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Steinbruch Braunschweig - Der Stein wird „angestopft“.
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Stastwappen aus Sandstein
Die heimische Sandsteinindustrie
- Sandstein aus Ibbenbüren -
Stastwappen aus Sandstein
     
   


Beiträge zum Thema - Sandstein - Sandsteinindustrie - Steinbrüche - Mühlsteinindustrie
  Von Anton Rosen, August Brunne, Hubert Rickelmann, Heinrich Plagemann, Heinz Wrocklage; Heinrich Egbert
  F. E. Hunsche, Paul Brockhoff und Georg Römhild,

1
Die Sandsteinindustrie - Von Anton Rosen - 1952
2
Die heimische Sandsteinindustrie in früherer Zeit - Von Hubert Rickelmann - 1925
3
Neuzeitlicher heimischer Steinbruchbetrieb - Von August Brunne - 1929
4
Tecklenburger Heimatkalender von 1930 - Ein vergessener Mühlsteinbruch - 1930
5
WN - 8.11.1930 - Steinbruch Braunschweig - 1930
6
Das Steinbruchgebiet nördlich und oberhalb der Stadt Ibbenbüren - Von August Brunne - 1932
7
Steinbrüche im Teutoburger Wald bei Riesenbeck - Heimat und Leben von 1932
8
Die heimische Sandsteinindustrie und die Standeseigenarten der Steinhauer - Teil 1 - Von Hubert Rickelmann
9
Die heimische Sandsteinindustrie und die Standeseigenarten der Steinhauer - Teil 2 - Von Hubert Rickelmann
10
Die Mühlsteinindustrie in den ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Lingen - Teil 1 - Von Hubert Rickelmann
11-1
Die Mühlsteinindustrie in den ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Lingen - Teil 2 - Von Hubert Rickelmann
11-2
Der Sandstein, ein Schatz unserer Berge - 70 Jahre Steinbruchbetrieb Braunschweig
12-1
Alte Sandsteinbrüche im Teutoburger Wald - Von Heinrich Plagemann
12-2
Doppeljubiläum des bekannten Steinbruchunternehmers 75 Jahre Steinbruchbetrieb Braunschweig (1879-1954)
13
Sandstein - Historischer Überblick - Von Heinz Wrocklage
14-1
100 Jahre Fa. Ludwig Braunschweig - 1879 - 1979, Steinbruch u. Steinsägewerk
14-2
Über die Sandsteinindustrie - Von Bernhard Holwitt
14-3
Sandsteinindustrie in Ibbenbüren - Aus "100 Jahre Volksbank" - 1981
15
Ibbenbürener Sandstein zu Hause und in der weiten Welt - Von F. E. Hunsche
16
Der Sandstein im Raum Ibbenbüren - Vortrag von Heinz Wrocklage, Nienberge am 25. 09.1989
17
Der Sandstein, ein altes Natur-Baumaterial - Von Heinrich Egbert
18
Die Arbeit des Bruchsteinmaurers - Von Heinrich Egbert
19-1
Der Schafberg - Von G. Römhild - Großer Steinbruch (Schwabe) zwischen Ibbenbüren und Püsselbüren - 1991
19-2
Standortwanderung des Steinbruchbetriebes Hollweg/ Kümpers vom Gravenhorster Berg zum Kälberberg
19-3
Entwicklung und Wirtschaftsgeographie des Sandsteinabbaus am Uffelner Berg und seiner Umgebung - 1994
20
Altes Handwerk in Westfalen - Steine und Erden - Von Paul Brockhoff - 1994
21
Die Sandsteinindustrie 1938 - Verfasser Albert Schräwer
22
Unser Sandstein - Weitere Aufsätze als Word doc
 

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Die Sandsteinindustrie - Von Anton Rosen
Auszug aus "Ibbenbüren. Einst und jetzt" - Ibbenbürener Vereinsdruckerei, 1952

Sehr alt ist in hiesiger Gegend die Sandsteinindustrie. Der Schafberg als auch der Teutoburger Wald sind zum großen Teil aus dem vorzüglichen Sandstein aufgebaut. Die gefundenen Bruchstücke einer Handsteinmühle deuten auf die Bearbeitung des Sandsteines durch die ältesten Einwohner unserer Heimat hin. Außerdem hat man bei den Grabungen auf dem Schafberg zahlreiche Mühlsteinversuche aus dem sächsischen Zeitalter festgestellt. Nachweislich läßt sich diese Industrie bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Steine zu unseren heimatlichen Burgen und Kirchen, die im 12. und 13. Jahrhundert erbaut worden sind, stammen alle aus den heimischen Steinbrüchen. Auch in den späteren Jahrhunderten läßt sich die Sandsteinindustrie verfolgen. Vor allem war es die Mühlsteinherstellung, die der Steinbruchbetrieb nie eingehen ließ. Sowohl die Herstellung von Mühlsteinen als auch der Handel mit ihnen war seit undenklichen Zeiten ein Hoheitsrecht, das Recht des Landesfürsten. Unter der preußischen Herrschaft übte die Kriegs- und Domänenkammer in Minden die Aufsicht über die Gewinnung des Sandsteines aus. Späterhin hat der Staat diesen Industriezweig dem Ibbenbürener Bürger Menco Mettingh in Erbpacht gegeben. Seit hundert Jahren ist die hiesige Sandsteingewinnung ein Privatunternehmen.


In der Hauptsache waren die hiesigen Steinbrüche auf die Mühlsteingewinnung eingerichtet. Von den für Mühlsteine ungeeigneten Steinblöcken wurden Tröge, Kämpe, Treppenstufen, Quadersteine usw. hergestellt und die Brocken zu Mauern und Straßenpflaster verwandt. Eine stärkere Belebung erfuhr die Steinbruch-Industrie durch den 1731 einsetzenden schwunghaften Steinhandel nach Holland, der bis Anfang des 19. Jahrhunderts anhielt. Der weiche Stein aus den Brochterbecker Bergen wurde in Holland zerkleinert und als Streusand verwandt. Seine Eigenschaft, mehrmals als Streusand benutzt werden zu können, machte ihn dort besonders beliebt. Wenn auch das Bauen der massiven Häuser, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts üblich wurden, den Steinbruchbetrieb günstig beeinflußte, so blieb der Absatz von Steinen wegen der schlechten Transportmöglichkeiten im allgemeinen auf die nähere Umgebung beschränkt.


Erst die Eröffnung der Eisenbahn im Jahre 1856 schaffte hier einen grundlegenden Wandel und führte einen erheblichen Aufschwung der Sandstein-Industrie herbei. Ihre höchste Blüte feierte sie zur Zeit der Erbauung des Dortmund-Ems-Kanals. In der Jetztzeit werden auf weite Entfernungen zu den meisten Kirchen und öffentlichen Gebäuden Ibbenbürener Sandsteine verwandt, selbst zu den Buhnen auf der Nordseeinsel Borkum und zum Bau der Emshäfen. Die hiesige Steinbruch-Industrie wies vor 1890 eine Arbeiterzahl von 1000 Mann auf. Der größte Teil aller erwerbstätigen Personen der ganzen Umgebung fand damals in den Steinbrüchen lohnende Beschäftigung. Der Beruf ging in der Regel von dem Vater auf den Sohn über.

Zu Beginn dieses Jahrhunderts setzte infolge des Aufkommens von Ziegeleien der Rückgang des Steinbruchbetriebes ein. Nach und nach verschärfte sich das Abflauen dieser heimischen Industrie so, daß unsere einst so blühenden Steinbrüche fast verödeten. Auch nach dem ersten Weltkrieg ist der Steinbruchbetrieb nur schwach und unregelmäßig geblieben. Erst die Regierung Adolf Hitlers hat diesen alten Industriezweig wieder lebendig werden lassen. In Ibbenbüren wurde unter dieser Regierung ein Lehrsteinbruch eingerichtet, in dem junge Leute in das Sandsteinhandwerk eingeführt werden sollten.


In den Steinbrüchen unterscheidet man den Tagelöhner vom Steinbrecher und diesen vom Steinhauer bzw. Steinmetzen. Der Steinbruch heißt im Volksmunde Steinkuhle, die Arbeiter Steinkühler und die Hauer Steinhöwwer. Die Tagelöhner luden die Werksteine, Mauerbrocken und Schrotten auf die Wagen, schafften den Schutt, der beim Steinbrechen abfiel, auf die Halde und räumten die Dammerde, die man, weil sie tatsächlich Kummer bereitete, Kummer nannte, fort.

Die Tätigkeit des Steinbrechers (Kläuwer = Spalter) bestand darin, daß er die Steine vom Block loslöste, diese mittels eines Kranes vom Block entfernte und auf einen bestimmten Platz stellte. Dies ist keine leichte Beschäftigung; sie erfordert Erfahrung und überlegtes Anpacken. Die Steinblöcke sind öfters bis 30 cbm groß. In einem Ibbenbürener Steinbruch ist einmal ein Säurebassin angefertigt worden, das 2,50 m lang und 1,50 m hoch war. Die Steinhauer mußten mit einer Leiter daran heraufklettern und beim letzten Ausarbeiten auch eine Leiter zum Heraussteigen benutzen.


Die großen Steinblöcke werden seit vielen Jahren durch Sprengstoffe zerlegt. Man bohrt ein Loch in die Steinwand, füllt dieses mit Dynamit und läßt die Wand durch die Sprengung aufreißen. Das Steinhauen ist stets als eine Kunst angesprochen worden, und der Steinhauer ist sich stets seines künstlerischen Schaffens bewußt gewesen. Er hielt es unter seiner Würde, unter freiem Himmel zu arbeiten. Seine Tätigkeit nahm er erst dann auf, wenn er ein Dach über dem Kopf hatte. Es ist daher in allen Steinbrüchen, wo Werksteine hergestellt werden, eine Haubude anzutreffen. Bei der Arbeit fehlte der blaue Steinhauerschurz nie; er wurde hier im Tecklenburgischen von allen älteren Steinhauern getragen. Um die Hüfte gebunden, reichte die Schürze bis fast auf die Füße. Das Handwerkszeug hielt sich der Steinhauer früher selbst, später wurde es vom Steinbruchbesitzer gestellt. Die gebräuchlichsten Geräte waren: Bossierhammer, Zweispitz, Knüpfel = Büöker, der meistens aus Buchenholz war, Kröneisen, Schlageisen, Scherriereisen und Flechte.


Die Berge, welche das Tal von Ibbenbüren begleiten, sind reich an Sandsteinen. Im Schaf- und Dickenberg befindet sich der Kohlesandstein, dessen Schichten parallel den tief unter ihnen liegenden oder sie einschließenden Kohlenschichten verlaufen. Er ist hart und der Verwitterung nicht so leicht ausgesetzt wie der sich in dem südlichen Zug des Teutoburger Waldes befindliche Kreidesandstein. Kohlesandsteine werden gefördert in den im Schafberg und Dickenberg gelegenen Steinbrüchen, von denen die Steinbrüche der Herren Wagner, Braunschweig, Nibuhr, Apke, Büchter, Rumöller und Berentelg die bedeutendsten sind. Manches schöne Grabdenkmal, manche Heiligenfigur unserer Kirche ist aus diesem Stein herausgemeißelt worden.

Der Sprengstoff, der in den Steinbrüchen benötigt wurde, lagerte in Hoffschultens "Welleken", östlich der Stadt im sogenannten "Finkenfeld". Auf einem kleinen Hügel, umgeben von einem Wassergraben, war hier das Sprengmaterial ungefährlich geborgen. Der Pulverschuppen für die Steinkohlenbergwerke lag an der Plane, östlich der von der Heydt.


Quelle: Auszug aus "Ibbenbüren. Einst und jetzt" von Anton Rosen - Ibbenbürener Vereinsdruckerei, 1952


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Heimat und Leben - Themen - Sandsteinindustrie

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Heimat und Leben - Nr. 15
Heimat und Leben - Nr. 15
Heimat und Leben - Nr. 15
Heimat und Leben - Nr. 15
 
Heimat und Leben - Nr. 15
 

  Beilage zur IVZ :: Heimat und Leben - Nr. 15 vom Samstag, den 1. August 1925 - 27. Jahrg.
Thema: Die heimische Sandsteinindustrie in früherer Zeit
IVZ Archiv - http://archiv.ivz-aktuell.de/index4.php?id=6396&pageno=7
 

  Beilage zur IVZ :: Heimat und Leben - Nr. 23 vom Dienstag, den 5. Dezember 1933 - 7. Jahrg.
Thema: Die heimische Sandsteinindustrie und die Standes-Eigenarten der Steinhauer.
IVZ Archiv - http://archiv.ivz-aktuell.de/index4.php?id=9044&pageno=7
 


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Die heimische Sandsteinindustrie in früherer Zeit

Heimat und Leben Nr. 15 vom 1. August 1925 - Von Hubert Rickelmann  

Die Höhenzüge des Schafberges und des Teutoburger Waldes, die den Kreis Tecklenburg von Südosten nach Nordwesten durchziehen und die in ihrem geognostischen Aufbau zum weitaus größten Teile aus Sandstein bestehen, gaben Veranlassung zu einer sehr alten, regen Sandsteinindustrie. Die Steinbrüche, die man in Flur- und Werksteinbrüche eingeteilt hatte, waren von alters her dem Bergregal angehörig, da alle Fossilien und Mineralien tiefer lagen, als der Pflugschar reichte. Sie waren entweder in Zeitpacht gegeben oder gegen Zahlung vom Quatembergeld, Konzessionsgeld oder des Zehnten Privatpersonen überlassen. Diese erschwerenden Umstände, verbunden mit den geldarmen Verhältnissen, haben denn auch, wie schriftliche Überlieferungen es berichten, dazu beigetragen, dass manches in damaliger Zeit errichtete Haus von dem besonders in hiesiger Gegend zahlreich auf den Feldern umher liegenden Steinen erbaut worden ist zur Ersparung der Kosten für die Bruchsteine, die jedoch gering waren und für ein Fuder einen Gutengroschen betrugen. Bis zum Jahre 1731 wurden die Steine von den Vögten gebrochen. Von da an nahm die Preußische Regierung die Gewinnung der Mineralien selbst in die Hand. Der Betrieb wurde neu geregelt und der Zechenaufseher wurde mit der Beaufsichtigung der Steinbrüche beauftragt. Derselbe hatte die Brüche monatlich 1 bis 2 mal zu revidieren. Bei denjenigen Flursteinbrüchen, die bisher nicht auf Königliche Rechnung betrieben waren, sondern durch Personen, die auf eigene Kosten arbeiteten und für ein Fuder Flursteine, das Fuder zu 100 Fuß gerechnet, 4 Sgr. und ein Fuder Bruchsteine 1 Sgr. an den König bezahlten, hatte er darauf zu achten, dass die Fuderzahl richtig angegeben wurde und dass die Fuder nicht mehr als 100 Fuß hatten. Auch hatte er sein Augenmerk darauf zu richten, dass größere Steinstücke, die sich zu Quadersteinen, Trögen, Kümpen, Treppen usw. eigneten, nicht entzwei geschlagen wurden. Während über den eigentlichen Betrieb der Steinbrüche wenig bekannt ist, nimmt der Steinhandel nach Holland einem breiten Raum ein. Dieser Handel, der aus der Not der Zeit geboren ist und der bei den damaligen Geldnöten nicht nur Verdienstmöglichkeiten, sondern auch, was die Hauptsache war, Geld ins Land brachte, fand seitens der Mindener Kriegs- und Domänen-kammer weitgehendste Unterstützung. Mit Kontrakt vom 17. August 1731 wurden die Tecklenburgischen und Lingenschen Steinberge erstmalig auf 12 Jahre von Crucis 1731bis 1743 an den Kaufmann Hermann Steinwers aus Zwolle verpachtet und ihm wurde das Recht zugesprochen, vorhandene verpachtete Steinbrüche zu betreiben und neue Brüche nach Belieben ohne Rücksichtnahme auf die Person in Ländereien der Königlichen Eigenhörigen oder anderen Eigengehörigen und Untertanen anzulegen. Für den verursachten Flurschaden hatte er jedoch eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Der Pachtpreis betrug für 36 Kubikfuß Steine rheinländisches Maß einen Reichstaler, der an die Lingensche Landrentei- kasse abzuführen war. Als Sicherheit für die eingegangenen Verbindlichkeiten hatten Steinwers und sein Kompagnon Eberhard Wernick eine Kaution in Höhe von 1.000 Rtlr. zu stellen.


Obwohl es den Vögten unbenommen blieb, Steine zu brechen und im Imland zu verkaufen, beschweren sich diese und die Steinbruchpächter im Kirchspiel Ledde bei dem Generalpächter, Hofrat Schloimann in Tecklenburg darüber, dass ihnen das bisher allein gehabte Recht, Steine zu brechen, genommen sei und kündigten das Pachtverhältnis, das jährlich 60 Rtlr. einbrachte auf. Die Beteuerung der Kammer, dass dem Steinwers ausschließlich der Steinvertrieb nach den sieben vereinigten Provinzen von Holland und Drente zugestanden sei und ihnen den Vögten, der Steinhandel im Inland nach wie vor vorbehalten sei, vermochte nicht, ihren Entschluss zu ändern. Da nun seitens der Mindener Kammer nicht ohne Grund befürchtet wurde, dass dieser für das Land so wertvolle holländische Steinhandel hintertrieben werden könnte, erließ sie am 17. Oktober 1731 in sämtlichen Kirchen der beiden Grafschaften ein Publikandum und wies die Beamten und Vögte besonders an, dass dieser Handel nicht nur nicht verhindert, sondern mit allen Kräften unterstützt werden sollte, damit er recht bald in Flor komme. Die Steinfuhren hatte Steinwers vornehmlich den Königlichen Eigenhörigen und Untertanen gegen prompte Bezahlung zu übertragen und sie durften nur im Falle der Weigerung oder bei Forderung höhere Fuhrlöhne fremden Personen übertragen werden. Die etwa beim Steine brechen antreffenden Steinkohlenflöze durfte er hereinnehmen und nach Holland absetzen. Er musste jedoch dafür den Zehnten an den König errichten. Zur wirksamen Förderung dieses Steinhandels waren die Steine im Lande zoll- und wegegeldfrei. Falls dem Steintransport im Münsterischen oder in anderen Territorien entgegen dem Reichstatut Schwierigkeiten bereitet würden, sei es durch Erhöhung der Zölle oder auf eine andere Weise, wodurch der Steinhandel übermäßig verteuert oder sogar unmöglich gemacht würde, so brauchte Steinwers die gebrochenen und noch nicht außer Landes gebrachten Steine nicht zu bezahlen. Die Vögte, die ihr nutzloses Ansinnen eingesehen hatten und sich allmählich wieder beruhigt hatten, schickten sich denn auch gar bald an, den Steinbruchbetrieb wieder aufzunehmen. Durch dieses veranlasst, kam 1735 der Kriegs- und Domänen-Sekretär Bügel zur Besichtigung der Steingruben nach hier. Es wurde daraufhin die Erlaubnis zur Aufräumung des zugefallenen Steinbruchs auf dem Galgenberg im Kirchspiel Ibbenbüren und der Steingruben bei Brochterbeck beim Könige nachgesucht, wenn Hand- und Spanndienste geleistet würden und die in Tecklenburg stehenden Schiebkarren dazu verabfolgt würden, es würde dann in einigen Tagen zu bewerkstelligen sein. Der Steinbruch auf dem Galgenberg lag sehr wahrscheinlich in Rohmanns-Echo, denn der Galgenberg befand sich nach volksmundlicher Benennung und nach einer etwa 150 Jahre alten Karte nördlich davon. Nach dieser Karte hat der Galgen einige 100 Meter südlich der Provinzialstraße Osnabrück-Rheine gestanden und zwar unmittelbar an dem jetzigen Wege, der beim Dachdeckermeister Ernst vom Bockradener Weg abzweigt und der bei den Bergwerks-Dienstswohnungen die Chaussee überquert. (Neue Bockradener Str.- Bockradener Str.) Geheimrat Freiherr von Dankelmann wurde alsdann mit der Untersuchung der Verhältnisse an Ort und Stelle beauftragt. Da die Steine gut zu sein schienen und die Absatzmöglichkeiten günstig waren, wurde die Verpachtung dieser Brüche durch eine öffentliche Ausschreibung bekannt gemacht. Als sich aber außer dem Vogt Rump, Brochterbeck, keine Pachtlustigen fanden, erklärte sich dieser bereit, die Steinbrüche zu übernehmen. Die den freien Wettbewerb einschränkenden Bestimmungen waren mit schuld an der halb hier halb dort in Erscheinung tretende Nichtbeachtung der Verordnungen, was der Verwaltung viel Arbeit machte und den Pächtern zur häufigen Klageführung veranlasste.


Es wurde anlässlich einer Befahrung durch den Vizedirektor v. Beßel im Jahre 1737 die Wahrnehmung gemacht, dass an verschiedenen Stellen Steine von unbefugten Personen, sowohl zum eigenen Bedarf, als auch zum Verkauf gebrochen wurden, wodurch der Absatz der in dem königlichen Mühlensteinbruch anfallenden Brocken verhindert, zum mindesten aber stark beeinträchtigt wurde. Das Verbot der eigenmächtigen Steingewinnung wurde erneut in Erinnerung gebracht und die Übertretung desselben mit schweren Strafen bedroht. Den Leuten wurde aufgegeben, sich bei Bedarf an Steinen an den vereidigten Mühlensteinbrecher Arend Boock oder an den Zechenkontrolleur ter Heyden zu wenden. Der Preis für ein Fuder Steine wurde auf einen Ggr. oder zwei Stüber festgesetzt. Als die Pachtzeit mit Steinwers 1743 abgelaufen war und er von seinem Vorpachtrecht keinen Gebrauch machte, wurden die Steinbrüche, soweit sie nicht anderweitig verpachtet waren, mit Vertrag vom 12. Dezember 1743 die Stegemannsche Kompagnie auf 12 Jahre übertragen, die sich aus den Gebrüdern Friedrich und Gerhard Stegemann aus Amsterdam, Diedrich Engelberts und Dr. Wessels zusammen setzte. Der Pachtpreis betrug jährlich 640 holländische Gulden. Die Pacht-bedingungen blieben im wesentlichen dieselben; auch die zu hinterlegende Sicherheit blieb mit 1000 Rtlr. bestehen. Nach Ablauf dieser Pachtperiode wurden die Lingenschen und Tecklenburgischen Steinberge einschließlich der Brochterbecker Steinbrüche am 29. Sept. 1755 auf sechs Jahre an Franz Buldermann, Amsterdam, verpachtet. Der Pachtbetrag betrug 1000 holländische Gulden und die zu stellende Kaution 1000 Rtlr. Während bisher alle Steine, so wie sie fielen, entnommen werden durften, war es Buldermann vorgeschrieben, von der abzunehmenden Steinmenge von 5700 Fuß - 2/3 weiße und 1/3 gelbe Seine zu brechen. Die über dieses Quantum hinaus gewonnenen Steine hatte er je Fuß mit zwei holländischen Stübern besonders zu vergüten. Infolge Verpachtung der Brochterbecker Steinbrüche entwickelte sich ein neuer Handel, nämlich der sogenannte Bicksteinhandel, der eine gute Einnahmequelle bildete. Der Brochterbecker Stein, der so feinkörnig war, dass das Wasser davon trübe wurde und der so mürbe ausfiel, dass er sich zwischen den Händen zerreiben ließ, wurde in Holland zerkleinert und als Scheuer- und Streusand verwandt.
Seine Eigenschaft, dass er wiederholt als Scheuersand verwendet werden konnte, hatte ihn in Holland sehr beliebt gemacht. Zurzeit ist in Bocketal noch ein Bruch mit grobkörnigem Stein in Betrieb, in dem schöner fein- und grobkörniger Gartenkies gewonnen wird. Am 27. Februar 1765 wurde das Pachtverhältnis mit Buldermann um 6 Jahre verlängert und die Pachtsumme auf 500 holl. Gulden ermäßigt. Kaufmann Hermann Poggemann, Amsterdam, übernahm die Bürgschaft für die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen, die darin bestanden, dass jedes Jahr 4000 Fuß Steine - je zur Hälfte weiße und gelbe abgenommen werden mussten. Die während der ganzen Pachtzeit über 24000 Fuß entnommenen Steine hatte er je Fuß mit 2 holl. Stübern zu bezahlen. Dem Pächter wurde zugesichert, das jährlich abzunehmende Steinquantum von 4000 Fuß zu je 4 Stüber durch Unternehmer an den Ems-Kolk verfrachten zu lassen. Für die Abfuhr der über dieses Quantum hinausgehenden Steine hatte er selbst Sorge zu tragen. Bei der Nachprüfung des Etats-Entwurfes im Jahre 1769 wurden die schlechten Erfolge in dem Steinbruchbetrieb vom Etat-Minister vom Hagen gerügt und zugleich die schlimmste Erwartung ausgesprochen, dass der Betrieb bei ordnungsmäßiger Führung künftig ein erkleckliches Mehr einbringen würde. Bei dieser Gelegenheit verfiel man auf den Plan, die Zerkleinerung der Bicken-Steine selbst vorzunehmen und diese dann als fertigen Streusand nach Holland zu schicken. Bergrat Sporleder zog auftragsgemäß Erkundigungen ein und stellte fest, dass Buldermann die Steine nicht, wie angenommen wurde, mahlen lasse, sondern nur entzwei schlage oder entzwei bicke und sie dann an die Höker verkaufe.


Die ermittelten Zahlen, 600 Rtlr. für eine Stampfmühle und jährlich 150 Rthlr. laufende und Unterhaltungs- und Betriebskosten und die schwierige und kostspielige Verpackung, die in Tonnen oder Säcken zu erfolgen hätte, ließen die Errichtung einer Steinzerkleinerungsanlage für unvorteilhaft erscheinen, das Projekt wurde daher fallengelassen. Außer den bis jetzt genannten Steinbrüchen waren noch mehrere vorhanden und zwar je ein Bruch bei Mettingen und Recke und drei Brüche am Ledder Berge (Ledde-Oberbauer bei Caldemeyer, zwischen Grafenstr. u. Brandenberg) bei Kollemeyer auf der sogenannten Kollage unweit Tecklenburg. Von den 3 letzteren war nur der in der Mitte gelegene noch in Betrieb und für 24 Rtlr. an den Maurermeister Leonhart, Tecklenburg, verpachtet. Auch beim Kittengerdschen Hause, in Sandherms Kamp und in Reckers Kamp und beim Kolon Schaphaus waren bereits Flursteinbrüche vorhanden. In der Hettlager Liet (Hettlichsliet in Mettingen) befand sich ein Bruch im Entstehen. Im Jahre 1770 trat in der Verwaltung des Steinbruchbetriebes eine Veränderung ein, als diese auf das Hauptbergwerks- und Hütten-Departement, Berlin, überging. Die Einnahmen, die bisher an die Lingensche Landrentei-Kasse abgeliefert wurden, mussten nunmehr an die Hauptbergwerks- und Hüttenkasse abgeführt werden. Die vom König 1776 erlassene Verordnung, wonach die toten (Holz) -Zäune abgeschafft und die Grundstücke mit lebenden Hecken oder mit Mauern aus Bruchsteinen eingefasst werden sollten, blieb nicht ganz ohne Einfluss auf den Steinbruchbetrieb. Auf die Beschwerde der Einwohner der abgelegenen Ortschaften darüber, dass das Bergamt Steine nur aus den Ibbenbürener Brüchen abgebe, was bei der örtlichen Entfernung äußerst zeitraubend sei und die mit der Beschwerde zugleich die Gelegenheit wahrnahmen, die Erlaubnis zum Steinbrechen zu beantragen, erging die Anordnung, dass die Abgabe von Steinen für Gartenmauern aus allen Steinbrüchen zu geschehen hätte und zwar aus dem Steinbruch der dem Abnehmer am nächsten liegt. Die Steinabfälle sollten gegen eine geringe Bezahlung, oder falls eine Räumung der Brüche erforderlich sei, sogar ohne Entgelt abgegeben werden. Im Übrigen seien die Leute zur Anpflanzung lebender Hecken anzuhalten. Manche alte Hecke und Einfriedungsmauer, die in Ausführung dieser Verordnung errichtet worden ist, mag dieser Zeit entstammen und somit das ansehnliche Alter von 150 Jahren erreicht haben. 1776 geriet der Bickstein-Handel nach Holland ins Stocken, so dass sich 4 – 5000 Kubikfuß Steine am Emstor angesammelt hatten. Buldermann war daher außerstande, das Pachtverhältniss wieder zu erneuern. Die Bicksteinbrüche konnten erst mit Vertrag vom 15. Dezember 1784 / 6. Januar 1785 an Johann Gerhard Clerex, Amsterdam, der mit der Witwe Buldermann verheiratet war, wieder verpachtet werden. Die Pachtdauer war auf sechs Jahre festgesetzt und sie lief stillschweigend weiter, wenn nicht ein Jahr vor Ablauf der Pachtzeit eine Kündigung erfolgte. Der Pächter verpflichtete sich, in der Pachtzeit 3000 Kubikfuß Steine, je zur hälfte weiße und gelbe Steine abzunehmen und diese pro Fuß mit 3 holländischen Stübern zu bezahlen. Doch gar bald kam der Steinhandel, der über ein halbes Jahrhundert zum Segen des Landes so schwunghaft betrieben worden war, abermals zum Stillstande. Da sich nun kein holländischer Pächter mehr zur Pachtung bereitfand, man aber das einträchtige Geschäft nicht ohne weiteres aufgeben wollte, wurden die Steinbrüche in der Obergrafschaft Lingen mit Ausnahme der königlichen Mühlensteinbrüche mit Vertrag vom 24. Dezember 1794 vom 1. Januar 1795 ab an den Kaufmann Anton Determeyer, Ibbenbüren, verpachtet. Die Pachtzeit war auf 3,5 Jahre festgesetzt und verlängerte sich um dieselbe Zeit, wenn nicht spätestens ein Jahr vor Ablauf die Kündigung erfolgte. Determeyer hatte, wie seine Vorgänger, die alleinige Berechtigung, Steine nach Holland auszuführen. Er verpflichtete sich, während der Pachtzeit 2500 Kubikfuß Steine abzunehmen und dafür 210 Gulden zu bezahlen und haftete mit seinem Vermögen für die Erfüllung der Vertragsbedingungen. Stieg das verkaufte Steinquantum über diese Sollmenge hinaus, so war dieses mit 2 holl. Stübern je Fuß außerdem zu bezahlen. Wie lange dieser Steinversand angehalten hat, ist nicht bekannt. Als im Jahre 1801 die übrigen Flur- und Werksteinbrüche, die ebenfalls in Zeitpacht gegeben waren und die jährlich 138 Rtlr. 6 Sgr. 6 Pf. einbrachten, pachtlos wurden, machte das Bergamt den Vorschlag, von einer Neuverpachtung der Brüche abzusehen, die Steinbrüche freizugeben und nach erteilter Konzession statt der Pachtgebühr und des Rekognitionsgeldes einen jährlichen Kanon zu erheben. Mit dieser Art der Verpachtung wollte das Bergamt den wechselseitigen Beschwerden ein Ende machen. Diese Beschwerden wurden seitens der Pächter über das unberechtigte Steine brechen geführt und von den Verbrauchern, weil sie die benötigten Steine oft Stunden entfernt holen müssten, weil die Mehrzahl der Pächter, die ganze Kirchspiele und große Distrikte gepachtet hatten, vielfach nur einen Bruch in Betrieb hätten. Auch der Umstand, dass die verursachten Flurschäden durch den ausschließlich auf Markengrund stattfindenden Steinbruchbetrieb eine Ermäßigung der Pacht nach sich ziehen würde und die Bergwerkskasse dadurch eine erheblichen Ausfall erleiden würde, spräche gegen die Beibehaltung der bisherigen Pachtweise


Dagegen würde der angestrebte massive Hausbau durch die Freigabe der Steinbrüche wesentlich gefördert werden. Das Oberbergamt war nach Prüfung der Sachlage nicht abgeneigt, auf diesen Vorschlag einzugehen und forderte das Bergamt auf, deshalb mit den Pächtern in Fühlung zu treten. Da diese trotz langwieriger Verhandlungen geschlossen dagegen waren, wurde die Zeitpacht beibehalten. Während der Fremdherrschaft ist keine Pacht eingezogen worden; dafür wurde aber eine Patentsteuer erhoben. Da aber die meisten Steinhauer nebenbei auch das Maurergewerbe betrieben, die Steuer aber nur einmal entrichtet zu werden brauchte, haben sich die Pächter vor der Patentsteuer fast ausnahmslos zu schützten gewusst. Vom Jahre 1814 an waren nach der durch den Preußischen Staat erfolgten Okkupation des Landes die Regale wiederum mit dem Dominale vereinigt. Vom General-Berginspektor Crone, Dortmund wurde angeordnet, dass fortan die üblichen Abgaben, die dem Landesherren gebührten, eingezogen werden und in den Haushaltsplan der Tecklenburg-Lingenschen Bergwerks-Reservenkasse aufgenommen werden sollten. Für die Verpachtung kamen folgenden Steinbrüche in Betracht:



1. fünf Flursteinbrüche bei Ibbenbüren
Pächter: Johann Heinrich Rameyer sen., Ibbenbüren für 9 Rtlr. 20 Sgr.
Pächter: Johann Heinrich Rameyer jun., Ibbenbüren für 8 Rtlr. 22 Sgr.
Pächter: Ferdinand Hoffschulte, Ibbenbüren für 11 Rtlr. 15 Sgr.
Pächter: Heinrich Koch und Lohmann, Ibbenbüren für 10 Rtlr. 23 Sgr. Pächter: Bernhard Kümpers, Ibbenbüren für 2 Rtlr. 16 Sgr.


