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Benzinwerk/Hydrieranlage im Bocketal
- Von Hubert Rottmann
Tecklenburg,
den 20. 12. 2015 |
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Im Aufsatz von Paul Stallmeyer und Hubert
Heemann mit dem Titel "Das Oel- oder Benzinwerk an Düwelskerken"
steht der Satz "Die Produktion war Anfang Januar 1945 angelaufen".
Hubert Rottmann als unmittelbarer Nachbar der Anlage betont
gegenüber dem Verfasser Werner Suer, dass er mit Bestimmtheit
sagen kann, dass die Produktion in Bocketal im Oktober 1944
begann.
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Da viele Geschichten aus jener bewegten Zeit
umher kursieren, so halte ich hiermit die Realität fest - aus
meiner Sicht - so wie ich alles hautnah erlebt und gesehen habe.
Da leider nicht mehr viele da sind, die gefragt werden können
über echte Gegebenheiten vom sehr geheimnisvollen Vorgang dieser
Anlage, als erste Stunde des " Spatenstichs", der nur von wenigen
in der Bevölkerung registriert wurde. Es war ein schöner Sommertag,
der 20.8.19 43, ich kam von meinem zugehörigen Ort Brochterbeck
von einer Gruppenstunde (Messdiener) ausnahmsweise mit dem Fahrrad.
Als ich die leicht abschüssige Straße vom Steinbruch Dübels
-Kerke Richtung Kreuzung Bocketal fuhr, sah ich, wie an der
alten Bahn -Zufahrt (es war nur noch der Damm vorhanden, ohne
Schienen) zur Dübels -Kerke, einem alten Steinbruch aus den
Jahren 1910-1920 Kalksandsteine von einem Hänger mit Trecker
von der Organisation Todt abgeladen wurden. Niemand wusste,
was dort einst entstehen würde - auch zuhause gab es nur ein
Schulterzucken. In kürzester Zeit, in einigenTagen - tat sich
Gewaltiges, Bewegung auf breitester Fläche im Bereich der Dübels
-Kerke. Massen an Kalksandsteinen wurden angeliefert an genannter
Stelle. Es war eine Organisation ohne gleichen - Massen an Personal
wurde täglich angefahren -in größten Massen wurden täglich morgens
zwischen 7.00 Uhr und 8.00 Uhr russische Kriegsgefangene
mit abgedeckten LKW angefahren, welche am Bergwerk der Preussag
in Ibbenbüren ihre Bleibe in Baracken hatten. Für die erforderlichen
recht umfangreichen Arbeiten und auch Schwer-Transporte wurde
sehr schnell der alte Bahndamm in den Steinbruch mit Schienen
versehen, so dass Tempo auf dieser Baustelle auch weiterhin
oberste Priorität hatte.
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Erdschieber - zu jener Zeit noch wenige in der
Wirtschaft zu sehen, waren dort einige voll in Aktion - volle
12 Stunden und mehr. An der Holthauser Straße, von der Straßen-Kreuzung
ausgehend, etwa 200 m. in Richtung Holthausen wurde eine Wiesenfläche
vom Hof Stallmeyer frei geschoben und von dort eine Trasse geebnet
hinauf in den alten Steinbruch Dübels-Kerke, etwa 500 - 800
m ansteigend. Feldbahn -Schienen wurden darauf verlegt
und schon nach wenigen Tagen wurde dort eine Dampflok mit Loren
aktiv. Das gesamte Projekt lag in Händen der Organisation
Todt. Wir als Kinder gingen von da an stets unseren Nachhauseweg
von der Schule Brochterbeck aus dort vorbei, um auf dem "neuesten
Stand " zu sein im Bauvorgang. Unser normaler Schulweg war eigentlich
stets über den Teutoburger Wald zur Schule - zu Fuß - hin und
zurück.
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Randbemerkung:
In den Jahren 1941 bis Ende 1942 wurde gegenüber auf
dem Acker vom Bauernhof Sommer-Rolloff (Holthausen 24, ehemalige
Mühle) ca. 20 m von der Straße ein großer Scheinwerfer
fürs Erspähen von Feind -Fliegern installiert und er kam auch
in Betrieb. Des Öfteren wurde dieser des Nachts aktiviert bei
Flieger-Alarm, damit die Ziele von der Flak in Ibbenbüren und
auch in Achmer bei Osnabrück besser auszumachen waren, wodurch
es in der Bauerschaft Holthausen des Nachts sehr hell war. Der
Scheinwerfer wurde sehr bald, Ende 1942/43 weggeräumt.
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Er könnte auch eine Vorkehrung für den Bau des
Projekts der Öl-Raffinerie gewesen sein, um nicht die Aufmerksamkeit
auf dieses Gebiet zu lenken bei stets zunehmenden Luftangriffen.
Die Baugruppe der Firma Echterhoff mit Hauptsitz in Westerkappeln-Velpe,
auch heute noch weit über Deuschlands Grenzen bekannt - gegründet
1860 für spezielle Bauvorhaben in Kanal- und Brückenbau sowie
Beton -Projekte usw. war von Beginn dieses Bauprojektes an "
Mann der ersten Stunde", wie man so schön sagt, als erste Baumaterialien
und erforderlicher Transporte gefordert wurden. Schon im frühen
Herbst verlegte die Fa. Echterhoff Schienenstränge für ihre
Dampflok-Feldbahn, wo schon im Oktober bis über die Winterzeit
hinaus täglich bis in die Abendstunden die Dampflok, besonders
abends funken- und feuerstiebend aus ihrem Schornstein, die
vollen Loren mit Kies und Zement beladen, mit 5 oder auch 6
Wagen den Berg hinauf schob zum Felsmassiv Dübelskerke zur Hauptbaustelle,
was von uns Kindern immer wieder bewundert wurde und dem wir
deshalb oft einen Besuch abstatteten. Es war ja nicht weit von
zuhause fürs Zuschauen, nur ca. 150 m bis zur Lokstation. An
den viereckigen Holzkastenloren stand in großen breiten Lettern
ECHERTHOFF, das ist gut in Erinnerung. Bis kurz vor Einzug
der Alliierten am 2.4.1945 war das Unternehmen mit Erweiterungsarbeiten
beschäftigt, welche bis ca. 500 Meter östlich der Holthauser
Kreuzung, direkt an der Straße, am Haus von A. Voss und am Haus
von H. Rottmann vorbei, bis zur Einfahrt zum Hof M. Middendorf
in die dortige Steinkuhle reichten, wo letztlich die nahende
Front mit steten Fliegerangriffe ab Mitte März 1945 kein Durcharbeiten
mehr zuließ. Um mehr Aufschluss über dieses Bauvorhaben - Ölraffinerie
- zu bekommen, machte ich einen Besuch im Februar 2017 bei der
Firma Echterhoff in der Hauptverwaltung in Westerkappeln- Velpe
und hatte ein ausgedehntes Gespräch mit Herrn Helmut Echterhoff
( Jahrgang 1939 ). In dieser recht bewegten Zeit des Krieges
war Herr H. Echterhoff in Österreich - konnte daher zu diesem
Vorgang nichts sagen.
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Ein Telefongespräch mit Herrn Herbert Echterhoff
( Jahrgang 1934 ) einige Tage später brachte das Ergebnis: die
Hauptverwaltung war zu der Zeit in Osnabrück und wurde bei den
stetigen Luftangriffen durch Bombardierungen und Brand total
vernichtet, somit ist nichts mehr an Unterlagen verfügbar. Mit
der Feldbahn, verlegt von der Firma Echterhoff, wurden täglich
Tonnen an grobem Kies und Zement hinauf in Richtung Dübels-Kerke
transportiert für den Bau von 4 großen Betonsilo-Behältern mit
ca. 8 Metern Höhe und im Durchmesser ca. 15 Metern. Diese Behälter
wurden in Stahlbeton gegossen - die Abdeckung war in gleichem
Material und sie wurden in der Mitte von einer Zementsäule abgestützt.
Zur Sicherheit wurde vor diesen runden Silos eine Splitterschutzwand
von 1 Meter Stärke angelegt. Im unteren Bereich, bis zu ca.
3 Meter Höhe wurden die Klinker der Schutzwand zementiert und
bis zur Deckenhöhe wurden die Klinker in Sand aufgelegt. Fundamente
für Heizöfen, Tankbehälter, Werksräume und Büros wurden angelegt,
was sich Wochen hinzog. Personalmangel gab es nicht, Kriegs-
gefangene wie Russen und Ukrainer gab es reichlich. Für das
Endprodukt Benzin und Diesel-Treibstoff wurden für die
dafür vorgesehenen 4 zylindrischen Metall-Tanks entsprechende
Fundamente gegossen bei einer Tank-Länge von ca.10 Meter und
mit einem Durchmesser von ca. 3 Meter. Dieses alles entstand
am Hang vor der Dübels -Kerke - im Waldgebiet gut getarnt, wie
es besser nicht sein konnte. Schon im Oktober 1943 wurden etliche
Kilometer von Rohrleitungen verlegt, durchweg wurden Eisenrohre
verarbeitet von kleinstem Durchmesser von 1/2 Zoll bis hin zu
ca. 40 cm, sowie Steuerleitungen für entsprechende Geräte. Es
wurde geschweißt und gebogen wegen der zahllosen Verbindungen
und Anpassungsarbeiten und besonders der Verrohrungs-Arbeiten,
wofür es derzeit noch keine Fertigteile gab. Eine größere Gruppe
von ca. 40-50 Soldaten hatte das Bad in Holthausen (Kurhaus)
im Oktober belegt, um darauf zu achten, dass alles fachmännisch
ausgeführt wird und auch um eventuelle Sabotagen zu verhindern.
Morgens zwischen 7.00 Uhr und 7.30 Uhr, wenn wir uns auf den
Weg zur Schule machten, marschierten die Soldaten im Gleichschritt
in der Gruppe zur Baustelle, der Öl-Raffinerie. Abends in der
Dämmerung ging es zurück zum "Casino" Bad Holthausen, wieder
in Marsch-Kolonne, nach getaner Arbeit mit frohen Liedern auf
den Lippen, dass es in der gesamten Bauerschaft Holthausen zu
hören war.
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Wir Schulkinder gingen auch bisweilen schon morgens
an den Baustellen vorbei und hielten auch mal kurz inne, wenn
im Feuerschein gewerkelt wurde. Doch nach und nach wuchs das
gesamte Bauprojekt und man verscheuchte uns, wenn wir mal stehen
blieben. Alles, was fertig war, wurde unmittelbar danach mit
Matten getarnt, welche aus grünem Hühnerdraht bestanden
mit grünen, Kunststoff-ähnlichen Plättchen darauf. Auf sehr
hohe Holzpfosten wurden diese Tarn-Matten gelegt und es glich
alles fast einem Gebäude, wenn man da drunter stand. Der Winter
zog ins Land, aber die Arbeiten auf der riesigen Baustelle nahmen
weiterhin ihren Lauf. Eine eigene Transformatoren-Station
wurde erstellt und der Eisenbahn-Anschluss an die TWE war Ende
1943 fertig mit Rangier-Geleisen, zweispurig bis oberhalb unseres
Nachbarn Anton Voss und etwa 5 Meter oberhalb der Straße und
etwa 14 Meter vom Eingang Voss entfernt. Die ersten Brennöfen
fürs Erhitzen des Rohöls für die Benzin- und Diesel - Produktion
wurden an der Straße gegenüber der damaligen und auch heutigen
Zufahrt des Bauernhofes Stallmeyer plaziert. Diese 3 Brennöfen
ähnelten großen Lokomotiv-Kesseln und sie wurden auf dort gefertigten
schweren Fundamenten gelagert und alles wurde gleich wieder
voll mit Tarnmatten abgedeckt. Selbst der Schornstein - ein
Metallrohr als Abzug für das Abgas der Öfen, war oben über dem
Deckel zur Tarnung mit einer Birke abgedeckt. Die einstige Wiese
von Stallmeyer an der Straßenkreuzung Bocktal-Holthausen hatte
Ginster-Wildwuchs und sie war recht hügelig bis zur Ecke der
Straßen-kreuzung. Sie wurde angefüllt und somit auf die Höhe
der gesamten Bahnlinie gebracht, was teilweise per Erdschieber,
aber auch mit sehr viel Handarbeit der russischen Gefangenen
durchgeführt wurde.
