bis
sie durch physikalische Verwitterung in kleine Fraktionen zerfielen,
oder sie wurden durch mechanische Einwirkungen der Steinbrucharbeiter
zerkleinert.
Die physikalische Verwitterung wird von den Bau- und Düngekalkwerken
Middel GmbH am Waldhügel auch heute noch als kostenloses Hilfsmittel
genutzt. In anderen Steinbrüchen erfolgt die Zerkleinerung von
großen Blöcken mit Hilfe von Fallkugeln. Früher wanderte das
handsortierte Kalkgestein direkt in die Trichter- und Schachtöfen.
Der Transport erfolgte zunächst über handgezogene Karren oder
Fuhren, die später - wie bei der Firma Krüer in Dörenthe - auf
einfachen Gleisen liefen. Der Einsatz von Kipploren war in den
40er Jahren Standard. Wenig später wurde der Transport im Rahmen
der Rationalisierungsmaßnahmen von Förderbändern übernommen.
Sie transportierten das im Steinbruch vorgebrochene Material
zu den Kreisel- oder Backenbrechern, die den Kalkstein auf die
richtige Korngröße brachen.
1.
Schachtöfen mit Eisenummantelung
Befeuerung mit Kohle bzw. Koks, Umstellung auf ( Teil- ) Erdgasbetrieb
möglich, Beschickung und Entnahme vollautomatisch (Kalkwerke
Wettringen Schencking + Co. GmbH )
2.
Mehrkammer-Hochleistungsöfen
Erdgasbetrieb vollautomatisch (Bau- und Düngekalkwerke Middel
GmbH und Kalkwerke Otto Breckweg GmbH und Co.KG. ) .37
3.
Schachtöfen mit Außenummauerung
Kohlefeuerung, mechanische und halbautomatische Beschickung
und Entnahme ( Kalkwerke Dörenthe, H. Wallmeier und Söhne )
Der Brennvorgang ist in diesen Öfen wie auch bei allen Vorgängern
stets der gleiche. Im Prinzip erfolgt eine Entsäuerung des Kalksteins.
Er verändert bei großer Hitze seine chemische Zusammensetzung;
bei Temperaturen zwischen 900 und 1200 °C erfolgt die Zerlegung
des Kalksteins in gasförmiges Kohlendioxid ( CO2 ) und Calciumoxid
( CaO = Branntkalk ). Damit das Kohlendioxid restlos vom Kalkstein
getrennt wird, ist eine Mindestdauer der Einwirkung der entsprechenden
Temperatur nötig. Diese beiden Größen ( Temperatur und Brenndauer
) richten sich nach der Qualität des gerade "geschossenen" Gesteins
und werden durch Schnellanalysen schon im Steinbruch ermittelt.
Brenndauer und Temperatur werden beim Brennen so variiert, daß
der gebrannte Kalk den Anforderungen optimal genügt .38.
Die Reaktionsformel der Entsäuerung lautet: CaCO3 + Wärme ->
CaO + CO2 t
Dieser Vorgang ist sehr energieaufwendig; vier bis sechs Millionen
Kilojoule/Tonne Kalk sind notwendig. Die Firma Kalkwerke Wettringen
Schencking und Co. GmbH benötigt z.B. für die Herstellung von
100 Tonnen Kalk ca. 13 Tonnen Koks .39.
37 Auch diese modernen Schachtöfen besitzen eine feuerfeste
Innenauskleidung aus Dolomit oder Schamotte, die alle drei bis
fünf Jahre ausgewechselt werden muß. 38 Nach Angaben der Bau-
und Düngekalkwerke Middel GmbH 39 Aus verschiedenen Literaturangaben
und der Ofengröße des Kalkwerkes in Wettringen errechneter Wert.
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Verwendung bzw. Weiterverarbeitung des Branntkalkes
Der aus dem Ofen kommende Kalk ist stückig und kann nach einer
Grobzerkleinerung in Prall- oder Hammermühlen als Stückkalk
verkauft werden. Die meisten Verbraucher benötigen jedoch feingemahlenen
gebrannten Kalk. Stückkalk wird lediglich von einigen Bauunternehmen
gekauft, die ihn selber mahlen und am Bedarfsort ablöschen.
Nach dem Brennvorgang folgen also weitere Arbeitsschritte, die
in den ansässigen Kalkwerken nach dem gleichen Prinzip ablaufen.
Der Stückkalk wird in einer weiteren Brecher-Anlage zerkleinert
und gelangt von dort in eine Rohrmühle mit Sichteranlage. Das
Feingut wird vom gröberen Material getrennt und gelangt über
Transportschnecken oder geschlossene Transportanlagen in Vorratssilos.