2. zwei Steinbrüche am Goldberge bei Mettingen
Pächter: Heinrich Knuf, Mettingen für 13 Rtlr. 22 Sgr.
Pächter: Bürgermeister Tenbrink, Mettingen für 22 Rtlr. und ein Werksteinbruch in der Hettlager (Hettlichs-) Liet,
Pächter: Johann Bernh. Gildemeyer, Westerbauer bei Mettingen

3. ein Werksteinbruch bei Steinbeck am Kalbes-(Kälber) Berge
Pächter: Steinhauer Stoeter, Steinbeck für 5 Rtlr. 12 Srg.

4. ein Bruch am Uffelner Berge
Pächter: Gerhard Bange, Uffeln für 5 Rtlr. 12 Sgr.

5. ein Steinbruch in Holthausen
Pächter: Kolon Holthaus und Daniel, Holthausen

6. ein Steinbruch in Brochterbeck
Pächter: Kolon Bernd Berg, daselbst für 19 Rtlr.

7. Werksteinbruch am Ledder Berge auf der Kollage
Pächter: Kolon Kaspar Bovenschulte, Ledde für 2 Rtlr. 12 Sgr.

8. drei Werksteinbrüche am Hucksberg bei Bevergern
Pächter: Friedensrichter Eilersmann, Bevergern für 4 Fr, 81 Ct.
Pächter: Steinbauer Jos. Niemann, Bevergern für 3 Fr. 62 Ct.
Pächter: Handelsmann Langefort, Bevergern für 3 Fr. 54 Ct.


Die letztgenannten drei Brüche Nr. 8 gehörten bisher zum Fürstenturm Münster und hatten daher die Steine im Inlande ohne jegliche Abgabe verkauft und nur für die in andere Gebiete gelieferten Steine pro Fuder einen Mariengroschen oder 8 Pfennig an den Amtsrentmeister in Warendorf entrichtet. Um die Pachtverhältnisse wieder in geordnete Bahnen zu bringen, waren langwierige Verhandlungen mit den Pächtern erforderlich, die erst 1816 unter teilweiser Herabsetzung der Pachtbeträge zum Vertragsabschluß führten. War es den Pächtern gestattet, sämtliche Steinwaren zu vertreiben, so war es ihnen bei 50 Rtlr. Strafe für jeden Kontraventionsfall verboten, Mühlensteine herzustellen, oder so große Steinstücke zu verkaufen, woraus Mühlensteine hergestellt werden konnten. Diese Vertragsklausel wurde 1833 fallengelassen. Von nun an fand durchweg alle sechs Jahre eine Neuverpachtung statt. Die Steinbrüche und deren Pächter, die sich jetzt ständig vermehrten, alle aufzuführen, würde zu weit führen. Der Erlass vom 31. Mai 1826, wonach diejenigen Steingruben, die auf Domänen- oder Forstgrund lagen, der Königlichen Domänen-Verwaltung zugewiesen wurden, brachte keine Veränderung, da sämtliche Brüche auf Gemeinheits- bzw. Privatgründen lagen.
Erst als diese Verordnung 1834 dahin erweitert wurde, dass vom 1. Januar 1835 ab sämtliche Steinbrüche in den Domänen-Etat aufgenommen werden mussten, erreichte die Verwaltung der Steinbrüche durch die Bergbehörde ihr Ende. Die zahlreichen Steinbrüche und die vielen Steinschutthalden, die in den Bergen des ganzen Kreises zerstreut liegen, die in früherer Zeit mit Schiebkarren von den zogen. Karrenläufern mühsam dorthin geschoben worden sind, lassen noch heute den Umfang dieser Industrie in vergangenen Zeiten erkennen und legen Zeugnis ab von der Arbeitsamkeit und dem Fleiß unserer Vorfahren. Unzählige Häuser, Villen, Kunstbauten und manch prächtiges Gotteshaus sind von Steinen dieser Brüche erbaut worden. Das taktmäßige Hämmern des Steinhauers ist auch heute noch nicht aus den Bergen verschwunden und wenn auch seit geraumer Zeit dazu übergangen ist, Ziegelstein- und Betonbauten zu errichten, so ist der heimische Sandstein, der sich eines guten Rufes erfreut, noch lange nicht entbehrlich geworden. Haben auch die vielen Steinbrüche dem Gebirge manch klaffende Wunde geschlagen und seiner Naturschönheit beraubt, so ist doch nicht zu verkennen, dass diese Industrie auch viel Nutzen gebracht hat und ihren Anteil an den Aufblühen unsere Heimat hat.

Quelle: Die heimische Sandsteinindustrie in früherer Zeit
Beilage zur IVZ :: Heimat und Leben - Nr. 15 vom Samstag, den 1. August 1925 - 27. Jahrg.




 
Anzeige in der IVZ vom 20.04.1921
Biidhauer A. Struck - Ibbenbüren
 
 
Bocketaler Steinbruchgesellschaft m.b.H
Biidhauer A. Struck - Ibbenbüren
 
   



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Neuzeitlicher heimischer Steinbruchbetrieb - 12.6.1929

(Steinbruch Braunschweig, Am Lehrsteinbruch) - Mit Preßluft und Elektrizität - Von August Brunne  

Unser Heimatgebirge, der Schafberg, dessen wertvollster Bestandteil die Steinkohle ist, besteht zum großen Teil aus Sandstein, der nahe der Oberfläche des Gebirges von guter, gesuchter Beschaffenheit ist. Er wird daher seit Jahrhunderten gewonnen und in der engeren Heimat, wie in weiterer Umgebung als Baustein verwendet. Zahlreiche Bauten, zum Teil von hervorragender Bedeutung, sind im Verlaufe der Jahrhunderte in Ibbenbürener Sandstein ausgeführt worden. Auch Mühlsteine lieferten viele die Ibbenbürener Steinbrüche. Selbst für künstlerische Bearbeitung wurde Ibbenbürener Sandstein verlangt.
Im 18. Jahrhundert gehörte der Sandstein des Schafberges wie die Steinkohle, dem Staat, der die Steinbrüche verpachtete. Viele Unternehmer haben im Verlaufe der Jahrhunderte am Schafberg Steinbruchbetriebe eröffnet und mit Erfolg unterhalten, um sie, wenn die Verhältnisse für den Fortbetrieb ungünstig wurden, wieder einzustellen. Zahlreich sind die verlassenen Steinbrüche am Schafberg. Besonders auch in der Nähe der Stadt Ibbenbüren ist der Sandstein in vielen Brüchen gewonnen worden und steht neben anderen ein bedeutender Bruch noch in Betrieb. In mittlerer Höhe, am Abhange des Gebirges, befindet sich sein weiter Hohlraum von einigen hundert Metern Durchmesser, umgeben von ansteigenden, hohen, braunen Steinwänden. Eng ist der Eingang zum weiten Raum des Bruches. Hier steht ein Bremsbock, unter dem die Geleise einer Transportbahn hinweg gehen, die einerseits zum Bruch hinein, andererseits eine schiefe Ebene hinab, zur Verladestelle der Eisenbahn führen (Bremsbergbahn). Selbsttätig, mit der Zugkraft des Gewichtes der in dem Förderwagen lastenden Steinladung, gesteuert durch die an der Seiltrommel befindlichen Bremsen, gehen die vollen Wagen abwärts, die leeren aufwärts.
Oben über dem Steinmassiv befindet sich, einige Meter hoch, Weichboden, der seitwärts abtransportiert wird. Das Steinmassiv, das in Höhe von etwa 10 Metern ansteht, ist nach allen Richtungen von Rissen durchzogen, wodurch kleine und große, unregelmäßig geformte Blöcke entstanden sind. Diese Blöcke gilt es, von oben beginnend, zu lockern und niederwärts zu stürzen. Die größeren müssen vorher oft noch zerteilt werden. Auch durch Sprengung werden die Steine gelöst. Tiefe Bohrlöcher, die den Sprengstoff aufnehmen, werden mittels Preßluftbohrhämmer gebohrt. Die Preßluft wird durch einen elektrisch angetriebenen Luft – Kompressor erzeugt. Ein eigener Transformator ist, zur Umformung des zugeleiteten, hoch gespannten Kraftstromes in Gebrauchsstrom, vorhanden. Die gewonnenen, nun am Fuße der Steinwand freiliegenden Steinblöcke sind fortzuschleppen. Zu diesem Zweck befindet sich, neben freistehenden älteren, in einem festen Steinbau eine neue, starke elektrisch angetriebene Winde, deren schweres Zugseil, über am Boden des Steinbruches befestigten Rollen geleitet, allen Stellen, wo es benötigt wird, um Blöcke abzuschleppen, geführt werden kann.
Die starken Blöcke sind nun in kleinere Teile zu zerlegen. Zu diesem Zweck werden, auf vorgezeichneten Linien, mit der Bicke (Zweispitz) Rinnen, und in diesen, in Abständen von etwa ein bis zwei Handbreiten, vertiefte Keillöcher eingehauen. In letztere werden kurze Stahlkeile gesetzt und diese gleichmäßig mit schweren Hämmern angetrieben, bis ein Riß entsteht und damit das vorgezeichnete Stück abgetrennt ist. Je nachdem, wie der Riß verläuft, gelingt das mehr oder weniger gut. Je größer die Teilflächen sind, je schwieriger ist die Spaltung. Oft müssen einige Meter lange Stücke abgespalten werden, z.B. für lange Fenster- und Türeinrahmungen, Treppenstufen, Platten.


Die durch Spaltung gewonnenen Stücke sind zu bearbeiten. Zur rohen Bearbeitung dienen Hammer, Bicke, Spitz- und Kröneisen; zur genaueren Bearbeitung Schlag- und Schariereisen. Zum Schlagen auf letztere bedient sich der Steinmetz eines eigenartig geformten, aus Hartholz angefertigten, kurzstieligen Böckers (Schlägel). Maßstab, Zirkel, Winkel und Linial dienen als Genauigkeitswerkzeuge.Die Außenseite der Bausteine wird in neuerer Zeit unbearbeitet und so rauh gelassen, wie der Bruch, die Spaltung, sie ergeben hat, während die vier Seiten der Steine, um eine gute Anliegefläche zu haben, etwas bearbeitet werden. Die „Bossenquader“ machen weniger Arbeit und die daraus gebildeten rauen Mauerflächen gefallen sehr und besser, wie die früher üblichen, glatt bearbeiteten Flächen.
Flotter Betrieb herrscht im Steinbruch. Es werden Steine verlangt für den Bau von Kirchen in Münster, für einen Kirchturm besonders, für ein Postamt in Nordhorn, für eine Brücke in Rheine, für ein Treppenhaus u.a. Bauten. Vom oberen Rand des Steinbruches in letzteren hineingeschaut, gewahrt man ein lebhaftes, mannigfaltiges Getriebe: Oben wird der Abraum befördert. Am Steinmassiv, in mittlerer Höhe, bemühen sich Arbeiter mit mächtigen Brechstangen um die Lockerung schwerer Steinblöcke, ebenso an anderen tiefer gelegenen Stellen. Der Bohrhammer ist geräuschvoll in Tätigkeit. Träge bewegt sich ein von starkem Drahtseil geschleppter großer Steinklotz, den Erdboden aufwühlend. Eine Anzahl Männer ist bestrebt, mit Bicken, Keilen und Hämmern große Steinkörper zu zerteilen, andere bearbeiten die Teilstücke und Brocken. Bearbeitete und unbearbeitete Werksteine liegen umher, einzeln aufgestapelt, darunter große Halbrundplatten von über zwei Meter Durchmesser. Ein Pferd bewegt Transportwagen auf verzweigten Geleisen. Fern, am Eingang zum Bruch, befindet sich, nebst anderen Bauten, ein langer überdachter Werkschuppen (die Haubude), in dem Werkstücke genauere Bearbeitung erfahren. Gelagerte, fertig bearbeitete Teile harren viele des Abtransportes und Versands. Neben den Schlägen des Steinmetzhammers hört man den . Schmiedehammer, der die stark der Abnutzung unterworfenen Steinhauer – Werkzeuge schärft. Wo im weiten Bruch der Boden frei ist vom Betrieb, sprießt die Birke empor. Waldesgrün umsäumt den oberen Rand des Steinbruches. Und die Nachtigall ist nicht fern, lässt mit Rollern und Schluchzen sich vernehmen.

Quelle: August Brunne


 
Im Steinbruch Braunschweig - (Zum Mühlsteinbruch)
 
 
Lehrsteinbruch von Friedr. Braunschweig - 1913
 
 
Foto: - Orig. bei Hellmann u. Stadtarchiv
 


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Tecklenburger Heimatkalender von 1930 spacer
Ein vergessener Mühlsteinbruch  

Unterhalb der Halde des Morgensternschachtes ist ein Steinbruch, der um 1690 dem Ibbenbürener Bürger Menco Mettingh in Erbpacht gegeben wurde. Im Jahre 1747 wurde der Mühlsteinbruch mit den Steinkohlengruben auf landesherrliche Rechnung betrieben. Er ruhte damals, doch hatte der Mühlsteinbrecher Peter Knippenberg aus Metten vor 2 Jahrzehnten drin noch gute Mühlsteine gebrochen, die Absatz nach Iburg und Oesede fanden. Da der Block sich aber als rissig erwies, wurde der Betrieb 1766 stillgelegt.



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Steinbruch Braunschweig - Bericht der WN (Westfälische Nachrichten) vom 8.11.1930


Im nördlichen Kreis des Münsterlandes liegt, eingeschlossen von den Ausläufern des Teutoburger Waldes und des Weserberglands die Stadt Ibbenbüren. Während die Ausläufer des Teutoburger Waldes bei Ibbenbüren mehr sandig sind, mitAusnahme einiger grotesker Felsengruppen (Hockendes Weib) liefern die Ausläufer des Weser-Berglands reiche Schätze wie Kohlen und Steine. Diese Ausläufer werden die Ibbenbürener Berge oder die Schafberge genannt. Sie liegen nördlich von Ibbenbüren und beginnen unmittelbar an der Peripherie. Dieser teilweise politisch noch zur Stadt Ibbenbüren gehörige Berg trägt die örtliche Bezeichnung „Der Schafberg“. Der Südhang ist arg zerwühlt. Schon von weitem stechen die braunroten Rostflecken durchwühlter Eisenerde und die nackten Felsen verlassener Steinbrüche von den dunklen Tannen und hell leuchtenden Birken ab. Hier am Südhang des Berges drang man vor ca. 200 Jahren in den Berg hinein, um Eisenerze und Sandsteine zu gewinnen. Wenden wir uns jetzt der Gewinnung des Sandsteins (Carbon) zu, woran der Schafberg so reich ist. Im Jahre 1740, dem Jahr wo unser Steinbruch, nennen wir ihn nach dem Besitzer, Ludwig Braunschweig angelegt hat, gehörte nicht nur die Steinkohle des Schafbergs dem Staat, sondern auch der Sandstein. Er beutete die Steinbrüche jedoch nicht selber aus, sondern verpachtete sie an seine Unternehmer. Manche Steinbruchbetriebe sind in den letzten 200 Jahren auf dem Schafberg eröffnet worden, von denen sich aber nur der Braunschweiger Bruch bis in unsere Zeit gerettet hat. In der Umgebung Ibbenbürens gibt es heute noch ca. 10 Brüche mit ungefähr 500 Arbeitern. Das mag seinen Grund darin haben, dass der gute, feste Stein oder Block in Nestern liegt. Gehen wir 300 m westlich, so finden wir schon einen verlassenen Steinbruch, da hat der gute Stein bereits aufgehört. In diesem Bruch wurden nur Bruchsteine für Packlage usw. gewonnen, während der Felsen nicht für Werksteine eignete.



Bild 1
zeigt uns den Eingang zum Bruch. So tief musste man den Berg einschneiden, um auf den guten Stein zu kommen. Es ging ungefähr auf der Mitte des Südhangs waagerecht in den Berg hinein. So entstand ein tiefer Hohlweg, der mit seinen mächtigen Felswänden etwas beängstigend auf uns wirkt. In diesem Hohlweg gewahren wir zwei Schienenstränge, sie gehören zur Transportbahn des Bruchs. Auf dem einen Gleis fahren die beladenen Wagen den Berg hinab zum Verladebahnhof und ziehen gleichzeitig durch ihr Eigengewicht die leeren Wagen auf dem anderen Gleis wieder herauf. Diese Bewegung reguliert ein Mann, der am Eingang des Bruchs am Bremsbock mit einer Seiltrommel steht. Nach kurzem Gang durch den engen, gewaltigen Hohlweg nimmt uns der große weite Steinbruch auf.

Eingang Steinbruch mit Bremsbergbahn
   
Bild 1. "Eingang" zum Steinbruch
mit Bremsbergbahn
 

Bild 2
Erhaben stehen die gewaltigen Felsmassen als stolze Riesen und Wächter des Berges da. Von den Wänden klingt das eintönige Hämmern der Arbeiter durch den stillen, weiten Raum des Bruch und kommt als Echo mehrere Male an unser Ohr, als ob wir uns in einer riesengroßen Halle befänden. Stumm zollen wir dem erhabenen Werk Jahrhunderte langer harter Arbeit unsere Achtung. Langsam nähern wir uns den hohen, schroffen Felswänden, an denen die Arbeiter ihr hartes Tagewerk vollbringen. Lagen und Schnitte, die besten Zeichen eines guten Steins, teilen das Felsmassiv in verschiedene Blöcke mit verschiedenen Stärken.

Der Braunschweiger Steinbruch
   
Bild 2 - Der Braunschweiger Steinbruch
 

Wir messen Blöcke von 0,15 m bis 2,50 m Länge oder Breite. Lagen nennt man die waagerechten Risse, während man die senkrechten und schrägen Risse Schnitte

Der fast kreisrunde Bruch hat einen Durchmesser von 120 bis 150 Meter. Die Felswände reichen 30 bis 32 m tief bis zur Sohle. Über dem Steinmassiv befindet sich der Abraum oder Kummer – so genannt, weil er dem Arbeiter am meisten Kummer bereitet – in einer Stärke von etwa 2 bis 8 m. Er muss fortgeschafft werden, um den Block frei zu legen. Das bedeutet oft wochenlange, mühselige Arbeit. Der ganze Felsen fällt etwas nach Nordwesten ein, die Lagen sind daher nicht immer ganz waagerecht, das erschwert oft die Gewinnung des Steins. In dem kleinen Haus in der Mitte des Bildes ist die große elektrische Winde untergebracht, und die gestützte Rohrleitung stellt die Verbindung zwischen Kompressor und Bohrhammer her. Auf beides komme ich später noch zurück.


Bild 3
Dort, fast auf der halben Höhe der Felswand steht eine Gruppe von 4 bis 5 Arbeitern auf einem schmalen Steinpodest, die dem Felsen ieder einen größeren Block abzuringen versuchen. Die 3 Zentner schwere Brechstange wurde in eine der Lagen gesetzt und sie wird von 3 bis 4 Arbeitern fortwährend ruckweise gestoßen. Gleichzeitig schiebt ein weiterer Arbeiter Keile in den immer größer werdenden Riss, der Stein wird „angestopft“. Ist der Stein genügend gelockert, d.h. ist er ca. 10 cm angehoben, tritt an Stelle der Anstopf -Keile eine Kugel und jetzt wird der Stein mit dem schweren Zugseil der elektrischen Winde heruntergezogen. Kann das Zugseil nicht unmittelbar zum Block gelangen, wird es winklig durch im Boden verankerte Umlenkrollen geleitet.

 Der Stein wird „angestopft“.
   
Bild 3 - Der Stein wird „angestopft“.
 


Bild 4

Am Fuß der Felswand werden die Dimensionen festgestellt, die meisten Blöcke sind zu groß und sie müssen geteilt werden, so auch dieser Block. Aus ihm sollen Platten zur Ausbesserung des Doms in Münster hergestellt werden. Wie wird nun der Block gespaltet ? Zunächst wird mit Bleistift die Teilungslinie gezogen, diese Linie verwandelt sich bald in eine kleine Rinne. In dieser Rinne werden in Abständen von ca. 10 cm Keillöcher eingehauen, dazu wird die Bicke oder der Zweispitz benutzt. Er ist ein hackenähnliches Instrument, jedoch mit einem kurzen Stiel Fehlstelle……… 8 bis 10 Keile (in Reihe gesetzt)

Die meisten Blöcke sind zu groß und müssen geteilt werden
   
...Bild 4 - Mit den Keilen wird der Stein gespalten
 



Bild 5
Die Keile darf ein Mann allein nicht eintreiben, denn nur so springt der Stein in der gewünschten Richtung. Auf diese Weise werden oft meterlange Streifen, zum Beispiel für Tür- und Fenstergewände hergestellt. Nachdem nun der Block gespalten ist, wird er wieder ausgemessen und von neuem mit dem Bleistift angerissen.

Steinbruch Braunschweig
 
   
Bild 5 - Steinbruch Braunschweig
 


Bild 6
Dabei muss berücksichtigt werden, dass für die Verarbeitung 2-3 Zentimeter zugegeben werden müssen. Bei der jetzt einsetzenden näheren Bearbeitung des Steines unterscheiden wir eine rohe und eine feinere Bearbeitung. Bei der ersteren wird zunächst der überstehende Stein mit dem Bossierhammer oder Sprengeisen abgekippt. Der so stehen gebliebene Bossenkopf wird jetzt mit der Bicke abgespitzt. Die dann noch übrig bleibenden kleinen Erhebungen und Vertiefungen an den Flächen…….Fehlstelle


Steinbruch Braunschweig
Bild 6. - Steinbruch Braunschweig - Zerlegen, vermessen und verladen der Steine


Bild 7 - (zeigt die sogenannte Haubude), einen überdachten Werkschuppen. Auf diesem Bilde sehen wir die Fertigstellung großer Grenzsteine, die uns auf den Landstraßen die Grenze des Kreises Tecklenburg anzeigen sollen. Diese Grenzsteine sind inzwischen (an den Kreisgrenzen) aufgestellt worden. Der Ibbenbürener Sandstein ist von hervorragender Qualität. Das Prüfungsergebnis eines Steines aus dem Braunschweigischen Bruch ist das folgende: Druckfestigkeit: lufttrocken 1079 kg/cm², wasserfest 1006 kg/cm². Der Stein hat eine schöne weißgraue bis satte goldbraune Farbe und ist geflammt. So fügt er sich bei Unterbrechung der roten Backstein- oder Klinkerfassade gut in die Harmonie der Farben ein. Infolge seiner großen Druckfestigkeit und absoluten Wetterbeständigkeit wird der Stein auch viel für den Brückenbau verwandt. (Einige Gebäude mit Sandstein der Fa. Braunschweig:) Landesversicherungs-anstalt, die St.-Erpho-Kirche, das Priesterseminar und die Hl.-Geist-Kirche. Auf Norderney und Borkum bediente man sich bei der Seebefestigung des Ibbenbürener Sandsteins. Zwischen dem guten Steinmassiv befindet sich auch schlechterer Fels, der sich zur Werksteinbearbeitung nicht eignet. Er findet als Bruchstein mannigfache Verwendung. So gebraucht man ihn zu Häuserbauten, für Packlage in Chausseen oder als Schrotten für die Kanalböschungen oder auch zu Wegeausbesserungen.


Steinbruch Braunschweig
 
Bild 7 - Steinbruch Braunschweig - Haubude
 



Bild 8

Dieser Steinblock wird gesprengt. Man bohrt mit dem Bohrhammer, der mit Pressluft getrieben wird, ein bis zu zwei Meter tiefes Loch in den Felsen. Dieses Loch hat einen Durchmesser von ca. 5 bis 6 Zentimeter. Es wird mit Pressluft ausgeblasen und bis zu zwei Drittel mit Schwarzpulver gefüllt. Dann legt man etwas Papier hinein und darauf wird das letzte Drittel (aufgefüllt)………Fehlstelle …….

Steinbruch Braunschweig
   
Bild 8 - Steinbruch Braunschweig
 







Bild 9
und 10 sind nicht beschrieben, Fehlstelle

Steinbruch Braunschweig
   
Bild 9 - Steinbruch Braunschweig
Bild 10 - Steinbruch Braunschweig
 


Neben dem Werkschuppen (Haubude) der Steinmetze findet sich eine Schmiede, in der nicht nur die nötigen Reparaturen vorgenommen werden, sondern fortgesetzt die Werkzeuge der Steinbrucharbeiter geschärft werden. Über alles führt der Steinhauermeister die Aufsicht. So herrscht im Bruch stets reges Leben und dem hohen Lied der Arbeit können wir täglich lauschen. Es ist oft ein hartes Brot, das der Arbeiter verzehren muss. Unbarmherzig reißen und schneiden die scharfen Kanten frisch gebrochener Steine an Kleidung und Händen. Manchen hat die schwere Last schon frühzeitig gebeugt. Zum Abschied drücken wir ihnen voller Achtung und Anerkennung die mit Schwielen geschmückten Hände. Möge jeder auf dem Platz, darauf er gestellt ist, seine Pflicht zum Besten der menschlichen Gesellschaft und zum Besten des Vaterlandes tun.


Quelle: Bericht der WN (Westfälische Nachrichten) vom 8.11.1930
  Quelle: Fotos - Wrockl. - von Czirnik  


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Heimat und Leben - Beilage zur IVZ - Nr. 8 vom Dienstag, den 19. April 1932 - 7. Jahrg.
  Von August Brunne  
Das Steinbruchgebiet nördlich und oberhalb der Stadt Ibbenbüren
Verödete Steinbrüche,-verunstaltete Landschaft,- Wechselnder Grundbesitz.
 

Nördlich und nahe unserer Heimatstadt Ibbenbüren hat der in ostwestlicher Richtung verlaufende Schafberg einen Vorsprung, gebildet durch ein Knie in seiner diesseitigen Begrenzungslinie. Die Stadt ist diesem Vorsprung so nahe, dass nur der Bahnhof zwischen beiden liegt. Die Zentrale der Niedersächsischen Kraft- Werke wurde auf dem Fuße des Bergvorsprunges gebaut und etwa 100 m nördlich der Zentrale beginnt der steile Anstieg des Berges. Einst war dieser Bergvorsprung mit Wald bedeckt. Den sonnigen Abhang nutzten die Grafen von Ibbenbüren am Anfange unseres Jahrtausends zur Anlage eines Weinberges, nach dessen Terrassen der Berg den Namen Treppkesberg erhalten hat. Zwei Wege, die westlich, bzw. östlich vom Bahn- hof Ibbenbüren über das Bahngeleise hinweg gehen, führen den Berg hinan und zwar der westliche als Alter Postweg und der östliche als wenig ausgebauter Fuß- und Fahrweg. Auf der Höhe des Bergvorsprunges hatten diese beiden Wege Verbindung miteinander durch einen Querweg, der durch Wald über den Osterberg zum Rochusberg führte. Am Alten Postweg hatte ein Ibbenbürener Bürger in einem Berggrund unter hohen Buchen und Tannen schöne Anlagen mit Wandelgängen, erhöhten Ruheplätzen, steinernen Treppen, Tischen und Bänken geschaffen. Der Berg war in seiner Ursprünglichkeit und Natürlichkeit bei Verschönerung durch Menschenhand für Ibbenbüren ein wertvoller Besitz als Stätte des angenehmen Aufenthaltes, der Erholung und Freude. Und wenn ein Bürger der Stadt einen Spaziergang machen wollte, dann wandte er sich dem nahen Berg zu. Er konnte ihn von links und rechts besteigen und verlassen, im Bergsteigen sich leicht anstrengen, auf Bänken sich ausruhen, reine Luft genießen, von vorspringenden Punkten Fernsicht genießen und erfrischt heimkehren.
Die natürliche Form und Schönheit des Bergvorsprunges ist zerstört worden durch die Sandsteingewinnung. Zahlreiche ausgedehnte Steinbrüche wurden in den Berg vorgetrieben. Alte Urkunden geben Zeugnis davon, dass schon vor mehr denn 200 Jahren bei Ibbenbüren Steinbüche in Betrieb waren. Die uns gut bekannten Bergbauunternehmer Mettingh waren von 1690 bis 1747 Pächter der staatlichen Mühlen- und Werksteinbrüche. Wohl von dieser Unternehmertätigkeit führten die Mettinghs Winkel und Lineal, die Hilfsmittel des Steintechnikers, in ihrem Familienwappen. Der Steinbruchbetrieb ging ein Jahrhundert lang und mehr in geringem Umfange vor sich, doch sich allmählich erweiternd. Die Wohnungen wurden derzeit vorwiegend als Holzfachwerkbauten errichtet, die nur weniges und leichtes Steinmaterial erforderten. Ibbenbürener Sandstein wurde weithin auf Fuhren abtransportiert und ging auch ins Ausland, besonders nach Holland. Als der Staat vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Ausbeutung der Sandsteinlager den privaten Unternehmern überließ und die Brüche deren Eigentum wurden und als die Inbetriebnahme der Eisenbahn 1856 den Sandstein-Absatz nach fernen Stationen ermöglichte, erfuhr auch die Ibbenbürener Sandsteinindustrie einen Aufschwung. Die Zahl der Brüche und der Belegschaften nahm stetig zu. Immer mehr wurden die Wohnbauten massiv in Sandstein ausgeführt und die Ausführung von Fachwerkbauten nahm nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts schnell ab. Am Besitze und Betriebe von Steinbrüchen bei Ibbenbüren war eine Anzahl von Ibbenbürener Bürgern beteiligt.