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In der Hauptbauphase waren täglich um die 1.500
Russen auf der Baustelle, sie wurden morgens von ihrer Bleibe
in den Baracken an der Preussag in Ibbenbüren auf abgedeckten
Lastwagen zur Baustelle gebracht und abends im Dämmerschein
zurück zu ihren Baracken. Auch in ihrer Freizeit waren die Russen
nicht untätig: Es wurde viel gebastelt, kleines Spielzeug wie
flatternde Tauben, Kästen für Schulstifte, kleine Bilder und
vieles mehr. Alle gebastelten Sachen waren nicht übermäßig groß,
die Gefangenen mußten sie unter dem Mantel verbergen können.
Mit den deutschen Soldaten-Aufsehern hielt man sich gute Seite,
man konnte sich daher auch schon mal für Stunden absetzen. So
zogen hier und da oft Gefangene in näherer und auch weiterer
Nachbarschaft umher, um diese Teile einzutauschen gegen Brot
und Kartoffeln und auch Fleisch, und wir Kinder hatten daher
die nächsten zwei Weihnachten bis Kriegs-Ende als Bescherung
russisches Spielzeug, weil es auch wenig zu kaufen gab und es
zudem auch teuer war. Im Herbst 1944 fehlte beim Bauern M. Middendorf
ein Sack Kartoffeln, welche beim Pflügen von einem vorherigen
Kartoffelfeld nachgesucht wurden. So war die "Selbstversorgung"
der Gefangenen etwas günstiger, ohne Bastel-Arbeiten, aber wir
hatten volles Verständnis und alle gingen weiter ihrer Arbeit
nach. Die Feldbahn hatte ihren Dienst erfüllt und wurde weggeräumt.
Dann wurden im Winter die zweigleisigen Schienenstränge der
Bahn an der Holthauser Straße zu Normalspur zurückgebaut bis
15 m oberhalb vom Grundstück von Anton Voss.
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Bei aller Bautätigkeit hatte man keinen Überblick,
schließlich war ja alles Geheimsache. Kleinere Geräte wurden
auf der alten Zufahrt, die man verbreitert hatte, zum Steinbruch
transportiert, der etwa 20 m höher als die Straße lag. Hier
oben waren eine Werkstatt, Büroräume, Verwaltung, Küche u.v.m.
Dahinter, unmittelbar am langen Felsmassiv, waren die Destillier-Anlagen
auf der Steinbruchsohle. Ein Luftschutz-Bunker für das Führungspersonal
wurde ins Felsmassiv gesprengt und ausgebaut. Die vier Beton-Silobehälter
für das angelieferte Rohöl sowie die Stahltank-Behälter
für das Fertigprodukt Benzin und Diesel lagen noch ca.
5 Meter höher, was sich beim Füllen günstig auswirkte. Die große
Ausdehnung dieser Öl-Raffinerieanlage gab unseren Eltern und
Großeltern Anlass zur Sorge, dass die Sicherheit bei eventuellem
Fliegerangriff nicht mehr gegeben war, da sich wöchentlich die
Angriffe auf Städte und besondere Ziele häuften und im Falle
einer Entdeckung alles böse enden könnte. Deshalb ging es im
April 1944 an die Arbeit, einen alten Stollen, etwa 150
Meter von unserem Haus entfernt in Klöppers Steinkuhle,
wieder freizulegen und als Luftschutzbunker herzurichten.
Dieser Stollen wurde um 1920 in den Berg getrieben, um im dürftigen
Flöz von ca. 25 cm Kohle abzubauen, in einer Zeit, wo es nicht
rosig war - die Inflation griff um sich, so dass Kartoffeln,
nur um Zahlen zu nennen, morgens 15.000 Mark und abends das
Doppelte kosteten. Unser Nachbar M. Middendorf (Holthausen 3)
hatte volles Verständnis für den Bunkerbau und gab uns auch
noch einige Informationen:
Länge des Kohlenstollens etwa 75 Meter, nach Süden leicht abfallend,
bedingt durch das Gebirge und Flöz, nach etwa 25 Meter ein Querschlag
nach rechts, etwa 15 Meter lang. Es war ein warmer Frühlingstag
im Jahre 1943, als die ersten Spatenstiche gemacht wurden. Zuvor
wurde mit langer Stange abgestochen, wo könnte es laut M. Middendorf
sein, das alte Mundloch. Unser Vater kannte sich im Bergbau
gut aus, da er auf der Preussag, dem Schacht in Ibbenbüren,
wie wir es nannten, beschäftigt war, er wurde nach kurzer Zeit
fündig. Schon in der Vormittagsstunde hatten wir ein Loch gegraben,
den ersten Zugang zum Stollen und wir wurden auch gleich angespornt,
hinein zu kriechen, unser Vater voraus, ein etwas mulmiges Gefühl
hatte man schon, was jedoch nach einigen Besuchen beseitigt
war. Da es einiges an Arbeit gab, wie Erdarbeiten, Stützen etc.
und diese Handarbeit recht zeitaufwendig war, hatte sich mein
Vater mit einem Aufseher für die russischen Gefangenen, die
auf der Baustelle der Öl-Raffinerie tätig waren, verständigt
und der Aufseher hatte zwei Gefangene aus der Ukraine besorgt,
den Phillip, etwa 30 Jahre, der gut Deutsch sprach und den Andreas,
etwa 50 Jahre, der weniger die deutsche Sprache beherrschte.
Wir alle hatten uns recht bald gut angefreundet, wir brachten
ihnen Mittagessen und sonstiges Essen, im eigenen Haus war das
nicht erlaubt.
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Wir waren froh um ihre Hilfe und sie waren froh,
dass sie so gut versorgt wurden und gelassen ihrer Arbeit nachgehen
konnten. Des Abends gingen sie wieder zu ihrer Kolonne und fuhren
zu ihrer Bleibe auf dem Schacht. Die Arbeiten gingen gut voran
bis hin zum Bau des Notausgangs, wozu der Aufseher besonders
"angesprochen " werden musste, da dieser Ausgang nur durch Sprengen
hergestellt werden konnte. Durch Klopfsignale wurde punktgenau
die Stelle des Not-Ausstieges ermittelt. Es wurden einige Sprengladungen
angesetzt, um den Durchbruch zu erreichen und es zeigte sich
eine Felswand von 4 Metern, die durchbrochen wurde und wir fühlten
uns damit letztlich sicher in dem Fall, wenn (die Gefahr zu
groß war)....Nach drei Wochen zog der Aufseher die beiden Gefangenen
ab mit der Begründung und Meinung, dass wir diesen Bunker nur
für uns gebaut hätten, statt für das Personal der Öl-Raffinerie.
Doch alles in allem, wir waren froh über die Hilfe, die wir
gehabt hatten und auch die gute Bekanntschaft, die wir als Kinder
erlebt hatten. Auch die Ukrainer waren froh für die Abwechslung
in ihrer Gefangenschaft, wie Phillip oft betonte. Philipp ging
später zunächst nach Ochtrup, letztendlich wollte er nach Australien
auswandern. Andreas dagegen wollte einfach nur heim zur Familie
in die Ukraine.
Die Flieger-Angriffe und Bombardierungen von Städten nahmen
mehr und mehr zu, besonders in den späten Abendstunden, wo wir
dann unseren Bunker aufsuchten mit einer Petroleum-Lampe, einer
Karbidlampe oder auch einer Kerze. Am Abend des 10.8.1943 gegen
22. 00 Uhr war ein Angriff auf den Mittellandkanal, wobei im
Norden, Westen und Süden am Horizont Leuchtschirmchen, wie wir
es nannten, (Leuchtbomben), kleine Fallschirme mit Phosphor
darunter in kleinem Behälter langsam zur Erde schwebten, sie
brannten sehr hell und leuchteten die weite Umgebung gut aus.
Es war ein herrlicher Anblick, wenn`s nicht so ernst gewesen
wäre. In diesem Sommer wurde ein großer Teil der Gefangenen
in Schlichtermanns Busch, wie man ihn hier nannte, zum
Arbeiten verlegt. Es war ein Waldstreifen direkt an der TWE
- Eisenbahn, etwa 400 Meter nördlich des Bahnhofs Bocketal.
Das Waldstück lag zwischen Äckern und Wiesen, es war etwa 300
Meter breit und 800 Meter lang. Da alles gut bewaldet war, stand
auch dort einer Ausdehnung für die Öl-Raffinerie nichts im Wege.
Ein dreigleisiges Abstellgleis wurde geplant als Zwischen-Lager
der Rohöl-Tankwagen, da Unregelmäßigkeiten in der Anlieferung
nicht ungewöhnlich waren durch die zunehmenden Luftangriffe
der Alliierten auch auf Eisenbahn-Züge, obwohl diese Züge in
den letzten Jahren mit Bordkanonen im letzten Waggon des Zuges
ausgerüstet waren. Das dritte Gleis konnte nicht mehr fertig
gestellt werden.
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An der Bocketaler Straßenkreuzung von Ibbenbüren
nach Brochterbeck und Holthausen wurde in der Wiese vom Hof
des Bauern K. Erpenstein ein größeres Auffangbecken für Altöl
angelegt. Es war aus Beton und maß etwa 5 mal 10 Meter und war
3 Meter tief. Bei der späteren Produktion floss Altöl, vermischt
mit Wasser in geringen Mengen etwa 500 Meter im offenen Graben
an der Straße entlang vom Hauptwerk bis in dieses Becken, welches
wöchentlich von Bediensteten geleert wurde, das Altöl wurde
wieder dem Produktionsprozess zugeführt. Die größere Gruppe
der Soldaten waren Handwerker, die im Kurhaus Bad Holthausen
stationiert waren. Sie wurden nach Abschluss der Arbeiten bis
auf wenige abgezogen. Testläufe und Versuche liefen im September
1944 an, wo dann im Oktober 1944 die echte Produktion
anlief. Das Rohöl wurde mit schweren Kreiselpumpen aus den
Eisenbahn-Tankwagen in die Beton-Silos im oberen Waldbereich
abgepumpt. Das Produkt Benzin und Diesel -Treibstoff konnte
durch die im oberen Bereich in der Nähe der Beton-Silos befindlichen
Stahl-Tanks über Leitungssysteme in die Eisenbahn -Tankwagen
herab fließen. Die Produktion lief Tag und Nacht bis Mitte März
1945, vermutlich ohne Zwischenfälle, es war ja alles streng
geheim. Im Januar/Februar 1945 begann man mit Planierungen
direkt neben der Holthauser Straße oberhalb von Nachbar Voss
und unserem Hause bis hin zur Einfahrt zum Hof M. Middendorf.