Das gröbere Material wird nochmals gemahlen, bis es die erforderliche
Korngröße, aufweist. Ein Teil des gebrannten Kalkes steht zum
Verkauf zur Verfügung. Dieser Kalk ( Feinkalk ) wird ebenso
wie der Stückkalk erst vor Ort hydratisiert ( abgelöscht ).
In der Landwirtschaft wird er z.T. auch als ungelöschter Düngekalk
in den Boden eingebracht. Da ungelöschter Düngekalk jedoch äußerst
transport- und lagerempfindlich ist, wird er meist als Hydratkalk
ab Werk verkauft. Verpackung und Transport von Kalk sind nicht
unproblematisch. Der sehr schwere Kalkstein (1 m3 wiegt 2-2,7
Tonnen) wird im Steinbruch mit Schwerkraftwagen ( SkW ) transportiert.
Der Versand erfolgt überwiegend im offenen Bahnwaggon.
Das Kalksteinmehl kann wegen seiner staubförmigen Konsistenz
nur in geschlossenen Silozügen transportiert werden. Außerordentlich
empfindlich ist loser Feinkalk. Er ist nur bedingt transport-
und nicht lagerfähig. Beim Transport muß der Zutritt von Luft
und Wasser vermieden werden, da sonst entweder vorzeitiges Abbinden
( Erhärten ) erfolgt, oder der Kalk gelöscht wird und seine
chemische Konsistenz ändert. Feinkalk muß daher am Bedarfsort
möglichst sofort abgelöscht werden. Auch in Säcken verpackter
Feinkalk nimmt - selbst bei trockener Lagerung - Feuchtigkeit
auf und bringt die Säcke zum Platzen. Beim Löschen des Kalkes
gibt es verschiedene Verfahren. In den Anfängen wurde der Kalk
mit Wasserüberschuß gelöscht, so daß in den Löschpfannen oder
Löschgruben ein Kalkteig entstand. Die Werke in Brochterbeck,
Rheine und Wettringen wenden heute das Trockenlösch-Verfahren
an. In Löschanlagen wird der Feinkalk mit so viel vorgewärmtem
Wasser vermischt, daß gelöschter Kalk als trockenes, sehr feines
Pulver ( Korngröße ca. 2 um ) anfällt. Bei der Hydratation setzen
sich Calciumoxid und Wasser unter Wärmeabgabe zu Calciumhydroxid
um. Es ist daher hervorragend als Mörtelbindemittel geeignet.
Die Kalkwerke in Wettringen, Rheine und Brochterbeck liefern
im Wesentlichen an drei Verbrauchergruppen, wobei jedoch verschiedene
Schwerpunkte gesetzt werden, die aus den unterschiedlichen Calcit-Gehalten
des Rohsteins resultieren. Verbrauchergruppen sind
1. Das Baugewerbe
2. Die Baustoffindustrie
3. Die Landwirtschaft
Das Baugewerbe zählt zu den ältesten Kunden und benötigt den
im Untersuchungsgebiet hergestellten Brannt- und Löschkalk zur
Herstellung von Außen- und Innenputz sowie als Mörtel. Die Baustoffindustrie
benötigt den Brannt- bzw. Löschkalk hauptsächlich zur Herstellung
von Kalksandsteinen. Für 1000 Steine benötigt man etwa 200-300
kg Branntkalk.
Der Kalkbedarf der Landwirtschaft wurde schon angesprochen.
Als Dünger können jedoch sowohl Kalksteinmehl (ungebrannt ),
Feinkalk ( gelöscht ) als auch Mischkalk ( gelöschter Kalk und
Kalksteinmehl oder Branntkalk und Kalksteinmehl ) -abhängig
vom Boden - eingesetzt werden. Als Futterkalk dient natürlich
ausschließlich Kalksteinmehl. Düngekalk verhindert Auslaugen
und Versauern des Bodens; Futterkalk unterstützt unter anderem
den Aufbau und Erhalt des Knochengerüstes. Die Kalkwerke Otto
Breckweg und Wallmeier und Söhne liefern darüber hinaus Löschkalk
an Klärwerke bzw. Kläranlagen. Diese setzen den in Wasser aufgeschlämmten,
gelöschten Kalk ("Kalkmilch") ein, um den Säuregrad der verunreinigten
Abwässer herabzusetzen. Darüber hinaus werden viele gelöste
Schadstoffe ausgefällt. Die Vorteile des Kalkes als Reaktionsmittel
zur Abwasserbehandlung liegen in den geringen Kosten und in
seinen natürlichen Eigenschaften, denn Kalk
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-vermindert den Phosphatgehalt des Wassers und
dämmt dadurch unter anderem die Eutrophierung der Gewässer ein,
-entfernt organische Schadstoffe aus dem Wasser,
-vernichtet krankheitserregende Keime und Bakterien,
-unterstützt die Flockung, die zur Entfernung von Trübstoffen
notwendig ist,
-fällt toxisch wirkende Schwermetalle aus,
-bedeutet keine zusätzliche Belastung durch Sulfate und Chloride,
-unterbindet die Geruchsbelästigung
( BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN KALKINDUSTRIE 1992 ).