Der bedeutendste Steinbruchunternehmer in der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts war Wolff. Ihm und später seinen Söhnen gehörte der westliche Bruch in dem oben bezeichneten Gebiete, die „Bremskuhle“, so benannt nach der nahen Bremse am Treppkesberg, mittelst welcher die im Von der Heydt-Schacht geförderten Kohlen auf einer schiefen Ebene zum Bahnhof hinab gelassen wurden. Östlich neben diese schiefen Ebene führte zum Steinbruch hinan und durch einen engen Hals hinein ein Fahrweg, auf dem die gewonnenen Steine abtransportiert wurden. Dieser Bruch hat eine große Ausdehnung an Weite und Tiefe erhalten. Durch Abfuhr der starken Abraumschicht sind die Halden am alten Postwege entstanden, die nun mit hohen Bäumen und mit Strauch- und Dorngestrüpp bewachsen sind. Seit etwa Ende des vorigen Jahrhunderts ruht der Betrieb in diesem Steinbruch gänzlich und wohl für immer. Der Bruch ist Eigentum des Webereibesitzers Többen geworden. Baum und Strauch wachsen nun im verlassenen Bruch empor, soweit dessen Bodengrundfläche nicht von dem Bewohner des früheren Kontor-Gebäudes als Gartenland benutzt wird. Von der hohen Steinwand herab stürzten Abraum und schwere Steinbrocken und sie füllen den Boden am Fuße der Wand wieder auf.
Östlich von diesem früher Woffschen Steinbruch, getrennt davon durch eine Gebirgswand, befindet sich ein Bruch, der dem Gastwirt Heemann im Hook gehörte und der von Krusemeyer seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts betrieben wurde. Auch dieser Bruch musste der hohen Abraumschicht wegen eingestellt werden. Nach dem Kriege haben ihn die Niedersächsischen Kraftwerke erworben, die eine bergansteigende Förderbahn bauten, um die großen Mengen Kesselasche abtransportieren und im Bruch lagern zu können. An den Heemannschen Bruch schloss sich östlich der Bruch von Hoffschulte derart nahe an, dass zwischen den beiden Brüchen eine Scheidewand nicht bestand. (Ein Ferdinand Hoffschulte war schon 1814 Pächter eines fiskalischen Steinbruches).
Vom Hoffschulten Bruch führte eine Bremsbahn zum Bahnhof über das dem Hotelbesitzer Reese, später Lodde, gehörende Grundstück, welches von den Niedersächsischen Kraftwerken erworben worden ist. Hoffschulte hat durch Zukauf von Grundstücken seinen Grundbesitz am Berg nach und nach bedeutend vergrößert. Er kaufte von den Haus- und Grundbesitzern Baar, Többen, Lutterbey und Rählmann an der Bergstraße die Grundstücksstreifen in der Breite deren Besitzes, die in den Berg hineinragten und als Acker- und Gartenland nicht zu verwerten waren. Auch erwarb Hoffschulte oben auf der Fläche des Berges an seinen Besitz angrenzende größere Grundstücke von Drees, in denen sich zwei Steinbrüche befanden. Diese Steinbrüche hatten ihre Abfuhr über den alten Postweg. Als der untere Hoffschultesche Steinbruch infolge der bedeutenden Höhe der Abraumschicht nicht mehr betrieben werden konnte, wurde höher am Berg ein Bruch, dessen oberer Rand rundherum in Höhe der Gebirgsplatte liegt, vorgetrieben. Dieser Bruch hat gegen Ende des vorigen Jahrhundert den früheren Osterberg durchschnitten. Die Bremsbahn wurde vom unteren Bruch nach dem neuen oberen Bruch hin verlängert und letzterer bis zum Anfange des Krieges betrieben. Nach Einstellung des oberen Bruches ist die Bremsbahn gänzlich beseitigt worden.


Von dem Grundbesitz am Berg, der etwa 8,50 Hektar betrug, konnte Hoffschulte nach dem Kriege mehrere Bauplätze verkaufen, es sind 6 Wohnhäuser darauf errichtet worden. Auch die Niedersächsischen Kraftwerke haben von dem Hoffschulteschen Grundbesitz größere Flächen erworben, um Masten darauf zu errichten und Stromleitungen darüber zu führen, damit gingen auch die Hoffschulteschen Steinbrüche in den Besitz der NIKE über. Östlich von dem unteren Hoffschulteschen Steinbruch besaß Neier vom Dickenberg ein Grundstück, in dem ebenfalls ein Steinbruch betrieben wurde. Das Grundstück erwarb Stumpe, der an der Bergstraße ein Wohnhaus darauf errichtete. Dieses Grundstück ist vor 2 Jahren in den Besitz der Niedersächsischen Kraftwerke übergegangen, die das Wohnhaus durch Masten und Leitungen stark umbaut hatten. Höher am Berg, auf östlicher Seite des Bergvorsprunges, lag wieder Wolffscher Grundbesitz. In diesem der Mühlsteinbruch lag er so hoch, dass dessen oberer Rand rundherum mit der Bergplatte abschneidet, der Vorbesitzer Wolffs war Dunker. Für die Abfuhr aus dem Mühlsteinbruch zum Bahnhof war eine Bremsbahn vorhanden. Am Anfange dieses Jahrhunderts, 1908 ist der Mühlensteinbruch von Wolff an den Steinbruchunternehmer Friedrich Braunschweig zu Bockraden übergegangen. Dieser Bruch ist als einziger von den hier erwähnten Brüchen auch nach dem Kriege lebhaft betrieben worden und hat eine große Ausdehnung erreicht. Mühlsteine wurden hier noch bis in den letzten Jahren hergestellt. Seit dem vorigen Jahre ist, infolge der daniederliegenden Wirtschaft, auch der Betrieb des Mühlsteinbruches vollends eingestellt worden.
In diesem, als den zuletzt betriebenen Bruch hatten sich auch die modernen Betriebsmittel, wie Pressluft, Elektrizität und Bohrmaschinen eingeführt. Westlich vom Mühlsteinbruch liegt, von Tannenwald umschlossen, geheim und wenig bemerkt, ein Steinbruch, der als Welp´sche Kuhle bezeichnet wird, weil er sich im Besitze der Familie Welp befunden hat. Er gehörte später auch zum Wolffschen Besitz und ging mit diesem an Braunschweig über. Der Bruch hat noch in den letzten Jahren Anschluss an die Bremsbahn erhalten, um ihn weiter ausnutzen zu können, denn große Ausdehnungsmöglichkeiten sind bei ihm noch vorhanden.


Auch östlich vom Mühlsteinbruch und zwar rechts von dem den Berg hinauf führenden Fuß- und Fahrweg und nahe an diesen heranreichend, befindet sich noch ein Steinbruch, der schon stark abgebaut ist. Er gehörte dem Vorbesitzer Niebuhr, ging an Wolff und von diesem an Braunschweig über. Die Abfuhr aus dem Bruch ging den Fahrweg hinab. Dieser Bruch ist nach Osten hin der letzte am Bergvorsprung und ein paar hundert Meter weiter beginnt der Eisensteinbergbau. Ein Wohnhaus, von mehreren Familien bewohnt, befindet sich noch im Bruch. Die Firma Braunschweig wird, wenn Aufträge es ihr ermöglichen, ihre Steinbrüche wieder in Betrieb nehmen. In der Kohlennotzeit nach dem Kriege wurde an dem Bergvorsprung auch Steinkohle gewonnen, die unter dem Sandstein lag und zwar in der Grube Treppkesberg vom Unternehmer W. Kipker, in der Grube Konrad auf dem Grundstück von Stumpe und in der Grube Unser Fritz vom Besitzer Braunschweig unterhalb und abseits vom Mühlsteinbruch.
Im Reckertal (Osnabrücker Str.) unterhalb des Von der Heydt-Schachtes befinden sich noch zwei Steinbrüche, von denen der westliche früher Johle und der östliche Max Wagener gehörte. Beide Brüche gehören jetzt dem Unternehmer Ludwig Braunschweig. Aus dem früher landschaftlich schönen Gebiet des Bergvorsprungs nördlich unserer Heimatstadt ist ein wüstes, unwegsames Gelände geworden mit weiten, tiefen Einsenkungen, kahlen Wänden und vorspringenden Abraumhalden. Der früher viel begangene Querweg vom alten Postweg über den Osterberg zum Rochusberg ist stellenweise kaum noch passierbar und führt über abgeholzte Flächen und an mit Draht umzogenen Steinbrüchen vorbei. Die ausgleichend wirkende Zeit wird die Tiefen der Brüche wohl etwas auffüllen und Verwitterung, Moder, Feuchtigkeit und Sonne werden für die Entwickelung der Vegetation wohl wieder etwas günstigere Bedingungen schaffen. Verkrüppeltes Buschwerk wächst schon auf den Abraumhalden. Die Nike hatte bereits den Anfang gemacht, die Steinbrüche mit Kesselschlacke zu füllen. Mittlerweile hat sich aber die Asche und Schlacke als ein begehrtes Material erwiesen, das restlos zur Abfuhr und zum Bahnversand gelangt. In den Steinbruch gelangt nur noch die Flugasche, für die es wohl noch keine Verwendungsmöglichkeit gibt, die aber scheinbar ebenso wie die Kesselschlacke, keinen Nährboden für irgendwelche Vegetation bietet.


Die Nike besetzte den Berg mit schweren Masten und führte Starkstromleitungen drüber hinweg. In einem Mast von 60 Meter Höhe (Muttermast) hat der Berg ein Wahrzeichen erhalten, das andeutet, was hier jetzt vorherrschend ist. Unter den Stromleitungen am Erdboden wird in größerer Breite Baumwuchs nicht geduldet. Es besteht keine Aussicht, den vorspringenden und ins Auge fallenden Teil unseres Heimatberges wieder, wie einst im dichten grünen Kleid der Natur zu erblicken. Die Narben in seinem Antlitze werden nur schwer verheilen und die seltsamen naturwidrigen Mastgestalten werden ihren Posten nicht mehr verlassen.



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Heimat und Leben - Beilage zur IVZ - Nr. 13 vom 28.6.1932 - Seite 154

Steinbrüche im Teutoburger Wald bei Riesenbeck  

In Zeiten, da die Industrie in unser Heimatland noch nicht den Weg gefunden hatte, lebte der bei weitem größte Teil der Bewohner vom Ertrag der Landwirtschaft. Neben der Landwirtschaft boten einigen die heimischen Bergwerke, anderen die Sandsteinbrüche schon vor Jahrhunderten Beschäftigung. Eingehende Mitteilungen haben wir u. a. noch heute von den Sandsteinbrüchen bei Riesenbeck. In den Bergen daselbst sieht man noch verschiedene alte Brüche, die auf eine rege Ausbeutung in vergangenen Zeiten schließen lassen. Dort, wo heute in den Bergen die „Steinkuhlen“ sich erstrecken, vielfach mit Moos, mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, war früher der Schauplatz emsiger Arbeit. Der gebrochene Stein wurde für Bauten in näherer und weiterer Umgebung verwendet. Auch dem Straßenbau, der damals allerdings noch nicht in dem Maße wie heute erfolgte, lieferten die Steinbrüche ihr Material. Mit Pferd und Wagen holten die Bauern aus den verschiedenen Gegenden des Münsterlandes Bausteine von hier ab. Der Versand war in damaliger Zeit, da es noch keine Eisenbahnen und Kanäle gab, mit größeren Aufwendungen verbunden. Der Transport musste durchweg per Achse erfolgen. Mitunter hören wir auch von leichteren Ladungen, die in der Nähe unseres Heimatlandes auf der Ems versandt wurden. Größere Frachten Bausteine gingen im Laufe der Zeit von den Riesenbecker Bergen nach Rheine, so z. B. im 15. Jahrhundert zum Bau der alten Dionysiuskirche daselbst. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden außerdem die Festungswerke der Stadt Rheine beträchtlich erweitert und verstärkt. Hierfür brach man auf Rechnung der Stadt Sandsteine am Huckberg bei Riesenbeck.


1544 erteilte ein gewisser Roleff von Münster,

Droste to Bevergerne unde Rene, van Befell des hochwerdigen und hochvermögenden Fürsten und Heren Franz von gots genaden, bischop to Münster unde Ossenbrügge“, der Stadt Rheine die Erlaubnis, „eine steinkulen up den Hukkesberge to bouten unde to rümen unde daernt to breken to behoef erer stadtmüren und porten.

Im 16. Jahrhundert wurde in weiterem Umfang an der Verstärkung der Festung gearbeitet.

Dies beweisen die Lohnherrenrechnungen mit ihren Ausgaben für die Festungswerke. In diesen Rechnungen werden Bauern aus Wadelheim, Rodde, Eschendorf und Mesum genannt, die mit ihren Wagen und Pferden wiederholt nach Riesenbeck fuhren, um von den dortigen Bergen Steine zu holen. Als man später gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Rheine die jetzige alte Emsbrücke baute, wurden hierfür in den Ausläufern des Teutoburger Waldes Sandsteine gebrochen und behauen. Der hiesige Stein muss weit und breit eine besondere Wertschätzung gefunden haben, wie aus verschiedenen Aufzeichnungen hervorgeht. Auch die französische Regierung, welche während der Fremdherrschaft unter Napoleon in den Jahren von 1806-1813 die in Verfall geratene Saline am Huckberg bei Gravenhorst wieder aufrichten wollte, bevorzugte den Baustein aus den hiesigen Bergen. In einem alten Bericht vom 19. Juli 1811 werden für den Wiederaufbau dieses Salzwerkes verschiedene günstige Umstände angeführt, darunter auch die in nächster Nähe liegenden Steinbrüche im Teutoburger Wald. Der Wiederaufbau der Saline ist jedoch nicht erfolgt, da bald darauf die Befreiungskriege auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen bedeutenden Umschwung der Verhältnisse herbeiführten. Der Absatz an Steinmaterial stieg noch bedeutend, als durch die Kanäle neue Verkehrswege geschaffen waren. Seitdem gehen verschiedene Steinlieferungen auf dem Wasser zu Häuser- und Straßenanlagen in die weite Welt. Auch das Ausland erhält manche Ladungen aus Steinbrüchen in den heimatlichen Bergen.

Quelle: Heimat und Leben - Beilage zur IVZ - Nr. 13 vom 28.6.1932 - Seite 154



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Heimat und Leben - Beilage zur IVZ - Nr. 23 vom 5.12.1933 – Seite 296 spacer
Die heimische Sandsteinindustrie und die Standeseigenarten der Steinhauer  
  Von Hubert Rickelmann - Teil 1  

Eines der ältesten und auch bedeutsamsten der heimischen Gewerbe war bis in die Neuzeit hinein die Sandsteinindustrie, zu der der vorzügliche Sandstein aus dem die beiden Gebirgszüge, der Schafberg nördlich und der westliche Ausläufer des Teutoburger Waldes südlich von Ibbenbüren in ihrem Aufbau bestehen, Veranlassung gab. Nachweislich lässt sich diese Industrie bis in das 14. Jahrhundert zurück verfolgen. Die Steine zu der Dionysius-Kirche in Rheine, die anfangs des 15. Jahrhunderts erbaut wurde, stammen nämlich aus einem Steinbruch am Hockesberg oder Huxberg bei Bevergern, der damals schon als ein alter Bruch bezeichnet wurde. Da aber einige Kirchen, wie die in Gravenhorst, Recke usw., deren Steinmaterial sicherlich auch den heimischen Bergen entnommen sein wird, schon im 12. bzw. 13. Jahrhundert erbaut worden sind, geht die Gewinnung von Steinen in der hiesigen Gegend zweifellos sogar bis in diese Zeit zurück. Auch in den späteren Jahrhunderten lässt sich die Sandsteinindustrie, wenn die Nachrichten oft auch nur spärlich sind, verfolgen. Vor allem war es die Mühlensteinindustrie, die den Steinbruchbetrieb nie eingehen ließ. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts waren die Mühlensteinbrüche dem Ibbenbürener Bürger Menco Mettingh und anfangs des 18. Jahrhunderts dessen Sohn, Gerhard Dominikus Mettingh in Erbpacht gegeben. Vom Jahre 1747 ab wurden die Mühlensteinbrüche auf landesherrliche Rechnung und seit 1827 von Privatunternehmern betrieben. Die anderen Steinbrüche, die sogenannten Flursteinbrüche, waren bis zum 1. Januar 1835, dem Tage, an dem das Steinregal im Bezirk des Tecklenburg-Lingenschen Bergamtes aufgehoben wurde, in Zeitpacht gegeben.

Die bei der Gewinnung von Steinblöcken zu Mühlensteinen anfallenden größeren Steine wurden zu Werksteinen, wie Trögen, Kümpen, Treppenstufen, Quadersteinen usw. verarbeitet und die Brockensteine zu Häuserbauten benutzt, oder, soweit man keine Verwendung dafür hatte, in die Halden gestürzt, die nach dem Kriege vielfach zur Gewinnung von Mauerbrocken ausgebeutet wurden. Eine stärkere Belebung erfuhr die Steinbruchindustrie durch den 1731 einsetzenden schwunghaften Steinhandel nach Holland, der bis anfangs des 19. Jahrhunderts anhielt. Der weiche Stein aus den Brochterbecker Bergen wurde in Holland zerkleinert und als Streusand verwendet. Seine Eigenschaft, mehrmals als Streusand benutzt werden zu können, machte ihn dort besonders beliebt. Wenn auch die massiven Häuserfronten, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts üblich wurden, den Steinbruchbetrieb günstig beeinflussten, so blieb der Absatz von Steinen in Ermangelung geeigneter Transportmöglichkeiten im Allgemeinen nur auf die nähere Umgebung beschränkt. Erst die Eröffnung der Eisenbahn im Jahre 1856 schaffte hier grundlegenden Wandel und führte einen erheblichen Aufschwung der Sandsteinindustrie herbei. Sie entwickelte sich von nun an stetig weiter und erreichte ausgangs des vorigen Jahrhunderts den höchsten Stand.


Es war der Kanalbau, der in den 1890er Jahren eine Hochkonjunktur im Steinbruchbetrieb hervorrief, was vor allem den durch das Ersaufen der von Oeynhausenschacht-Anlage im Jahre 1894 zur Entlassung gekommenen Bergleuten, die nun in den Steinbrüchen Unterkommen fanden, zugute kam. In diesen Jahren wurden sogar die Brocken und Schrotten, soweit sie noch auf der Steingabel liegen blieben, aus den Halden gesucht, die nach dem Kanal abgingen. Täglich kamen bis zu 35 Ladungen Steine zum Versand, so dass oft morgens 4 Uhr mit dem Verladen begonnen wurde, das bis nachts 12 Uhr anhielt. Die Steinbruchindustrie wies um diese Zeit mit einer Arbeiterzahl bis zu 1000 Mann die höchste Belegschaftsziffer aller in der hiesigen Gegend vorhandenen Industriezweige auf, die selbst vom Ibbenbürener Steinkohlebergwerk erst um die letzte Jahrhundertwende beim Nachlassen der Steinindustrie übertroffen wurde. Der größte Teil aller erwerbstätigen Personen der ganzen Umgegend fand damals in den Steinbrüchen lohnende Beschäftigung. Der Beruf ging in der Regel vom Vater auf den Sohn über. Zu Beginn dieses Jahrhunderts setzte der Rückgang des Steinbruchbetriebes ein, der sich langsam verschärfte, sodass die Steinbruchindustrie beim Ausbruch des Weltkrieges im Jahre 1914 fast zum Erliegen kam.
Auch nach dem Krieg ist der Steinbruchbetrieb nur schwach und unregelmäßig geblieben und wird auch wohl kaum die Bedeutung wiedererlangen, die er gehabt hat. Es erscheint daher geboten, diesem einst so blühenden, für unsere Heimat so segensreichen Erwerbszweig nachzuspüren und die dem Arbeiterstamm dieser Industrie im Laufe mehrerer Jahrhunderte anerzogenen Besonderheiten aufzuzeichnen, um sie der Nachwelt zu erhalten, was im Nachstehenden versucht werden soll. Wenn nun auch der Ibbenbürener Steinhauer bei seinem Hang am Althergebrachten nie zu der Steinmetzzunft, die an fast allen größeren Steinverarbeitungsplätzen Deutschlands vertreten war, gehört hat, so lehnen sich doch verschiedene sich herausgebildete handwerkliche Gewohnheiten an das zunftmäßige Brauchtum an, das von fremden Steinmetzen, die früher sehr wanderlustig waren, in die hiesige Gegend gebracht wurde. Es soll daher kurz auf das Zunftwesen und die zünftigen Steinmetz-Eigentümlichkeiten, die Eugen Weiß in „Steinmetzart und Steinmetzgeist“ so anschaulich schildert, gestreift werden. Die Führung der Steinmetzzunft, die von den Römern zu uns gekommen ist, übernahmen zunächst die Mönche. In ihren Kloster-Bauhütten bildete sich das freie Steinmetzhandwerk heran. Diese Handwerksleute, die sich in Bruderschaften gliederten, unterstanden der klösterlichen Zucht und hießen Laienbrüder. Sie bearbeiteten die Steine und bauten daraus die uns noch heute die größte Bewunderung abzwingenden Gottesburgen und Klöster.
Auch die deutschen Fürsten, deren sich vom 11. Jahrhundert ab einer regen Baulust bemächtigte, zogen fachmännische Mönche zum Bau ihrer Burgen heran, die den Bauplan entwarfen und die Bauleitung übernahmen. Etwa 20-25 Brüder führten den Bau aus, wobei die größeren Arbeiten fronpflichtigen Bauern und Handlangern übertragen wurden. So entstanden die klösterlichen Bauhütten, das waren die auf den Bauplätzen von den Steinmetzen errichteten gemeinsamen Arbeitsplätze. Die erste rein deutsche Bauhütte mit selbst herangebildeten Steinmetzen als Bruderschaft des heiligen Aurelius wurde 1080 vom Abt Wilhelm in der Benediktinerabtei Hirsau in Schwaben gestiftet. Aber auch schon um 1069 soll im Kloster Corvey eine Bruderschaft des heiligen Veit bestanden haben. Die Bauhütten waren mit besonderen Rechten ausgestattet und sie genossen gewisse Freiheiten, wie Schutzbriefe bei Reisen, eigene Gerichtsbarkeit usw.


Vom 13. Jahrhundert an gingen die Steinmetzen mit ihren Verbänden allmählich in die Hände weltlicher Meister in die Bauhütten der großen Meister über. Auch diese Werkleute schlossen sich zu Bruderschaften zusammen, die nun einen zunftartigen Charakter annahmen und von der bürgerlichen Umwelt völlig abgeschottet lebten. Diese Abgeschlossenheit war so stark, dass nur diejenigen Zutritt zu einer Bauhütte hatten, die Mitglied der Bruderschaft waren. Selbst Könige und Kaiser mussten, wollten sie gelegentlich eine Bauhütte betreten, sich erst in den Verband aufnehmen lassen. Die Bruderschaften hatten sich vor allem die Pflege des kirchlichen Lebens zur Aufgabe gestellt und trugen nicht wenig zur Erhöhung des kirchlichen Gepräges bei, indem sie Kerzen, Altäre und sogar eigene Zunftkapellen stifteten. Das weltliche Leben war durch die Krankenunterstützung und die selbstständigen städtische Wehrkörper geordnet und gefestigt. Jedes Bruderschaftsmitglied musste im Besitz einer Waffe sein und sich beim Ertönen der Lärmglocke zur Verteidigung des ihm zugewiesenen Abschnittes einfinden. Den kirchlichen Einschlag haben die Zünfte bis zu ihrer Auflösung in den 1840er Jahren beibehalten. Als die ältesten Steinmetzplätze in Deutschland werden Straßburg, Wien, Zürich und Köln genannt, zu denen später Magdeburg, Hamburg, Heidelberg, Kopenhagen, Lübeck, Bremen, Berlin und Perleburg kamen. Die Steinmetze, die sich bei den Steinbauten aus den einzigen vorgebildeten Werkleuten, den Zimmerleuten, als solche umbildeten, besaßen von jeher ein ausgeprägtes Standesbewusstsein, das noch in den Zünften genährt und gepflegt wurde. Die Einschätzung ihres Berufes erhellt so recht aus der Antwort auf die Frage:



Warum ist der Steinmetzstand
ein hoher göttlicher Beruf?
Weil Gott der Herr vor grauer Zeit
ja selbst das Handwerk schuf!
Der erste Steinmetz war er selbst,
und Moses war der zweite,
drum lieb ich auch den Steinmetzstand,
dem Gott sich selber weihte.


Von diesem Geiste war auch ihre Einstellung den Zimmerleuten gegenüber getragen, wenn sie sagten:


Das Holz verfault,
der Stein bleibt Stein,
der Steinmetz soll der erste sein,

das von Hans Sachs stammen soll. Dieser Standesstolz beruhte nicht zuletzt auf dem ziemlich hohen Bildungsgrad, den die Steinmetzen durchweg besaßen. Sie verfügten über eine geschickte Hand und eine klare Berechnung, beherrschten die bautechnischen und baukünstlerischen Grundlehren der Raumgrößen- und Flächenmesskunst und der Säulenordnung. Kein Wunder also, dass diese Steinmetzen ihre Besonderheiten hatten, die außer den Zimmerleuten kaum sonst einem Handwerker in solchem Umfang zu eigen war. Da ist zunächst die Kleidung zu nennen, die im folgenden Vers näher beschrieben wird:


Mit langen Stiefeln tadellos,
dazu die weiße Hose,
den langen Rock mit Faltenschoß,
das war die ganze Schose,
und den Zylinder keck aufs Ohr,
so walzte einst hinaus zum Tor
der Steinmetz von der alten Zunft
ins Land hinein auf blauen Dunst.

Bei der Arbeit fehlte der blaue Steinhauerschurz nie, er wurde auch hier im Tecklenburgischen von älteren Steinhauern getragen. Um die Hüfte gebunden reichte der Schurz bis fast auf die Füße. Er durfte nicht die Brust bedecken und wurde beim Verlassen des Arbeitsplatzes, während der Pausen usw. stets von rechts nach links aufgesteckt, sodass der rechte Schenkel frei war. Die Farbe der Steinhauer war Blau-Gold, die in Bezug auf ihre Zunft gesehen sich auf den blauen Himmel mit den goldenen Sternen bezog. Das Blau und Gold zeigte sich in einem Wappen, das der Kaiser Max der Straßburger Steinmetzbruderschaft verliehen haben soll und vier goldene Zirkel im blauen Feld und einen Helm mit Adler zeigte. Auch weiß, eine Farbe, die auf ihren reinen Bund hinwies, gehörte zu ihrer Farbe. Die Farben blau und weiß haben sich bei den Steinmetzen erhalten; das Blau des stets unvermeidlichen Schurzes, sowohl bei den Meistern als auch Gesellen und das Weiß bei den zünftigen weißen Hosen und Westen. Das Handwerkssiegel bestand aus dem Klöppel, auch Knüpfel genannt, Picke und Schlageisen, zeigte aber auch Winkelmaß, Zirkel, Wasserwaage und auch wohl Zollstab. Das Siegel wurde vielfach in Stein gehauen, wie auch die Schutzheiligen, als solche führte das Rochlitzer Hüttenbuch den St. Claudius, Christorius und Significamus. Andere Steinmetzordnungen nennen Claudius, Rolandus, Wunibaldus und Modualdus. Als handwerklicher Ausweis der Steinhauergesellen galt der alte Gruß, geheime Zeichen und Sprüche und das verliehene Steinmetzzeichen. Letzteres konnte sich jeder selbst wählen und es wurde in den fertigen Stein gehauen.
Diese Zeichen sind an Werksteinen älterer Kirchen und an sonstigen größeren Bauwerken, wie sie z. B. die evangelische Kirche in Ibbenbüren aufweist, heute noch zu sehen. Ganze Baumeistersippen und die Künstler prächtiger Kirchen lassen sich aus den Steinmetzzeichen noch feststellen. Während die Bearbeitung der Steine zu größeren Bauten vielfach in den Bauhütten auf den Bauplätzen erfolgte, wurde sie hier in den Steinbrüchen vorgenommen. Lediglich zur Passendmachung von Schlusssteinen und zur Nachbearbeitung auf dem Transport beschädigter Steine wurden ein oder auch wohl mehrere Steinhauer zum Bauplatz entsandt. In den Steinbrüchen unterschied man Tagelöhner, Steinbrecher und Steinhauer bzw. Steinmetze, wie sich für gewöhnlich einer Zunft angehörende Steinhauer nannten. Der Steinbruch hieß im Volksmund „Steinkuhle“, die Arbeiter „Steinkühler“ und die Hauer „Steinhöwwer“. Die Tagelöhner luden die Werksteine, Mauerbrocken und Schrotten auf die Wagen, schafften den Schutt, der beim Steinbrechen anfiel, auf die Halde und räumten die Dammerde fort, die man, weil sie tatsächlich Kummer bereitete, „Kummer“ nannte. Das „Abbläuen“, wie das Fortschaffen der Dammerde hieß, war eine Arbeit, die für gewöhnlich im Winter ausgeführt wurde und wobei dann auch wohl die Blockarbeiter, wenn diese wegen des Frostes keine Steine brechen konnten, mit herangezogen wurden.