Messungen wurden gemacht für ein größeres Lagerbecken
für Rohöl und auch für weitere Geräte zur Produktionsleistungs-Steigerung.
Die Planierung längs der Straße war für die Feldbahn
vorgesehen. Teilweise wurden die Schienen noch verlegt, aber
die immer näher rückende Front Ende Februar/ Anfang März zwangen
zum Stillstand der Bauarbeiten und nach der zweiten Dekade,
im März 1945 wurde die Produktion eingestellt. Das Bedienungspersonal
verließ das Werk, es waren nur noch sehr wenige Personen an
Wachpersonal vor Ort. Die Alliierten besetzten diese Anlage
am 2.4.1945. Zu zweit saßen die wachhabenden britischen
Soldaten an der Straße zur Hofeinfahrt von Stallmeyer und der
Rest der Wache hatte sich recht häuslich in den ehemaligen Büroräumen
eingerichtet. Später, nach etwa 4 Wochen, wurde die Wache wegen
der umfangreichen Aufsicht über die gesamte Anlage mit einheimischem
Personal auch aus Brochterbeck verstärkt. In der Anfangszeit
der Wache der britischen Soldaten gab es einen ernsten Zwischenfall
Siehe folgenden Bericht - Einmarsch
der Alliierten > > >
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Wir als heranwachsende Kinder, mein Bruder Heinz
und ein guter Nachbar, der einiges älter war, machten uns öfters
auf den Weg in den Wald und suchten in der Nähe der Dübelskerke,
weil kurz nach Ankunft der Alliierten diese oft mit ihren LKW
in den Weg zum Hof Middendorf fuhren und dort weiter in den
Wald fuhren. Sie kamen nach etwa einer Stunde zurück, scheinbar
mit Fracht, was nur Benzin sein konnte oder sonstiges brauchbares
Material. Im August 1945 machte am Nachmittag das Gespräch die
Runde, es wurden von der Wache zwei Personen am Ölwerk festgenommen.
Der eine war ein sehr guter Bekannter aus der näheren Umgebung
und ein echter Brochterbecker. Man versuchte noch am gleichen
Tag, ihn loszukaufen von den britischen Soldaten, aber weil
alles angeblich schon registriert war, war ein Rückweg nicht
mehr möglich. Nach 3 Wochen war die Gerichtsverhandlung mit
dem Ergebnis: für den jüngeren guten Bekannten gab es 4 Wochen
Haft und der Brochterbecker bekam 3 Monate Gefängnis ohne Bewährung.
In den folgenden Monaten begann man überall mit den Instandsetzungen
und dem Wiederaufbau nach der Kriegszerstörung. Viele Leute
aus der näheren und weiteren Umgebung, die Transportmittel besaßen,
holten sich Klinker vom Mauerwerk um die Zement-Silos, die seiner
Zeit als Splitterschutz dienten, um ihre vom Krieg zerstörten
Gebäude wieder in Ordnung zu bringen. Die oberen Steine waren
ja in Sand aufgelegt und daher sehr einfach abzunehmen. Aber
auch bei gemauerten Steinen machte man sich die Arbeit des Abbauens.
Zwischengelagerte Feldbahn-Schienen verschwanden in irgendwelchen
Betondecken. Kurzum, es herrschte oft reger Betrieb bis spät
in die Abendstunden, was von der Wache achselzuckend hingenommen
wurde bzw. übersehen wurde.
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Nach dem Zustrom der Vertriebenen aus Ost-Deutschland
und Schlesien wurden die Werks- Büro- und Verwaltungsräume der
Öl-Raffinerie in den Jahren von 1947 bis 1956 von vier Familien
bewohnt. Für die heranwachsenden Kinder der Bewohner war es
stets abwechslungsreich, da die Anlage größten Teils noch nicht
abgebaut war. Gute Bekannte der Bewohner erzählen noch gern,
dass man im langen Schornstein für die 3 Öfen (Brennöfen
fürs Erhitzen des Rohöls) hoch gestiegen ist und oben einen
wunderbaren "Schau ins Land" - Blick hatte. In den Jahren von
1958 bis 1963 wurde die gesamte Anlage von Betonfundamenten,
Betonsilos, Maschinengebäuden und auch des Zwischenlagers in
Schlichtermanns Busch grundsätzlich bis hin zu den Schottersteinen
der Bahnschienen entsorgt. Der einstig Luftschutzbunker
für das Dienstpersonal, er war in das Felsmassiv der Dübelskerke
gesprengt worden, wurde zugemauert und mit Gitterstäben verschlossen,
Er ist bis zum heutigen Tag ein Unterschlupf für Fledermäuse.
Alles, was mit dem Ölwerk in Verbindung war, wurde entsorgt,
nur die seiner Zeit eingeebneten Flächen sind noch sichtbar.
Unser alter Luftschutzbunker, der Stollen im Wald oberhalb
unseres Hauses, etwa 150 Meter entfernt, wurde aus Gründen der
öffentlichen Sicherheit zugeschüttet.
Brochterbeck, den 20.
12. 2015 - Hubert Rottmann
Abschließend spreche ich für die Unterstützung dieses "Berichts
aus meiner Sicht" Herrn Rektor i. R. Josef Bröker und Werner
Suer für die abschließende Überarbeitung meinen herzlichen Dank
aus. Ebenso bedanke ich mich bei Herrn H. Echterhoff und K.H.
Echterhoff von der Baugruppe Echterhoff, die federführend für
den Vertrieb von Baustoffen, die Anlieferung und Transport beim
Aufbau dieses Werkes tätig war, für das ausgedehnte Info-Gespräch
Hubert Rottmann
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Fotos Martha Theuer : Thema: Wehrmachtsbaracke aus Beton - Am
Hydrierwerk |
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3 v. links Martha Hillmann
um 1947
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Martha Theuer, geb. Hillmann,
geb. 1927, Foto um 1947,
Kind links Bärbel Strulick
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Hydrierwerk - Paul Hillmann
um 1947
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Nach dem Zustrom der Vertriebenen aus Ost-Deutschland
und Schlesien wurden die Werks- Büro- und Verwaltungsräume der
Öl-Raffinerie in den Jahren von 1947 bis 1956 von vier Familien
bewohnt.
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Fotos zum Thema:
Firma Baugeschäft Schäfer an der Wilhelmstraße in Ibbenbüren.
Unter den Kastanien lag eine lange grüne Baracke, dort war die
Küche der NS-Organisation Todt zur Versorgung des Hydrierwerks
im Bocketal, Die Küche wurde von den Bauern mit Rüben und Kartoffeln
versorgt. Es gab im Hydrierwerk für die Stammbesatzung gut zu
essen, auch Kartoffeln u. Wurst,
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Foto: Baugeschäft Schäfer - 1962 |
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Küchenbaracke - Wilhelmstraße in Ibbenbüren
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Übung eines Chemieunfalls, Giftstoff-Beseitigung
Abspülen der Straße Im Bocketal in Höhe
des Hydrierwerks: 1944
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Foto 1: Dreverhoff / Sammlung Josef Bröker |
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1. Im Bocketal 1944 - Übung Giftstoff-Beseitigung
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Das Foto zeigt die Straße Im Bocketal, Brochterbeck, in Höhe
Hydrierwerk, hinten die Stärkefabrik Kröner, Ibbenbüren, Im
Bocketal. Hinter Kröner liegt der Sandsteinbruch Lehmann
mit dem Luftschutzstollen der Firma Kröner.
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Foto 2: Dreverhoff / Sammlung Josef Bröker |
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2. Straße im Bocketal mit Stärkefabrik Kröner
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Links Sprengstoffbunker vom ehem. Steinbruch "Düvelskiärken"
von Stallmeyer (Osnabrücker Wand), der Bunker war eine Stahlkonstruktion,
die mit Erde überdeckt war, rechts davon ein "Flakturm" aus
Sandstein mit Leiter, hinten ist der Steinbruch von Stallmeyer
zu sehen, darin befand sich auf der Sohle der Stollen der Benzinfabrik,
davor stand eine Wehrmachtsbaracke aus Beton, dort wohnte später
Bärbel Strulick - Lethmate.
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Foto 3: Dreverhoff / Sammlung Josef Bröker |
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3. Links Sprengstoffbunker vom ehem. Steinbruch
"Düvelskiärken"
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Chronik der Familie Voß - Von Franz Voß, Autor |
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In der Restkriegszeit ging es uns relativ gut,
denn wir wussten zu dem damaligen Zeitpunkt ja nicht, in welch
großer Gefahr wir uns befanden. Im Oktober 1944 wurde unserem
Haus gegenüber mit Zentrale in der "Düwelskerk" im Stallmeierschen
Wald von der Deutschen Wehrmacht durch russische Gefangene eine
Ölraffinerie gebaut, deren Produktion im Januar 1945 angelaufen
ist. Die Geleise mit den abgestellten Benzinwagons lagen bis
vor unserer Haustür. Nach dem Krieg versicherte uns ein amerikanischer
General, der meine Mutter zu diesem Projekt verhörte, dass die
Alliierten von diesem "Benzinwerk" nichts gewusst hätten, sonst
wäre im Umkreis von 30 km kein Stein auf dem anderen geblieben.
Unsere Sicherheit während der Kriegsjahre suchten wir bei Fliegeralarm
zunächst im Keller, später aber immer mehr in "Middendorfs Bunker",
so nannten wir einen 50 Meter langen Kohlestollen , der mit
einem Notausgang versehen den Familien Voß, Rottmann und Karl
Schrameyer, unsere Mieter während des Krieges und Verwandte
von Gildehaus Seite, (Vaters Vetter, der Sohn von Theresia Gildehaus)
Schutz bot. Ostern 1945 allerdings beim Einmarsch der Engländer
waren wir in Kröners Bunker (im Felsmassiv hinter der Fabrik
Kröner), weil uns dieser wegen des Steinmassivs darüber sicherer
erschien.
*Ein seit dem 12. Jahrhundert so genannter ehemaliger germanischer
Kultort, der als Steinbruch diente und eine Verbindung mit der
Teutoburger Wald Eisenbahn hatte. Der Stollen befand sich im
Bereich des Steinbruchs "Klöppers Kuhle", heute ein Bodendenkmal,
schräg oberhalb unseres Hauses, in dem in 1920/21 zeitweilig
25 Leute arbeiteten und Kohle abbauten.
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Als sich die Lage ein wenig beruhigt hatte, gingen
wir bei herrlichem Sonnenschein am Ostermorgen zwischen den
Panzern hindurch, die die Straße im Bocketal blockierten, nach
Hause. Unser Haus war vom Regimentsstab der Engländer besetzt,
die Panzer und Geschütze standen in Erbensteins Wiese und waren
im Begriff Ibbenbüren anzugreifen.
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Edmund Geilenberg - Aus Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Geilenberg |
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Der ehemalige Reichsminister Albert Speer [rechts]
spricht dem mit dem Ritterkreuz [des Kriegsverdienstkreuzes] ausgezeichneten
Direktor Edmund Geilenberg seine Glückwünsche aus. |
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Edmund Geilenberg (* 13. Januar 1902 in
Buchholz; † 19. Oktober 1964 in Bassum[1]) war ein deutscher
Schlosser und Manager. Er war Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie
im nationalsozialistischen Deutschen Reich, Wehrwirtschaftsführer
und nach dem 2. Weltkrieg Vorstandsvorsitzender der Salzgitter
Maschinen AG. Er leitete das sog. Geilenberg-Programm, wodurch
Mineralstoffe hergestellt werden sollten. Hierdurch starben
mindestens 4.200 Menschen. Für die in seinem Programm verübten
Gräueltaten wurde Geilenberg nie zur Rechenschaft gezogen. Er
lebte bis zu seinem Tod in Ibbenbüren.