Der anfallende Klärschlamm wird durch Kalk eingedickt und chemisch
stabilisiert (Erhöhung des pH-Wertes). Salmonellen und andere
Erreger werden abgetötet. Der Schlamm wird also entseucht und
kann an die Landwirtschaft abgegeben oder sicher deponiert werden.
Natürlich ist die wirtschaftliche Bedeutung dieses Abnehmers
für die Firma Otto Breckweg nicht sehr groß. Dieser Abnahmezweig
zeigt jedoch deutlich die Bedeutung des Kalkes für zukünftige
Problematiken wie Umweltschutz, Gewässeraufbereitung und ähnliches.
5.6
Anwendungsbereiche außerhalb des Untersuchungsgebietes
Es gibt für Kalk und Kalkprodukte noch zahlreiche Anwendungsbereiche,
die jedoch für die untersuchten Kalkwerke nicht von Bedeutung
sind. Sie sollen jedoch an dieser Stelle kurz erörtert werden
um zu verdeutlichen, welch elementar wichtige Funktionen der
bis heute synthetisch nicht ersetzbare Rohstoff in unserem wirtschaftlichen
Leben erfüllt.
Kalk
bei der Roheisen- und Rohstahlgewinnung
Reines Roheisen wird im Hochofen gewonnen. Der Hochofenprozess
verlangt allerdings stückiges Material. Kalkhydrat, Branntkalk
und Kalksteinmehl werden zum Pelletisieren (= Stückigmachen)
von Feinerz eingesetzt.
Während des Brennvorgangs bildet Kalk die Nebenbestandteile
des Eisens zu Schlacke um. Für die Roheisenherstellung benötigt
man etwa 20-30 kg Branntkalk und ca. 100-200 kg Kalkstein pro
Tonne Roheisen. Bei der Weiterverarbeitung zu Stahl wird Branntkalk
benötigt, um Schwefel zu binden und Kohlenstoff, Silicium, Phosphor
und Mangan zu entfernen. Die Eisen- und Stahlindustrie verbraucht
ca. 1/3 der Branntkalk-Produktion
(BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN KALKINDUSTRIE 1992).
Kalk
im Umweltschutz
Bei der Verbrennung fossiler Energieträger werden saure Schadstoffgase,
Stickoxide und Staub freigesetzt. Aufgrund der gesetzlichen
Auflagen betreiben Kraftwerke Abgasreinigungsanlagen, mit denen
auch Schwefeloxid herausgefiltert werden kann. Als Absorptions-Mittel
werden Kalkhydrat oder Kalksteinmehl eingesetzt. Das Schwefel
dioxid wird mit Kalkmilch ausgewaschen; der danach ausfallende
Gips wird aufbereitet und weiterverarbeitet. Die Firma Wallmeier
und Söhne liefert Kalkprodukte für Rauchgasentschwefelungsanlagen
zum Kraftwerk Ibbenbüren. Abbildung 10 zeigt schematisch das
Funktionsprinzip der Rauchgas-Entschwefelung.
Ohne solche mit Kalk "betriebenen" Rauchgas- Entschwefelungsanlagen
können selbst moderne Kraftwerke die vorgeschriebenen Emissionswerte
nicht einhalten. Fluorgase, die beim Brennen von Ziegeln und
keramischen Produkten entstehen, gehen mit Kalk eine schwer
lösliche, harmlose Verbindung ein, das Calciumfluorid. Dieses
kann problemlos deponiert, nicht aber aufbereitet werden.
Wirtschaftliche Situation und Perspektiven
Dieser Aspekt muss sehr differenziert betrachtet werden, denn
die wirtschaftliche Situation der deutschen Kalkindustrie stimmt
mit jener der Kalkwerke im Untersuchungsgebiet nicht generell
überein. Abweichungen sind darauf zurückzuführen, dass die binnenwirtschaftlichen
Rahmenbedingungen, die die Absatzentwicklung der deutschen Kalkindustrie
steuern, nicht zwingend die gleichen Auswirkungen auf Kalkindustrien
einzelner Regionen haben müssen.