Die Tätigkeit der Steinbrecher (Kläuwer = Spalter) bestand darin, dass sie die die Steine vom Block loslösten und diese, wenn es sich um größere Steinbrüche handelte, mittelst eines Kranes, der früher durch menschliche Kraft, seit einer Reihe von Jahren jedoch in größeren Betrieben mit Dampf oder elektrisch angetrieben wurde, vom Block entfernten und auf bestimmte Abmessungen zerteilten. Es war gewiss keine leichte Beschäftigung; auch erforderte sie Erfahrung und überlegtes Anpacken, mussten doch Steinblöcke bis zu 30 cbm und mehr gewonnen werden. In einem Ibbenbürener Steinbruch sind einmal Säure-Kümpe für gewerbliche Zwecke angefertigt worden, die 2,50 m lang, 1,50 m breit und ebenso hoch waren. Die Steinhauer mußten mit einer Leiter daran heraufklettern und beim letzten Ausarbeiten auch zum Heraussteigen eine Leiter zu Hilfe nehmen. Die Lösung der Steine war öfters so verzwickt, dass selbst ein tüchtiger Steinbrecher sich nicht mehr zu helfen wusste, wie er den Stein aus seiner Lage bringen könnte, man half sich dann mit Sprengungen. Da aber das Sprengen die Steine zu sehr aufriss, schränkte man es nach Möglichkeit ein, zumal wenn es sich um die Gewinnung von Werksteinen handelte. Über das Sprengen und die Sprengstoffwirtschaft in früherer Zeit sei hier einiges eingeschaltet.
War das Bohrloch fertig, das Sprengpulver hinein getan und der obere Teil des Bohrloches mit Lehm usw. zugestampft, konnte die Zündschnur angesteckt und der Schuss zur Entladung gebracht werden. Bevor dieses geschah, rief der Rottenführer laut: „Brennt, brennt, brennt!“, worauf sich alle Personen, um sich gegen die beim Losgehen der Sprengladung hoch in die Luft fliegenden Steinstücke zu schützen, in Sicherheit brachten. Auf öffentlichen an den Steinbrüchen vorbeiführenden Wegen wurden nach beiden Richtungen hin Posten aufgestellt und durch dreimaliges Blasen auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Nach dem Schießen deutete einmaliges Blasen an, dass die Gefahr vorüber war. Das zum Sprengen verwendete Schwarzpulver wurde von den Kaufleuten Rohmann und Hoffschulte in Ibbenbüren geliefert. Beide Lieferanten bewahrten das Pulver in einem eigens dafür vorgesehenen, abgelegenen Häuschen auf. Mit dem Transport und der Aufbewahrung von Sprengstoffen verfuhr man damals schon äußerst vorsichtig. Der von Pferden gezogene Pulverwagen, der von Köln kam und 8 Tage unterwegs war, zeigte rechts eine schwarze und links eine rote Fahne. Letztere trug später ein schwarzes „P“. Durch geschlossene Ortschaften fuhr das Fuhrwerk nur unter polizeilicher Begleitung. Bei der Anlieferung des Pulvers hielt der Wagen in einer gewissen Entfernung vor der Stadt und zwar bei Kösters Glashütte für Rohmanns Pulver und auf der Ledder Straße, wenn Hoffschulte Pulver bekam. Hier wurde das Pulver von den Empfängern entgegen genommen und in das betreffende Pulverhäuschen geschafft.


Das Rohmann’sche Pulverhäuschen stand in dem vom Bäckermeister Eduard Meyer vor Jahren erworbenen Garten neben dem Krankenhaus. Es war ein einfaches, aus dicken Ziegelsteinmauern ausgeführtes Häuschen, das neben einem gemauerten Gewölbe und einer eisernen Tür auch einen Blitzableiter hatte. Der Hoffschulte’sche Sprengstofflagerraum befand sich in dem auf einer Insel, unweit des Rahen-Hofes stehenden Gartenhäuschen. Die Insel, die schon sehr alt ist und von einem Dr. Lucassen angelegt sein soll, lag in der Niederung neben dem hügeligen Goldacker.
Es war ein idyllisches Plätzchen, das im Volksmund allgemein als „Hoffschulten Welleken“ bekannt war. Der die Insel umgebende Wassergraben von 3-4 m Breite und bis zu 2 m Tiefe wurde von Grundwasser und einer dort entspringenden Quelle gespeist. Die Insel selbst war ein etwa 300 bis 400 qm großes, mit Obstbäumen bestandenes Gärtchen; sie war von Erlengebüsch, einigen Lärchen und knorrigen Eichbäumen umgeben. Das Gartenhäuschen befand sich der Zugangsbrücke mit dem Eingangstor gegenüber. Als dieser Aufbewahrungsplatz den Sicherheitsvorschriften nicht mehr genügte, wurde auf der östlichen Seite der Insel ein massives, aus weißen Ziegelsteinen gemauertes Häuschen erbaut, das diesem Zweck noch eine Reihe von Jahren, u. a. auch noch zur Sprengstofflieferung für den Kanalbau, gedient hat. Im Jahre 1930 wurde das Grundstück als Siedlungsland an Bergmann Johannes verkauft, der die Insel einebnete und sich dort ein Wohnhaus errichtete. Das Rohmann’sche Pulverhäuschen, das seit einigen Jahren im Besitz des Kaufmanns Rüschenschmidt ist, dient noch heute als Sprengstoff-Lagerraum für den privaten Verkauf. Auch Kaufmann Staggemeyer soll früher unweit Krusemeyer (beim alten Friedhof) ein Pulverhäuschen gehabt haben. Kehren wir nun in den Steinbruch zurück, wo die Steinbrecher die vom Block getrennten Steinstücke eine Strecke weiter in das Bruchinnere befördert und nach Angabe des Bruchmeisters zerteilt haben. Diese Steine harren nun der eigentlichen Bearbeitung, was Aufgabe der Steinhauer ist. Diese haben aus dem rohen Stein die Werksteine vom schlichten Fenstergewände bis zu dem kunstvoll behauenen Kapitell anzufertigen. Der Steinhauer nennt seine Tätigkeit hauen; er sagt:


Willst du, dass wir in das Haus
mit hinein dich bauen,
lass es dir gefallen, Stein,
dass wir dich behauen.

Das Steinhauen ist stets als eine Kunst angesprochen worden. Aber nicht alle Steinhauer brachten es zu einer künstlerischen Leistung, wie auch nachstehender Spruch besagt:


Kann ich nicht Dombaumeister sein,
hau ich als Steinmetz meinen Stein!
Fehlt mir auch dazu der Verstand,
so trag ich Mörtel bei und Sand.

Der Steinhauer ist sich seines künstlerischen Schaffens stets bewusst gewesen. Er hielt es darum auch unter seiner Würde, unter freiem Himmel zu arbeiten. Seine Tätigkeit nahm er erst dann auf, wenn er ein Dach über dem Kopf hatte, und war es auch primitiv. Es ist daher in allen Steinbrüchen, wo Werksteine hergestellt werden, eine Haubude (Houwbude) anzutreffen. Auch arbeitete der Steinhauer nie am Boden, sondern hatte seinen Stein immer auf einer erhöhten Unterlage, der „Houwbank“, liegen, das war das eine überlieferte Sitte, von der er nicht abging. Aus diesem Zusammenleben in oft engem Raum bildete sich eine Reihe Arbeitsregeln, die einer strengen, zünftigen Ordnung unterlagen. Aber auch hierzulande, wo zunftmäßige Vorschriften nicht bestanden, brachten die Arbeitsverhältnisse Gewohnheiten mit sich, die mit der Zeit zu fest umrissenen Arbeitsregeln wurden, zu deren genauer Befolgung man durch das aufeinander angewiesen sein bei der schweren Arbeit gehalten war. Zu dem Umlegen eines in Bearbeitung befindlichen größeren Steines, zum Abbänken eines fertigen und dem Aufbänken eines neuen Steines, wozu eine Hilfe seitens der Steinbruchverwaltung nur gestellt wurde, wenn nicht genügend Steinhauer vorhanden waren, gebrauchte er die Unterstützung seiner Kameraden. Wer Hilfe benötigte, rief je nachdem, wie viel Personen er gebrauchte:

Ein, zwei, drei usw.“ oder auch wohl „alle Mann“, das in der Zunftsprache mit „angesprochen“ bezeichnet wurde. Die Angesprochenen, das waren zunächst diejenigen, denen zuletzt gescholten worden war. Sie legten wie auf ein Kommando ihr Werkzeug aus der Hand und begaben sich zu dem, der die Hilfe angefordert hatte. Wenn jemand noch nach dem dritten Ruf nicht kam, sprang auf die Aufforderung „der Nächste“ dieser hinzu, um die Hilfe zu leisten. Für den Nichterschienenen trat nun das Budengesetz in Wirksamkeit. Die Budenglocke rief alle zusammen, um diesen Fall zu besprechen und darüber abzustimmen, ob der von der nicht zur Hilfeleistung gekommenen Person vorgebrachte Entschuldigungsgrund anerkannt werden soll oder nicht. In den meisten Fällen wurde er für schuldig erklärt und nach dem Budenrecht aus der Rotte geworfen. Dadurch, dass er einen halben Liter Schnaps spendete, konnte er seine Rechte wieder erlangen und in die Rotte aufgenommen werden. Verzichtete er darauf, was wohl selten vorkam, wurde er von jeglicher Hilfeleistung künftig ausgeschlossen. Auch die Heranbildung des Steinhauernachwuchses beruhte auf dem freiem Willen des Steinhauers. Verstand der Lehrling es, sich anzupassen und war er willig und anstellig, so war es für den alten Steinhauer eine Selbstverständlichkeit, den jungen Anfänger zu unterweisen. Hatte der Lehrling es zu einer gewissen Fertigkeit gebracht, etwa nach Verlauf eines Jahres, sodass er einen Stein mit Gesimse allein anfertigen konnte (bei den zünftigen Steinmetzen betrug die Lehrzeit 5 und die vorgeschriebene Wanderzeit 3 Jahre), dann erfolgte die Beförderung zum Gesellen, was mit einigen Zeremonien verbunden war.


Nachdem der fertig gestellte Stein vom Bruchmeister als gut angenommen worden war, trat der überlieferte Brauch in seine Rechte. Der Prüfling musste über eine Latte springen, unter einem Winkelmaß durchkriechen usw. Hierbei wurde dem Schnaps ziemlich zugesprochen, den der Beförderte als Anerkennung für die ihm zuteil gewordene Unterweisung stiften musste. Fortan war er Steinhauergeselle und trat ohne weiteres in dessen Rechte ein, wenn er auch noch lange nicht ausgelernt hatte. Zeichnete den Steinhauer so manch schöner Wesenszug aus, so wurden ihm auch gewisse Mängel angehängt, zu denen der Hang zum Trinken gehörte. Diese Leidenschaft kann jedoch so ohne weiteres nicht verallgemeinert werden, denn Auswüchse dieser Art gab es nicht nur bei den Steinhauern, sondern kamen in allen Berufen vor. Es war einmal der Durst, den die Arbeit hervorrief und zum anderen die ungesunde Arbeit, die einem als Steinhauer tätigen Menschen ein nicht allzu langes Leben erhoffen ließ, die zum Trinken verleiteten, zumal die Gelegenheit und das nötige Geld dazu vorhanden waren. Es war sogar den Steinmetzen, um den Steinstaub herunter zu spülen, das Trinken empfohlen; wenn auch Wasser gemeint war, so wurde das wohl auch zu gründlich mit gebranntem Wasser besorgt. Doch haben sich nicht alle Steinhauer sich den Spruch, der auf einem Stammkrug zu lesen war zu eigen gemacht:


Eher soll die Welt verderben,
als vor Durst ein Steinhauer sterben!

Eine Reihe von Arbeitsregeln verfolgte jedoch mehr oder weniger den Zweck, Stoff zur Stillung des Durstes zu erhalten. Da ist zunächst der Einstand und der Ausstand zu nennen, den jeder geben musste, der die Arbeit antrat oder aufgab, ein Brauch,der übrigens auch auf anderen Arbeitsplätzen üblich ist. Andere Arbeitsregeln, die zwar wohl der Ordnung dienten, waren aber zugleich auch darauf zugeschnitten, einen Freitrank zu liefern. So verfiel der einer Strafe, wer die Latte auf das Stein-Ende gestellt hatte, um seinen Stein lagerecht zu machen (ut schiälle kiken) und sich dann von seinem Stein entfernte, bevor er den Anschlag gemacht hatte und die Latte wieder fortgenommen hatte. Ebenfalls machte sich der straffällig, der zur Abtrennung eines Steinstückes von einem Werkstein diesen mit den eingesetzten Reifen verließ. Derartigen Übertretungen, von denen es sicherlich noch mehr gegeben haben mag, entging so leicht keiner; sie wurden mit diebischer Freude jedes Mal wahrgenommen.



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Heimat und Leben - Eine Beilage zur IVZ - Nr.24 von 19.12.1933 – Seite 302 spacer
Die heimische Sandsteinindustrie und die Standeseigenarten der Steinhauer  
  Von Hubert Rickelmann - Teil 2  

Den Einstand und den durch verhängte Strafen hereingekommenen Trunk nannte man „Regiment“, was besagte, dass alle Personen dazu gehörten. War kein „Regiment“ vorhanden, wurde wohl Geld zusammengeworfen und es wurde jemand zum Heranholen eines Trunkes „düer de Hehe“ geschickt, was in der Regel Sache des Lehrlings oder der jüngsten Steinhauers war. In einem verborgenen Winkel, gegen Sicht und Licht geschützt, wurde die „Pulle“ aufbewahrt. Gewöhnlich hatte der Älteste, der „Smor-Ölste“, über den Trunk zu wachen, damit sich keiner bevorteilte. Es zeigte sich so recht der Schalk, der diesen „Steinernen“ innewohnte, wenn eine Gruppe einer nach dem andern oder gar alle zusammen verschwanden, um sich einen zu trinken, eine andere Rotte dieses verriet, indem sie laut ihr „bau, bau, bau“ in den Bruch riefen und dadurch auf das Vorhaben aufmerksam machten. Natürlich war es vorerst mit dem „einen genehmigen“ vorbei, doch wurde das nachgeholt, ebenso das Wiedervergelten. Die Arbeitszeit ging früher von morgens 6 bis abends 7 Uhr mit einer einstündigen Mittagspause. Wenn der Tag zu grauen begann, kam Leben in diese steinerne Welt.
Von allen Seiten, durch den Brucheingang und auf den abschüssigen Pfaden des Steinbruchs herunterkletternd, strebte man den Arbeitsplätzen zu. In kleineren Betrieben ging jeder zur festgesetzten Zeit an seine Arbeit, es konnte leicht festgestellt werden, ob alle da waren. In größeren Betrieben, wie z. B. im Mühlensteinbruch bei Ibbenbüren, in dem 100 und mehr Mann beschäftigt waren, wurde die Anwesenheit durch Verlesen seitens des Bruchmeisters festgestellt. Bald kam Leben in den Bruch, dass es an den Wänden widerhallte. Von einer Blockstelle her ertönten harte Schläge, die mit einer Schlage, einem bis 7 kg schweren Hammer, der auf die Stahlkeile niedersauste, verursacht wurde. Dort war man bemüht, einen großen Steinblock aus seiner Lage zu zwängen, wozu man sich einer bis 5 Zentner schweren Eisenstange bediente, die unter am Stein angesetzt und von 3 – 6 Arbeiten angehoben und mit vereinten Kräften ruckweise niedergedrückt wurde. Damit diese Arbeit einheitlich geschah, führte der Rottenführer das Kommando, indem er sein „taugli, taugli“ laut erschallen ließ, was „zugleich“ heißen sollte. An anderer Stelle hörte man des „Hauch-Upp“ mit der Betonung auf der letzten Silbe, welches bezweckte, dass das Hochheben von größeren Steinen mit mehreren Personen auf den Wagen gleichmäßig ausgeführt wurde.
Von der Steinwinde her ertönte das unregelmäßige „klink, klink, klink“ der Kranklinke. Seitlich vom Brucheingang kam ein lustiges Hämmern aus der Schmiede, wo die Gerätschaften geschärft und repariert wurden. Dahinter war meistens auch das Kontor und der Mannschaftsraum. Nicht weit davon stand gewöhnlich die „Houwwbude“ woraus ein leichteres, dafür aber emsigeres und vielseitigeres Hämmern, Klopfen und Picken zu vernehmen war. Zwischen dem dumpfen Schlag des Bossierhammers mischte sich hier das „pick, pick, pick“ der Picke, das kurze taktmäßige „Täck, täck, täck“ des Schlageisens, der gleichmäßige Schlag des Kröneisens, das rhythmische „schärr, täck, schärr täck“ der Scharierens und das vorsichtige Pochen bei der Handhabung des Beizeisens (kleine Meißel) und des Meißels. Geschäftig rollten in den Brüchen mit Gleisanschluss die Steinwagen auf den Gleisen, die vom Eingang bzw. Ausgang des Bruches sich fächerartig in den Bruch verlieren, hin und her, während in abgelegen Brüchen die von Pferden gezogenen, voll beladenen Fuhrwerke schwerfällig zum Bruch hinaus wankten. Zwölf Uhr verstummte alles, es war Mittagspause.


Diejenigen Arbeiter, die in der Nähe wohnten, begaben sich zum Essen nach Hause, doch nur wenigen war dieses vergönnt. Der größte Teil musste die Mittagspause über im Bruch verweilen. Einigen wurde das Mittagessen von ihren Müttern oder Frauen oder anderen Personen, die wohl auch noch für andere Steingrubenmitarbeiter den „Henklemann“ mitnahmen und dafür einige Groschen im Monat erhielten, in einer „Düppe“ überbracht. Andere mehr mussten wegen der weiten Entfernung oder weil ihnen keine Person zur Verfügung stand, mit einem mitgebrachten Butterbrot vorlieb nehmen, man nannte das „drüge sodden“ (trocken essen). Diese Leute aßen abends zu Hause das Mittagessen. Während der Winterzeit setzten sich die im Bruch gebliebenen Arbeiter um den Wärme spendenden Ofen in den Mannschaftsraum, in dem auch Tische und Bänke aufgestellt waren oder gruppierten sich um das Schmiedefeuer. In der warmen Jahreszeit bot ihnen ein schattiges Plätzchen in der Nähe willkommene Rast, denn schwer war die Arbeit, wozu noch die Unbilden des Wetters kamen, sei es zur heißen Sommerzeit in der prallen Sonnenglut oder bei strömenden Regen, bei Eis und Schnee. Jeder freute sich darum auch, wenn abends 7 Uhr oder beim Dunkelwerden im Winter vom Bruchmeister das erlösende Wort „Feierabend“ geboten wurde, worauf sich jeder wieder auf dem Wege entferne, den er gekommen war.
Die Steinhauer hielten sich jedoch weniger an die festgesetzte Arbeitszeit. Sie fühlten sich von jeher frei und wollten auch in dieser Beziehung nicht gebunden sein. Auch hörten sie prinzipiell nicht mit dem Glockenschlag auf, sondern entweder kurz vor- oder nachher. In den 1890er Jahren versuchten die Steinbruchbesitzer auch bei den Steinhauern die Innehaltung der Arbeitszeit einzuführen, stießen dabei aber auf einen Widerstand, den sie nicht erwartet hatten. Gaben die Steinhauer auch an, dass sie nicht die Arbeitszeit, sondern das bezahlt erhielten, was sie fertig gestellt hatten, so richtete sich ihre Widersetzung in der Hauptsache gegen die Einschränkung eines alten Rechtes. Als die Unternehmer einsahen, dass sie mit ihrer Forderung nicht durchkommen würden, einigten sie sich mit den Steinhauern dahin, dass die Arbeitszeit möglichst innegehalten werden sollte. Das Handwerkszeug hielt sich der Steinhauer früher selber, später wurde es von den Steinbruchbesitzern gestellt. Die gebräuchlichsten Geräte waren: Bossierhammer, Zweispitz (Picke), Knüpfel, auch Klüpfle oder Klüppel (Büöker) genannt, der meistens aus Buchenholz war, Kröneisen, Schlageisen, Scharriereisen und Flechte.


Sie wurde hauptsächlich bei der Anfertigung von Mühlensteinen gebraucht. Die Zuweisung eines Steines erfolgte durch den Bruchmeister, ging jedoch in der Regel der Reihe nach. Die Bearbeitung besondere Fertigkeit voraussetzender Steine wurde fähigeren Steinhauern übertragen. Ähnlich verhielt es sich bei der Zuteilung von Steinen, aus denen Mühlensteine hergestellt wurden, es ging der Reihe nach. Gewöhnlich arbeiteten 2 Mann zugleich daran. Wer zum ersten Mal einen Mühlenstein in Arbeit bekam, hatte einen Schnaps auszugeben. Die Bearbeitung von Mühlensteinen, war eine schwere und eine Spezialarbeit, die jedoch gut bezahlt wurde. Aber auch nach der vergnüglichen Seite hin pflegten die Steinhauer echte Kameradschaft. Alljährlich feierten sie ihr Standesfest, das Steinhauerschützenfest. Nach Ausweis der Schilder an der Schützenkette, die im Ibbenbürener Heimatmuseum aufbewahrt wird, gehen diese Feste bis zum Jahre 1848 zurück. Die Schützenkette weist folgende Könige und Königinnen auf:


1848 König: H. Keller, Königin: L. Schlichter,
Schild: Picke mit Winkel gekreuzt.
1849 König: J. W. Königin: T. H.
Schild: Hacke und Hammer gekreuzt
1850 König: B. Lohmeyer, Königin: M. Weßelmann,
Schild mit Knüpfel (Büöker) u. Schlageisen gekreuzt.
1851 König. H. Overmeyer, Königin A. M. Köchel
Schild mit 2 Knüpfeln gekreuzt
1852 König: H. Westkamp, Königin A. Nostheide
Schild in Herzform mit gekreuzten Knüpfel und Schlageisen
1853 König. H. Köchel, Königin: W. L. Dunker
Schild mit Knüpfel und Scharriereisen
1855 König: H. Westkamp, Königin: L. Kleingünther
Schild in Herzform und Winkel, Picke, Knüpfel,
Schlageisen und Flechte
   

1858 König: H. Meier, Königin: L. L. Kleingünther Schild mit
einem Winkel darüber
1860 König: J. Veller, Königin M. A. Bosse Schild mit
gekreuztem Knüpfel und Picke
1861 König C. Nostheide, Königin C. Kleingünther
Schild – Stern, 16-zackig
1862 König: B. Beckmann, Königin E. Bäumer einfaches
Schild 1868 König: W. Zapf, Königin: A. Kaiser Schild in
Herzform mit gekreuztem Knüpfel und Schlageisen
1869 König: H. Hagedorn, Königin: A. Stredelmann Schild
mit einer Krone darüber
1873 König: B. Hecker, Königin: C. Kleingünther Schild
mit einer Krone darüber
   

1874 König: B. Hecker: Königin: Frau Spitzley, Schild mit
einer Krone darüber
1875 König: B. Follois, Königin: B. Bruns Schild mit
Knüpfel und Eisen gekreuzt und Picke
1876 König: W. Zapf, Königin: J. Schollmeyer Schild
in Herzform mit gekreuztem Knüpfel und Schlageisen
1884 König: H. Brewe, Königin: M. Büscher Schild
mit einer Krone darüber
1885 König: A. Bensmann, Königin: Sophia Tüpker Schild
mit zwei gekreuzten Schlageisen und stehendem Knüpfel
1886 König: Th. Heemann, Königin: El. Krumemeier rundes
Schild
1888 König: Jos. Langhausen, Königin: Anna Termöllen rundes
Schild
   

1889 König: B. Brewe, Königin: Dina Kleingünther Schild
mit gekreuzten Knüpfeln und mit Picke
1890 König. B. Kaes, Königin: J. Lücking, Schild mit einer
Krone darüber
1891 König. H. Pott, Königin: M. Müller. Schild in Form
eines eisernen Kreuzes mit der Jahreszahl
1891 in Eichenkranz
   

Ob vorher und in den hier fehlenden Jahren keine Feste stattgefunden haben, oder ob der Kette keine Schilder angefügt worden sind, ist nicht bekannt. Möglich ist auch, dass die Feste in anderer Form gefeiert worden sind. Zu den Festen wurde auf den Oberen Marktplatz in Ibbenbüren angetreten, woselbst der jeweilige Schützenoberst eine Ansprache hielt. Unter Vorantritt einer Musikkapelle in einer Stärke bis zu 10 Mann war darauf ein Umzug durch die Stadt zum Scheibenstand der Wirtschaft Heemann (jetzt bei Leugermann), wobei die Steinhauerfahne, die mit dem Steinhauerwappen geziert war, mitgeführt wurde. Abends war auf der Werthmühle der Steinhauerball. Dass auch auf diesen Festen die Liebesfädchen gesponnen wurden, geht daraus hervor, dass mehrere Königspaare den Bund fürs Leben geschlossen haben.
Von 1892 an feierte der Unternehmer Wolff mit seiner Belegschaft (Steinbrüche, Glashütte, Dampfmühle usw.) ein eigenes Fest. Jeder Arbeiter erhielt dazu einige Bier- und Zigarettengutscheine. Die Musik von der Schmidt’schen Kapelle aus Rheine oder die Musikkapelle von Osnabrück wurden dazu vom Festgeber gestellt. Auch die Firma Josef Hoffschulte feierte mit ihren Leuten ein gemeinsames Fest, war dieses doch ein Beweis des guten Einvernehmens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Steinhauer des Dickenberges, die bei verschiedenen Steinbruchbesitzern wie Braunschweig, Berentelg, Büchter, Hüser, Niebuhr, Meier, Rumöller und anderen in Arbeit standen, deren Namen heute noch im Volksmunde fortleben, feierten ihr Steinhauer-Schützenfest für sich, und zwar in der Wirtschaft Kämpker, seitdem in Ibbenbüren die Belegschaftsfeste abgehalten wurden. Die Steinhauer-Fahne, die schon mal erneuert worden sein soll, wanderte dann nach dem Dickenberg ab. Hier ist das Steinhauerfest aber nur einige Male begangen worden, es ging in ein allgemeines Schützenfest über. Leider lässt sich nicht mehr feststellen, wo die alte Steinhauerfahne geblieben ist. Auch die Belegschaftsfeste der Firmen Wolff und Hoffschulte fanden nur einige Jahre statt, was sicherlich mit dem Nachlassen des Steinbruchbetriebes zusammenhing. Wenn man auch gerade nicht von einer Steinmetz-Dichtung sprechen kann, so hatten die Steinhauer doch eine Anzahl Lieder und Sprüche, die echten Berufsgeist atmeten und von denen auch hier einige bekannt waren und gesungen wurden. Eine Auslese davon soll deshalb nicht fehlen. Da ist zunächst das aus Rochlitz (Sachsen) stammende Lied zu nennen, welches wohl dem Lied der Zimmerleute nachgebildet zu sein scheint, es heißt


Zu Rochlitz in dem Wald,
wo unser Knüpfel schallt,
wo die Nachtigall tut singen,
des Meisters Geld tut klingen,
ist nichts als lauter Lust
In uns’rer Steinmetzbrust.
Wo kommen Kirchen her
und Schlösser noch viel mehr?
feste Brücken über den Flüssen,
die wir erbauen müssen!
Zu Wasser und zu Hand
ist unser Handwerksstand.
Ist nun ein Bau vorbei,
dann gibt es Schmauserei
gut zu essen, viel zu trinken,
gebratne Wurst und Schinken,
viel Bier und auch gut Wein,
da ist gut Steinhauer sein.

Viel gesungen wurde auch das Lied von dem „Mann mit dem Hut“, das vom Wandern und Werken der Steinmetze erzählt und aus dem die Wertschätzung des schwarzen Filzhutes hervorgeht. Die beiden ersten Strophen heißen:


Wohlauf, ihr Brüder! dieweil wir noch sein.
dieweil wir noch jung an Jahren sein,
wollen wir uns in die Ferne begeben,
um da was Schönes zu erleben,
um zu erlernen hier und dort,
wie sich`s geziemt an fremden Ort
Wir versaufen den Rock, aber nicht den Hut!
Hoch lebe der Mann mit dem Hut,
hoch lebe jung Steinmetzen-Blut!
Kommt einer von uns in ein Städtchen hinein.
wo unser Bleiben wohl könnte sein,
wo man was profitieren kann,
da nehmen wir die Arbeit an.
Wir spitzen, wir kröneln, scharrieren auch fein,
die Arbeit muss rechst sauber sein.
und unser Knüpfel wohl schallen tut,
hoch lebe der Mann mit dem Hut,
hoch lebe jung Steinmetzen-Blut.

Dass den Steinmetzen das Wandern im Blute stecke, besagt auch eine Redeweise, die hier üblich war: Wenn die großen Bohnen blühen, fangen die Steinmetzen an zu ziehen. Nicht geringer Standesstolz spricht aus folgendem Liedchen, das nach der Melodie des Preußenliedes gesungen wurde:


Ich bin ein Steinmetz, wer will mit mir hadern,
der Maurer macht ja nur einen Ziegelbau!
Ich bau’ Paläste herrlich auf aus Quadern,
und Dome hoch zu des Himmels Blau,
Zierwerke, groß und kleine,
mach ich, nicht nur Schüttelreime.
Sagt an, ihr Brüder, hab ich nicht recht?
Ohne meinen Meißel ständ die Welt sich schlecht!

Eines der Lieder der Kölner Dombaumetzen, das aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Bruno von Hagen stammt und von Frau Derkum vertont wurde, zeigt welcher Geist damals bei dem Werk obwaltete. Von diesem Liede dürften die ersten Strophen an meisten interessieren.


Wenn am Dom der Chor erglüht,
Frühmeß-Glocken klingen,
Lasst das Werkgesellenlied
himmelauf sich schwingen!
Forme dich, du fester Stein,
sollst ein stark Geäste sein,
Und ein Laubgewinde fein,
soll dich zart umschlingen
Forme dich, du Baldachin
darunter Engel wachen
Zeige, wie die Laster fliehn
in Gestalt von Drachen.
Vor den Engeln sanft und gut
schaudert solche Höllenbrut
Und sie speiet trübe Flut,
aus gesperrtem Rachen.
Mancher meisselt in der Welt,
suchet wie er mehre,
was uns Brüder hier gesellt,
ist zu Gottes Ehre.
Darum rüstig dran und drauf,
immer hoch und höher auf,
bis zum letzten Blütenknauf,
nach des Meisters Lehre.

Mit „Mein Sonnenschein“ betitelt sich nachstehender Spruch:

Die Amsel sang ein frohes Liedchen,
als ich zum stillen Bruche kam,
mit frischem Mut und starker Freude
die schweren, schweren Schlägel nahm.
Und auch mein Herze lächelt leise,
beschaute es die vielen Steine,
und wie im Traum erwacht die Weise:
Im Steinbruch ist mein Sonnenschein!

Zum Schluss mag noch das schöne Gedicht „Des Steinmetz Traum“ veranschaulichen, wie die alten gotischen Meister ihre sonnigen, anmutigen Mariengestalten schufen:


Der Tag ging schon zur Rüste,
der Abend kam ins Land,
die Werkgesellen legten
den Meißel aus der Hand.
Nur einer blieb zurück,
und sprach kein Abschiedswort.
Still ward`s im kühlen Dome,
er meißelt emsig fort.
Am hohen Kapitelle
blüht Leben aus dem Stein!
Der junge Steinmetz meißelt
all’ seine Lieb’ hinein.
Aus Blatt und Ranken hebt sich
ein lockig` Mädchenhaupt,
verklärend schuf er wieder,
was ihm der Tod geraubt.
Zwei Engelflügel schirmen
das holde Angesicht,
und drüber glänzt durchs Fenster
das letzte Sonnenlicht.
Nun ist das Werk vollendet
still lehnt er an der Wand,
und Meißel ruht und Schlegel
in seiner müden Hand.
Der Schlaf schließt ihm die Augen,
er lächelt noch im Traum,
ihm ist, als flöge grüßend
ein Engel durch den Raum.