Werdegang
Von 1930 bis 1935 arbeitete Geilenberg im Maschinenbetrieb bei
der Preußag AG[2] in Ibbenbüren, wo er auch Mitglied der Bürgerschützengesellschaft
Ibbenbürens[1] wurde. Danach arbeitete er bei Rheinmetall-Borsig
als Direktionsassistent[3]. Ab 1939 führte Geilenberg "die Geschäfte
der Stahlwerke Braunschweig, einer einflussreichen Tochtergesellschaft
der staatseigenenen Reichswerke "Hermann-Göring"[4][5]. Da er
sich hier "durch Produktionssteigerungen von Munition [...]
für weitere Aufgaben empfahl, wurde er in den Industrierat des
Oberkommandos des Heeres für die Sommeroffensive der Ostfront
im Jahre 1942 berufen. Des Weiteren war er für das sog. Iwan-Programm
des Oberkommandos des Heeres verantwortlich, das die Aufgabe
hatte, eingenommene Munitionsbetriebe in der Ukraine unverzüglich
wieder in Betrieb zu nehmen. Dies gelang nur mit geringem Erfolg,
da die Rote Armee das Gebiet wieder zurückeroberte."[3]. Am
30. Mai 1944 ernannte Hitler den bisherigen Leiter des Hauptausschusses
für Munition im Reichsrüstungsministeriums[6] Geilenberg zum
Generalkommissar für Sofortmaßnahmen[7]. Am. 3. Juni 1944 übertrug
Hitler Geilenberg den Wiederaufbau der beschädigten und zerstörten
Werke der Mineralindustrie[8].
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Joseph Goebbels über Edmund Geilenberg
Er macht einen sehr energischen, um nicht zu sagen brutalen
Eindruck. Ich glaube, solche Männer kann man für Aufgaben wie
die hier gestellten gut gebrauchen. Wenn die Benzinfrage überhaupt
gelöst werden kann, so wird sie mit den von Geilenberg angewandten
Methoden gelöst werden.[9]
Kriegsverbrechen
Auf Drängen Speers ernannte Hitler am 30. Mai 1944 Edmund
Geilenberg, bis dahin Geschäftsführer der Stahlwerke Braunschweig
und Leiter des Hauptausschusses Munition zum "Generalkommissar
für die Sofortmaßnahmen beim Reichsminister für Rüstung und
Kriegsproduktion"[7]. Geilenberg sollte die Kräfte zur Fliegerschädenbeseitigung
in "entscheidende Produktionen" umlenken, wozu Hitler den Reichsminister
der Justiz, den RFSS und den GBA anwies, umgehend Arbeitskräfte
zur Verfügung zu stellen. [...] Reichsweit sollen im letzten
Kriegsjahr 50.000 bis 100.000 KZ-Häftlinge in Geilenbergs-Kommandos
gearbeitet haben [10].[11]
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Auf Weisung Geilenbergs wurden die KZ-Außenlager
Schömberg, Schörzingen, Frommern, Erzingen, Bisingen, Dautmergen,
Dormettingen und Schandelah errichtet. In diesen Außenlagern
starben mehr als 4.200 Menschen. Etwa 100.000 KZ-Gefangene mussten
im sog. Geilenberg-Programm auf Baustellen arbeiten[12]. Insgesamt
arbeiteten im November 1944 schätzungsweise 350.000 Menschen
auf diesen Baustellen [13]. Geilenberg war über die Arbeitsabläufe
auf den Baustellen umfassend informiert [14].
Die KZ-Gefangenen mussten ohne Baugerät und häufig mit bloßen
Händen die gefährlichen Räumarbeiten verrichten, zu denen sie
mit Gewalt und Todesdrohungen angetrieben wurden. Zu den lebensgefährlichen
Aufgaben gehört es auch, dass Gefangenentrupps ohne adäquate
Schutzmaßnahmen Blindgänger entschärften.[15] [...] Die Rücksichtslosigkeit,
mit der die Menschen zur Arbeit gezwungen wurden, wurde von
der NS-Führung erwartet und von Geilenberg bereitwillig umgesetzt.[16][17]
Zur Verantwortung schreibt Marlies Mrotzek: Die von Geilenberg
getroffenen Entscheidungen und seine Eindrücke sind nicht nur
in schriftlicher Form in seine Berichte eingegangen, er hatte
seine Kritik in bezug auf die mangelnde "Arbeitsleistung" der
Jüdinnen und den fehlenden Arbeitszwang durch die Wachmannschaft
auch an Ort und Stelle zum Ausdruck gebracht.[18]
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Sonstiges Wirken in Ibbenbüren/ als Ibbenbürener
Geilenberg führte am 11. Oktober 1944 in Ibbenbüren eine Besprechung
bezüglich des sog. Geilenberg-Programms durch[19]. Im Rahmen
des sog. Geilenberg-Programms wurde ab dem 1. Januar 1945[20]
im Bocketal das Geheimprojekt Zeolith gebaut.
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Am 1. August 1944 wurde der so genannte Mineralöl-Sicherungsplan,
auch Geilenberg-Programm genannt, ins Leben gerufen. Das Geilenberg-Programm,
wurde später erst auch als Mineralölsicherungsplan bezeichnet!
Herr Edmund Geilenberg wurde von Adolf Hitler zum "Generalkommissar
für Sofortmaßnahmen" im von Albert Speer geführten Ministerium
ernannt. Die Ernennung hierfür erfolgte zur Beseitigung der
im Führererlass vom 30. Mai 1944 genannten "Fliegerschäden",
die bei den alliierten Angriffen auf die Mineralölindustrie
(Treibstoffproduktion) entstanden waren. Geilenberg konnte mit
seinen weitreichenden Kompetenzen im Rahmen der Um Gliederung
der Treibstoffindustrie "Arbeiten der Wirtschaft, auch der Rüstung
und Kriegsproduktion" stilllegen, Formationen der Wehrmacht
bei seinen Sofortmaßnahmen Weisungen erteilen.
Benannt wurde der Mineralöl-Sicherungsplan nach Edmund Geilenberg,
der im Juni 1944 zum "Generalkommissar für Sofortmaßnahmen beim
Reichsministerium für Rüstungs- und Kriegsproduktion" ernannt
wurde. Ziel des Geilenberg-Programms war es zu verhindern, dass
die komplette Mineralölindustrie im Deutschen Reich zum erliegen
kam. Den die oberirdischen Anlagen wurden stark beschädigt oder
sogar irreparabel zerstört durch die heftigen Bombardierungen
der Alliierten. Die Einfuhr von Mineralöl Rohstoffen fiel kriegsbedingt
aus. Der deutsche Treibstoffbedarf konnte nur durch Inlandserzeugung
aus heimischen Rohstoffen gewährleistet werden.
Die Aufgabe des Generalkommissar für Sofortmaßnahmen beim Reichsministerium
für Rüstungs- und Kriegsproduktion (Herr Edmund Geilenberg)
bestand darin, die zerstörten Hydrierwerke (H-Werke) zu reparieren
oder neuzubauen. Da durch die heftigen Bombardierungen eine
Reparatur für Ihn nicht in Frage kam entschloss er sich die
Anlagen unter die Erde zu verlagern in sogenannte U-Verlagerungen.
Es entstand hierdurch das "Geilenberg Programm". Die Befugnisse
waren von ihm weitreichend er konnte den "Einsatz von Material
und Arbeitskräften und mit rücksichtsloser Energie" durchsetzen
und die Schnelligkeit der Durchführung seiner Maßnahmen durfte
"weder durch formale noch durch jegliche bezirkliche Aktivitäten
behindert werden".
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Im Rahmen des Geilenbergprogrammes wurde beschlossen
alle kriegswichtigen Treibstoffproduktionen in Untertage Verlagerungen
bombensicher zu verlagern. Diese untertägigen Anlagen bekamen
spezielle Decknamen:
Bezeichnungsschema für Ölanlagen und chemische Anlagen:
Ofen I - XLI: Verlagerte Kleindestillieranlagen
(Dispersed distillations plant)
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Höhlen und Felsformationen - Von Hans Morlo |
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Die Düwelskerken (= Teufelskirche), ein
alter Steinbruch bei Brochterbeck, soll bei der Christianisierung
ein Treffpunkt der Menschen gewesen sein, die ihren heidnischen
Göttern nicht abschwören wollte. 1945 versuchte man, dort ein
Öl- und Benzinwerk zum Teil unterirdisch zu errichten (=U-Verlagerung
Zeolith). Heute ist an der Steinbruchwand ein Klettergarten
eingerichtet, der auch vom Niederländischen Alpenverein genutzt
wird.
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Siehe auch unsere Seite > > > Höhlen
und Felsformationen im nördlichen Teutoburger Wald - Von Hans
Morlo |
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Immer noch ein wenig geheimnisumwittert ist im
Bocketal die seit alters her sogenannte .Düwelskerken, zu der
Friedrich Ernst Hunsche (1969 s. 45) ausführt: "Hier soll ehedem
ein schlucht- und höhlenartiges Gelände gewesen sein, das den
heidnisch gebliebenen Bewohnern der Umgebung noch lange als
Stätte ihres Kultes gedient habe, nachdem das Christentum bereits
von den meisten Bewohnern angenommen worden war. Ein gruseliges
Unbehagen wird so manche unserer Vorfahren befallen haben, wenn
sie allein in diese geheimnisumwitterte Gegend kamen, in der
der Teufel angebetet und in der er seine Kirche gehabt haben
soll. Und unseren Ahnen werden viele der schaurigen Erzählungen
und grässlichen Bilder von Teufeln und Hexen vor Augen gestanden
haben. Auch die Mär vom Geisterschloss im Bocketal, in der eine
heidnische Priesterin hauste, die in stürmischen Nächten auf
einem schwarzen Pferd durch das Tal brauste, wird ihre Angst
geschürt und ihre Fantasie erregt haben. War da nicht in dunklen
Nebelnächten das leidvolle Wehklagen der Königin am Königstuhl
zu hören? Hatte man nicht schon so viel von Wichteln, Zwergen
und allerlei Unholden, die in den tiefen Felsenhöhlen steckten,
vernommen? Manch einem werden bei solchen Vorstellungen die
Glieder geschlottert haben - vor lauter Angst wurden seine Wahnideen
zur Wirklichkeit. Und diese große Furcht vor Luzifer und seinem
schrecklichen Gefolge wird seine Schritte beschleunigt haben
. . . Schon bald wird er von seinen entsetzlichen Erlebnissen
berichtet haben, an den Stammtischen und vor allem in den Spinnstuben,
wo er in Haustöchtern und Mägden gläubige und ängstliche Zuhörerinnen
gefunden haben wird und wo er sich zudem noch gut in Szene setzen
konnte. Manche unserer schauerlichen Spukgeschichten werden
so ihren Ausgang genommen haben. Die Bezeichnung "Düwelskerken'
wird also vermutlich bereits weit vor dem Jahre 1150 für diese
Bergregion bekannt gewesen sein. Die Zeit des Mittelalters war
eine - aus heutiger Sicht betrachtet - sehr bildhafte und wundergläubige
Zeit, in der die Engel noch Flügel und der Teufel einen Pferdefuß
hatte. Nun, jeder mag sich fragen, wie viele solcher Vorstellungen
aus jener Zeit noch heute in ihm lebendig sind. Im 19. Jahrhundert,
vielleicht auch schon früher, gab es in Düwelskerken einen Steinbruch.