Andererseits wirken auf die im Untersuchungsgebiet ansässige
Kalkindustrie Momente ein, die im überregionalen Vergleich oft
überhaupt keine Bedeutung haben. Daher wird die Situation der
deutschen Kalkindustrie als Hintergrundinformation vorangeschickt.
6.1
Wirtschaftliche Situation und Perspektiven der deutschen Kalkindustrie
Bis Anfang der 70er Jahre war in der deutschen Kalkindustrie
eine ständige Aufwärtsentwicklung festzustellen. Sie wurde verursacht
durch die Phase des Wiederaufbaus, dem "Wirtschaftswunder".
Diese Entwicklung spiegelt sich in den Absatzzahlen an Branntkalk
wieder.
Die rückläufige Stahlproduktion und der geringere spezifische
Verbrauch von Kalk pro Tonne Rohstahl waren die Hauptursache
für den rückläufigen Branntkalk-Absatz in den 70er Jahren; die
Entwicklung der Kalkindustrie stagnierte. Erst in den 80er Jahren
hat sich der Absatz stabilisiert (HUFNAGEL 1992). Der Boom,
der 1990 durch die Wiedervereinigung ausgelöst wurde, hat sich
jetzt abgeschwächt und der Absatz von Kalkprodukten zeigt bei
den Hauptabnehmern ein uneinheitliches Bild. Die Baukonjunktur
lief 1991 auf Hochtouren, während die Stahlindustrie sich "nur"
stabilisierte.
Volkswirtschaftlich Prognosen deuten für Westdeutschland auf
ein Abklingen der positiven konjunkturellen Entwicklung. Im
Rahmen der gesamtdeutschen wirtschaftlichen Rezession ist die
Geschäftslage der Hauptabnehmer, d.h. der Eisen- und Stahlindustrie,
der chemischen Industrie und der Baubranche wenig stabil. Im
Umweltschutz und in der Landwirtschaft ist die Lage ähnlich
einzuschätzen, da der Kalkbedarf in diesem Bereich subventioniert
wird, die Gelder jedoch gekürzt werden. Die positive Erwartungshaltung
der deutschen Kalkindustrie für die nächsten Jahre basiert darauf,
dass "immer mehr Investitionen produktwirksam werden", so dass
"1993 mit einem Anstieg der Produktion in den neuen Ländern
zu rechnen" ist, "der sich auch in einer Steigerung der Verkäufe
von Kalkprodukten ausdrücken wird" (HUFNAGEL 1992, S. 5).
6.2 Wirtschaftliche Situation und Perspektiven der im
Untersuchungs-Gebiet ansässigen Kalkindustrie
Im Wesentlichen sind es zwei Momente, die in diesem Zusammenhang
auf die ansässigen Kalkwerke einwirken: Die Kommunalpolitik
und die Absatzlage, wobei die Kommunalpolitik sich überwiegend
negativ auf die wirtschaftliche Situation dieser Betriebe auswirkt.
Bezüglich der Absatzlage und -entwicklung bestehen jedoch erhebliche
Unterschiede zu den bundesweiten Werten. In Deutschland wurden
1991 ca. 41,1 Mio. Tonnen Kalk abgesetzt (HUFNAGEL 1992 ). Lediglich
15% (6,1 Mio. Tonnen ) davon waren Brannt- oder Löschkalk; das
entspricht einem Verhältnis von 1:7. Im Untersuchungsgebiet
wird dagegen hauptsächlich gebrannter Kalk verkauft; das Verhältnis
ist hier eher umgekehrt. Abbildung 13 und 14 zeigen, dass aber
besonders der Absatz ungebrannter Produkte bundesweit rückläufig
ist. Weil dieser Bereich für das Untersuchungsgebiet jedoch
von geringerer Bedeutung ist, hat eine bundesweit nachlassende
Nachfrage kaum Auswirkungen.
Im regionalen Vergleich können auch bei den gebrannten Produkten
erhebliche Unterschiede auftreten. Laut Abb. 14 finden 42,6%
der Branntkalkproduktion ihre Abnehmer im industriellen Bereich.