Wir haben nun das Steinhauerleben und des Steinhauers Besonderheiten kennen gelernt und haben ihn werken und feiern gesehen. Viele Jahrhunderte lang schallte der muntere Schlag des Klöppels durch den stillen Wald, dass es in den Bergen und Tälern lustig widerhallte. Zu unzähligen Baudenkmälern gaben die vielen Steinbrüche das Steinmaterial her, das noch viele Jahrhunderte hindurch sowohl von der Güte des Ibbenbürener Sandsteines, als auch von dem Können des Ibbenbürener Steinhauers zeugen wird. Konnte doch ein Steinbruchbesitzer in seinen alten Tagen mit Stolz sich rühmen, zu 38 Kirchenneubauten bzw. -Umbauten die Werksteine geliefert zu haben. Einige in den Nachbarstädten von Ibbenbürener Sandstein errichtete Bauwerke seien hier angeführt und zwar in Osnabrück: Die Bergkirche, die Herz-Jesu-Kirche, das Ratsgymnasium, das Gymnasium Carolinum, das städtische Krankenhaus und das Stadttheater in Münster:
das Franziskus-Hospital, das Kriegerehrenmal der ehemaligen 13er, die Landesversicherungsanstalt, die St. Erpho-Kirche, das Priesterseminar; in Rheine die Basilika, die neue Emsbrücke usw. Manch tüchtiger Steinhauer hat sich zu künstlerischen Leistungen empor gerungen, von denen eine Reihe den Bildhauer-Titel für sich in Anspruch nehmen könnte. Einige haben es sogar vom einfachen Steinhauer zum Bruchmeister gebracht, der nicht nur den Betrieb zu beaufsichtigen hatte, sondern nach den vorgelegten Zeichnungen die Werksteine zu Kirchen und anderen Bauwerken selbständig anfertigen zu lassen hatte. Wieder andere wurden Steinbruch-besitzer und sie waren ihr eigener Bruchmeister. Auch diese, von denen heute noch verschiedene mit Achtung genannt werden, haben ihre Fähigkeiten dadurch bewiesen, dass ihr Betrieb nicht nur fortbestand, sondern sich zu einem Unternehmen entwickelte, das dem Inhaber zu Wohlstand verhalf und den vielen Arbeiterfamilien Brot und Arbeit gab, sie alle leben in ihren Werken fort. Still und öde liegen nun die zahlreichen Steinbrüche oberhalb Ibbenbürens und bei Mettingen, Metten, Steinbeck, Riesenbeck, Brochter-beck, Bevergern und an vielen anderen Stellen der beiden Gebirgszüge da, bis auf einige, in denen noch schwacher Betrieb umgeht. Vögel und wilde Kaninchen beleben die verlassen liegenden Stätten. Die vielen und umfangreichen, in mühsamer Arbeit mit Schieb- und Sturzkarren und später mit auf Gleisen laufenden Kippwagen aufgeschüttelten Steinbruchhalden und die hellen Bruchsohlen werden von Birken, Weiden, Holunder, Ginster, Brombeerranken, Erdbeeren, Huflattich usw., die aus dem Steingeröll herauswachsen, begrünt, die Steinbrüche haben ihre besondere Flora. Nur wenige Steinhauer-Veteranen sind heute noch am Leben.
Es sind nicht nur diese, die noch gern die Stätte ihrer einstigen Wirksamkeit aufsuchen, sondern auch manch anderer, dessen Weg an einem Steinbruch vorbeiführt, bleibt in Gedanken versunken am dessen Rand stehen und lenkt seinen Gang in den Bruch hinein. Im Bruch hemmt er seine Schritte und lässt die vielen Eindrücke, die ihn bestürmen, auf sich einwirken. Ein eigenartiges Gefühl beschleicht ihn angesichts der hier geleisteten, fast unmenschlich erscheinenden Arbeit und es kommt ihm so recht zum Bewusstsein, einmal was Menschenhand nicht alles zu vollführen vermag und zum anderen, wie die Zeiten sich so gewaltig verändert haben.


Quelle: Die heimische Sandsteinindustrie und die Standeseigenarten der Steinhauer - Von Hubert Rickelmann


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Der Tecklenburger - 11.7.1925

Die Mühlsteinindustrie in den ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Lingen  
Von Hubert Rickelmann - Teil 1  

Die Grafschaften Tecklenburg und Lingen können auf eine sehr alte Mühlenstein-industrie zurückblicken. Wenn auch die ältesten Nachrichter darüber bis zum Jahre 1723 zurückreichen, so sagen sei doch recht wenig von dem eigentlichen Betrieb in der damaligen Zeit. Sowohl die Herstellung von Mühlensteinen als auch der Handel mit denselben waren seit undenklichen Zeiten ein Hoheitsrecht. Der Handel war schon 1689 durch das Mühlenstein-Edikt vom 19. April 1689 geregelt. Die Aufsicht übte die Kriegs- und Domänenkammer in Minden aus. Mühlensteinbrüche gab es nur an zwei Stellen. Während der Bruch in der Grafschaft Tecklenburg, der am Mettener Berge (beim Morgensternschacht) lag, nur kurze Zeit betrieben wurde, wickelte sich der Hauptbetrieb in der Obergrafschaft Lingen ab und zwar oberhalb der Stadt Ibbenbüren zwischen dem Reckertal (bei Körling) und dem Rochusberg. (der Steinbruch Braunschweig). Beide Mühlensteinbrüche waren in den 1690er Jahren dem Ibbenbürener Bürger Menco Mettingh und in der erste Hälfte des 18. Jahrhunderts dem Gerhard Dominikus Mettingh in Erbpacht gegeben. Der Betrieb scheint aber nur unbedeutend gewesen zu sein. Erst als die Preußische Regierung sich 1731 zur Hebung der Bodenschätze des Schafberges anschickte und den Betrieb der Steinkohlengruben ernstlich in die Hand nahm, wurde auch der Sandsteingewinnung mehr Beachtung geschenkt. Die Steinbrüche wurden befahren, der Betrieb wurde neu geregelt und der erste Zechenaufseher, der Kontrolleur ter Heyden und der Mühlensteinbrecher Arnold Bock wurden mit der Beaufsichtigung und Verwaltung der Brüche beauftragt. Der Zechenkontrolleur hatte gemäß seiner

„Instruktion für die Königlichen Bergwerke, Mühlensteingruben und Kalköfen vom 16. Dezember 1742“

die Brüche monatlich 1 – 2 man zu revidieren, den Betrieb zu überwachen und den ungefähren Preis mit roter Ölfarbe auf jeden Mühlenstein zu vermerken. Doch auch jetzt hielt sich der Betrieb in mäßigen Grenzen und nahm erst festere Formen an, als im Jahre 1747 mit den Schafberger Steinkohlengruben auch die Mühlensteinbrüche, die 50 Jahre lang von den Mettingh ausgebeutet worden waren, einbezogen wurden. Seitdem wurden sie ausschließlich auf landesherrliche Rechnung betrieben. Schon im Jahre darauf , von Trinitatis 1748 bis dahin 1749, brachte der in Betrieb befindliche sogenannte alte Mühlensteinbruch (Morgenstern) eine Einnahme von 614 Reichstalern ein. Der Umstand, dass für den Tecklenburgischen Mühlensteinbruch in der Vogtei Cappeln 28 Rtlr. an die Tecklenburgische Domänenkasse gezahlt wurde, obschon derselbe nicht in Betrieb war, was bei Revision der Bergwerksrechnungen 1749 festgestellt wurde, lenkte die Aufmerksamkeit auf diesen Bruch. Der Kriegs- und Departements-Rat Culemann nahm daraufhin den etwa 100 Schritt vom „Kohlenhaus Schafberg“ entfernten Bruch (im Bereich des später angelegten Morgensternschachtes) unter Hinzuziehung von vier alten Leuten in Augenschein. Peter Knippenberg hatte in den 1720er Jahren in dem Bruch gearbeitet und gute Mühlensteine von weißer und blauer Farbe darin gewonnen, die leichten Absatz nach dem Stift Osnabrück, nach Iburg und Oesede fanden. Die Aussage des Mühlensteinbrechers Peter Knippenberg von Metten führte zu dem Entschluss, den vom Regen zugespülten Bruch aufzuräumen und wieder in Betrieb zu nehmen. Die Räumungsarbeiten wurden von 5 Arbeitern unter Leitung des Knippenberg ausgeführt, an Lohn erhielten sie täglich 10 Osnabrücker Stüber. Um die Arbeiten unverzüglich und ohne Aufwand von Mitteln in Angriff nehmen zu können, wurden die (Schieb-) Karren dem Schlosse zu Tecklenburg und die Handpfähle und Keile den Bergwerks-Utensilien entnommen und in dem Mettinghschen Salzhause (Gasthof Sewester, Metten) aufbewahrt, das dem Könige gehörte. Bereits im Jahre darauf waren die Säuberungsarbeiten soweit vorgeschritten, dass mit dem Brechen der Steine begonnen werden konnte. Die Hoffnungen, die man in diesen Bruch gesetzt hatte, erfüllten sich nicht. Der Block war rissig und die Steine zu Mühlensteinen zu klein. Der Betrieb wurde daher 1766 eingestellt. Man wandte sich nunmehr ganz dem Mühlensteinbruch bei Ibbenbüren zu.


Hier hatte man den alten Mühlensteinbruch inzwischen verlassen und einen neuen Bruch, die sogenannte Dankelmannsche Kuhle, eröffnet. Nach der Tiefe dieses Bruches, die 80 Fuß betrug, könnte man annehmen, dass er identisch ist mit dem am Weinberg gelegenen (Többen-Steinbruch), dem späteren Bremsbruch oberhalb der Wirtschaft Brachmann (Bergstr. 1). Nch dem Kataster von 1825 ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Königlichen Mühlensteinbrüche dort zu suchen sind, wo eine Reihe Parzellen in der Nähe des heutigen Mühlensteinbruches in der Karte mit „am Mühlsteinbruch“ oder „beim Mühlensteinbruch“ bezeichnet sind. Die (neue) Danckelmannsche Kuhle hatte drei Mühlensteinflöze, deren Wand nicht selten Steinblöcke, die 6 und mehr Mühlensteine enthielten, lieferte. Das oberste Flöz (die Bank) bestand aus einem 36 Fuß mächtigem, zerklüftetem weichen Sandstein. Ihm folgte in kurzem Abstand ein 23 Fuß mächtiges Flöz, das auch zerklüftet und mit Kieselsteinen durchsetzt war. Die unterste Bank war nur 2 – 3 Fuß stark und führte festen, groben, mit sogenannten Eisenstichen durchgezogenen Sandstein. Beschäftigt wurden ein Meister und 5 Mann. Der Lohn betrug für den Meister 8 Gute Groschen und für die Arbeiter je 6 bei zwölfstündiger Arbeitszeit. Ersterer erhielt außerdem für die Verrichtung der schriftlichen Arbeiten und die Rechnungsführung eine jährliche Vergütung von 4 Rth. Die fixen Mühlensteinpreise betrugen in der Faktorei Ibbenbüren für einen 5 ½ Fuß großen Läuferstein von 18 Zoll Dicke 35 Rthr. und für einen ebenso großen Lagerstein von 1 Fuß Stärke 20 Rthr.
Diese Preise ermäßigten sich bei ¼ Fuß kleinen Steinen um 2 ½ Rtlr. Für die Mengeline (Maßanfertigungen) bestand kein fester Preis, weil diese verschieden stark waren und nach Angabe angefertigt wurden. Die Steine konnten nur gegen Vorzeigung eines gedruckten Passes des Lager-Rendanten dem Lager entnommen werden. Am 1. Juli 1769 erließ die Mindener Kammer eine Bekanntmachung, wonach 20 bei Rth. Strafe nur von den Niederlagen Minden und Vlotho Mühlensteine entnommen werden durften. Diese Verordnung erweckte bei den Müllern die Meinung, dass sie fortan Steine vom Ibbenbürener Lager nicht mehr beziehen konnten. Lag das auch in der Absicht der Kammer, änderte sie auf Vorstellung der Bergverwaltung hin die Bekanntmachung dahin ab, dass nach wie vor unter Beibringung des vorgeschriebenen Passes Steine erworben werden konnten aus dem Lager Ibbenbüren. Der Wunsch, die Ausfuhr zu heben und die Einfuhr zu mindern, brachte die Königliche Preuß. Hauptbergwerks- und Hüttenkasse auf den Gedanken, die Lager in Minden und Vlotho, die ihre Steine von Hannoversch-Münden, also außer Landes zu hohen Preisen kaufen mussten, mit Ibbenbürener Steinen zu beliefern, denen ein guter Ruf vorausging und die besser sein sollten als die Rheinischen und Vlothoschen Steine.


Es wurde daher der Land-Bauschreiber Angermann 1769 damit beauftragt Erhebungen darüber aufzustellen, ob der Ibbenbürener Bruch zu einer Mehrproduktion in der Lage sei und ob die durch den Transport entstandenen Kosten eine Belieferung der beiden Lager vorteilhaft erscheinen lasse. Angermann stellte in der Danckelmannschen Kuhle einen Bestand von 50 Mühlen-steinen fest. Die Transportkosten eines Mühlensteines von Ibbenbüren nach Minden und Vlotho errechnete er bei einer örtlichen Entfernung von 9,5 Meilen oder 19 Stunden (die Stunde zu einem Rthr. angenommen) auf 19 Rthr., so dass sich der Verkaufspreis für einen Mühlenstein ab Lager Minden auf 51-52 Rthr. stellen würde. Obwohl die Bergverwaltung gegen die Belieferung der auswärtigen Lager war und sich darauf berief, dass eine stärkere Belegung des Mühlensteinbruchs nicht geplant sei, vertrat die Kammer die Ansicht, dass der ermittelte Vorrat von 50 Steinen die Annahme rechtfertige, dass doch wohl mehr Steine angefertigt werden könnten, als abgesetzt würden. Die Kammer ordnete an, dass das Mindener Lager wenigstens so lange beliefert werden sollte, bis der neu angelegte Kammer-Bruch bei Minden seine Lieferung aufgenommen hätte. Auch wurde eine Steinlieferung nach Wesel in Erwägung gezogen, die scheinbar aber nicht zu Stande gekommen ist. Wie lange dieser Mühlsteinversand angehalten hat, lässt sich nicht feststellen. 1780 forderte die Mindener und Ravensberger Bergwerkskommission sieben Mühlensteine an, für die 124 Rthr. vergütet wurden. Um die Versandkosten zu sparen, wurden die im Amt Ravensburg wohnenden Müller angewiesen, künftig ihren Steinbedarf, der etwa 3 – 6 Steine jährlich ausmachen würde, vom Ibbenbürener Lager zu decken. Doch schon nach vier Jahren wurde ihnen der Bezug wieder freigestellt.
Am 16. Jan. 1770 wurde unter Aufhebung des Mühlenstein-Edikts vom 19.4.1689 und der sonst ergangenen Bestimmungen eine neue „Öffentliche Verordnung wegen Mühlsteinwesens“ erlassen. Die Verwaltung des Betriebes wurde dem Hauptbergwerks- und Hüttendepartement übertragen. Die Einnahmen, die bisher der Lingenschen Renteikasse zugeführt waren, mussten in den Haushaltsplan aufgenommen und in der Mineralien-rechnung nachgewiesen werden. Diese Verordnung regelte ausschließlich den Handel mit Mühlensteinen. Die Müller hatten ihren Bedarf an Mühlensteinen nur der ihr am nächsten liegenden Mühlenstein-Faktorei zu entnehmen und nach der festgesetzten Taxe zu bezahlen. Die Verwaltung hatte dafür Sorge zu tragen, dass genügend Vorrat an allen gangbaren Steinsorten auf Lager war. Die weniger gebräuchlicheren Steine mussten auf Bestellung und bei Hinterlegung eines Pfandes in angemessener Frist angefertigt werden. Der Käufer erhielt als Ausweis ein gedrucktes, von den Inspektoren der Hauptbergwerks- und Hüttenkasse und dem Faktor eines jeden Orts eigenhändig unterschriebenes und unentgeltlich ausgestellt Attest, das den Namen des Müllers, den Wohnort, den Tag der Abholung und die Art der Steine enthalten musste. Von den Zollämtern mussten die Zollstädte auf der Rückseite vermerkt werden. Diesen Kontrollschein hatte der Müller beim Transport des Mühlensteins anstatt des bisher üblichen, von den Accise-Ämtern eingeführten Begleitscheines mitzuführen und auf Verlangen vorzuzeigen.


Außer dem festgesetzten Kaufpreis war für das zum Ein- und Aufladen der Steine erforderliche Windenzeug und Gerät, das bereitgehalten und herausgegeben werden musste, eine Faktor-Gebühr zu zahlen. Diese Gebühr betrug für einen Wind- oder Wassermühlenstein ohne Unterschied einen Rthlr., für einen Dreiling 16 Groschen und für einen Bodenstein 12 Gr. Stellte der Käufer die Gerätschaften selber, so ermäßigte sich diese Gebühr auf 18, 12 und 9 Groschen. Dem Müller stand das Recht zu, sich den Stein selbst auszusuchen. Schwere Strafen sah die Verordnung für den Erwerb oder die Veräußerung sowohl von inländischen als auch von ausländischen Mühlensteinen vor. Beim ersten Übertretungsfall war die Strafe außer der Konfiszierung des Steines auf 50 Rthlr. für jeden Transport oder Verkauf festgelegt, die sich im Wiederholungsfalle verdoppelte. Bei Zahlungsunfähigkeit trat eine vierwöchige Festungshaft ein. Schiffer und Fuhrleute, die bei einer verbotswidrigen Handlung Hilfe leisteten, hatten die Beschlagnahme der Kähne, Pferde und Wagen und je nach Befinden Festungs- und anderer harte Leibesstrafen zu gewärtigen. Den Bedienten (Beamten) wurde die sofortige Dienstentlassung angedroht. Um den Handel wirksam zu unterbinden, wurde für den zur Anzeige gebrachten Fall eine Belohnung ausgesetzt. Diese betrug die Hälfte der Strafgelder und die Hälfte des durch den Verkauf des beschlagnahmten Steines aufgebrachten Erlöses. Ein Viertel fiel der Hauptbergwerks- und Hüttenkasse zu und der Rest wurde unter die Hauptrendanten und Provinzial-Faktoren proportional verteilt. Den Müllern, die sich gewohnheitsmäßig die Mühlensteine zum eigenen Gebrauch aus großen Feldsteinen selbst gehauen hatten, wurde dieses auch fernerhin gestattet, es durfte aber kein Gewerbe daraus entstehen.



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11-1

Der Tecklenburger - vom 11.7.1925

Die Mühlsteinindustrie in den ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Lingen  
  Von Hubert Rickelmann - (Teil 2 und Schluss)  

Der konkurrenzlose Mühlsteinhandel war den Müllern gar nicht recht und er gab ihnen häufig Anlass zu Beschwerden verschiedener Art, die besonders in den 1870er Jahren laut wurden. so erhoben 1784 die Erb-Mühlenpächter der nach dem 7jährigen Krieg in Erbpacht gegebenen Mühlen in der Grafschaft Tecklenburg Einspruch gegen die hohen Mühlsteinpreise. Auch wollten die Klagen über die Steine nicht verstummen, die sich zum Mahlen von Weizen nicht eignen sollten, weil sie zu weich wären. Während das Bergamt die Preise, die seit 1773 keine Erhöhung mehr erfahren hätten, als angemessen und die Beschwerde als unbegründet bezeichnete, und die größeren Steinsorten schon 1762 mit 35 bis 45 Rth. bezahlt worden waren, wurde zwecks Feststellung der Mahlfähigkeit des Steins besonders beim Weizen 1887 der Mühlenmeister Gilling aus Afhepen aus dem Münsterischen zur Abgabe eines unparteiischen Gutachtens herangezogen. Gilling verhielt sich sehr zurückhaltend und er kam zu dem Urteil, dass in Mühlen mit 2 Gängen und in Mühlen, in denen viel feines Weizenmehl gemahlen und gebeutelt würde, der Ibbenbürener Stein nicht so gut sei wie der Rheinische Stein, dass der Ibbenbürener Mühlstein dagegen zum Mahlen mit gewöhnlichem Mehl mit Vorteil benutzt werden könnte. Diese seine Ansicht begründete er damit, dass die Müller im Münsterischen und Osnabrückschen, wo kein Mahlzwang bestehe, stets einen Ibbenbürener und einen Rheinischen Stein im Gebrauch hätten und damit grobes und feines Mehl mahlten. Die Müller hatten aber insofern einen Erfolg zu buchen, als dass die Mühlensteinverordnung von 1770 mehr gegen den Willen des Bergamtes 1785 dahin abgeändert wurde, dass es ihnen nunmehr gestattet wurde, falls das Ibbenbürener Lager keinen brauchbaren Stein vorrätig hatte, einen ausländischen Stein zu erwerben. Dass es bei dieser Sachlage nicht leicht war, die Müller zu befriedigen, ist zu natürlich. Da nun auch der Block stark zerklüftet und mit Kieselsteinen durchsetzt war und man den Müllern keine Gelegenheit zum Ankauf ausländischer Kieselsteine geben wollte, entschloss man sich, Schürfversuche vorzunehmen und zwar in dem vom Bergrat Sporleder umwallten, auf öffentlichen Markengründen belegenen Zuschlag. Es wurde ein Kostenanschlag hierüber aufgestellt, der mit einem Betrage von 331 Rthl. 16 Gr. abschloss und dem König vorgelegt und von diesem 1788 genehmigt. Beim Fehlschlag war der Boden wieder einzuebnen. Zur fachmännischen Bewirtschaftung wurde der Steinbrecher-geselle Heinrich Steingröver aus Rothenburg als Interimsmeister angestellt und als solcher vereidigt. Da diesen Versuchen der erhoffte Erfolg versagt blieb, wurde der Bruch mit 136 Fuß Länge, 50 Fuß Breite und 39 Fuß Tiefe 1793 eingestellt.


Die Witwe Sporleder (Bergrat Sporleder war inzwischen gestorben) verzichtete auf die kostspielige Einplanierung und gab sich mit der von den hinzugezogenen Taxatoren errechneten Entschädigung von 60 Rthl. zufrieden. Als Taxator wirkten der Förster Schürmann für den Fiskus und Stephan Heinrich Beyer für Witwe Sporleder. Der Betrieb beschränkte sich nunmehr wieder auf den einen Bruch. Obgleich sich auch das Bergamt alle erdenkliche Mühe gab, den Betrieb zu heben, so waren die Anstrengungen doch vergebens. Die vom Bergamt gehegten Befürchtungen, der Debit könnte durch die Milderung der Bestimmungen zurückgehen, traf ein. Von den in den Jahren 1785 – 1792 abgesetzten 177 Mühlensteinen waren nur 25 Stück an inländische Müller verkauft worden. An Mühlen waren nach Feststellung des Bergamtes vorhanden:


1. in der Grafschaft Lingen:
       
  a) königl. Mühlen 10 Wasser- und 10 Windmühlen  
  b) adelige u. Privat-Mühlen 8 Wasser- und 1 Windmühle  
       
  2. in der Grafschaft Tecklenburg:    
  a) königl. Mühlen 7 Wasser- und 4 Windmühlen  
  b) adelige u. Privat-Mühlen 10 Wasser- und 1 Windmühle  

Da diese 51 Mühlen mit ebenso vielen Mahlgängen 102 Steine gebrauchten und ein Stein eine durchschnittliche Lebensdauer von 6 – 8 Jahren hatte, betrachtete das Bergamt es als erwiesen an, dass zu viel fremde Steine eingeführt wurden und setzte es daraufhin durch, dass von der Lingener Kammer-Deputation die Verordnung über das Mühlensteinwesen wieder in Kraft gesetzt und die Befolgung derselben wiederum zur strengen Pflicht gemacht wurde. Die Zolleinnahmestellen erhielten erneut Anweisung, Mühlensteine ohne Begleitscheine nicht passieren zu lassen. Im Jahre 1791 wurde das Bergamt Wetter zum westfälischen Oberbergamt erhoben und ihm wurde mit dem Bergamt Ibbenbüren auch der Mühlensteinbruch unterstellt. Direktor Freiherr von Stein und der Revisor Kerl hielten Befahrungen ab und suchten den Betrieb, der stark nachgelassen hatte, wieder zu heben. Um sich eine Vorstellung von dem Umfang des Betriebes machen zu können, sei hier der Absatz in der Zeit von 1775 – 1800 genannt. Dieser betrug 360 Läufer- und 132 Lagersteine sowie 99 Grützemühlensteine, was ein Jahresdurchschnitt von rund 20 Mühlsteinen und 4 Grützemühlensteinen ausmacht.
Da die Müller die Vorzüge des freien Handels erkannt hatten und mehr an ihre Vorteile als an das Befolgen der Berg-Ordnung dachten, und da man aber dem Ankauf fremder Steine wirksam entgegentreten wollte, wurde am 29. Juli 1802 eine Deklaration zur öffentlichen Verordnung des Mühlensteinwesens erlassen. Danach war es künftig jedem in den Provinzen gestattet, der bisher dem Mühlensteinregal unterworfen war, auf seinem Grund und Boden Mühlensteinbrüche anzulegen und zu betreiben. Die Mühlensteine konnten direkt an die Müller oder an die königliche Mühlensteinfaktorei verkauft werden. Der Müller musste aber vor dem Erwerb eines Mühlsteins aus einem Privatmühlen-Steinbruch von der nächstliegenden Mühlensteinfaktorei das vorgeschriebene Attest darüber ausstellen lassen, dass es sich um einen inländischen Stein handelte. Die Richtigkeit dieser Angaben hatte der Bruch-Inhaber zu bescheinigen.
Da nun aus dieser Deklaration nicht klar hervorging, in welchen Provinzen sie zur Durchführung kommen sollte, hielt das Bergamt deshalb Rückfrage. Es sprach zugleich die Befürchtung aus, falls diese Erklärung zum Mühlensteinwesen auch in den beiden Grafschaften Geltung haben sollte, sie einen nachteiligen Einfluss auf den Betrieb und den Absatz des königlichen Mühlensteinbruches haben würde und diesen in kurzer Zeit zum Erliegen bringen würde, weil das Gebirge an vielen Stellen Gelegenheit zur Anlegung von Mühlensteinbrüchen bietet. Durch die vor einiger Zeit erfolgte Aufteilung der Markengründe würde dieses noch begünstigt, wobei fasst sämtliche Steinbruchwärter und Flursteinhauer berücksichtigt worden seien. Während die Deklaration in allen Provinzen zur Durchführung kam, blieb in den beiden Grafschaften Tecklenburg und Lingen die bisher gültige Verordnung in Wirksamkeit. Die durch den häufigen Wechsel der Bestimmungen hervorgerufene Unklarheit konnte nicht ohne Einfluss auf den Betrieb bleiben. Die im Jahre 1796 durch den Verkauf von 41 Mühlensteinen und 9 Grütze-mühlensteinen erzielte Einnahme von 1309 Rtlr. nahm von Jahr zu Jahr ab. Sie betrug 1803 nur noch 620 Rtlr. wogegen die Ausgaben, die 1796 - 616 und 1803 - 564 Rtlr. betrugen, sich fast auf gleicher Höhe bewegten. Der Oberberghauptmann und Chef des Bergwerks- und Hüttendepartements Graf von Reden kam 1803 nach Ibbenbüren, um sich an Ort und Stelle von dem Stand der Verhältnisse zu überzeugen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Mühlensteinpreise, die bisher willkürlich nach der Qualität des Steines bemessen worden waren, einheitlich festgesetzt, wie folgt:


Für Läufersteine: 6 Fuß Durchmesser, 20 Zoll hoch, 50 Rtlr.

5 ¾ “ “ 19 “ “ 47 “ 12 Gr.
  5 ½ “ “ 19 “ “ 45 “  
  5 ¼ “ “ 18 “ “ 42 “ 12 Gr.
  5 “ “ 18 “ “ 40 “  
  4 ¾ “ “ 18 “ “ 37 “ 12 Gr.
  4 ½ “ “ 18 “ “ 35 “  
  4 ¼ “ “ 17 “ “ 30 “  
  4 “ “ 17 “ “ 25 “  

Für Lagersteine: 10 Zoll dick 30 Rtlr.


10 “ “ 27 “   12 Gr.
  10 “ “ 25 “    
  10 “ “ 22 “   12 Gr.
  9 “ “ 20 “    
  9 “ “ 17 “   12 Gr.
  9 “ “ 15 “    
  8 “ “ 10 “    
  8 “ “ 8 “    

Da die Betriebskosten, besonders die Ausgaben für Materialien, in den letzten Jahren zu stark gestiegen waren, glaubte man, die Rentabilität des Betriebes durch eine stückweise Verdingung heben zu können und trug dem Mühlensteinbruchmeister Steingröver diese Betriebsweise an und forderte ihn zur Abgabe eines Gebotes auf. Steingröver war dafür nicht zu haben und lehnte das mit Rücksicht auf die derzeitige Beschaffenheit des Bruchs ab, dessen Block hinsichtlich seiner Größe und Güte für eine stückweise Verdingung ungeeignet sei. Man hielt aber die Weiterführung des Betriebes in der bisherigen Weise, besonders wegen der Unzulänglichkeit der Kontrolle, für untunlich und die Verpachtung des Bruches zu einem angemessenen Betrage für die Bergwerks- und Mineralien-Revenue-Kasse als sicherer und man versuchte 1894, den Bruch an Steingröver und an dessen Sohn Gerhard Heinrich für 250 Rtlr. jährliche Pacht auf 6 Jahre zu vergeben. Steingröver stand einer Pachtung nicht ablehnend gegenüber, ihm war jedoch die Pachtsumme zu hoch und die Pachtdauer zu kurz. Er bot 200 Rthlr. für die Mühlensteingrube und 50 Rtlr. für die Flursteinbrüche bei zwölfjähriger Pachtzeit. Diesen Betrag hielt das Oberbergamt, obwohl der durchschnittliche Rein-Ertrag der letzten Jahre nicht höher gewesen sei, für zu niedrig. Und weil Steingröver über diesen Satz nicht hinausgehen wollte, kam die Verpachtung nicht zustande. Steingröver starb 1805; sein Nachfolger wurde der Mühlensteinbrecher Kleingünther. Im Jahre 1807 wurde der Gedingelohn sowohl für das Fortschaffen des Abraumes als auch für die Anfertigung von Mühlensteinen eingeführt.