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Dass Brochterbecker Sandstein aus diesem Steinbruch
für den Bau der großen Rheiner Basilika verwendet wurde,
wird dem alten Zauber gewiss abgeholfen haben. Als im Jahre
1901 der Betrieb der TEUTOBURGER WALD-EISENBAHN eröffnet wurde,
kam auch bald ein Abzweig zum Düwelskerken-Steinbruch, wodurch
der Abtransport des Materials natürlich erheblich erleichtert
wurde. Am Ende des 2. Weltkrieges bekam dieser Abzweig eine
besondere Bedeutung. Im Oktober 1944 wurden durch die Deutsche
Wehrmacht zwei Hektar Wald mit dem Steinbruch und das Stück
Wiese, wo die Bahnschienen lagen, beschlagnahmt. Die Proteste
des Besitzers Florenz Stallmeyer waren zu jener Zeit natürlich
nutzlos.
Innerhalb von rund drei Monaten errichtete die Wehrmacht dort
eine Ölraffinerie unter Einsatz von etwa 1000
russischen Kriegsgefangenen, die täglich mit Bussen
oder anderen Fahrzeugen von Ibbenbüren dorthin gebracht wurden.
Das Erdöl wurde mit der Bahn angeliefert und dort zu Benzin
und anderen Stoffen verarbeitet. Die Produktion war Anfang Januar
1945 angelaufen. Die Anlieferung der Rohstoffe und der Abtransport
der fertigen Treibstoffe an die Fronten war im Bereich der TEUTOBURGER
WALD-EISENBAHN aufgrund der natürlichen Gegebenheiten relativ
gut gegen feindliche Luftbeobachtungen und -angriffe geschützt.
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Auch der Abzweig von der Stärkefabrik Kröner
bis Düwelskerken war durch hohe Bäume begrenzt und von oben
kaum einsehbar. Tatsächlich sollen britische Offiziere nach
Kriegsende geäußert haben, dass die Alliierten zwar von der
Raffinerie wussten, sie jedoch trotz intensiver Luftaufklärung
nicht gefunden haben. Eine Begebenheit mag diese Epoche exemplarisch
beleuchten: Am Karfreitag 1945, kurz vor dem Einmarsch der britischen
Truppen in Brochterbeck, ratterten zwei schwere deutsche Panzer
die Dorfstrasse entlang und machten zwischen der evangelischen
Kirche und dem Hotel Heemann Halt. Für die Panzerbesatzungen
war dies ein idealer Platz, denn aufgrund der hohen Gebäude
waren sie gegen Tiefflieger einigermaßen geschützt. Ihr wesentlicher
Begehr war Diesel für ihre Panzer. Bei einer guten und ausgiebigen
Mahlzeit im Hotel - währenddessen begutachteten wir Kinder diese
Kolosse - war ihnen von dem Benzinwerk erzählt und seine genaue
Lage erklärt worden. Elisabeth und Heinrich Heemann war natürlich
daran gelegen, dass die Panzer möglichst bald und schnell verschwinden,
denn eine Ortung durch feindliche Flieger hätte damals bedeutet,
dass das gesamte Gebiet um die evangelische Kirche herum in
Schutt und Asche gelegt worden wäre. In der Dämmerung ratterten
die Panzer dann in Richtung Bocketal. Einer der Wachmänner am
Benzinwerk, der Brochterbecker Ludwig Groll, erzählte später,
dass die Panzer dort erschienen seien und ihre Forderung nach
Treibstoff von dem wachhabenden Offizier abgelehnt worden sei.
Daraufhin habe der Panzerführer die Kanonenrohre auf die Anlage
gerichtet und gedroht, alles in die Luft zu jagen, wenn die
Tanks nicht gefüllt würden. Sie erhielten ihren Treibstoff.
Wahrlich eine wahnwitzige Zeit! Eine kleine Ungewissheit schwebt
immer noch über Düwelskerken: Hartnäckig hält sich das Gerücht,
dass dort nicht Rohöl angeliefert wurde, sondern irgendein Kohlegemisch,
dass also Treibstoff aus PREUSSAG-Kohle hergestellt wurde. Wir
haben uns vergeblich um Klarheit bemüht. Vielleicht müsste man
in den Militärarchiven der Siegermächte oder im Bundeswehrarchiv
in Koblenz graben, um genaue Kenntnis zu bekommen. Uns fehlt-wie
schon dargelegt - die Zeit dazu. Belassen wir also diesem seit
alters her magischen Ort Düwelskerken noch dieses kleine Geheimnis.
Nach dem Krieg - die Raffinerie-Anlagen hatten die Briten abbauen
oder sprengen lassen - wurde die ehemalige Baracke, die als
Werkstatt, Labor und Büro gedient hatte, von der Gemeinde Brochterbeck
zur Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet. Einige Zeit
nach Kriegsende bemühte sich Florenz Stallmeyer darum, Wiedergutmachung
zu erhalten.
Ein diesbezügliches Dokument, das der in Brochterbeck unvergessene
Bürgermeister Klausmeier aufgesetzt hat, ist erhalten und hat
folgenden Wortlaut:
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ANTRAG UM FREIGABE MEINES GRUNDSTÜCKES FILTRIERWERK
BOCKETAL
An Herrn Kreisresidenzoffizier in Tecklenburg
Im Oktober des Jahres 1944 wurde mir ohne jegliche Befragung
widerrechtlich Wald und Wiese in Größe von 2 Hektar durch die
ehemalige deutsche Wehrmacht beschlagnahmt und darauf ein Öl-
und Filtrierwerk errichtet. Während der Fertigstellung des Werkes
wurden mir ganze Parzellen Boden für die Bewirtschaftung vollständig
unbrauchbar gemacht. Außerdem wurden für etwa 1500,- RM Nutzholz
gefällt und für den Ausbau sowie für die Tarnung der
Anlage verwandt. Alles wurde ohne meine Genehmigung und ohne
jegliche Entschädigung gemacht. Beim Einmarsch der alliierten
Truppen wurde das Werk längere Zeit besetzt und dann einem Treuhänder
übergeben. Eine mündliche Mitteilung darüber habe ich nicht
erhalten.
Nach und nach wurde das Werk demontiert und vor etwa 3 Wochen
wurden alle Anlagen gesprengt und für militärische Zwecke vollständig
unbrauchbar gemacht, so dass m. E. einer Freigabe des Werks-Geländes
nichts mehr im Wege steht. Lediglich eine Arbeiterbaracke, die
z.Zt. von Flüchtlingen bewohnt wird, ist stehen geblieben. Diese
Baracke bitte ich mir übereignen zu wollen. Das beschlagnahmte
Werksgelände, das aus einem Hektar Wiese besteht, benötige ich
unbedingt zur Erhaltung meines Viehbestandes. Ich bitte daher
den Kreisresidenzoffizier, das Werksgelände wieder frei zu geben
und mich in meine alten Rechte wieder einsetzen zu wollen. Ihnen
für Ihre Bemühungen im Voraus herzlich dankend zeichnet hochachtungsvoll
Florenz Stallmeyer
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Der Bürgermeister Heinrich Klausmeier
Die im vorstehenden Schreiben des Herrn Stallmeyer gemachten
Angaben entsprechen der Wahrheit. Auch ich bitte den Kreisresidenzoffizier,
doch dafür Sorge tragen zu wollen, dass dem Herrn Stallmeyer
sobald als möglich, seine früheren Rechte an seinem Grund und
Boden wieder eingeräumt werden, die ihm doch widerrechtlich
von der ehemaligen deutschen Wehrmacht genommen wurden.
Eine Entschädigung erfolgte ebenso wenig wie eine Wiedereinsetzung
in die Eigentumsrechte. Das Gelände wurde einfach wieder in
Beschlag genommen und im Laufe der Zeit aufgeforstet. Im Jahre
1979 wurden die gesprengten Betonbehälter und die Ölreste auf
Veranlassung des Bundesvermögensamtes entsorgt, indem sie zur
Deponie in Ochtrup geschafft wurden. Heute sind noch einige
Stützmauern erkennbar vom einstigen Ölwerk-Benzinwerk-Filtrierwerk.
Der alte Steinbruch dient heute niederländischen Alpinisten
als Übungsgelände.
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Die Untertage-Verlagerung Zeolith ist das Projekt
Schwalbe 9 mit einem Stollenneubau in einer Sandsteinwand eines
ehemaligen Steinbruches in der Nähe von Ibbenbüren. Neben dem
alten Steinbruch verläuft eine Hauptstraße und eine Eisenbahnlinie
sowie der Mühlenbach. Bis auf den kleinen Bach waren alle
Kriterien für den Bau an diesem Standort erfüllt. Wobei man
den Bach im Tal ohne große Probleme anstauen konnte. Wichtige
Kriterien zur Standortwahl für den Stollenneubau einer untertägigen
Verlagerung vom Typ "Produktionsanlage Schwalbe" waren:
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Steinbrüche mit hohen Steilkanten
Festes Gestein, welches aber einen schnellen Stollenvortrieb
ermöglicht (Gips,- Kalk, - oder Sandstein)
Bombensichere Überdeckung von mindestens 50 Metern
Hohlräume von 15 m Länge, 12 m Breite und 40 m Höhe können
standfest ausgesprengt werden
Günstige Verkehrslage, Bahnstrecke in der Nähe
Große Wassermengen verfügbar
Energieanschluss
Nicht zu dicht besiedeltes Gebiet mit natürlicher (Wald-)
Tarnung
Platz für Baracken, Lager und Verkehrspark |
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Das Projekt Schwalbe IX gehört dem Mineralöl-Sicherungsplan,
dem sogenannten Geilenberg-Programm an und ist ein unterirdische
Produktionsstätte für Flugzeugbenzin. Das Flugzeugbenzin
wird durch einem speziellen Dehydrier Verfahren aus (Stein-)
Kohlenteer sowie Benzin hergestellt. Diese Anlage dafür sollte
in der U-Verlagerung Zeolith untertägig in großen Kammern installiert
werden. Das Deckgebirge und alle anderen Grundvorrausetzungen
waren im Tal bzw. im alten Steinbruch gegeben. Die etwas über
50m mächtige Sandsteinschicht als Deckgebirge hätte die unterirdische
Rüstungsfabrik vor eventuellen Bomberangriffen ausreichend geschützt.