Dieser Sektor hat jedoch wie auch der Export für die Kalkwerke
am nordwestlichen Teutoburger Wald (Untersuchungsgebiet) keine
Bedeutung40. Von großer Bedeutung ist dagegen nach wie vor der
Sektor Land- und Forstwirtschaft, sowie das Baustoff- und Baugewerbe.
40 Nach Angaben des Geschäftsführers der Kalkwerke Otto Breckweg
GmbH und Co.KG., Rheine, Herrn Kipp.
Der große Absatz von Branntkalk an die Landwirtschaft ergibt
sich natürlich aus der Tatsache, daß der Raum Rheine-Tecklenburg
das am weitesten nordwestlich gelegene Kalkabbaugebiet ist und
das gesamte Emsland und den Raum Niedersachsen beliefern kann.
Die Absatzlage ist also offensichtlich stabil. Erstaunlich ist
in diesem Zusammenhang, daß unter den Kalkwerken - vor allem
in Rheine - kein nennenswertes Konkurrenzverhalten mehr herrscht,
da sich die Betriebe einen festen Kundenkreis aufgebaut haben41.
Wirtschaftliche Schwierigkeiten resultieren eher aus den hohen
Betriebskosten der Kalkwerke. Durch Rationalisierungsmaßnahmen
und den hohen Technisierungsgrad können zwar Personalkosten
eingespart werden, doch die Maschinen und Öfen haben einen hohen
Anschaffungswert und müssen regelmäßig gewartet werden. Diese
kostenintensiven Wartungs- arbeiten müssen von Fachleuten durchgeführt
werden und können mehrere Tage dauern42. Einen Großteil der
Betriebskosten nimmt der Energie- und Brennstoffbedarf der Kalkwerke
ein. Der Hochleistungsschachtofen der Firma Bernhard Breckweg
in Brochterbeck -Dörenthe verbrauchte bei normaler Tagesleistung
(ca. 300 Tonnen) stündlich etwa 1500 m3 Erdgas, d.h. bei 24stündigem
Betrieb belaufen sich die Kosten für die Befeuerung auf ca.
14400 DM, wenn pro Kubikmeter Erdgas 40 Pfennig zugrunde gelegt
werden (ermittelt nach JUSSEN 1974). Bei einem durchschnittlichen
Kalkpreis von 160 DM/Tonne Branntkalk bedeutet das, es müßten
täglich ca. 90,5 Tonnen Branntkalk verkauft werden, nur um die
Kosten für die Befeuerung zu decken. Der immense Anstieg der
Energiekosten war zu Baubeginn des Ofens für die Firma Breckweg
in Dörenthe nicht vorhersehbar und dürfte ein Hauptgrund für
die Stilllegung gewesen sein. Bis zu 25% der Betriebskosten
werden außerdem durch Auflagen zum Zwecke des Umweltschutzes
verursacht, die von den Kalkwerken zu erfüllen sind.
41 nach Angaben der Firmeninhaber der Kalkwerke Dörenthe, Wallmeier
+ Söhne, Otto Breckweg GmbH und Co.KG. und Wettringen Schencking
und Co. GmbH. 42 Vgl. Anm. 41.
Seite 84
Es handelt sich hierbei vor allem um komplizierte Filteranlagen
und Schallschutzeinrichtungen, deren Installation und Wartung
einen Großteil der laufenden Kosten ausmachen (vgl. Abb.14).
Das gegenwärtig größte Geschäftsrisiko geht für die Kalkindustrie
jedoch offensichtlich von der Kommunal- und Landespolitik aus,
von der im Untersuchungsgebiet die Firma Wallmeier und Söhne
besonders betroffen ist. Am 23.09.1990 wurde das Gebiet "Osterklee"
(Standort 8.1) in Brochterbeck von der Höheren Landschaftsbehörde
(Regierungspräsident) Münster als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Die Ausweisung erfolgte:
a) zur Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung von Lebensgemeinschaften
oder Lebensstätten bestimmter, zum Teil stark gefährdeter, wildlebender
Pflanzen- und Tierarten, insbesondere zum Schutz und zur Erhaltung
von Kalkhalbtrockenrasen(Mesobromion) mit den hier vorkommenden
schützenswerten Tier- und Pflanzenarten;
b) aus naturwissenschaftlichen Gründen-,
c) wegen der Unersetzlichkeit des Gebietes. (ORDNUNGSBEHÖRDLICHE
VERORDNUNG 1990,
Seite 2 )
Diese Unterschutzstellung bedeutet für die Firma Wallmeier das
wirtschaftliche "Aus", da das gesamte jetzige und geplante Abbaugebiet
betroffen ist. Schon 1982, als im Tecklenburger Stadtrat die
Abbaugenehmigung der Firma bis 1995 diskutiert wurde, zeichnete
sich in den Beratungen ab, dass der geplante Abbau bis zum Golfplatz
nicht möglich sein wird. Die Firma war sich der Problematik
durchaus bewußt, hoffte jedoch auf eine aus ihrer Sicht positive
Entwicklung. Hinzu kommt, daß es - damals wie heute -keine Alternativmöglichkeiten
gibt. Ein Ausweichen der gesamten Abbautätigkeit zum Thieberg
in Rheine - so lautete ein Vorschlag des Landesministeriums
- ist zwar theoretisch möglich, finanziell aber nicht tragbar;
Nach Angaben der Firma Wallmeier würden Kosten von 7,5 Millionen
Mark entstehen. Hinzu kommt, daß hochwertiger Kalk, wie er in
Bochterbeck gewonnen wird, in dieser Menge und in dieser wirtschaftlichen
Abbaubarkeit woanders nicht vorliegt. Ein Ausweichen der Firma
nach Dörenthe, wo noch kleinere Abbaugebiete genutzt werden
könnten, ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht lohnend. Durch
die Größe der zum Abbau freigegebenen Flurstücke kann die bis
1995 erteilte Abbaugenehmigung nicht voll ausgeschöpft werden.