Ein Läuferstein von 5 ½ Fuß im Durchmesser wurde mit 6 Rthl. 10 Gr. bezahlt, wofür 2 Steinhauer je 9 Schichten verwandten. War der Mühlensteinbruch von 1747 ununterbrochen im fiskalischen Betrieb gewesen, so wurde er 1827 an Kleingünther und dessen Sohn Gottlieb Samuel für 56 Rtlr. Kurant verpachtet. Die Zunahme der im Gebirge zerstreut liegenden Steinbrüche erschwerte die Kontrolle derart, dass man sich, um der Einnahme nicht ganz verlustig zu gehen, genötigt sah, das Verbot der Mühlensteinherstellung aufzuheben. Es wurde daher von 1833 an den Privatbrüchen gestattet, Mühlensteine herzustellen und zu veräußern. Für die Mahl-, Grütze- und Oelmühlensteine musste aber außer der Pacht von jedem Taler Verkaufsgeld ein Rekognitionsgeld von 2 Silbergroschen entrichtet werden und der Verkaufspreis und der Name des Käufers angegeben werden. Als Kleingünther 1834 starb, führte sein Sohn den Betrieb weiter und beantragte im Jahre darauf eine Ermäßigung der Pacht mit der Begründung, da das Steinbruchregal aufgehoben sei. In einem Bruch in der Hettlager (Hettlichs) Liet in Mettingen und in dem unweit des Kirchenbruchs gelegenen Welpschen Bruch (am Mühlsteinbruch) würden Mühlensteine hergestellt und verkauft zu niedrigerem Preise, als er sie liefern könnte. Die Pacht wurde auf 25 Rtlr. ermässigt. Das Pachtverhältnis hat bis 1844 bestanden. Als später das Mühlensteinregal ganz aufgehoben wurde, war es jedem Bruchinhaber gestattet, ohne abgabepflichtig zu sein, Mühlensteine herzustellen und zu verkaufen. Weit über tausend Mühlensteine sind während der über zwei Jahrhundert alten Mühlensteinindustrie ins Land und weit über die Landesgrenze hinaus verschickt worden. Sie haben dem guten Ruf, den der Ibbenbürener Sandstein sich im Laufe der Zeit errungen hat, weite Verbreitung verschafft. Noch heute ist ein Mühlensteinbruch vorhanden, der ein halbes Jahrhundert alt ist und den vormals der Unternehmer Fr. Wolff innehatte und der jetzt von der Firma Ludwig Braunschweig betrieben wird.
Wenn man auch im Gegensatz zu dem Königlichen Mühlensteinbruch, der das Hauptgewicht auf die Gewinnung von Mühlensteinen legte, Steinwaren aller Art anfertigte, von einfachen Mauerbrocken bis zu prunkvoll bearbeiteten Steinen, so liefert dieser Bruch noch Mühlensteinen, obschon diese infolge des Fortschritts der Technik von dem Kunststein und der Walzmühle verdrängt zu werden scheinen, nach allen Gegenden .


Quelle:
Der Tecklenburger - Die Mühlsteinindustrie in den ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Lingen
Von Hubert Rickelmann - (Schluss)


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11-2 Der Sandstein, ein Schatz unserer Berge -- 70 Jahre Steinbruchbetrieb Braunschweig
IVZ vom 5.10.1949  

Reiche Schätze bergen die Höhenzüge unserer Heimat: Kohle, Eisen, Kalk und den in aller Welt bekannten Ibbenbürener Sandstein. Seit zwei Jahrhunderten hat er den Namen unserer Stadt in alle Welt getragen. Kirchliche und profane Bauten, kunstvolle Denkmäler aus Ibbenbürener Sandstein stehen in Deutschland und im Ausland. In unserem Vaterland mögen freilich viele davon dem Krieg zum Opfer gefallen sein. Mit der Ibbenbürener Sandstein-Industrie eng verknüpft ist der Name Braunschweig. Friedrich Braunschweig begann am 8. Oktober 1879 mit einem Steinbruchbetrieb in Bockraden. Sein Betrieb siedelte 1908 in den ehemaligen Steinbruch Wolff oberhalb der Nike über. Ludwig Braunschweig, geb. 1879, der Sohn des Gründers ist der jetzige Inhaber. Er konnte am 5. Oktober 1949 seinen70. Geburtstag feiern und er steht noch heute dem Betrieb mit Erfolg und Tatkraft vor. so feiert die Firma Ludwig Braunschweig heute ein Doppeljubiläum - das Fest ihres 70jährigen Bestehens und den 70. Geburtstag ihres Inhabers, dazu auch unseren Glückwunsch.


Wenn man den steilen Hohlweg zum Steinbruch hinauf pilgert, ist man am Ziel überrascht, in welch schöner, romantischer Landschaft der Steinbruch gelegen ist. Weiß leuchtende Birken stehen in dem Kessel, aus dem jahrhundertelang der Sandstein gebrochen wurde. Eine gewaltige Felsenwand schließt das Bild nach Norden ab. Da Steinmetz-Arbeit schwere Arbeit ist, kann die Lieblichkeit des Bildes auch nicht über den Gedanken hinwegtäuschen, dass viele Schweißtropfen hier geflossen sind. Maschinen können in diesem Betrieb nur in sehr beschränktem Umfang Verwendung finden. Es muss fast alles mit der Hand geschafft werden. Aber die Verdienstmöglichkelten sind gut. Reges Leben herrscht in der langen Haubude, wo die Werksteine entstehen: kunstvolle Gesimse, herrliche Maßwerk-Fenster, Denkmäler usw.
Der Krieg hat ja so vieles zerstört, das ersetzt werden muss und darum ist jetzt auch Hochbetrieb im Steinbruch Braunschweig. Auf unsere Frage, für welchen Bau diese oder jene Steine bestimmt sind, hören wir Namen wie: Rathaus Emden, Kreishaus Borken, Pfarrkirche Greven, Propsteikirche Gelsenkirchen, Kirche in Bösensell, Kirche in Buldern, Bischöfliche Kanzlei Osnabrück, Nervenklinik Münster, Kirche Menslage usw. Auch der große Neubau der bekannten Entenfarm Möhlenpage in Lemförde (am Dümmersee) wird mit Maßwerk-Steinen aus diesem Bruch ausgestattet.


Daneben werden große Mengen von Schüttsteinen für Flussbefestigungen, zum Beispiel für die Ems-Regulierung von Greven bis Telgte, geliefert. Nicht zu zählen sind die Privatbauten, die aus Ibbenbürener Sandstein errichtet wurden. Möge der Firma, die den guten Ruf von deutscher Wertarbeit hinausträgt in alle Welt, weiter eine gedeihliche Aufwärtsentwicklung beschieden sein und möge Ludwig Braunschweig, der heute Siebzigjährige, noch viele Jahre wirken in seinem romantischen Reich, im Steinbruch von Ibbenbüren.


Quelle: IVZ vom 5.10.1949


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12-1

Alte Sandsteinbrüche im Teutoburger Wald - 1953

Westfälischer Heimatkalender - Seite 178  
  Von Heinrich Plagemann  

Im westlichen Tecklenburger Land erstrecken sich die Ausläufer unseres Teutoburger Waldes – malerische Höhenzüge mit reichem Waldbestand. Von ihnen blickt des Menschen Auge weit ins heimatliche Flachland. Kammwege führen auf den Höhen durch einsames Waldgelände. Hier in den Bergen herrschte vor Jahrhunderten bereits ein reges Leben. Sandsteinbrüche gaben hier unseren Vorfahren Arbeit. Nach eindeutigen Berichten wurden im Teutoburger Wald bei Riesenbeck und Bevergern schon vor Jahrhunderten Sandsteine gebrochen. Noch heute finden wir hier in den Berges Tiefen sogenannte „Steinkuhlen“, welche nach ihrer Größe auf eine rege Ausbeutung in alter Zeit schließen lassen. Die Steinlager in diesen Kuhlen sind mittlerweile überdeckt, überrankt und überwachsen. Eine lange, lange Zeit ist vergangen seit jenen Tagen, da fleißige Hände hier in den Bergen schafften, Bruchsteine brachen und nach früherer Weise verpackten. Transporte gingen in die Nähe, aber auch schon in die Ferne. Das versandte Steinmaterial diente für kirchliche und profane Bauten. Als man z. B. im 15. Jahrhundert die jetzige alte Dionysius-Pfarrkirche in Rheine erbaute, verwandte man in jener alten Emsstadt schon den Bevergerner Sandstein. Mit Pferd und Wagen holten die Rheinenser das Steinmaterial von den hiesigen Bergen. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die Festungswerke der Stadt Rheine beträchtlich erweitert und verstärkt. Auch dafür wurde der Sandstein vom Teutoburger Walde ausersehen. 1544 gab Roleff von Münster, Droste der Ämter Bevergern und Rheine, im Auftrage des derzeitigen Münsterschen Fürstbischofs Franz von Waldeck der Stadt Rheine die Erlaubnis,


eine steinkuhlen up den Huckesberge to blonten unde to rümen
unde daernt to breken to behoef ener stadtmüren und porten.

Auf dem Huckberge, dem Ausläufer des Teutoburger Waldes, sollte man eine Steinkuhle „blonten“, d.h. bloslegen, abdecken, was auch fortan geschah. Bauern aus dem Rheiner Kirchspiel haben damals große Steinfuhren übernommen, welche vom Huckberg nach Rheine gingen. Lohnrechnungen weisen noch heute darauf hin. Auch Kirchenakten der Pfarre Hopsten erwähnen um 1750 den Huckberger Sandstein, als er an der altehrwürdigen Kirche in Hopsten Verwendung fand. Ebenso sind die Nachbarkirchen von Riesenbeck, Emsdetten, Bevergern, Hörstel u. a. aus dem Stein des Teutoburger Waldes erbaut. Unter französischer Fremdherrschaft wollte man in der Zeit von 1811 bis 1813 am Huckberg unweit von Gravenhorst opsten ier Heine in Verfall geratene Saline (Salzwerk Hermannshall) wieder aufbauen. Vorbereitende Maßnahmen wurden getroffen. Nach örtlicher Besichtigung wurde in einem Gutachten vom 19. Juli 1811 besonders hervorgehoben, dass sich in nächster Nähe Steinbrüche befänden, so dass eine Anfuhr der notwendigen Bausteine ohne große Schwierigkeiten erfolgen könne. Nachfragen nach Lieferungen wurden größer im Laufe der neueren Zeit. Sie förderte den Wohn- und Straßenbau, die Industrie, Werkswohnungen entstanden in unmittelbarer Nähe der Betriebe.
Auch im kleinsten Dorf war eine rege Bautätigkeit festzustellen. Der Schnell-verkehr nahm größere Formen an. So wurden auch auf dem Lande mehr feste Straßen gebaut. Als man in den 90er Jahren den Dortmund-Ems-Kanal anlegte, der 1898 in Betrieb genommen wurde, gingen zwei ehemals private Brüche in staatlichen Besitz über: Beermanns Bruch in Riesenbeck und der Bevergerner Steinbruch Dannhäuser am Huckberg. Um dieselbe Zeit regte sich in den Bergen oberhalb Gravenhorst neues Leben. Hier wurden an einem Seitenarm des Teutoburger Waldes Steinlager abgedeckt. Die Gravenhorster Sandsteinbrüche eröffneten einen Betrieb, der sich allmählich weit über die engere Heimat einen Namen erwarb. Fortan gingen Steinlieferungen aus dem Teutoburger Wald auch in die weite Welt. Auf den Kanälen, auf der Eisenbahn wie auch auf der Landstraße, nun mit Lastwagen, erfolgte der Versand. Manche Bauten im In- und Ausland sind während der letzten Jahrzehnte aus dem Stein hiesiger Berge errichtet. Bruchstein vom Teuto findet noch immer seine Verwendung im großen, vielseitigen Bauprogramm unserer Tage.

Quelle: Westfälischer Heimatkalender - 1953 - Seite 178 - Von Heinrich Plagemann



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12-2

Doppeljubiläum eines bekannten Steinbruchunternehmers 75 Jahre Steinbruchbetrieb Ludwig

Braunschweig (1879-1954)
IVZ vom 9.10.1954

Das Ibbenbürener Unternehmen hat weithin einen guten Ruf Viele Bauten künden von der Leistungsfähigkeit des gut geführten Betriebs


Der Ibbenbürener Stein gehört zu den naturgewachsenen Schätzen unserer Heimat. Kirchen und viele repräsentative Bauten erhielten durch ihn ihr schmückendes Gewand, das Jahrzehnte durchsteht. Künstlerhände formten aus dem Stein religiöse Bildnisse und profane Werke, die bis in das Ausland gehen. Aus Anlass des Jubiläums des Steinbruch- und Sägewerksbetriebes Ludwig Braunschweig machten wir mit dem Fotografen einen Rundgang durch das gut geführte Unternehmen. Heute treffen sich Arbeiter und Angestellte des Betriebes zu einem frohen Ausspann, um den 75. Geburtstag des Inhabers, Ludwig Braunschweig und das 75jährige Bestehen des Steinbruchbetriebes zu feiern. Im Oktober 1879 übernahm der Vater des Jubilars in Bockraden seinen (ersten) Steinbruch.


L. Braunschweig stammte aus Eschwege im Kreis Sontra und war als Steinmetz bei der Firma Wolff in Ibbenbüren beschäftigt. Der neu übernommene Steinbruch gab zwanzig Arbeitern Verdienst. Im Jahr 1896 kaufte L. Braunschweig den (zweiten) Steinbruch Pommeresch von der Firma Wolff. Dann wurde 1908 durch L. Braunschweig der unter dem Namen "Mühlsteinbruch" bekannte (dritte) Steinbruch (im Rochus) von Wolff gekauft. Es wurden rund 80 Arbeiter beschäftigt, darunter auch 30 bis 40 Italiener. Die Hauptherstellung bildeten im Anfang Mühlensteine. Nach Ende des ersten Weltkrieges (um 1920) kam die "Püttkerszeit" und die Kohlen unter dem Steinbruchgelände wurden gewonnen. Die Zeche hatte den Namen "Unser Fritz" nach dem Namen des Vaters. Es wurden die Flötze "Glücksburg" und "Bentingsbank" mit Förderschächten von 36 bzw. 66 Meter Tiefe und mit etwa 60 Mann Belegschaft ausgebeutet. Im Jahr 1926 war die Ausbeute nicht mehr lohnend und der Steinbruch, der auch in der ganzen Zeit nur klein betrieben war, wurde wieder mit 40 Arbeitern in Gang gebracht.


Von 1926 bis 1936 wurde der Steinbruch Niebuhr in Püsselbüren gepachtet (am Rodenweg?) und der Hauptbetrieb wurde nach dort verlegt. 1936 wurde im "Mühlsteinbruch" ein Lehr-Steinbruch eingerichtet. Es wurden 14 Steinmetzlehrlinge, hauptsächlich aus dem Ruhrgebiet, unter Leitung eines Steinmetzmeisters ausgebildet. Von diesen Lehrlingen sind die meisten im 2. Weltkrieg gefallen oder so kriegsbeschädigt, dass diese im Steinbruchgewerbe nicht mehr beschäftigt werden können. Am 5. Oktober 1879 wurde der jetzige Inhaber Ludwig Braunschweig auf dem Dickenberg (Hof Wolff-Brockmann) geboren, 1894 erwarb Ludwig Braunschweig als Steinmetzlehrling die ersten Fachkenntnisse. Während der schlechten Konjunktur in den Jahren 1931 bis 1934 wurde der Kalksteinbruch "Verlemann" in Bockraden für Wegebaumaterial ausgebeutet. 1934 wurde der Steinbruch (im Rochus) wieder voll in Betrieb genommen, denn es kamen viele Aufträge für die Wehrmacht. Neben anderen Bauten wurden damals die Kasernen-Unterkünfte in Münster-Loddenheide, Handorf, Gremmendorf, Gievenbeck, am Hohenheckenweg, in Coerheide und in Hamm sowie die Lazarette in Münster und Hamm mit Werksteinen beliefert. Auch wurden damals größere Aufträge für die Wehrtechnische Fakultät, die Argentinische Botschaft und Eisenbahndirektion in Berlin ausgeführt.


An vielen Gebäuden wurde Ibbenbürener Sandstein verwandt, an Kirchen und Staatsbauten, u. a. an der Kirche in Holzwickede, in Hagen die Heilig Geist-Kirche, Erpha-Kirche in Münster, Basilika in Rheine, Kirche in Neuenkirchen, in Ankum, Menslage, Reinoldi-Propstei- und -Dreifaltigkeitskirche in Dortmund, Dom zu Minden, Rathaus in Minden und Dülmen. Ein Sägebetrieb wurde eingerichtet und Plattenbekleidungen und Fensterumrahmungen wurden hergestellt für die Rhein-Ruhr-Bank in Hamm, die Spar- und Darlehnskasse in Dorsten, Chemische Werke Hüls, die Kreissparkasse in Ibbenbüren und verschiedene Privatbauten, die einen überzeugenden Beweis für die Leistungsfähigkeit und Qualitätsarbeit des bekannten Steinbruch- und Sägebetriebes liefern. Die Heimatzeitung wünscht dem Unternehmen weiteres glückliches Wachsen.


Quelle: IVZ vom 9.10.1954


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13

Sandstein - Historischer Überblick - 1957

Von Heinz Wrocklage  

Der früheste Abbau sowie eine erste Nutzung des Sandsteins im Raum Ibbenbüren lassen sich aufgrund fehlender Quellen nicht fassen. Das Sammeln der auf der Erdoberfläche liegenden Steine sowie der Abbau von plattigem Sandsteinen in flachen Kuhlen und deren Nutzung zum Bau von Wällen, Hof-Umrandungen o.a. mögen die ersten Verwendungsmöglichkeiten gewesen sein, Baumaterialien Nr. 1 blieben für Jahrhunderte Holz und Lehm. Im Mittelalter wurden dann herrschaftliche Bauten (Burgen, Klöster, usw.), Grabplatten, Wegekreuze und ähnliche Dinge aus massiven Sandsteinen hergestellt. Man begann auch schon früh damit, die Fachwerke der Häuser mit Steinen auszufüllen.


1556 : Lieferung von Sandsteinen aus den Kirchspielen Mettingen, Ibbenbüren und Brochterbeck für die Befestigung von Lingen

     
  1614 : Die Pacht für eine "Steinkuhle" beträgt 5 Gulden (eine Kohlengrube kostet 50 Gulden, eine Mühle ca. 150 Gulden)  
     
  Ende 17. Jh.: Erste ausführliche Beschreibung eines "festen Wohnhauses" in Ibbenbüren (massiver Sandsteinbau)  
     
  1684 : Ausbau des Schlosses Het Loo bei Appeldoorn (NL)  
     
  1723 : Hinweise auf die Herstellung von Mühlsteinen in Ibbenbüren  
     
  1727 : Verwendung von Sandsteinen für Fußböden, Torbögen, Fenstergewände, usw.  
     
  Im 18. Jh. : Bescheidener Handel mit Sandsteinblöcken aus dem Bocketal nach Holland, die dort zu feinem Gruß zermahlen werden und als Streugut im Winter dienen  
     
  1816 - 1825 : Im Mühlsteinbruch in Ibbenbüren arbeiten im Durchschnitt pro Jahr 9 Personen, die jährlich ca. 39 Mühlsteine herstellen (in den Kohlengruben arbeiten zur gleichen Zeit ca. 200 Mann)  
     
  Mitte 19. Jh. : Enormer Aufschwung des Sandsteingewerbes, u.a. aufgrund folgender Impulse: allgemeine Industrialisierung, Raubbau am Wald, Anschluss Ibbenbürens an die Eisenbahn (1854), Fertigstellung des Dortmund - Ems - Kanals (1899)  
     
  um 1900 : Über 1000 Personen sind in den Steinbrüchen im Raum Ibbenbüren tätig (im Bergbau arbeiten ca. 700 Beschäftigte)  
     
  1914 - 1. Weltkrieg : Tiefer Einschnitt in den Belegschaftszahlen und der Produktionsmenge; nach dem Krieg treten verschärft Beton und Ziegel als Konkurrenten auf  
     
  1924 : Ca. 490 Beschäftigte in 35 Betrieben (im Bergbau: 2500 Arbeitnehmer in 28 Betrieben)  
     
  1929/30 : Im Zuge der allg. wirtschaftlichen Lage ist ein starker Rückgang der Produktion zu verzeichnen  
     
  1933 : Langsam ansteigende Bruchtätigkeiten (vornehmlich Staatsaufträge  
     
  1936 : Erneuter Abbau-Boom; der personelle Bestand der Steinbruch-Firmen ändert sich gegenüber den 20er Jahren jedoch kaum, da sich die Einführung moderner Abbau- und Verarbeitungsgeräte (Presslufthammer, Steinsägen usw.) mehr und mehr bemerkbar macht. Der Absatz der Steine reicht weit über den Raum Ibbenbüren hinaus (München, Nürnberg, Berlin, Emden, Kiel, Gelsenkirchen, Wiesbaden, Frankfurt a.M., Hannover, Hamburg, Amsterdam usw.)  
     
  2. Weltkrieg : Keine Abbautätigkeiten  
     
  ab 1948 : Sich rasch entwickelnde Bruchtätigkeiten (Währungsreform und Wiederaufbau)  
     
  1957 : Ca. 74 angemeldete Steinbrüche mit ca. 500 Beschäftigten (geschätzt – im Bergbau sind: rd. 6000 Personen tätig) Ende 50er bis Mitte 60er Jahre : Spitzenjahre der Sandsteinproduktion: Wiederaufbau, Grüner Plan, Emslandplan, Programm Nord und Küstenplan sind dafür entscheidende Stichworte. Vor allem der gigantische Umbruch der Struktur ländlicher Gebiete - hier vor allem der Einsatz von Sandsteinen im Straßen-, Wege- und Wasserbau erfordert eine große Menge dieses Materials  

Heute : 10 Firmen mit ca. 250 Beschäftigten, die in den der Steinbruch Industrie tätig sind (Bergbau: rd. 3800 Arbeitnehmer); hinzu kommen noch eine Reihe von Firmen, die nicht über einen eigenen Steinbruch verfügen, aber mit der Weiterverarbeitung der zugelieferten Blöcke und Platten beschäftigt sind. Der rationelle Einsatz von Wissen/Planung, Kapital, Maschinen und Personal ermöglicht eine konkurrenzfähige und flexible Sandsteinindustrie, die auch heute ihre Produkte sowohl in die nähere Umgebung als auch in entferntere Regionen, z.B. nach Holland, Belgien, nach Bremen und Hamburg, ins Ruhrgebiet, ins Ems- und Münsterland usw. exportiert. Durch seine Leistungsbereitschaft und -fähigkeit hat dieser Gewerbezweig von jeher zum guten Ruf des Raumes Ibbenbüren beigetragen.


Quelle: 1957 - Sandstein - Historischer Überblick - Von Heinz Wrocklage


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14-1

100 Jahre Fa. Ludwig Braunschweig - 1879 - 1979

1.1.1979
Steinbruch u. Steinsägewerk    

Im Jahre 1879 übernahm der Großvater des jetzigen Besitzers, Friedrich Braunschweig in Bockraden einen Steinbruch. Friedrich Braunschweig stammte aus Eschwege in Hessen. Er war 1873 nach Ibbenbüren gekommen und ist hier sesshaft geworden. Er hatte 4 Söhne: Ludwig, Fritz, Oscar u. Paul, die alle in den eigenen Betrieben gearbeitet haben. 1896 wurden die Steinbrüche am Pommeresch und 1908 der Mühlsteinbruch von der Fa. Wolff käuflich erworben. Es wurden in den Steinbrüchen Werksteine für Kirchen, Rathäuser, Brücken u. Privathäuser angefertigt und hauptsächlich Mühlensteine. Im Jahre 1922 ging durch den Tod des Vaters der Betrieb auf den ältesten Sohn Ludwig über. Von 1918 - 1926 war die sogenannte "Püttkers-Zeit" und es wurde Kohle unter dem Steinbruchgelände gewonnen. Die Zeche hatte (nach Friedrich) den Namen "Unser Fritz". Der Mühlsteinbruch wurde immer weiter betrieben und im Jahre 1936 wurde dort ein Lehrsteinbruch eingerichtet, in dem Steinmetzlehrlinge ausgebildet wurden. In den folgenden Jahren wurden viele Werkstein-arbeiten für die Wehrmacht ausgeführt, u.a. für die Kasernen in Münster u. Hamm, ferner für größere Bauten in Berlin.
Im Jahre 1950 wurden zur schnelleren und rationelleren Arbeit Steinsägen u. nach und nach andere Maschinen nötig, um den Anforderungen Rechnung tragen zu können. Die Steinblöcke werden zu Fassaden-Verkleidungen, Tür-und Fenster- Umrahmungen, Fußboden- u. Terrassenplatten, Denkmälern, Kirchen-bauten, Kaminen usw. verarbeitet. 1957 starb der Unternehmer Ludwig Braunschweig und sein Sohn Friedrich 2 wurde sein Nachfolger. Die Firma läuft unter der Bezeichnung Ludwig Braunschweig weiter. Ab 1.Januar 1980 übernimmt der Schwiegersohn Lothar Czirnik das Geschäft.


Quelle: Werner Suer


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14-2

Über die Sandsteinindustrie

1980
Von Bernhard Holwitt    

Im Steinbruch Ludwig Braunschweig wurden bis zum 1. Weltkrieg jährlich bis zu 300 Mühlsteineine hergestellt. Die kleineren waren für Wassermühlen bestimmt, die größeren - bis zu 1,70 m Durchmesser - für Windmühlen. In dem Maße, wie nach dem I. Weltkrieg die modernen Weizenmühlen die alten Mahlgänge der Mühlen ersetzten, lief die Herstellung von Mühlensteinen etwa in der Mitte der 20er Jahre aus. Der Ibbenbürener Sandstein- durch seine Härte von besonderer Qualität, wurde schon im 12. u. 13. Jahrhundert für den Bau von Kirchen und Burgen verwandt. Aus Ibbenbürener Sandstein wurden hier und in einem weiten Umkreis eine große Zahl von Schulen gebaut. Für fünf größere Schulen in Bremen wurde Ibbenbürener Sandstein verwandt.

In Osnabrück tragen u. a. das Gymnasium Carolinum, das Ratsgymnasium und die Dom- Volksschule das Gewand des heimischen Sandsteins. Der große Stadtbrand im Jahre 1846 in Ibbenbüren führte zu einen Wandel in der Bauweise der Häuser. Man erkannte, dass der Massivbau gegenüber dem Fachwerkbau doch erhebliche Vorteile bietet. Wenn bis zur Jahrhundertwende auch noch viele Fachwerkhäuser zu sehen waren, so mussten sie in immer größerer Zahl den aus Stein gebauten Häusern - dem Massivbau- weichen. Vielfach wurde hierbei, und sei es nur für die Sockel, Ibbenbürener Sandstein verwandt. Der Schafberg wird wegen seiner Bodenschätze auch "Ibbenbürener Sandsteinplatte" und "Ibbenbürener Kohlengebirge" genannt.


Der Ibbenbürener Sandstein war schon im 17. Jahrhundert weit bekannt. Das geht daraus hervor, dass der Direkter des Kommissariats für Mineralien , Dr. Romeyn de Hoge, in Harlem um 1690 Verhandlungen wegen Zollbefreiung für die Erzeugnisse der Ibbenbürener Produkte zu erreichen versuchte. Er bemühte sich, allerdings vergeblich, um freie Fahrt auf der Ems bis Emden, von wo aus das Steinmaterial weiter nach Holland und die deutschen Seehäfen verfrachtet werden sollte. Neben Kirchen und Schulen wurden viele andere Bauten aus Ibbenbürener Sandstein errichtet. Genannt seien die Rathäuser von Minder und Dülmen, Museen in Wuppertal und Bremen, das Bürgerhaus in Langenfeld und sogar Bauten in der alten Reichshauptstadt, die Wehrtechnische Fakultät der Humboldt- Universität, die Argentinische Botschaft und das Gebäude Eisenbahndirektion. über Sandsteinin Der Ibbenbürener Sandstein wurde Jahrhunde lang zur Herstellung von Mühlsteinen verwandt. Der hier gefundene Stein eignete sich hervorragend für die Bearbeitung als Bodenstein und Läufer für die Mahlgänge der Mühlen. Der Ibbenbürener Sandstein kam früher als Baumaterial nur dort in Frage, wo er unumgänglich erforderlich war. So lange es die Holzvorräte erlaubten, zog man sowohl in der Stadt wie auf dem Lande den Holzfachwerkbau vor bis zum großen Stadtbrand am 24.9.1846. Die Kostspieligkeit der Verarbeitung und die Schwierigkeiten des Transportes gestatteten seine Verwendung sonst nur für Luxusbauten. Im Jahre 1890 waren in den Ibbenbürener Sandsteinbrüchen an die 1000 Beschäftigte, die den größten Teil der erwerbstätigen Ibbenbürener Bevölkerung stellten.


Sie waren als Tagelöhner, Steinbrecher, Steinhauer und Steinnetzen tätig. Die Letztgenannten kann man schon in die Reihe der künstlerischen Berufe einordnen. Ihre Tätigkeit blieb Handarbeit, auch noch in jener Zeit, in der Maschinen den anderen Arbeitern einen großen Teil der Knochenarbeit abnahmen. Die Abbauindustrien schlugen im vergangenen Jahrhundert tiefe Narben in die Hänge des Schafberges. An der Farbe konnte man die Nutzung erkennen: hell leuchtend die Sandsteinbrüche, gelbrot die Erzgruben. Der Ibbenbürener Sandstein wird oft als "Ibbenbürens gelbes Gold" bezeichnet. Vor allem im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts erlebte der Sandsteinabbau seine Hochblüte. Weiteren Auftrieb brachte in den Jahren von 1891 bis 1899 der Bau des Dortmund- Ems-Kanals. Der Sandsteintransport vom Ibbenbürener Bahnhof übertraf damals alle anderen Güter. Die Stadt Ibbenbüren hatte in den 20er Jahren auf der "Wilhelmshöhe" (Wiesenerskamp) einen eigenen Steinbruch. Bürgermeister Dr. Müller verpachtete ihn kostenfrei an Interessenten, das waren vorwiegend Bergleute, die dort Steine für einen Neubau brechen wollten. Sie mussten den Steinbruch während ihrer Arbeit mit einem Stacheldraht umgeben und ihn nach Abschluss der Arbeit wieder in den alten Zustand versetzen. Neben kleineren Steinbrüchen gab es in Brochterbeck den "Düwelskerken-Steinbruch". In ihm waren zeitweilig 30 - 40 Arbeiter beschäftigt. Dieser Steinbruch gab 1905 seinen Betrieb auf. Steine aus diesem Bruch sollen für den Bau der Basilika in Rheine verwandt worden sein. Sie wurden mit Pferdefuhrwerken nach Rheine transportiert, wobei die Steine oft so groß waren, dass nur einer auf dem Wagen Platz fand.


Quelle: Bernhard Holwitt


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Sandsteinindustrie in Ibbenbüren - 1981

Aus "100 Jahre Volksbank"  

Die Sandsteinbrüche im Gebiet von Ibbenbüren, vor allem auf dem Dickenberg und Schafberg, sind zum Teil viele Jahrhunderte alt und lieferten wahrscheinlich schon seit dem 12. oder 13. Jahrhundert Baumaterial für Kirchen und andere Gebäude, auch für Skulpturen und für Mühlsteine. Aus den Quarzkonglomeraten der tiefer liegenden Schichten auf dem so genannten Querenberg wurden besonders Mühlsteine hergestellt und der Name Querenberg hängt vermutlich mit dem alten Wort „Querne" für Mühle zusammen. Viel­leicht hatte der Sandstein aus den Ibbenbürener Steinbrüchen schon vor der Ausbeutung der Steinkohlengruben eine wirtschaftliche Bedeutung für unseren Ort. Bereits 1614 wurde Pacht für Steinbrüche gezahlt. Seit dem 17. Jahrhundert nahm die Ibbenbürener Sandsteinverarbeitung einen merklichen Aufschwung. Um 1689, als unser Gebiet noch den Oraniern gehörte, versuchte der Direktor des Kommissariats für Mineralien, Dr. jur. Romeyn de Hoge in Haarlem, Zollbefreiung für die Erzeugnisse der Ibbenbürener Sandsteinbrüche zu bekommen. Sie sollten frei auf der Ems bis nach Emden und von dort weiter nach den Niederlanden und den deutschen Hansestädten transportiert werden. Dabei stieß R. de Hoge auf Widerstand, so daß aus dem freien Transport des Ibbenbürener Sandsteins nichts wurde. Anscheinend erlitt dadurch die Ibbenbürener Sandsteinindustrie kaum eine Einbuße; denn nach wie vor blühte der Export nach Holland und nach vielen Orten Nordwestdeutschlands. So wurde auch das Schloß Het Loo, das Wilhelm III. von Oranien bauen ließ, aus Ibbenbürener Sandstein errichtet. Manche Buhnen und Mauern auf den Nordseeinseln, insbesondere auf Borkum und Norderney, wurden mit Ibbenbürener Sand­stein gebaut. Ebenfalls in den Emshäfen und beim Bau von Kanälen und Straßen verwendete man vorzugsweise Material aus den Ibbenbürener Steinbrüchen. Schwierig war in den früheren Zeiten der Transport der Steine über weitere Strecken. Man mußte sie mühsam auf Pferdefuhrwerke verladen und entweder bis zu den Schiffen auf der Ems oder auf Achsen unmittelbar bis zum Ort der Verwendung bringen. Mit der Eröffnung der Eisenbahn Osnabrück-Ibbenbüren-Rheine im Jahre 1856 änderte sich die Transportlage, wodurch die Ibbenbürener Sandsteinbrüche zusehends mehr Absatz in einem weiteren Gebiet fanden.