Auch für den Starkstromanschluss musste nicht gesorgt werden
den denn hatte bereits die in der Nähe befindlichen Stärkefabrik
mit eigener Transformatorstation. Der Baubeginn der Untertage-Verlagerung
Zeolith war am 1. Januar 1945. Die Gelder für den Bau kamen
vom Reich wie bei fast allen U-Verlagerungen. Das Geheimprojekt
Schwalbe 9, also die hier beschriebene U-Verlagerung Zeolith,
wurde erst im Dezember 1944 beschlossen und unmittelbar danach
direkt genehmigt. Die Oberaufsicht der Baustelle und der Bauherr
war die Organisation Todt, Einsatzgruppe 4. Die Baustelle des
Geheimprojektes erhielt die laufende Baunummer 5057. Diese bezieht
sich auf den Decknamen Zeolith
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Vor Baubeginn wurde auf dem Gelände der Kröner-Stärke-Fabrik
ein Lager für die Bauaufsicht und die benötigten Zwangsarbeiter
für den Bau errichtet. Dieses war bereits wenige Wochen nach
der Genehmigung fertigt und wurde schon somit Ende Dezember
in Betrieb genommen denn da trafen aus dem Stammlager Neuengamme
rund 200 Zwangsarbeiter ein. Die überwiegend Ostarbeiter
aus Russland mussten sofort mit den Bauvorbereitungen anfangen
um der die Infrastruktur rund um die U-Verlagerungsbaustelle
herzustellen. Diese wurden von den Deutschen (Vor-) Arbeiten,
die bereits im Bocketal waren für das Projekt Ofen, unterstützt.
Der gesamte Steinbruch sowie weitere Areale wurden mit Tarnnetzten
abgetarnt. Der Stollenvortrieb geschah erst Ende Januar 1945
und von dem geplanten Stollensystem wurden lediglich zwei der
acht parallel verlaufenden Stollen begonnen. Die zwei Stollen
wurden nach ungefähr 10 Metern mit einem Querstollen verbunden.
Ein dritter Stollen wurde markiert und man fing mit den Bohrungen
an. Die Löcher findet man noch heute in der Steinbruchwand.
Das größte Stollenmundloch wurde nach ca. 1m Tiefe im Berg vermauert
und danach nochmals am Felswand des Bruches zugemauert und mit
Spritzbeton getarnt. Das zweite kleinere Mundloch konnte noch
bis vor wenigen Jahren befahren werden. Heute ist dieses allerdings
nicht mehr möglich, da es ebenfalls verschlossen wurde. Allerdings
sind hier Fledermausgitter eingearbeitet. Über den Stollen
käme man in einen kleinen Raum und dann später zum Querstollen
der zum ersten Stollen führt wo man dann von innen den kleinen
Raum sehen kann welcher von außen zweimal vermauert wurde. Vom
damals zukünftigen Hydrierwerks sind also nur diese beiden Stollen
vorgetrieben worden. Bis zum Kriegsende, im April wurde Ibbenbüren
von den Alliierten eingenommen, wurde also nur eine Stollenstrecke
von ungefähr 25 Metern des geplanten Projektes Schwalbe 9 vorangetrieben.
Von der geplanten Produktionsfläche, die 12.000 Quadratmetern
betragen sollte, waren nur einige fertig. Bevor die Alliierten
das Tal erreichten wurde die Groß-Baustelle Zeolith eiligst
verlassen und alle Maschinen und Geräte vor Ort gelassen. Die
Betonreste und Mauern in dem umliegenden Wäldchen sind Überbleibsel
der U-Verlagerung Ofen. Für beide Baustellen standen den Arbeitern
eine Luftschutzstollenanlage und ein Versuchsstollen aus dem
Altbergbau zum Schutze vor Luftangriffen in unmittelbarer Nähe
zur Verfügung.
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Als erster Schritt wurde die bestehende Strecke
der Bocketalbahn abgezweigt, um mit der Reichsbahn direkt zu
der Doppelanlage Ofen 37/38 fahren zu können. Hierfür mußten
ca. 150-200 Meter Gleis neu verlegt werden. Den genauen Ort
der Abzweigung für das Gleis kann man nicht mehr erkennen, die
Weiche wurde scheinbar nach Kriegsende demontiert. Vermutlich
sind die Schienen nach dem Krieg ebenfalls neu verlegt worden.
Die Verladestation der Doppelanlage erkennt man heute noch am
schmalen Weg (die kleine lange Mauer sind die Überreste). Über
die provisorische Verladerampe konnten dann auch die benötigten
Baumaterialien der Kleindestillieranlage angeliefert werden.
Zwischen der Schlucht und den Sandsteinwänden wurden die angelieferten
Teile abgeladen und im heutigen kleinen Wäldchen verbaut. Es
wurden zwei große Rohöltanks aus Beton gefertigt und anschießend
die Tankdeckel oben drauf gegossen. Zuvor hatte man bereits
die Tanksockel und die Betonsockel für die Tanks der Endprodukte
gegossen sowie die Werkstatt und das Labor aufgestellt. Die
Werkstatt befand sich direkt unten an der heutigen Hauptstraße.
Das Labor wurde für die Chemiker des Geilenberg-Stabs aufgebaut,
welche die Fertigung stetig überwachen und kontrollieren sollten.
Die diversen Stahltanks wurden zuletzt per Reichsbahn an die
Verladerampe geliefert und direkt montiert und mit Rohrleitungen
versehen. Die Pumpen und einige Maschinenteile wurden aus den
Stahlwerken in Osnabrück und Rheine über den neu verlegten Anschluss
geliefert. Die Arbeiter für den Betrieb der geheimen Doppelofen
Anlage 37/38 kamen aus der Salzbergener Ölschiefergewinnungsanlage
und von der Raffinerie in Rheine. Der Bau der Doppelanlage nach
diversen Unterlagen, dauerte nur 6 Wochen!
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Die Anlage diente zur Herstellung von Dieselkraftstoff
und Ottokraftstoff, also Benzin für Fahrzeuge. Der Bauherr und
die Oberaufsicht war auch bei dieser Anlage, wie auch bei vielen
anderen Ofen-Anlagen, die Organisation Todt (OT). Die OT war
allerdings nicht für den Produktionsablauf der Doppelanlage
verantwortlich. Betreiber der Kleindestillieranlage war die
Firma Nerag. Die U-Verlagerung Doppelanlage Ofen 37/38 war noch
bis März 1945 im Betrieb. Wegen Lieferschwierigkeiten und der
noch nicht erfolgten Fertigstellung der U-Verlagerung Dachs
bei Porta-Westfalica produzierte die Anlage maximal die Hälfte
ihrer eigentlichen Produktionsmenge. Bei Ausfall der Doppelanlage
Ofen 37/38 stand eine Reserve- Destillationsanlage mit dem Decknamen
Rost 6 in Gronau bereit. Von der ehemaligen Doppelanlage Ofen
37/38, sprich Kleindestillieranlage, ist heute kaum noch etwas
auf dem Grundstück zu sehen. Die Mauer der Verladestation, Betonplatten
und diverse Betonbrocken sind die einzigen Überreste der Anlage,
sowie der kleine (heute verschlossene) Luftschutzstollen, welcher
vermutlich ebenfalls der U-Verlagerung Zeoltih gehörte oder
von dieser mitbenutzt werden sollte.
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Hydrierwerk Zeolith |
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U-Verlagerung "Zeolith"- Geheimprojekt im Teutoburger
Wald |
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Im "Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer
Bauten des zweiten Weltkrieges" (Hans Walter Wichert) wird die
Namensgebung von U-Verlagerungen näher erläutert. So heißt es
über gesteinskundliche Namen bei U-Verlagerungen, das diese
neu zu schaffende Stollensysteme seien. Die U-Verlagerung "Zeolith"
(Siedestein) wurde also extra gebaut.
Starten wir also nun mit dem Bericht über das Projekt "Ofen
37/38" in Ibbenbüren/ Bocketal
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Die Projekte "Ofen" waren Kleindestillieranlagen,
die zur besseren Tarnung in Steinbrüchen, Steilhängen und versteckt
in Schluchten der Mittelgebirge meist Übertage erbaut wurden.
Teilweise wurden die Destillieranlagen aber auch in vorhandene
Stollen und Höhlen verlegt - sofern diese groß genug waren.
Einen eigenen Decknamen, wie andere Projekte bekamen die Anlagen
"Ofen" allerdings nicht. Dies ist auch der Grund für die hohe
Nummerierung der Ofen-Anlagen, bis hin zu "Ofen 43/44". Die
Anlage "Ofen 37/38" hier in Ibbenbüren war ebenfalls in einem
alten Steinbruch im Teutoburger Wald versteckt. Wofür dienten
die Anlagen vom Typ "Ofen" nun genau? In diesen Kleindestillationen
wurde Rohöl in Ottokraftstoff und Dieselkraftstoff umgewandelt.
Das Ziel war 6000 Tonnen Kraftstoff im Monat zu produzieren,
davon gingen 3000 Tonnen an den Markt. Die andere Hälfte wurde
an die Raffinerieanlage "Dachs I" in Porta-Westfalica geliefert.
Die Anlagen "Ofen" waren allesamt relativ klein und von daher
schnell zu errichten. Die Anlagen waren aber auch sehr verletzlich,
so wurde in der näheren Umgebung für jede Ofen-Anlage ein Platz
für eine Reservedestillation durch behelfsmäßigen Umbau von
Dampfkesselanlagen in (teils stillgelegten) Fabriken gesucht.
Hier sollten Anlagen vom Projekt "Rost" untergebracht werden.
Vom Projekt "Rost" gab es gerade im Ruhrgebiet eine große Anzahl,
unter Anderem auch in Dortmund und Oberhausen. Nun aber zur
U-Verlagerung "Zeolith", in der eine der Anlagen vom Projekt
"Schwalbe" untergebracht werden sollte:
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Die Voraussetzungen für den Neubau eines Hydrierwerkes
"Schwalbe" unter dem Decknamen "Zeolith" waren im Bocketal mehr
als günstig. Alle wichtigen Grundvoraussetzungen, die für einen
Stollenneubau, in dem ein H-Werk untergebracht werden sollte,
berücksichtigt werden mussten, waren vorhanden. So gab es einen
Bahnanschluss und eine Straße in unmittelbarer Nähe, schließlich
ist eine unterirdische Rüstungsproduktion ohne Verkehrsanbindung
nutzlos. Eine Fabrik mit Starkstromanschluss und Trafostation
stand bereits in der Nähe und stellte die nötige Energieversorgung
sicher. Brauchwasser konnte man aus der nahe gelegenen Steinfurter
Aa entnehmen und Holz gab es (wie heute auch noch) im Teutoburger
Wald in großer Menge. Das nächste Sägewerk war auch nicht weit
von der unterirdischen Rüstungsproduktion "Zeolith" entfernt,
hinzu kam noch, dass die anderen benötigten Baustoffe (Zement
und Ziegel) aus den benachbarten Steinbrüchen, Ziegeleien und
Zementwerken in Brochterbeck und Ibbenbüren herbeigeschafft
werden konnten. Die U-Verlagerung "Zeolith" war von Natur aus
bombensicher - eine 40 bis 60 Meter mächtige Sandsteinschicht
als Deckgebirge sollte die unterirdische Rüstungsproduktion
schützen. Der Stolleneingang und somit das H-Werk lagen gut
versteckt zwischen Fichten und etwas höher als die Talsohle,
so dass das Abwasser gut abgeleitet werden konnte. Selbst für
den Schutz während der Bauzeit war gesorgt. Eine größere LS-Stollenanlage
und ein Versuchsstollen aus der Altbergbau-Zeit befanden sich
in nächster Nähe zum geplanten Rüstungswerk. Doch es blieb nur
bei einem Versuch.