Der Vorrat wird vermutlich Ende des Jahres 1993 erschöpft sein.
Die Firma Wallmeier hat im September 1990 Klage vor dem Verwaltungsgericht
eingereicht, ein Ergebnis lag nach Angaben der Firmenleitung
bis zum Februar 1993 noch nicht vor.
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7. Rekultivierung bzw. Renaturierung und Folqenutzung der Steinbrüche
Der Abbau von Kalkstein (sowohl Abtragung als auch Aushebung)
bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Landschaft. Das gesamte
ökologische Gefüge der Abbaugebiete wird empfindlich und nachhaltig
ge- und zerstörtAm 21. November 1972 hat die Landesregierung
von Nordrhein-Westfalen das "Gesetz zur Ordnung von Abtragungen"
erlassen. So muß z.B. u.a. ein Rekultivierungsplan vorliegen,
bevor eine Abbaugenehmigung erteilt oder erweitert wird. Weiterhin
darf die Genehmigung (erst dann) erteilt werden, wenn die Ziele
und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung sowie die
Belange der Bauleitplanung, der Landschaftsordnung und der Erholung
Beachtung finden44. Das Ziel der Rekultivierung ist oft ökonomisch
geprägt: eine möglichst rasche Einbindung in die sich an den
Abbau anschließende Nutzung. Oft wird im Rahmen der allgemeinen
Sensibilisierung für die Umwelt "guter Wille" gezeigt. Es folgen
dann Maßnahmen, die jene "Wunden in der Landschaft" - dieser
Terminus wird in vielen Lokalberichten verwendet - beseitigen
oder "verschönern" bzw. den Urzustand des Gebietes wiederherstellen
sollen. Ein Beispiel dafür ist der Waldhügel in Rheine. Verfüllungen
im Bereich des ehemaligen Betriebsgeländes der Kalkwerke Rheine-Wettringen
GmbH - die auch heute noch durchgeführt werden - haben zu einer
Überhöhung des Reliefs geführt. Bei den Aufforstungsmaßnahmen
fanden zwar bodenständige, aber nicht standortgerechte bzw.
einheimische Gehölze Verwendung, da eine schnelle Begrünung
der verfüllten Bereiche der Bauschutt- und Bodenaushubdeponie
erwünscht waren. .
44 Anfangs wurde unter dem Terminus 'Rekultivierung' lediglich
die mögliche land- und forstwirtschaftliche Folgenutzung verstanden.
Heute umfasst er alle anthropogenen Einwirkungen zur Wiedergewinnung
einer neuen Kulturlandschaft.
Die derzeitigen Verfüllungen am Nordrand des Abbaugebietes mit
Bodenaushub und nicht recycelbarem Bauschutt geschehen natürlich
auch aus ökonomischen Gründen; sie bedeuten für den Kreis Steinfurt
eine nicht unerhebliche Einnahmequelle. Massive Aufforstungs-
und Verfüllungsmaßnahmen liegen in dieser Form im übrigen Untersuchungsgebiet
nicht vor. Die ökologisch sinnvolle Alternative zur Rekultivierung
ist die Renaturierung. Dieser Prozess ist äußerst langwierig,
kann aber durch spezielle Abbautechniken beschleunigt werden
(STEIN 1985).