Im Jahre 1873 konnte deshalb der Landrat Roehrig in Tecklenburg öffentlich auf den großen Aufschwung der Ibbenbürener Sandsteinindustrie hinweisen. Der Sandstein wurde nun nicht mehr allein als Rohmaterial in die Welt hinausgeschickt, sondern auch in den Steinbrüchen zu Platten, Grenzsteinen, Viehtrögen und anderen Gegenständen verarbeitet. Die Zahl der Steinbrüche und der Betriebe, in denen Sandsteine gebrochen und bearbeitet wurden, hatte erheblich zugenommen, und jeder Steinbruchbetrieb, der mehr als einen Gehilfen und einen Lehrling beschäftigte, war gewerbesteuerpflichtig. Die in früheren Zeiten vom Fiskus erhobenen Abgaben für den Betrieb eines Steinbruches waren bereits im Jahre 1833 weggefallen. Bis dahin zählten auch Steinbrüche, wie die Kohlengruben, zu den sogenannten Regalien des Staates. Seit etwa 1880 wurde auf dem Schafberg bei Ibbenbüren auch Kohlesandstein gebrochen, der als sehr wetterfest angesehen wird. Zehn Jahre später - um 1890 -wurden in den Ibbenbürener Sandsteinbrüchen zeitweise über tausend Personen beschäftigt. Als im Jahre 1899 der Dortmund-Ems-Kanal seinen Betrieb aufnahm, diente auch dieser dem Vertrieb des Ibbenbürener Sandsteins. Auch die Teutoburger-Wald-Eisenbahn, 1901 dem Verkehr übergeben, und der Mittellandkanal, der 1914 in Bergeshövede den Anschluß an den Dortmund-Ems-Kanal fand, wirkten sich günstig auf die Ibbenbürener Sandsteinindustrie wie auf alle anderen gewerblichen Unternehmen im Ibbenbürener Gebiet aus. In ihrer Blütezeit - im 19. Jahrhundert – hat die Ibbenbürener Sandsteinindustrie offenbar mit dazu beigetragen, daß der Fachwerkhausbau in der hiesigen Gegend verhältnismäßig stark zurückging und immer mehr Häuser und andere Gebäude aus Sandsteinen gebaut wurden. Wie weit der Ibbenbürener Sandstein in die Welt hin­aus verfrachtet worden ist, steht leider nicht genau fest. Aus vorhandenen Unterlagen aber geht hervor, daß fast alle größeren Orte in Nordwestdeutschland, von der Nordsee bis zum Ruhrgebiet und darüber hinaus, sowie manche Orte in den Niederlanden Abnehmer von Ibbenbürener Sandsteinen waren. Auch heute noch wird der Ibbenbürener Sandstein wegen seiner Härte und Wetterfestigkeit sehr geschätzt, und die noch tätigen Betriebe bemühen sich, die Jahrhunderte alte Tradition fortzu­setzen.


Quelle: 1981 - Sandsteinindustrie in Ibbenbüren - Aus "100 Jahre Volksbank"


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Ibbenbürener Sandstein zu Hause und in der weiten Welt - 1985

Eine geologische Mustermeile - Grundlage einer vielfältigen Industrie - Von F. E. Hunsche - 1985  

Wer die Geschichte Ibbenbürens ganz und von Grund auf kennenlernen möchte, darf nicht an der „geologischen Mustermeile" vorübergehen, die es hier als bemerkenswertes Naturphänomen gibt. Hier findet man auf wenigen Quadratkilometern Raum, von Süden her betrachtet, der Reihe nach Heide und Sand, Kalk, Sandstein und Steinkohle, dementsprechend die dazugehörenden geologischen Formationen vom Karbon (350 Millionen Jahre) über Perm (270 Mio), Trias (225 Mio), Jura (180 Mio), Kreide (135 Mio) zum Tertiär (70 Mio) und Quartär mit Pleistozän (der Eiszeit), beginnend etwa vor einer Million Jahren) und dem Holozän (der Nacheiszeit seit ungefähr 12.000 Jahren). Ein ähnlich reich gegliedertes geologisches Bild ist nur an wenigen Stellen in Europa zu finden. Hier hat Ibbenbüren etwas Sehenswertes zu bieten, was sich auch in den Standorten der hiesigen Industrien, vor allem der Sandsteinindustrie und der Steinkohlenindustrie, widerspiegelt, wobei hervorzuheben ist, dass die Sandsteinindustrie ohne Zweifel bedeutend älter ist als die Kohlenindustrie. Wahrscheinlich schon seit vor- und frühgeschichtlicher Zeit, also seit mehreren Jahrtausenden, ist Ibbenbürener Sandstein, besonders der vom Schafberg und Dickenberg nördlich der Stadt, für die Herstellung von Mühlsteinen, zum Bau von Kirchen und Häusern, für den Straßen- und Brückenbau verwendet worden.
Vermutlich hängt sogar der Name des Querenberges, wo besonders alte Sandsteinbrüche zu finden sind, mit der uralten Sandsteinindustrie zusammen; denn Querne bedeutet nichts anderes als „Mühle". Gewiss hat man hier schon vor langen Zeiten sogenannte Handmühlen aus Sandstein hergestellt, die aus einem ausgehöhlten Stein und einem darin laufenden runden Stein, dem „Läufer", bestanden. Dieser wurde von Menschenhänden in der Höhlung gedreht, während man durch ein Loch in dem Läufer Korn schüttete, das dann zwischen den beiden Steinen zu Mehl zerrieben wurde. Nach dem Aufkommen der Wind- und Wassermühlen im Mittelalter diente der Sandstein vom Querenberg bei Ibbenbüren der Herstellung größerer Mühlsteine. Wegen seiner besonderen Eigenschaften, Härte, Reinheit und Feinheit wurde der Ibbenbürener Sandstein sehr geschätzt und zwar nicht nur beim Bau von Kirchen seit dem 12. Jahrhundert, beim Bau von Häusern, Brücken usw., sondern auch zur Anfertigung von Skulpturen und Denkmälern.


Mühlsteine aus hartem Ibbenbürener Sandstein
Wie geschätzt in früheren Zeiten der Ibbenbürener Sandstein für die Herstellung von Mühlsteinen gewesen sein muss, ist aus dem Auffinden von mehr als zwanzig Handmühlensteinen auf dem Schafberg im Jahre 1935 zu schließen, deren Verbleib leider nicht bekannt ist. Seit dem frühen 17. Jahrhundert nahm die gewerbliche Nutzung des Ibbenbürener Sandsteins einen merklichen Aufschwung. Schon im Jahre 1614 wurde Pacht für Sandsteinbrüche gezahlt. Um 1689, als unser Gebiet noch den Oraniern gehörte, versuchte der Direktor des Kommissariats für Mineralien, Dr. jur. Romeyn de Hoge in Haarlem, Zollbefreiung für die Erzeugnisse der Ibbenbürener Sandsteinbrüche zu bekommen. Die Steine sollten frei auf der Ems bis nach Emden und von dort weiter nach den Niederlanden und den deutschen Hansestädten transportiert werden.





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Kriegerehrenmal in Ibbenbüren - Püsselbüren. Das nebenstehende 1,70 m hohe Sandstein -Relief aus dem Jahr 1953 war das erste Mahnmal für Kriegsgefangene im Kreis Tecklenburg, geschaffen von dem Kunstbildhauer Josef Krautwald, Rheine.

Kriegerehrenmal in Ibbenbüren - Püsselbüren

Dabei aber stieß Romeyn de Hoge auf Widerstand, so dass aus dem freien Transport des Ibbenbürener Sandsteins nichts wurde. Anscheinend erlitt die Ibbenbürener Sandsteinindustrie dadurch kaum eine Einbußen. Nach wie vor blühte der Export nach Holland und nach vielen Orten Nordwest-deutschlands. Manche Buhnen und Mauern auf den Nordseeinseln, besonders auf Borkum und Norderney, wurden aus Ibbenbürener Sandstein gebaut. Ebenfalls in den Ems-Häfen und beim Bau von Kanälen und Straßen verwendete man vorzugsweise Material aus den Ibbenbürener Sandsteinbrüchen.


Sandsteine für das königliche Schloß Het Loo in Gelderland
Wie begehrt Ibbenbürener Sandstein vor 1700 in den Niederlanden war, übermittelt uns eine Akte aus dem Staatsarchiv Osnabrück aus der Zeit um 1690. Daraus geht hervor, dass König Willem III. von Oranien im Jahre 1690 drei Steinhauer nach Ibbenbüren sandte und durch sie erkunden ließ, welche Steinbrüche dort für die Lieferung von Sandsteinen für den Neuaufbau des Schlosses Het Loo bei Apeldoorn in Gelderland zu gebrauche seien. Der König hatte das Schloss 1684 gekauft mit allen Gerechtigkeiten, um es als königliches Schloss aufzubauen. Der erwähnten Akte (Rep. 118 A, 77-92) ist zu entnehmen, dass nach der Ansicht der drei Steinhauer vor allem zwei Steinbrüche in Ibbenbüren für die Lieferung von Material nach Het Loo in Betracht kamen und zwar für gröbere Stücke ein Sandsteinbruch, der im Frettholt (Friedholz, Sundern) zwischen dem Telgenkamp und Berggerds Garten bei Bergmeyer (Bockraden, Up de Gadde 138 – im Garten- 138) lag und ein Steinbruch am Galgenberg (Rohmanns Echo), wo feinkörniger Sandstein zu finden war, von dem die drei Steinhauer Dirk Drijfhout, Pieter van der Plasse und Johannes Schrader meinten, dass er für feinere Arbeiten noch geeigneter sei als der Bentheimer Sandstein. Aus einem Bericht in der Zeitschrift „Kerstnammogram" (Rohstoffe) von 1983, S. 16, Assen (NL), geht hervor, dass der Transport von Sandsteinen aus der hiesigen Gegend nach Holland von Rheine aus über die Ems mit Kähnen nach Halte bei Papenburg und von dort mit Tjalkschiffen über Emden nach Amsterdam erfolgte. In diesem Bericht ist auch von „Kristallen" aus Ibbenbüren die Rede, die aus alten Eisenminen mit zahlreichen Abfallhaufen mitten im Wald gekommen seien, und zwar aus dem mit Quarz durchsetzten Erzvorkommen, das wegen des Quarzes für den Schmelzofen nicht brauchbar war. Bei einem Besuch des niederländischen Geologen W. F. Anderson im Sommer 1983 in Ibbenbüren konnten die erwähnten alten Sandsteinbrüche im Frettholt in Bockraden und am Galgenberg unmittelbar nördlich (südlich?) der Bundesstraße 65 ausfindig gemacht werden. Zu erwähnen bleibt, dass aus dem alten, jetzt von der Natur übergrünten Sandsteinbruch in Bockraden vor ungefähr hundert Jahren auch Material für den Bau des Kaiser-Wilhelm-Denkmals an der Porta-Westfalica (1895/96) geliefert wurde. Dies ist jetzt noch bei alten Einwohnern in Bockraden bekannt.


Entwicklung der Sandsteinindustrie im 18. und 19. Jahrhundert
Der Betrieb der Sandsteinbrüche, wie auch der Kohlen- und Erzgruben und der Kalköfen im Ibbenbürener Raum geschah bis zum Ende des 17. Jahrhunderts noch durch Privatunternehmen gegen Abgabe einer Pacht an die Regierung. Wegen der zahlreichen Streitigkeiten mit den Pächtern übernahm die Regierung des Landes am 1. Februar 1687 alle vorhandenen Werke in landesherrliche Verwaltung. Man hoffte wohl auch, dadurch den Absatz von Sandstein, Kohle, Kalk und Erz zu fördern. Für die Verfrachtung von Sandsteinen und Steinkohlen wollte die Regierung um 1690 sogar die Ems von Lingen aus schiffbar machen. Die Verhandlungen darüber scheiterten jedoch am Widerstand der Stadt Emden. Nach 1700 entwickelte sich das Wirtschaftsleben in Ibbenbüren, wie überhaupt im Gebiete der Grafschaft Lingen, immer mehr. Davon profi­tierte auch die Sandstein-gewinnung. Der Wohlstand auf dem breiten Lande mehrte sich, während es mit den alten Rittergütern, die ehedem mit ihrer Landschaft das Leben im Lande mehr oder weniger bestimmt hatten, immer mehr bergab ging und ihr Einfluss an Bedeutung verlor. Die zahlreichen Sandsteinbrüche nicht, nur in Ibbenbüren, sondern auch in etlichen umliegenden Gemeinden, z. B. Brochterbeck, Bevergern, Riesenbeck, und Mettingen, schlugen in das Bild der Landschaft seit fast dreihundert Jahren tiefe Narben, besonders an den Hängen der Berge.





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Zum Gedenken an Kaplan Uppenkamp, der am 4. April 1906 an dieser Stelle verstarb, schuf der Ibbenbürener Bildhauer Ferdinand Mühlenhoff, sen. dieses Denkmal am Dörenther Berg.

Zum Gedenken an Kaplan Uppenkamp

Sie wurden im Laufe der Zeit von der Natur wieder sanft mit wucherndem Grün zugedeckt und unter Baumwuchs verborgen. Die Spuren der „Ausbeutung", die gewiss lebensnotwendig war, sind aber immer noch in der Landschaft an den Berghängen zu finden, wenn man mit offenen Augen durch die Heimat wandert. So überlebten Natur und Mensch im heimatlichen Raum die Probleme in ei­ner gewissen Neuorientierung unter der preußischen Regierung seit 1702, bis Napoleons Herrschaft von 1806 bis 1813 für sieben Jahre völlig andere Verhältnisse schuf. Das ganze Leben auf dem platten Lande, in den Dörfern und Städten wurde von Grund auf umgekrempelt und fremden Vorschriften und Gesetzen angepasst. Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wohlstand von 1800 unter der Bevölkerung nicht wieder erreicht. Zwar nahm die Sandsteingewinnung im hiesigen Gebiet nach 1815 allmählich wieder zu, da Steinmaterial für die ersten befestigten Überlandstraßen und Wegbefestigungen in den Ortschaften geliefert werden musste, aber um 1820 zählte man in Ibbenbüren nur drei Steinhauermeister und vierzehn Gehilfen. Wenige Jahrzehnte später gab es zehn Steinbruchunternehmer, die ungefähr 500 Arbeiter beschäftigten. Dieser deutlich erkennbare Aufschwung in der Ibbenbürener Sandsteinindustrie verstärkte sich nach Eröffnung der Eisenbahn Rheine - Ibbenbüren - Osnabrück, so dass es gut 30 Jahre später (1890) im Ibbenbürener Gebiet etwa 1000 Steinbrucharbeiter gab und der Ibbenbürener Sandstein immer weiter in die Welt hinaus geschickt werden konnte. Dies war im Jahre 1873 Anlass genug für den damaligen Landrat Roehrig in Tecklenburg, öffentlich auf den großen Aufschwung der Ibbenbürener Sandsteinindustrie hinzuweisen. Der Sandstein wurde nun nicht mehr allein als Rohmaterial in die Welt hinaus gesandt, sondern auch in den Steinbrüchen zu Platten, Grenzsteinen, Viehtrögen und anderen Gegenständen verarbeitet. Jeder Steinbruchbetrieb, der mehr als einen Gehilfen und einen Lehrling beschäftigte, war nun gewerbesteuerpflichtig. Die in früheren Zeiten vom Fiskus erhobenen Abgaben für den Betrieb eines Steinbruches waren bereits im Jahre 1833 weggefallen. Bis dahin zählten auch die Steinbrüche wie die Kohlegruben, zu den sogenannten Regalien des Staates. Seit etwa 1880 wurde auf dem Schafberg bei Ibbenbüren auch Kohlensandstein gebrochen, der besonders wetterfest ist.
Als im Jahre 1899 der Dortmund-Ems-Kanal seinen Betrieb aufnahm, diente auch dieser dem Vertrieb des Ibbenbürener Sandsteins. Auch die Teutoburger Waldeisenbahn, die 1901 dem Verkehr übergeben wurde, und der Mittellandkanal, der im Jahre 1914 in Bergeshövede bei Riesenbeck den Anschluss an den Dortmund-Ems-Kanal fand, wirkten sich fördernd auf die Ibbenbürener Sandsteinindustrie wie auf alle anderen gewerblichen Unternehmen Ibbenbürens und des umliegenden Gebietes aus. In ihrer Blütezeit, im 19. Jahrhundert hat die Ibbenbürener Sandsteinindustrie offenbar mit dazu beigetragen, dass der Fachwerk-Hausbau in der hiesigen Gegend zurückging und immer mehr Wohnhäuser und andere Gebäude aus Sandsteinen errichtet wurden. Wie weit in früherer Zeit der Stein unserer Berge in die Welt hinaus verfrachtet worden ist, steht leider nicht genau fest. Aus Unterlagen aber geht hervor, dass fast alle größeren Orte in Nordwestdeutschland, von der Nordsee bis zum Ruhrgebiet und darüber hinaus, sowie manche Orte in den Niederlanden Abnehmer von Sandsteinen aus unserer Gegend waren.


Steht die Freiheitsstatue bei New York auf Ibbenbürener Sandstein ?
Das Gerücht will nicht verstummen. Sollte also doch etwas dran sein, daß vor hundert Jahren die „Lady Liberty", die Freiheitsstatue am Hafeneingang von New York, ein Geschenk Frankreichs an die Vereinigten Staaten von Nordamerika, auf wetterfesten Sandsteinen aus Ibbenbüren steht? Immer wieder will jemand wissen, dass es tatsächlich so sei, aber ein urkundlicher Beweis dafür fehlt bis heute. Die bis jetzt sicherste Spur für eine Richtigkeit dieser Behauptung führt uns gut 60 Jahre zurück auf den Lehrer Schwartze in Rie­senbeck, der am Ende des 1.Weltkrieges oder kurz danach seinen Schülern im Unterricht stolz erzählte, dass der Sockel der Freiheitsstatue bei New York auf Riesenbecker Sandstein stehe, und zwar stamme Steinmaterial, so sagte Lehrer Schwartze, aus dem Steinbruch der Firma Hollweg-Kümpers! Diese Angaben sind mir von einem 1910 geborenen Schüler des Lehrers Schwartze, einem glaubwürdigen Zeugen, gemacht worden. An dem „Gerücht“ scheint also doch etwas dran zu sein. Die Frage jedoch, ob die „Lady Liberty" seit nunmehr hundert Jahren Ibbenbürener Sandstein unter den Füßen hat, ist nach wie vor ungewiss. Ob nun die Steine aus Riesenbeck oder aus Ibbenbüren kamen - darüber sollte es keinen Streit hierzulande geben, wenn tatsächlich das „Gerücht" eines Tages die Bedeutung einer historischen Wahrheit bekommen sollte! Wenn dann auch noch weiter das „Gerücht" umgeht, dass der 47 Meter hohe Sandsteinsockel der Lady Liberty ausgerechnet von 8.000 Fässern Dyckerhoff-Zement aus unserem Nachbarort Lengerich i. W. zusammengehalten wird, so kommt man aus dem Fragen und Staunen nicht heraus. Ebenfalls mangelt es an einem klaren Beweis dafür, dass Zement aus Lengerich die Figur der 47 Meter hohen Lady im Lot hält und nicht wanken lässt. Der Schöpfer der Freiheitsstatue, der Bildhauer Frederic Auguste Bartholdi, stammte aus Colmar im Elsass. Die Statue traf in 200 Seekisten wohlverpackt am 19. Juni 1885 im New Yorker Hafen ein und stand am 4. Juli 1886 auf ihrem sicheren, aus Sandsteinen und Zement zusammengefügten Postament.
Die Beliebtheit des Ibbenbürener Sandsteins ist bis heute ungebrochen. Die häufigste Verwendung findet der Ibbenbürener Stein nach wie vor im Kirchenbau bzw. bei Kirchenrenovierungen. Auch moderne Verwaltungsneubauten und andere öffentliche Gebäude werden derzeit häufiger mit diesem Stein gebaut. Fassadenverkleidungen und der Kamin- und Treppenbau sowie Bodenbeläge sind weitere beliebte Verwendungsbereiche. Härte, Wetterfestigkeit, Farbgebung und die Wärme des Ibbenbürener Sandsteins sind es, die das Material so begehrt machen. Die in Ibbenbüren tätigen Betriebe Braunschweig GmbH - Steinbruch, Merge Natursteinwerk GmbH, Ing. F. Schwabe Steinsägewerk GmbH, Egon und Günther Woitzel, Natursteine bemühen sich, eine viele jahrhundertealte Tradition mit modernen Gewinnungsmethoden fortzusetzen.


Quelle: 1985 - Ibbenbürener Sandstein zu Hause und in der weiten Welt - Von F. E. Hunsche


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Der Sandstein im Raum Ibbenbüren - 1989

Vortrag von Heinz Wrocklage, Nienberge am 25. 09.1989  

Einleitende Worte vom 1. Vorsitzenden des Heimat- und Schützenvereins, dem Forstbeamten Stockmann von Dörenthe: Anwesend von der Stadt Ibbenbüren Ludger Bitter, Ratsherr, der Ortslandwirt Bauer Krüer, außerdem der Kalkwerk-Betreiber Wallmeier, aus Brochterbeck

Die ältesten hiesigen Zeugnisse über die Verwendung von Sandstein sind ca. 2000 Jahre alt, wie der Fund einer Sandsteinplatte zum Schutz einer Urne, die im Raum Recke gefunden wurde, vermuten lässt. Ebenso alt mögen historische Wegweiser aus Sandstein an alten Wegekreuzungen im hiesigen Raum sein. Das erste sichere Datum ist 1556, als Sandstein aus dem Raum Ibbenbüren nach Lingen zum Bau von Verteidigungsanlagen geliefert wurde. Was ist überhaupt Sandstein? Es ist ein Stein, der aus einem Bindemittel (häufig Silizium) und Sand zusammen gebacken ist. Oft unterscheidet sich der Sandstein von Ort zu Ort in seiner Zusammensetzung und in seinem Aussehen, dies ist auch im Raum Ibbenbürcn der Fall. Hier stoßen die rheinische Masse und die norddeutsche Masse im Teutoburger Wald zusammen und bilden den Karbonhorst. In den südwestlich des Horstes anstehenden Schichten tritt der Osning- Sandstein aus dem jüngeren Erdzeitalter des Tertiär als weicher Kreide-Sandstein auf und in den nordöstlichen anstehenden Schichten, im Ibbenbürener Karbonsandstein tritt ein harter Quarzit- Sandstein mit Eisenverbindungen und Quarzit als Bindemittel auf. Der Quarzit explodiert förmlich beim Bearbeiten des Steins und bildet sehr feine Stäube, die sogar eine Schweinsblase durchdringen, wie in vergangener Zeit in einer Haubude ausprobiert wurde, wo diese Blase nach ein paar Wochen von innen mit Staub belegt war, obwohl sie vollkommen verschlossen gewesen war. Im Zeitalter des Tertiär befand sich auch im Bereich des Kleeberges ein ausgedehntes Kreidemeer, dessen Kalkablagerungen bilden heute den vorgelagerten Kalkrücken mit Kalk- und Mergelgruben bis in den Raum Lengerich und Rheine. Einen großen Aufschwung nahm der Sandsteinabbau um 1900, als mehr als l000 Leute im hiesigen Raum in den Steinbrüchen beschäftigt waren.

Teilweise waren es Holländer und auch viele Italiener (siehe Heimatzeitung - Sandstein in Recke- Nr. 33 von 1989). Interessant ist, dass sich viele Schützenvereine aus ehemaligen Steinhauer­-Festen entwickelt haben. Bekannt wurde dieses durch einen Zeitzeugen des Schützenvereins Oberbockraden. Belegt wird dieses auch durch einige typische Steinmetzzeichen auf Plaketten der lange vermissten und nun wieder aufgefundenen Schützenkette der Bürgerschützen. Die Steinhauer hatten eine eigene Fahne in den Farben blau, weiß, gold. Die Farbe Blau symbolisierte den Himmel, das Weiss die saubere Weste und Gold den goldenen Boden des Handwerks. Über die Tracht der Steinhauer ist nichts bekannt. Während der Arbeit wurden Holzschuhe getragen, wie durch alte Fotos belegt ist. In den 30iger Jahren wurden große Mengen von Sandstein gebrochen für monumentale Darstellungen der Nationalsozialisten. Sämtliche Steine für den geplanten Reichstag wurden gebrochen, jedoch fanden sie (wegen des Krieges) keine Verwendung. Während der Nachkriegszeit fanden zahlreiche Flüchtlinge Arbeit in den Steinbrüchen. Während der Wiederaufbauzeit in den 50iger Jahren wurde der Sandstein mannigfach benötigt, um z.B. im Emsland Straßen, Deiche und Wasserbauwerke wie Buhnen zu errichten. In den 50iger Jahren mussten große Teile Münsters nach den Zerstörungen des Krieges restauriert werden, die früher aus dem weichen Baumberger Sandstein gebaut waren. Dazu verwendete man nun den ähnlich zusammengesetzten, jedoch besseren Osning-Sandstein aus dem Teutoburger Wald. Heute existieren noch 10 Betriebe mit ca. 200 Beschäftigten. Die Legende, dass der Sockel der Freiheitsstatue in New York aus Ibbenbürener Sandstein besteht, ist durch Nachforschungen inzwischen widerlegt, richtig ist, dass der Sockel aus amerikanischem roten Granit besteht, der mit Dyckerhoff-Zement aus Amöbenburg bei Frankfurt vermauert ist. Der geübte Steinbrecher konnte mit Blick auf die Bruchwand die Qualität des anstehenden Steins leicht erkennen, ein alter Spruch lautet daher: Wer kennt die Nester, der ist der Mester


In den schlechten Zeiten wurde auch schon mal ein schlechter dunkler Stein, der stark nach Schwefel roch und nicht sehr haltbar war, mit vermauert. In großen Mengen werden beim Kohleabbau Sandsteine mit gefördert. Dieser überwiegend minderwertige Sandstein fällt jedoch nur als Bruchstück an und ist wirtschaftlich nicht verwertbar. Die Druckfestigkeit liegt über in der in Steinbrüchen. Der Stein ist aber nicht so witterungs­beständig und oft für die Verwendung im Wasserbau ungeeignet, vielfach ist die Färbung grau-schwarz. Der harte Karbonsandstein eignet sich vorzüglich als Bildhauerwerkstein für Darstellungen, die der Witterung ausgesetzt sind. Hingegen findet der weiche Osning-Sandstein Verwendung für Ausgestaltungen im Inneren. Der extrem harte Piesberger-Karbon-Quarzitstein, der aus der gleichen geologischen Formation wie der Ibbenbürener Karbonstein stammt, ist wegen seiner Härte als Werkstein für bildhauerische Arbeiten ungeeignet.
Im Ibbenbürener Raum dient der Steinbruch Braunschweig-Czirnik, der alte Mühlsteinbruch, als Werksteinbruch, dagegen dient der Steinbruch Merge (B 65) auf dem Dickenberg als Bruch-Steinbruch. Beim Durchsägen eines Steins kann man oft sehen, dass sich zonierte Ringe zeigen. Diese Ringe nennt man Liesegangsche Ringe. Diese Ringe stellen sich dar wie die Zonierungen bei Baumscheiben. Die Liesegangschen Ringe sind keine pflanzlichen Abdrücke. Es handelt sich um zonenartig angeordnete Ringe von Mineralien, die sich um einen Kern bilden und in den Stein auswandern. Der Kern bestand ursprünglich aus organischem Material, wie z.B. aus einzelnen Baumstämmen. Die großen Blöcke wurden früher wie heute mit Eisenkeilen gespalten. Die Keile wurden mit einem schweren Eisenhammer in den Block geschlagen. Der Hammerstiel war sehr dünn und aus Eichenholz, so dass der Hammer beim Schlag stark federte und eine ungeheure Wucht hatte. Es geschahen häufig Unfälle durch herausfliegende Keile, die meterweit flogen und Arbeiter verletzten. Die gespaltenen Blöcke wurden mit einem sogenannten "Wolf" gehoben, einem Spatel, der sich beim Anheben fester in den Spalt presste, je schwerer der Stein war.


Das Mittagessen der Steinhauer wurde in einem sogenannten Wind-Ofen warmgehalten, einem Sandsteinkübel auf einer Säule. Dieser Kübel war zu einer Seite offen, so dass der Wind die hinein gelegte Glut nicht verlöschen ließ. Auf den Kübel wurde der Topf mit dem Essen gesetzt. Der Transport der Steine auf dem Holzwagen über Berg und Tal war für die Pferde eine Schinderei. Oft wurden mehrere Wagen hintereinander gehängt und am Berg einzeln über die Kuppe gezogen und einzeln auf der anderen Seite wieder talwärts gebremst, damit die Bremsen die Last halten konnten. Der handwerkliche Abbau und die handwerkliche Verarbeitung sind heute modernen Brechern, Radladern, Sieb - und Sortieranlagen gewichen. Doch es gibt noch den handwerklichen Betrieb wie bei Menger am Bomberg, wo Riemchen noch von Hand verarbeitet werden. Das Liegende im Steinbruch Menger ist teilweise ein altes Kohleflöz, die Holzstempel vom ehemaligen Abbau sind auch heute noch manchmal zu finden. Trotz Einzugs der Technik der schweren Radlader und Mulden-Kipper von bis zu 45t und der Sprengungen zur Gewinnung der Blöcke geschieht das saubere Trennen der Blöcke immer noch mit Eisenkeilen und dem Hammer mit dem schlanken Stiel aus Eichenholz. In den 50iger Jahren wurden große Flächen auf dem Dickenberg gesiebt, um Bruchsteine für den Wegebau zu gewinnen, die gesiebte Fläche blieb sich selbst überlassen und war wertlos. Auch im Winter gibt es genug zu tun. Zur Vorbereitung weiterer Abgrabungen muss der Kummer (die Deckschicht) abgeräumt werden und in der Werkstatt ist die Zeit der Reparaturen des Maschinenparks. Ein alter Steinbruch des Osning-Sandsteins ist der Brumley-Steinbruch Wietrup im Riesenbecker Berg, der heute von den Berg-Sportfreunden (Sport Sundermann, Münster) als Klettergarten genutzt wird. Ein interessanter Sandstein ist im Raum Soest-Paderborn häufig an Bauwerken zu sehen, es ist der Grünsandstein oder Dolomit aus den Steinbrüchen von Anröchte. Ein guter Steinhauer sieht dem Stein an, an welcher Stelle er sich am besten spalten lässt. Seine Erfahrung sagt ihm "Man muss den Stein nicht kaputtschlagen, sondern kaputtgucken“.