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Als der Mineralölsicherungsplan am 01. August
1944 verabschiedet wurde und somit der Bau von Kohlehydrieranlagen
eingeleitet wurde, konzentrierte man sich zunächst auf die Anlagen
"Schwalbe I" bis "Schwalbe VI". Später, Ende 1944, lief dann
auch der Baubeginn der Anlagen "Schwalbe VII" und "Schwalbe
VIII" (wovon "Zeolith" eine werden sollte) an. Die U-Verlagerung
"Zeolith" hatte die Baunummer 5057 und wurde am 01. Januar 1945
beschlossen und genehmigt. Verantwortlich war der Reichsminister
für Rüstung und Kriegsproduktion (Amt: Bau-OT, Arbeitsgruppe
Technik), doch das nur am Rande. Sehr weit kam man mit dem Stollenausbau
der U-Verlagerung "Zeolith" jedoch nicht mehr. Bis zum Kriegsende
hatte man (im April 1945 wurde Ibbenbüren eingenommen) einen
30-40 Meter langen Hauptstollen in den Teutoburger Wald getrieben.
Desweiteren gab es einen zweiten Eingang, rechts neben dem Hauptzugang.
Dieser Stollen bog nach wenigen Metern links ab und traf dort
wieder auf den Hauptstollen. Wie das fertige Stollensystem von
"Zeolith" aussehen sollte, bleibt wohl für ewig ein Geheimnis.
In der Nähe des Mundloches sind noch einige Betonreste zu finden.
Kommen wir noch einmal auf das Projekt "Schwalbe" an sich zurück
- was sollte produziert werden? Die Hydrierwerke mit den Decknamen
"Schwalbe" waren für die Produktion von Flugzeugbenzin vorgesehen.
Sie sollten im so genannten Dehydrierverfahren aus Benzin (aus
"Ofen") und aus Kohlenteer (Braun- und Steinkohle) speziellen
Kraftstoff für zum Beispiel die Me 262 herstellen.
Das Benzin für das Projekt "Schwalbe" in "Zeolith" kam aus dem
Projekt "Ofen 39/40". Dieser lag direkt nebenan. Keine vier
Kilometer entfernt lag außerdem der nächste Steinkohleschacht
- Zeche Theodor - somit war auch der Nachschub an diesem wichtigen
Rohstoff gesichert. Wir kennen die unterirdische Rüstungsproduktion
"Zeolith" schon sehr lange. Wir standen im Sommer 1992 zum ersten
Mal vor dem großen Stollenmundloch in der Osnabrücker Wand.
Wir fragten uns, warum man dieses wohl so gut verschlossen hatte.
Nicht nur dass das Stollenmundloch vermauert und verputzt war,
zwei Meter dahinter war der Stollen zusätzlich mit einer massiven
Betonplombe vergossen. Natürlich war uns damals der Deckname
noch unbekannt. Lange Zeit gingen wir von einem riesigen Stollen-
und Gangsystem aus, denn wenn man den Eingang so sorgfältig
verschließt, muss man wohl etwas Größeres verbergen wollen.
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In den darauf folgenden Jahren bis heute besuchten
wir "Zeolith" immer und immer wieder. Durch die vielen Wanderungen
durch den Teutoburger Wald kannten wir das Gelände schon recht
gut, suchten aber im Radius von zwei Kilometern rund um das
Stollenmundloch den Wald ganz genau ab. Wir erhofften noch verschüttete
Zugänge, weitere Stollenmundlöcher, Verbrüche oder andere Spuren
zu finden. Wir wurden auch fündig. Nur haben die anderen Stollen
nichts mit Zeolith zu tun - es gab keine Verbindung... Im Laufe
der Jahre lernten wir immer mehr Leute kennen, die ein paar
Tips und Hinweise für uns hatten. Außerdem fand man noch verschiedene
Angaben und Mutmaßungen in Heimatbüchern. Bis jetzt liefen die
Recherchen zu der Anlage "Zeolith" in Ibbenbüren, so dass wir
erst jetzt einen (hoffentlich vollständigen) Bericht schreiben
konnten. September 2000
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Deckname "Zeolith": Geheimprojekt an der Düwelskerke
Unterirdisches Hydrierwerk sollte Ende 1944
im Bocketal bei Tecklenburg entstehen
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Um die Entstehungsgeschichte des Geheimprojekts
"Zeolith" besser zu verstehen, sollte zunächst ein Blick auf
die Treibstoff-Situation in Deutschland vor 1939 geworfen werden.
Schon vor Kriegsbeginn war die Kraftstoffversorgung im Deutschen
Reich ein großes Problem. So lag Deutschlands Selbstversorgung
im Frühjahr 1939 bei nur etwa 30 Prozent des Bedarfs. Der Großteil,
die restlichen 70%, mussten teuer importiert oder anderweitig
beschafft werden.
Abhilfe sollte hier die IG Farben schaffen. Diese entwickelte
schon zu Beginn der 30er Jahre ein Verfahren zur Benzinherstellung
aus Kohle, an welcher in Deutschland kein Mangel herrschte.
Durch diese neu entwickelte Hydrier-Methode gelang es aus 4,5
Tonnen Steinkohle etwa eine Tonne Ottokraftstoff, sogenanntes
synthetisches "Leuna-Benzin" (benannt nach dem Firmensitz der
IG Farben) zu erzeugen. Bereits vor Kriegsbeginn entstanden
daher im Rahmen des "Vierjahresplans" überall in Deutschland
Raffinerien nach Muster des sogenannten Hochdruck-Hydrierverfahrens
der IG Farben. Dadurch konnte die Deckung des Treibstoffbedarfs
vor Kriegsbeginn auf über 40% gesteigert werden. Die übrigen
60% sollten durch die Annektierung rumänischer und später kaukasischer
Ölfelder gesichert werden. Durch die sowjetische Winteroffensive
1942/43 und die zunehmenden Luftangriffe der Westalliierten
gegen Deutschlands Industrieanlagen war man Anfang des Jahres
1943 allerdings nicht mehr in der Lage, dieses Ziel in absehbarer
Zeit zu erreichen.
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Den entscheidenden Schlag allerdings erhielt
die deutsche Treibstoffindustrie mit Beginn des Jahres 1944.
Im Rahmen einer groß angelegten alliierten Luftoffensive sollte
die Treibstoffherstellung des Deutschen Reichs systematisch
und nachhaltig ausgeschaltet werden. Gezielte Luftangriffe fügten
den Raffinerien in den folgenden Wochen so gravierende Schäden
zu, dass die hierdurch erlittenen Produktionsausfälle nicht
mehr zu kompensieren waren. Die Folge war ein zunehmend lähmender
Kraftstoffmangel, der umgehend zu beseitigen war, wollte man
die ohnehin schon dezimierte deutsche Kriegsmaschinerie weiter
am Laufen halten. Als im gleichen Jahr auch die rumänischen
Ölfelder in sowjetische Hände fielen, verschärfte sich die Situation
noch weiter. Zur Sicherung des Treibstoffbedarfs mussten also
unverzüglich Maßnahmen getroffen werden, um die am Boden liegende
Treibstoffindustrie wieder aufzubauen. Im Zuge des Geilenberg-Programms
aus dem Sommer 1944 sollte ein sogenannter "Mineralölsicherungsplan"
realisiert werden. Dieser sah vor, die Grundversorgung mit Kraft-
und Schmierstoffen durch die gezielte Verlagerung von Raffinerien
in bombensichere Stollen wiederherzustellen und zu sichern.
Die Treibstoffproduktion sollte also systematisch unter die
Erde verlagert werden, um sie vor den Bomben der Alliierten
zu schützen. Umgehend wurden im gesamten Reichsgebiet mögliche
Standorte für die unterirdische Errichtung entsprechender Werke
sondiert und der Ausbau der Anlagen an geeigneten Stellen forciert.
Doch nur ein kleiner Prozentsatz der geplanten Werke kam überhaupt
noch über die Projektierung hinaus.
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Das sogenannte B-Projekt 5057 unter dem Decknamen
"Zeolith" im Tecklenburger Land war eines dieser wenigen im
Bau befindlichen Projekte. Hier sollten Destillationsanlagen
"Ofen 35/36" unter Federführung der Nerag (Neue Erdölraffinerie
AG) unterirdisch in Betrieb genommen werden. Der monatliche
Ausstoß an Kraftstoff war nach Fertigstellung der Anlage mit
6.000 Tonnen angesetzt, von denen 3.000 t für die Weiterverarbeitung
zur Anlage "Dachs I" an der Porta Westfalica geliefert werden
sollten. Warum ausgerechnet diese neu zu schaffende Stollenanlage
"Zeolith" nahe Tecklenburg realisiert wurde, wird deutlich,
wenn man sich die nähere Umgebung genauer anschaut. Zum Einen
war hier eine optimale Infrastruktur samt Bahnanbindung gegeben.
Der Standort ließ sich aufgrund des umliegenden Baumbestands
und die Lage in einer Schlucht - genannt "Düwelskerke" (Teufelskirche)
- sehr einfach tarnen. Das solide Gestein bot hervorragende
Bedingungen für den Stollenbau, aufwendige Sicherungen der zu
schaffenden Hohlräume waren nicht nötig. Sehr wichtige Vorteile
des Standorts waren zudem die großen Kohlevorkommen der Region.
Entsprechende Förderanlagen im Raum Ibbenbüren konnten den immensen
Bedarf an Kohle für das Hydrierverfahren decken. Mit dem Bau
der Anlage bei Brochterbeck begann man jedoch zu spät, als dass
in den verbleibenden vier Kriegsmonaten eine Inbetriebnahme
noch bewerkstelligt werden konnte. Erst Ende 1944 erfolgte der
erste "Spatenstich" für die Stollenanlage. Die Hauptlast der
Arbeiten wurde hier vermutlich von KZ-Häftlingen verrichtet,
doch über den Arbeitseinsatz vor Ort oder benachbarte Lager
ist bisher nichts bekannt. Wohl soll es in Brochterbeck damals
aber ein Zuchthaus gegeben haben, dessen Häftlinge auch zu Arbeitseinsätzen
herangezogen worden sein sollen. Ein direkter Zusammenhang mit
"Zeolith" konnte jedoch nicht hergestellt werden.
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Die Nerag selbst unterhielt gemeinsam mit der
Schwestergesellschaft Deurag ein Aussenlager des KZ Neuengamme
bei Hannover-Misburg, dessen Häftlinge unter Umständen für den
Ausbau der Stollen herangezogen und ggf. direkt vor Ort untergebracht
wurden. Doch wie gesagt, hierzu liegen uns bisher keine Informationen
vor. Bis Kriegsende hatte man kaum nennenswerte Baufortschritte
erreicht. Aufgefahren wurde nur ein etwa 15 Meter langer und
5 Meter breiter Hauptstollen sowie ein kleiner Nebenarm mit
ausgemauerter Querverbindung. Bohrlöcher in der Felswand, einige
Meter entfernt vom Hauptstollen, weisen darauf hin, dass offenbar
ein weiterer Parallelstollen geplant war. Ein genauer Plan der
Anlage ist leider bisher nicht aufgetaucht und wo bzw. ob überhaupt
noch Baupläne oder Schriftstücke zu diesem streng geheimen Bauprojekt
existieren, bleibt unklar. Heute ist die Stollenanlage in der
"Osnabrücker Wand" unzugänglich und dient als Winterquartier
für Fledermäuse. Vor Ort lassen sich aber auch außerhalb der
Stollen noch heute einige Hinweise auf die einstigen Bautätigkeiten
finden.