Bei der Renaturierung bewirkt die natürliche Sukzession die
Eingliederung des Bruchgeländes in seine natürliche Umgebung
Besonders gut begehbare Brüche und Bruchabschnitte wie am Waldhügel
erfordern jedoch zusätzliche Abschirmungs- und Absicherungs-Maßnahmen
sowie Absperrungen. In diesem Zusammenhang sollte das Aufbringen
von Mutterboden und Klärschlamm vermieden werden; der hohe Nährstoffeintrag
würde verhindern, daß sich eine natürliche, standortgerechte
Vegetation einstellt. Renaturierung schließt also profitbringende
Verfüllungen mit Bauschutt und Bodenaushub oder sonstigen nicht
belasteten Materialien, die keine Verwendung mehr finden, aus.
Es darf nur autochtones Material und dieses lediglich zur Abdeckung
oder Kleinreliefbildung aufgebracht werden. Renaturierung -
das zeigen die Beispiele Brochterbeck und Lengerich/ Kleeberg
- kann nur mit Unterschutzstellungen garantiert werden. Wenn
diese sich auf nicht mehr genutzte Brüche beschränken, sind
sie sogar von Vorteil für die Kalkbetriebe; die Kosten und Folgekosten
für Renaturierungen sind erheblich geringer als für Rekultivierungsmaßnahmen.
Allerdings dürfen unter Schutz gestellte Bereiche auch nicht
mit Abraum verfüllt werden, denn jeglicher Auftrag, jede Veränderung
der Bodenstruktur ist in Naturschutzgebieten verboten.
Aus ökologischer Sicht ist die Renaturierung wünschenswerter,
weil sie die "natürlichere" Lösung ist. Rekultivierungsmaßnahmen
bedeuten nach dem Abbau den zweiten, massiven Eingriff in den
Naturhaushalt. Die Meinung, es müssen "Wunden" beseitigt bzw.
verschönert werden, ist zu relativieren, da sie subjektiv ist.
Ein aufgelassener Steinbruch entspricht nicht nur den ökologischen
Anforderungen, sondern bietet nach ca. 15 Jahren ein landschaftlich
durchaus reizvolles Bild.
Wird die Abbautätigkeit in einem Steinbruch oder einem Abschnitt
davon eingestellt, so sind - unabhängig davon, ob rekultiviert
oder offengelassen wird - verschiedene Folgenutzungen möglich.
Die im Untersuchungsgebiet vorliegenden Nutzungsformen sind
in der Abb. 16 zusammengefasst.
Der Grundsatz der Wiederherrichtung ist im Untersuchungsgebiet
wie in allen Bundesländern in Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien
niedergelegt, denn rechtlich ist der Abbau von Kalkstein ein
ausgleichspflichtiger Eingriff in das Landschaftsgefüge im Sinne
des Bundesnaturschutzgesetzes ( STEIN 1985 ). Die Beobachtung
der Steinbrüche im Untersuchungsgebiet verdeutlichen jedoch
den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Er ergibt sich
aus dem Konflikt ökologischer und ökonomischer Interessen, der
schon in Kap. 6.2 erörtert wurde. Kalkwerke betreiben den Abbau,
um den bundesweiten Bedarf an Kalkprodukten zu decken und nicht,
um Biotopflächen zu schaffen oder zu erhalten. So ist es nicht
verwunderlich, dass seitens der Unternehmen "genehmigungsfähige"
Rekultivierungsplanungen entworfen werden, deren Realisierung
den ökologischen Anforderungen oft nicht entspricht. Die Praxis
zeigt jedoch, dass unüberlegte Abbau- und Rekultivierungsmaßnahmen
oft mit hohen Folgekosten verbunden sind. Es sind hier meist
die gleichen Fehler, die begangen werden. Sie sollen daher im
Folgenden kurz erörtert werden ( vgl. STEIN 1985, S. Uff. ).
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1. Ungünstige Lage des Abbaugeländes
- Besonders ungünstig wirkte sich dieser Planungsfehler für
die Kalkwerke Wallmeier und Söhne in Brochterbeck aus. Eingeplant
waren Grundstücksankäufe zwecks Abbau bis zum östlich gelegenen
Golfplatz, obwohl schon zu Beginn der 80er Jahre über eine Unterschutzstellung
diskutiert wurde ( vgl. Kap. 6.2 ).
3.