Von Hauke Haubrock
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Fotos von 2014 zum Thema: Hydrieranlage im Bocketal - Fotos: Werner
Suer |
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Restmauer vom Sprengstoffbunker
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Trümmer der Hydrieranlage
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Trümmer der Hydrieranlage
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Trümmer der Hydrieranlage
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25 Meter hohe Bruchwand mit vermauerten Bunkereingang
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Fundament-Rest im Steinbruch
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Tank in Bögerhof - Wie in Bocketal
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Bruchwand mit Bunkereingang
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In den Jahren von 1958 bis 1963 wurde die gesamte
Hydrieranlage im Bocketal von Betonfundamenten, Betonsilos,
Maschinengebäuden und auch des Zwischenlagers in Schlichtermanns
Busch grundsätzlich bis hin zu den Schottersteinen der Bahnschienen
entsorgt.
Von Hubert Rottmann
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Karten zum Thema - Hydrieranlage im Bocketal |
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Karte 1 - Bocketal - Hydrieranlage - Düvelskerken
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Karte 2 - Bocketal - Düvelskerken
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Karte 3 - Bocketal - Kröner 1948
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Karte 4 - Bocketal - Abstellgleise
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Karte 1 - Aus Ibbenbüren
komment (Norden) erreicht das Gleis der TWE die Firma Kröner-Stärke.
Hier zweigt nun das Gleis zur Hydrieranlage ab und überquert
die Straße "Im Bocketal" |
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Karte 2 - Bocketal - Düvelskerken |
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Karte 3 - Karte (von 1948) der
Firma Kröner mit Abzweig des TWE-Gleises
zur Hydrieranlage. |
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Karte 4 - Schlichtermanns Busch
war ein Waldstreifen direkt an der TWE - Eisenbahn, etwa 400 Meter
nördlich des Bahnhofs Bocketal. Das Waldstück lag zwischen Äckern
und Wiesen. Es war etwa 300 Meter breit und 800 Meter lang. Ein
dreigleisiges Abstellgleis wurde als Zwischen-Lager der Rohöl-Tankwagen
gebaut.
Von Hubert Rottmann |
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IVZ vom 21.9.2004 - Bomber
für immer im Sumpf verschwunden |
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Auszug aus dem IVZ Artikel >>>
Der damalige Marinesoldat Bernhard Rieskamp war 22 Jahre und
auf Heimaturlaub, als amerikanische Bomber den ersten Angriff
auf das Bocketal starteten. Ihr Ziel war ein Stollen im Bereich
der Straßenkreuzung in Bocketal/Holthausen. Darin hatte die
Organisation Todt ein Nachschublager für Kraftstoff errichtet,
berichten die vier Laggenbecker. Der Tunnel ist längst zugemauert.
Kletterer bestimmen dort heute das Bild. Obwohl im Wald gelegen,
war der Eingang in den Felsen gegen die Flugzeuge getarnt. Der
Tunnel hatte einen Eisenbahnanschluss für den „Pingel Anton“.
Der Zutritt war streng untersagt. Dort sollte aus Kohle Kraftstoff
gewonnen werden (falsch). Manchmal kamen russische Kriegsgefangene
über die Wiesen zum Hof, baten um Brot und Kartoffeln.
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IVZ vom 21.9.2004
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Am 23. September 1944, es war ein Samstag, erfolgte
in der Dunkelheit gegen 21 Uhr der erste Angriff. Sie hörten
das Pfeifen der tödlichen Fracht. Um 22 Uhr, nach einer Stunde
der Angst im Erdkeller und des ohrenbetäubenden Lärms, schien
alles vorbei, so Karl Keller. Doch noch während der Nacht gingen
Zeitbomben in die Luft, die letzte gegen sechs Uhr am Morgen
bei Schulte-Laggenbeck. Die rund 100 Bomben verfehlten ihr eigentliches
Ziel um zwei Kilometer und mehr. Ein Teil explodierte, allein
in der Nähe des so genannten Vogelbuschs an der Grenze zu Holthausen
liegen mindestens noch drei Blindgänger in der Erde. Man habe
die Löcher später genau sehen können, sagt Gregor Rieskamp.
Das Kraftstofflager wurde auch später nie getroffen, so die
Zeitzeugen.
IVZ Online-Archiv - https://archiv.ivz-aktuell.de/index4.php?id=28230&pageno=15
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IVZ vom 19.5.2005 - Nach 60 Jahren kehrt
„Berliner Kind“ zurück - Versteckt im Wald
Auszug aus dem IVZ Artikel >>>
Was es mit dem Einsatz der Organisation Todt (OT), einer NS-Organisation,
auf sich hatte wusste die Familie Liedmeier auch. Im alten Steinbruch
in der Nähe war ein Hydrierwerk für Flugbenzin und die OT-Verwaltung
war in Baracken untergebracht, wo mein Vater dienstverpflichtet
arbeitete. Die Anlage war im Wald versteckt und aus der Luft
nicht zu erkennen. Aber Tiefflieger kreisten regelmäßig über
die Gegend.
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IVZ Online-Archiv - https://archiv.ivz-aktuell.de/index4.php?id=28480&pageno=15 |
IVZ vom 19.5.2005
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Recherche-Informationen zum Thema, von Werner Suer |
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Es gab am Hydrierwerk eine Baracke für Kriegsgefangene,
keiner wohnte dort, in der Baracke war auch der Kompressor für
die Bohrhämmer. Der Vortrieb im Stollen betrug etwa 10 m, dieser
Bereich war der Luftschutzbunker. Vorgesehen war nach 20 m eine
Strecke, an der die Kammern für die Produktion liegen sollten.
Es wurde nur der Bunker fertig (siehe Fotos von Bunkern).
Die ganze Anlage war durch Netze getarnt, in Schlichtermanns
Busch wurden viele Bomben abgeworfen, aber man hat das Abstellgleis
für die Kesselwagen nicht getroffen. Die Engländer erfuhren
durch die Bevölkerung vom Standort der Hydrieranlage.
Rudi Geilenberg war nach 1945 Direktor des Salzgitter-Konzerns,
der vormaligen Hermann-Göring-Werke in Peine An der Kreuzung
bei Erpenstein war ein 4teiliges Auffangbecken für Altöl, es
war zu 2/3 in die Erde eingelassen Die Organisation Todt war
die staatliche Baubehörde unter dem Reichsminister Dr. Fritz
Todt. Die Firma Bergschneider hat als Subunternehmer Material
für das Benzinwerk geliefert, ebenso die Firma Schäfer, die
unter Todt groß geworden ist und die Firma Echterhoff aus Velpe.
Auf Weisung Geilenbergs wurden etliche KZ-Außenlager gebaut,
er galt als Kriegsverbrecher Geilenberg wurde in Recklinghausen
entnazifiziert, er betrieb um 1946 ein Ingenierbüro an der Münsterstr.
und einen Handel mit Eisenwaren Die Tarnnetze hingen noch bis
1947 über Stahlseilen, die an hohen Holzpfosten befestigt waren
Im Bergius-Hydrierverfahren wird unter Druck und bei hoher Temperatur
aus Kohle Benzin hergestellt, 4 kg Kohle ergeben 1 Liter Benzin,
in Brochterbeck wurde keine Kohle hydriert.
Der Rohstoff war Schweröl aus der Raffinerie in Salzbergen.
Es wurde nachts mit Kesselwagen angeliefert, produziert wurde
Kerosin für die Nachtjäger-Jagdflugzeuge in Achmer. Ukrainer
und Russen und auch französische Kriegsgefangene aus Brochterbeck
wurden zur Arbeit eingesetzt. Die Franzosen waren im Saal Franz
untergebracht. Sie durften sogar Sonntags in der katholischen
Kirche St. Peter und Paul die Heilige Messe besuchen. Nach Angaben
von Hubert Rottmann wurde nach dem Krieg bei Renovierungsarbeiten
im Saal Franz unter den Fußbodenbrettern ein Bajonett gefunden,
vermutlich hatte es ein französischer Kriegsgefangener damals
dort versteckt.
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Es gab auch Schlempe von Kröner als Suppe.
Die russischen Gefangenen mussten die Bollerwagen mit der Schlempe
zum Steinbruch hoch schieben. 1930 ließ Geilenberg sich taufen
und wurde katholisch. Frau Middendorf u. Frau Deitert sind mit
Geilenberg verwandt. Er hatte einen Sohn u. eine Tochter Die
Hydrieranlage wurde nach dem Krieg von den Engländern abgebaut,
die wichtigsten Teile kamen nach England In den Baracken war
die Verwaltung der Organisation Todt, später wohnten dort Ostvertriebene.
Es waren etwa 1500 russische und polnische Kriegsgefangene.
Viele kamen täglich mit dem Zug aus Rheine und sie fuhren am
Abend zurück. Oft bekamen sie Schlempe von Kröner zum Essen.
Sie bastelten Schachteln aus Holz und Stroh und tauschten sie
bei den Nachbarn gegen Essen. Wenn sie erwischt wurden, bekamen
sie auf einem Holzbock Schläge. Die Splitterschutz-Klinkerwände
der 4 Beton-Silobehälter für das angelieferte Rohöl wurden 1945
von den Nachbarn abgebaut und die Klinker wurden mitgenommen
nach Hause. Auch holten sie sich Diesel aus den Treibstofftanks.
Bei der Bombardierung von Schlichtermanns Busch wurde Heinz
Mutert verschüttet, aber lebend geborgen. Einige Zwangsarbeiter
wohnten in der Küchenbaracke in Ibbenbüren, sie gingen jeden
Tag über die TWE-Schienen zum Hydrierwerk. Die Zwangsarbeiter
waren sehr gläubig, am Hofkreuz bei Mutert und Schlichtermann
bekreuzigten sie sich mehrmals und beteten. Das Elternhaus von
Rektor Franz Voß war an der Holthauser Straße gegenüber dem
Prellbock der Zweigbahn.
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Im Behelfsheim Holthausen 31 im Steinbruch
wohnten zu unterschiedlichen Zeiten Heinrich Heider, Heinz,
Paul, Ursula und Felix Heider Martha Hillmann, Kunststickerin
# Mathilde # Paul, Dachdecker Elisabeth Seemann # der Bergmann
Siegfried Schmidt Bertram Strulick, Löter Peter Michailow und
sein Sohn, der Lagerarbeiter Alfred
Das Haus war aus Beton. Der Strom kam vom Anwesen Otte-Visse,
heute Campingplatz. Der Brunnen wurde durch die Gem. Brochterbeck
gebohrt. Martha Hillmann, geb. 1927, verh. Theuer war Kunststickerin
bei Sweering, Die Toiletten waren draußen, es war kalt, alle
wurden nierenkrank. Auf dem Gelände der Benzinfabrik stand nur
die eine Baracke, links davon war die Bruchwand. Die Baracke
war lang, hatte 3 Türen und war aus Schwemmstein, kalt und ohne
Keller.
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Wohnungen im Haus 1952
Eingang 1
rechter Eingang, Westseite
Rechte Wohnung Strulick und linke Wohnung Michailow
Eingang 2
Rechte und linke Wohnung Heider, Großfamilie
Eingang 3
Rechte Wohnung Seemann und linke Wohnung Schmidt
Eingang 4
führte in den Anbau mit der Werkstatt |
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Die Fahrräder standen im Bunker, der war etwa
4 m lang. Ein paar Stufen führten nach Norden hinunter zum Garten
und zum Brunnen mit der Pumpe. Links der Pumpe waren die Abfallgrube
und eine Bude mit 4 Toiletten.
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Foto Seite oben - Zeichnung von August
Dorfmüller - Ibbenbüren 1844 |
© Förderverein Stadtmuseum Ibbenbüren
e. V. Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren | |
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