Unzweckmäßige Böschungsneigung
- Sehr häufig werden Böschungen zu steil gewählt, so daß es
- besonders bei heftigen Niederschlägen - zu Böschungsnachbrüchen
kommt. Am Waldhügel werden dadurch an verschiedenen Stellen
Zufahrtswege und angrenzende Grundstücke zu-sedimentiert. Hangbepflanzungen
können sich zudem nicht ungestört entwickeln. Säuberungs- und
Wiederherstellungsarbeiten mit z.T. erheblichen Kosten sind
die - vermeidbare - Folge.
4.
Einfallslose, schlichte Rekultivierung mit nicht standortgerechter
bis falscher Bepflanzung
- Um eine schnelle Begrünung zu gewährleisten, werden gerne
schnellwüchsige Pflanzen verwendet, die dem Charakter des Standortes
nicht entsprechen.
- am Tecklenburger Kleeberg wurden Anfang der 80er Jahre einige
Pappeln angepflanzt und andere "gut gemeinte" Begrünungsaktionen
durchgeführt
. - am Waldhügel wurden verstärkt Nadelhölzer angepflanzt, deren
Anfälligkeit gegen Emissionen und Trockenperioden zu hohen Ausfällen
führte.
- Es ließen sich einige weitere Punkte aufführen, welche die
folgende Behauptung stützen:
Falls ein Kalksteinbruch rekultiviert wird, hängt es von der
technischen Planung und der sorgfältigen Durchführung durch
die Verantwortlichen ab, ob kostengünstig und effektiv gearbeitet
wird, oder ob der Steinbruch kostenträchtig zu einem Fremdkörper
um-modelliert wird.
45 Nach Angaben des Tiefbauamtes Rheine, das die Verfüllung
mit Bauschutt beaufsichtigt.
Zusammenfassung
Die Bedeutung des Kalkabbaus hat sich von den Anfängen bis zur
Gegenwart grundlegend geändert. War der Kalk zunächst nur für
den Eigenbedarf bestimmt, so ist er heute in Industrie und Landwirtschaft
ein unentbehrliches und bislang unersetzbares Material. Der
Abbau und das Brennen von Kalk haben im Untersuchungsgebiet
eine lange Tradition. Von den vielen Kleinbetrieben aus den
Anfängen haben sich nur wenige zu Großbetrieben entwickeln können.
Die Entwicklungsgeschichte ist geprägt von zahlreichen Betriebsneugründungen,
-Übernahmen und -aufgaben. Erfolgten Abbau und Weiterverarbeitung
zu Beginn noch mit einfachsten Hilfsmitteln und schwerster,
gefährlicher Handarbeit, so bedient man sich heute überwiegend
modernster Produktionsanlagen und hochtechnisierter Hilfsmittel.
Die Untersuchungen haben jedoch auch verdeutlicht, dass der
Abbau und die Weiterverarbeitung von Kalkstein nicht unproblematisch
ist. Kalkprodukte fließen in ein weitverzweigtes Abnehmernetz;
das bedeutet neben der obengenannten Unersetzbarkeit jedoch
auch starke Konjunkturanfälligkeit. Rezessionen in der Industrie
und Subventionskürzungen im Landwirtschaftssektor und Umweltbereich
haben existenzgefährdende Nachfrage-rückgänge zur Folge.
Kalksteinabbau erfolgt oberirdisch und bedeutet daher einen
weithin sichtbaren Eingriff in das Gelände. Den ökologischen
Konsequenzen, welche bis in die 60er Jahre nicht berücksichtigt
wurden, wird heute mit hohen Auflagen entgegengewirkt. Rekultivierung
und Renaturierung nach bzw. während des Abbaus sind neben anderen
technischen Schutzmaßnahmen wichtige Schritte, um den Interessenkonflikt
zwischen Wirtschaft und Ökologie zu entschärfen. Die Untersuchungen
haben diesbezüglich jedoch ergeben, dass ökologische und ökonomische
Interessen nicht immer gleichermaßen Berücksichtigung finden
können.
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Ich versichere, dass ich die schriftliche
Hausarbeit einschließlich evtl. beigefügter Zeichnungen, Kartenskizzen
und Darstellungen selbständig angefertigt und keine anderen
als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen,
die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen
sind, habe ich in jedem einzelnen Falle unter genauer Angabe
der Quelle deutlich als Entlehnung kenntlich gemacht. Gleiches
gilt auch für die beigegebenen Zeichnungen, Kartenskizzen und
Darstellungen." Tecklenburg, im März 1993
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Foto Seite oben - Zeichnung von August
Dorfmüller - Ibbenbüren 1844 |
© Förderverein Stadtmuseum Ibbenbüren
e. V. Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren | |
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