Quelle: 1989 - Der Sandstein im Raum Ibbenbüren - Vortrag von Heinz Wrocklage, Nienberge am 25. 09.1989


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Der Sandstein, ein altes Natur-Baumaterial - 1990

Von Heinrich Egbert  

Der Sandstein ist neben Holz und Lehm eines der ältesten Baumaterialien in dieser Gegend. In der Verarbeitung waren Holz und Lehm aber leichter zu verwenden. Je nach Gegend ist der Sandstein aber auch sehr verschieden und hat auch verschiedene Verwendungsmöglichkeiten. Im Münsterland waren der Ibbenbürener, Riesenbecker und der Baumberger Sandstein bekannt und kamen hier auch überwiegend zur Verwendung. Die drei genannten Arten waren von ihrer Struktur und Qualität her sehr unterschiedlich und auch in der Bearbeitung unterschiedlich zu handhaben, wobei auch die Verwendungsmöglichkeiten sehr verschieden waren. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Qualität der Sandsteine zunimmt, je tiefer er aus dem Block kommt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in den Steinbrüchen oft in verschiedenen Tiefen abgebaut wird, um an das gute Material aus den tiefen Schichten zu kommen. Der Riesenbecker Sandstein wird seit Jahren nicht mehr verwendet. Zur Verblendung von Gebäuden kann er mit anderen Materialien aus verschiedenen Gründen nicht mehr Schritt halten. Er ist nicht farbbeständig und wird schnell grün und grau, wobei auch die Bedeutung der verunreinigten Luft nicht zu unterschätzen ist.
Er hat eine sehr schlechte Wärmedämmung und ist auch mehr oder weniger regendurchlässig, was die Wohnqualität sehr beeinträchtigen kann. Die schlechte Wärmedämmung führt dazu, dass sich auf der Innenseite der Wände Kondens-Feuchtigkeit bildet, die bei Frostwetter zu Eis gefriert und dadurch die Tapeten und Farben löst. Schlimmer ist noch die ungesunde Luft, die sich dadurch in den Innenräumen bildete und zu Krankheiten führte. Gicht, Rheuma und Herzkrankheiten waren oft die Folge, die auch oft zum frühen Tod führten. In geldarmen Zeiten oder wenn man die Steine selber brechen konnten, wurde der Riesenbecker Sandstein oft für den Wohnhausbau verwendet. Wurden die Zeiten etwas besser, ging man schnell zum Ziegelstein über. Man kann dies oft an den Jahreszahlen der Gebäude sehen, die über den Einfahrten der Tennen oder im Giebel angebracht wurden. Nach 1945 wurde der Riesenbecker Sandstein noch oft für die Kellermauern verwendet. Auch einige Kirchen sind noch mit diesem Stein gebaut worden. Heute gibt es im Gebiet der Gemeinde Riesenbeck keinen Sandsteinbruch mehr, der noch in Betrieb ist.


Der Ibbenbürener Sandstein
hat immer eine andere Bedeutung gehabt als der Riesenbecker Sandstein. Er ist bedeutend härter, so dass er auch als Straßenbaumaterial verwendet wird. Er hat ein ganz anderes Aussehen, ist farbbeständiger und auch im Gefüge dichter, so dass er nicht so leicht Wasser durchlässt. Die Wärmedämmung ist dagegen nicht besser wie beim Riesenbecker Sandstein. Auch heute noch wird er auf verschiedenen Gebieten verarbeitet, als Straßenbaumarerial, im Wasserbau zur Uferbefestigung, zur Fassaden Verkleidung, als Ziermauerwerk im Hochbau sowie als Einfassungen und Grabsteine und vieles mehr. Aus Umweltschutzgründen wird es immer schwieriger, den Ibbenbürener Sandstein abzubauen. Aber nach wie vor hat er landesweite Bedeutung.

Der Baumberger Sandstein
hat besondere Bedeutung gehabt für den Kirchenbau, wobei er auch bei Renovierungen noch sehr begehrt ist. Für die Bildhauerei ist er nach wie vor sehr gefragt. Es ist ein sehr weicher Stein, der aber nach der Verarbeitung noch erhärtet. Die Farbe ist sehr einheitlich von grau bis braun und auch sehr beständig. Er nimmt wenig Wasser auf und wurde auch zur Innen- Verblendung von Kirchen und Domen verwendet. Die Nachfrage hat sehr nachgelassen, da keine neuen Kirchen und Dome mehr gebaut werden. Der Baumberger Sandstein wird überwiegend zur Erhaltung und Renovierung historischer Bauten verbaut.


Die Gewinnung des Sandsteines.
Das Wiehengebirge mit seinen Ausläufern, dem Teutoburger Wald, dem Dickenberg und dem Schafberg besteht zum großen Teil aus Sandsteinen, die in verschiedenen Höhen und Schichtstärken vorkommen und alle verschiedener Qualität sind. Um diese Steine verwenden zu können, war es nötig, sie abzubauen und nach ihrer verschiedenen Qualität zu verarbeiten und zu verwenden. In früheren Zeiten ist dies reine Handarbeit gewesen, wobei man auch die Kräfte der Natur, wie sie in Holz, Wasser und Frost enthalten sind, genutzt hat. Da die Natursteine in Schichten gelagert sind und in verschiedenen Neigungen bis ungefähr senkrecht stehen, hat man diese Schichten nacheinander abgebaut. Zwischen zwei Schichten hat man einen Spalt gestemmt, indem man einen trockenen Holzkeil geschlagen hat, den man dann dauernd mit Wasser befeuchtet hat. Dadurch dehnte sich das Holz aus und hat die vordere Schicht abgesprengt.
Je nach der Größe, wie man den Steinblock wünschte, musste die Anzahl der Keile gewählt werden. Wollte man den Frost ausnutzen, mussten die Spalte größer sein. Setzte der Frost ein, wurden diese Spalten mit Wasser gefüllt, das dann zu Eis froren und dadurch wurde die vordere Schicht abgdrückt, denn Wasser dehnt sich bekanntlich aus, wenn es gefriert. Die gewonnenen Blöcke konnte man dann erst weiter bearbeiten, wenn sie aufgetaut waren. Durch das Gefrieren waren die Steine so hart, dass eine Bearbeitung nicht möglich war. Wie man sieht, waren die Arbeiten im Steinbruch im Winter bei starkem Frostwetter nicht möglich, soweit es sich um die Bearbeitung der Steine handelte. Mit der Erfindung des Schießpulvers ist das Brechen von Natursteinen bedeutend erleichtert worden. Die schwerste Arbeit war das Bohren der Löcher für die Sprengung. Man ging dann auch dazu über, die stehenden Schichten von unten frei zu sprengen und dann aus dem Naturgefüge größere Blöcke heraus zu sprengen. Dadurch war es möglich, größere Steinprodukte herzustellen und auch tiefer abzubauen um die festeren Schichten zu erreichen, die von besserer Qualität sind. Um die Bohrlöcher richtig anbringen zu können, war es notwendig, ein Gerüst vor die Naturbruchsteinwand zu bauen, da ein Bohren von der Leiter aus sehr viel schwerer war.


Man baute eine Plattform, die man immer wieder verwenden konnte. Diese wurde dann mit Seilen von oben herunter gelassen. Die Seile wurden an Bäumen oder an in die Erde geschlagene Anker befestigt. Die Plattform konnte man über die Befestigungs-Seile oder über eine Leiter erreichen. Man hatte einen sicheren Stand und konnte gut arbeiten. Waren die Sprengladungen gesetzt, mussten bestimmte Hornsignale gegeben werden, mit denen die Arbeiter aufgefordert wurden, sich in Sicherheit zu bringen. In den Anfängen wurde mit Zündschnüren gearbeitet. Jetzt werden die Sprengladungen mit Strom zur Entzündung gebracht. Nach der Sprengung prüfte der Sprengmeister, ob alle Ladungen gezündet waren und gab dann durch Hornsignal die Arbeit wieder frei. War die Zündschnur nicht bis zur Ladung durchgebrannt, musste nachgezündet werden, was dann wieder einen besonderen Zeitaufwand bedeutete. Um Sprengmeister zu sein, musste man eine besondere Prüfung machen. Der Spreng-Vorgang wurde im Laufe der Zeit immer wieder verbessert und wird heute auch elektronisch gesteuert und überprüft. Auch das Bohren der Sprenglöcher wird heute maschinell durchgeführt und das hat die Arbeit im Steinbruch sehr erleichtert.
Das Pulver zur Sprengung wird in besonderen Bunkern gelagert, die nur dem Sprengmeister zugängig sind. Aus Sicherheitsgründen gibt es dabei besondere Vorschriften einzuhalten und zu beachten. Käme das Pulver in unberufene Hände, könnte dadurch viel Unheil angerichtet werden. Der erste Abbau von Natursteinen ist wohl so erfolgt, dass man Steine, die in einem lockerem Gefüge lagerten, mit Spitzhacken und Brechstangen gelöst hat. Dadurch erreichte man keine große Abbautiefe und kam somit nicht an die Steine, die eine bessere Qualität hatten. Die so gewonnenen Steine wurden zur Fundament-Herstellung der Bauten, zur Ausmauerung der Gefache des Fachwerkes, für Eingrenzungsmauern und zur Befestigung von Wegen und Straßen benutzt. Besonders auch Findlinge, die in den Eiszeiten von Skandinavien zu uns gekommen sind, wurden gerne für Fundamente genutzt. Die kleineren Steine dieser Art, Kieselsteine genannt, die besonders an Flussufern zu finden waren, wur­den zum Pflastern von Straßen und Wegen in Ortschaften genutzt. Heute kommt diese Art der Pflasterung wieder zur Anwendung bei der Renovierung und Restaurierung von alten Ortsteilen und historischen Gebäuden. Diese Art der Pflasterung wird im Volksmund mit Katzenkopfpflaster bezeichnet.


Der Steinmetz und der Bruchsteinmaurer
Die Berufe der Steinmetze und der Bruchsteinmaurer sind nahe verwandte Berufe, die denselben Ursprung haben, die Verarbeitung von Natursteinen. Die Steinbrucharbeiter kann man als die Zulieferer der vor- genannten Berufe bezeichnen. Sie brachen die Steine aus dem Naturverbund heraus und spalteten sie in die gewünschten Größen. Die Steinmetze und Bruchsteinmaurer verarbeiteten das so gewonnene Material weiter. Die Steinmetze machten die feineren Arbeiten, das Bearbeiten der Natursteine zu Werkstücken, die dann von den Maurern eingebaut wurden, was oft im Zusammenhang mit dem Herstellen von Mauern und Gebäuden geschah. Das grobe Bearbeiten von Natursteinen war auch den Bruchsteinmaurern geläufig. Steinmetze, die die Herstellung von Bildern und Figuren kannten, nannten sich Bildhauer. Es waren die Künstler unter den Steinmetzen und sie entwickelten sich zu einem eigenen Beruf. Steinmetze und Maurer waren immer die Berufe, die am meisten unter den Nachteilen ihres Berufes zu leiden hatten. Sie waren immer von der Witterung abhängig, wenn die Steinmetze auch unter einem offenen Dach arbeiteten, so fanden sie doch wenig Schutz gegen die Unbilden der Natur.

Das größte Übel war immer der Steinstaub, dem die Steinmetze am meisten ausgesetzt waren. Dieser Staub kam mit dem Atem in die Lunge und setzte sich dort fest. Frühzeitige Invalidität oder Tod waren die Folge. Bevor es die Sozialgesetze gab, war dies mit Armut der Witwen und ihrer Kinder gleichzusetzen. Durch Nebenverdienste mussten sie ihre oft großen Familien durchbringen, wobei auch die größeren Kinder zur Arbeit herangezogen wurden. In ländlichen Gegenden wohnten die Steinmetze und Maurer oft in einem Heuerhaus mit einer kleinen Landwirtschaft, die nach Feierabend oder von der Frau bewirtschaftet wurde. Lohn-Ausfall im Winter und bei Regenwetter schmälerten oft den Lebensunterhalt der Familie. Im Sommer, wenn die Hauptverdienstzeit war, musste zur Erntezeit oft auch beim Bauern gearbeitet werden, was im Heuervertrag festgelegt war. Viele arbeiteten im Winter auch im Tagelohn, um ein einigermaßen erträgliches Einkommen zu sichern. Sie führten Reparaturarbeiten an den landwirtschaftlichen Geräten aus oder arbeiteten als Waldarbeiter zur Nutzholz- oder Brennholzgewinnung bei Waldbesitzern. Auch Hausschlachter war ein Nebenberuf, der im Winter ein gesichertes Nebeneinkommen brachte. Bis heute hat sich in dieser Hinsicht vieles verbessert. Bruchsteinmaurer gibt es kaum noch und die Steinmetze arbeiten ganzjährlich in Hallen oder Werkstätten


Quelle: 1990 - Der Sandstein, ein altes Natur-Baumaterial - Von Heinrich Egbert


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Die Arbeit des Bruchsteinmaurers - 1991

Von Heinrich Egbert  

Wie die Berufsbezeichnung "Bruchsteinmaurer" schon sagt, besteht die Arbeit überwiegend im Vermauern der Bruchsteine. Oft war dieser Beruf verbunden mit dem Beruf des Zimmermanns. Man arbeitete, wo die Arbeit gerade anfiel, im Winter als Zimmermann, im Sommer als Maurer. In den meisten Fällen führte der Bauunternehmer auch beide Gewerke aus und sicherte so seiner Belegschaft in den meisten Jahren auch die Winterarbeit. Die Arbeit des Maurers auf der Baustelle begann mit dem Ausmauern der Baugrube für den Keller. Die Baugrube wurde so genau ausgeschachtet, dass man gegen das Erdreich mauern konnte, das sogenannte einhäuptige Mauerwerk. Man brauchte also nur auf der Innenseite nach der Schnur arbeiten. Kam man über das Erdreich hinaus, wurde das Mauerwerk von beiden Seiten sichtbar, das zweihäuptige Mauerwerk. An der Innen- und Außenseite der Mauer wurde eine Schnur gespannt, nach der die Steine gesetzt wurden. Auf der Außenseite mussten die Steine nach den Vorstellungen des Bauherrn sauber bearbeitet werden. Es war das sogenannte Sichtmauerwerk oder die Verblendung. Vom Erdreich bis zur Oberkante Fußboden des Erdgeschosses wurde das Mauerwerk auch als Plinte bezeichnet. In frühen Zeiten schloss die Plinte mit den Sohlsteinen ab, einer Reihe langer Steine, die besonders bearbeitet waren und gleichzeitig als Unterlage für das Fachwerk der Wände dienten. Es gab verschiedene Arten der Gestaltung der Außenseite des Mauerwerkes.

Aus der Bezeichnung "Hammerrecht"
kann man schon folgern, dass die Steine mit dem Hammer "recht" bearbeitet wurden. Die Außenseite sollte möglichst gerade sein, wie auch die Lagerfugen waagerecht verlaufen sollten. Die Stoßfugen (senkrechte Fugen) konnten auch bis zu 45 Grad schräg verlaufen. Nach der Fertigstellung wurden die Fugen nicht ausgefugt, sondern mit der Kelle zugeworfen und dann wurde der Speis mit der Kelle über den Steinen eben abgezogen, so dass die Oberfläche der Fuge rau war. Dies war die einfachste Art der Verarbeitung der Natursteine. Grundsätzlich galt, dass Steine in der Ansicht mindestens die Größe von 8 cm in der Höhe und Länge haben sollten. Hammerrecht war die einfachste Bearbeitung der Oberfläche von Sandsteinen und sie war am leichtesten auszuführen.


Bickenrein
deutet eine weitere Art der Bearbeitung von Natursteinen an. Mit dem Zweispitz, im Sprachgebrauch auch Bicke genannt, wurden Unebenheiten abgeschlagen. Entweder war die ganze Fläche gleichmäßig gebickt oder nur die unebenen Flächen. Ganzflächig zu bicken, war zeitaufwendig. Es war besonders darauf zu achten, dass die Schläge immer in die Mitte der Ansicht des Steine zeigten, wodurch ein lebhafteres Bild entstand. Es gab verschiedene Möglichkeiten, das Mauerwerk zu gestalten. Beim wilden Verband behielten die Steine ihre Form. Es war nur darauf zu achten, dass die Fugen gleichmäßig wurden. Dann gab es das regelmäßige Schichtenmauerwerk. Dabei waren alle Schichten gleich hoch. Die Länge der Steine sollte wenigstens quadratisch sein, nach Möglichkeit aber länger sein als die Höhe der Schicht. Beim unregelmäßigen Schichtenmauerwerk hatten die Schichten verschiedene Höhen. Sonst galten aber die Regeln wie beim regelmäßigen Schichtenmauerwerk. Beim wilden Schichtenmauerwerk wechselten die Höhen auch innerhalb der Schichten. Die kleinste Höhe bei den Schichten sollte 8 cm nicht unterschreiten. Es waren also schon viele Regeln zu beachten, die dem Bruchsteinmaurer schon in Fleisch und Blut übergegangen waren und die keine Probleme ergaben.

Beim Bossenmauerwerk
war die Oberfläche bruchrau. Die umlaufende Kante des Steines wurde auf eine Ebene geschlagen, das Bossieren. Die Ausführung in bossiertem Stein war nur in den verschiedenen Schichtenmauerwerken möglich, wie im Vorabschnitt beim bickenreinen Mauerwerk beschrieben wurde. Die Bossierung erfolgte mit dem Bruchsteinhammer oder dem Prelleisen, einer Art stumpfer Meißel von 8 cm Breite.

Die gekrönte Oberfläche
wurde erreicht, indem man eine bickenreine Fläche mit dem Kröneisen nacharbeitete. Das Kröneisen bestand aus etwa 15 Spitzen, die in gleichweitem Abstand in einem Halteeisen eingekeilt waren. Damit wurden die gebickten Steine noch verfeinert. Um die Ansicht noch zu verbessern, wurde bei den Steinen der umlaufende Rand in einer Breite von etwa 2 cm schariert, um die Fugen noch etwas hervorzuheben, die in gleichmäßiger Breite sein mussten. Bei so einer Ansicht mussten die Steine schon größer sein und eine rechteckige Form im Verhältnis von 2 zu 3 haben -Höhe zur Breite des Steines-. Diese Ansichten kamen erst bei größeren Gebäuden voll zur Geltung, wie Kirchen, Schulen, öffentlichen Gebäuden, Schlössern usw.


Das Stocken
war eine weitere Verfeinerung der Oberfläche nach dem Krönen. Mit dem Stockhammer wurden die gekrönten Flächen noch einmal abgeklopft. Dadurch wurde die Oberfläche noch glatter. Der Stockhammer hatte eine Oberfläche von etwa 8 cm im Quadrat, die gleichmäßig mit Spitzen besetzt war, die eine Höhe von etwa 4 bis 5 mm hatten. Das Stocken war der letzte Arbeitsgang vor dem Scharrieren.

Das Scharrieren
erfolgte mit einem Scharrier-Eisen, das eine Breite von 8 bis 10 cm hatte. Man kann es mit einem breiten Meißel vergleichen der nach oben hin in einen Griff ausläuft. Fenster- und Türumfassungen wurden so bearbeitet. Auch die Abschlusssteine der Plinte waren oft scharriert. Grabsteine, Steine mit Inschriften, Ecksteine usw. waren oft auch scharriert. Die letzte Möglichkeit, die Oberfläche der Natursteine zu verbessern, war das Schleifen.

Das Schleifen
erforderte eine besondere körperliche Anstrengung. Dabei mussten die letzten feinen Unebenheiten des Scharrierens mit einem Stein in Wasser abgeschliffen werden. Diese Art der Bearbeitung war aber die Ausnahme. Sie kam einmal bei einer Innen-Verblendung vom Teil eines Saales in einem hochherrschaftlichen Haus zur Ausführung. Durch Einwachsen konnte man noch etwas Glanz in die Fläche bringen, aber Marmor erhielt man auch dadurch nicht. Wie man sehen kann, baute bei der Verfeinerung der Oberfläche ein Arbeitsgang auf den anderen auf. Das Herstellen von bickenreinen und bossierten Steinen war die Arbeit des Bruchsteinmaurers. Ecksteine, Fensterecken, Sohlsteine, Türumrahmungen usw. wurden aber auch oft von Steinmetzen hergestellt, weil die eine bessere Übung und Fertigkeit dazu hatten. Alle diese Arbeiten werden heute mit Maschinen in Werkhallen ausgeführt, so dass eine Abhängigkeit von der Witterung nicht mehr vorhanden ist. Auch der Steinstaub wird mit Entlüftungsanlagen abgesaugt, so dass auch diese Gefährdung zum großen Teil nicht mehr besteht.


Das Zyklopenmauerwerk
ist in dieser Gegend wenig anzutreffen. Wenn man es irgendwo an alten Mauern oder Gebäuden findet, kann man davon ausgehen, dass es von italienischen Maurern ausgeführt wurde, die auch schon in früheren Zeiten hier als Gastarbeiter arbeiteten, besonders auf Baustellen, die mit sehr viel Personal besetzt waren wie der Bau großer Brückenbauwerke, Staumauern, Kanäle, Industriebauten usw. Das Zyklopenmauerwerk hat seinen Ursprung wohl in der Verarbeitung von Basaltsteinen zu Mauerwerk. Diese Basaltsteine haben von Natur aus die Form eines Fünfecks, die es erforderlich macht, die Steine auf der Spitze stehend zu vermauern. Um den hiesigen Stein in der Form des Zyklopenmauerwerkes zu verarbeiten, ist eine umfangreichere Bearbeitung der Außenseiten der Steine erforderlich. Es wirkt unnatürlich und führt öfter zu Setzrissen, da die Steine wie Keile wirken. In jüngster Zeit sieht man schon mal wieder diese Art von Mauerwerk bei Gartenmauern und Ziermauerwerk bei offenen Kaminen usw.

Der Bruchstein als Baumaterial
im Straßen- und Tiefbau. Im Straßen- und Tiefbau wird der Naturstein besonderen Ansprüchen ausgesetzt. Er muss eine bestimmte Druckfestigkeit und Wasserundurchlässigkeit besitzen. Diese Werte sind durch DIN-Normen festgelegt und sie müssen durch besondere Prüfungen nachgewiesen werden. Das hat dazu geführt, dass Natursteine aus bestimmten Regionen und Steinbrüchen nicht mehr in diesem Bereich verwendet werden können und dadurch vielen Steinbrüchen den Ruin gebracht haben. Dazu gehören alle ehemaligen Steinbruchbetriebe des Teutoburger Waldes. Dort wird kein Sandstein mehr abgebaut. Anders sieht es auf dem Dickenberg aus, wo die Natursteine nach wie vor industriemäßig abgebaut werden. Handarbeit ist in solchen Betrieben die Ausnahme. Bei der Produktion wird nur noch im 1.000 Tonnen-Bereich täglich gerechnet. Die Sandsteine werden aus dem Block gesprengt in einer Größe, das sie vom Bagger auf die Transportfahrzeuge geladen werden können, die sie in den Steinbrecher kippen.
Hier werden sie zerkleinert und laufen über ein großes Sieb, wo sie nach Größe getrennt auf ein Transportband gelangen, das sie auf die verschiedenen Lagerplätze bringt. Von dort aus werden sie auf LKW geladen, die die Steine auf die Baustellen bringen oder in Schiffe verladen. Die Verwendung der Sandsteine ist vielfältig und entsprechend ist auch ihre Größe. Viele Fluss- und Kanalufer sind mit einer Sandsteinschüttung befestigt. Je nach der Größe der Flussufer muss auch die Größe der Steine sein. Als Unterbau für Straßen und Wege findet der Sandstein auch Verwendung. Der anfallende Abfall wird mit Wasser gesiebt und findet als Bau-Sand vielfache Verwendung, auch als Abdeckung für Spazier- und Gartenwege und Sportstätten. Der anfallende Abraum wird für Auffüllungen von Dämmen und Baugruben verwendet sowie für die Abdeckung von Mülldeponien. Es wird alles anfallende Material verarbeitet. Zurück bleiben große Gruben, die oft eine Verwendung als Mülldeponie erhalten oder unseren Nachkommen als Andenken vergangener Zeiten dienen.


Quelle: Von Heinrich Egbert


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19-1

Der Schafberg - Von Georg Römhild - 1991 - (Auszug)

Betriebe der Ibbenbürener Werksteinindustrie  

Wohl lehrreichster, jedenfalls strategisch umfänglicher Übertage-Aufschluss der Ibbenbürener Karbonscholle, an der südwärtigen Schichten-Aufbiegung des Gebirgshorstes (Osningachse); alter und moderner, inzwischen ausgeweiteter und betrieblich zusammengefasster Standort der Ibbenbürener Sandsteinindustrie; hier moderne Technik der Werksteingewinnung und herstellung, resp. Steinsägerei; Fragen zur Raumentwicklung und Wirtschafts-Geographie.

Ein schmaler Fahrweg, der Grenzweg, führt 20 m vor der Straßenkreuzung nach links durch den Wald zum gut 200 m entfernten Steinbruchgelände der Firma Schwabe; nach knapp 200 m rechts abbiegen; gleichsam als thematische Eröffnung treffen wir hier auf ein Wohnhaus, das massiv aus Ibbenbürener Karbonsandstein errichtet ist und durch seine handwerklich ansprechende und in traditionellem Sinne zünftige Ausführung der Werksteinfassade beeindruckt. Vor Besuch des Steinbruchbetriebes sollte um eine Erlaubnis nachgesucht werden; hier die Adresse des Unternehmens:


Natursteinbetriebe Friedhelm Schwabe GmbH, Grenzweg 10, 4530 Ibbenbüren, Tel. 05451/2964, 3199.

Nach Durchfahrt über das vordere (östliche) und alte Schwabesche Betriebsgelände mit Betriebshalle (rechts) vor älterer Steinbruchwand und Bürohaus (links) ist das Auto vor der Geländegrenze, vor Beginn des großen, tief eingegrabenen Steinbruchgelän­des (ehemals Betrieb Apke) abzustellen. Zu Fuß dann rechts herauf auf die Bergseite oberhalb der großen Steinbruchwand. Unbedingt diesseits der Absperrung bleiben! - Rechts des Steinbruchweges (hinter der Schranke; Schniedersweg) ist das 1986 vom Firmeninhaber gebaute und in repräsentativ-moderner Art gestaltete, d. h. ganz mit Sandstein verblendete Haus (Zyklopenmauerwerk) einen Blick wert.


Überblick über den Werksteinbruch und Standort
Vom Exkursionspunkt 1-A bietet sich ein guter Blick in den tiefen Abgrund des Steinbruchs mit den inzwischen schon älteren Betriebsgebäuden. Wir erfahren hier besonders eindrucksvoll den morphologischen und durch den Menschen umgestalteten Rand des Ibbenbürener Karbonhorstes und erkennen im Hintergrund die Ibbenbürener Talung zwischen Ibbenbürener Bergplatte und Teutoburger Wald. Rechts in Augenhöhe geht der Blick auf die vorgeschobene Steinhalde, die ein erst junges Geländezeugnis betrieblicher Expansion ist, - seinerseits aber auch raumverbundene Probleme der Expansion und Platzbeengung auf eine neue Weise schafft. Dieses beruht auf geomorphologischen und abbautechnischen Situationen, was am Exkursionspunkt B unten auf der Steinbruchsohle erläutert werden soll. Die Steinhalde in dieser Form jedenfalls ist als eine tal­wärts vorgeschüttete Hanghalde zu verstehen, die erst 1979 begonnen wurde, nachdem der Steinbruch­-Betrieb durch Zusammenschluss der Betriebe Apke (hier) und Schwabe (vorne, wo wir durchfuhren) modernisiert worden war. Der Teil des Steinbruches in den wir schauen, war bis 1978 Standort des Sandsteinunternehmens A. Apke OHG. Das neuerliche Aufblühen dieses um 1880 angelegten Steinbruches zu einem Werksteinbetrieb fällt in die Zeit der 20er und 30er Jahre, als arbeits- und absatzmäßig gute Voraussetzungen für ein solches Unternehmen gegeben waren. Die "Apke'sche Bahn" verband den Steinbruch mit der Staatsbahnstation Esch in Püsselbüren.


Die 1978 erfolgte Übernahme des großen Steinbruchs Apke (hier im Westen des Geländes) löste die damals räumlich beengte Situation des Schwabeschen Steinbruchs (im Osten des Geländes), der nun eine echte Zukunftsperspektive bekam. Vor Übernahme des Apkeschen Teils war dieser in Planungsüberlegungen seitens des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus einbezogen worden, als man hier in der Nachbarschaft zur Püsselbürener Kohlenaufbereitungsanlage (Kohlenwäsche) ein geeignetes Deponiegelände für Grubenberge und damit einen Entlastungsstandort der Bergewirtschaft (Deponie des "tauben" Gesteins) der groß gewordenen Bergwerksabteilung Ostfeld sah. Trotz einer am Standort Apke zeitweilig ungünstigen Situation und trotz (scheinbarer) Begrenzung des Abbaus war die Steinbruchindustrie hier aber doch eine beharrende und stärkere Kraft, was andererseits die auf den äußersten Westen des Dickenberges gerichteten Planungen der Berge-wirtschaft verstärkte (s. Halde Hopstener Straße, s. S. 64).


Die Weiterentwicklung des Steinbruchbetriebes zu seiner jetzigen Größe beinhaltete vom Betriebs-Konzept her folgende Merkmale:
a) räumliche Konzentration auf einer abbaumäßig vergrößerten Grundlage an einem Standort: Sicherung des Gesteinsvorkommens für die Zukunft;
b) Absatzerweiterung und Spezialisierung;
c) Rationalisierung und Produktivitätssteigerung durch maschinellen und hochtechnisierten Ausbau im Gewinnungs- und Verarbeitungsbereich.
Machen wir uns das an diesem erhöhten Standort klar, so können wir an den letzten Punkt c) anknüpfend, die erwähnte Steinhalde mit ihrem Flächen- und Raumbedarf weitergehend problematisieren; denn sie ist zu einem Gutteil auch Folge des bei der Zusammenlegung der Betriebe übernommenen alten Brecher-Aggregats (etwa links unten), das jedoch dann bald durch die Firma Schwabe demontiert wurde. Diese relativ kleine, stationäre Brecher-Anlage stellte in der Firma Apke gewissermaßen einen Nebenbetrieb dar, indem dort die für die Werksteingewinnung nicht verwertbaren Gesteinsmaterialien und der "Kummer" der oben abschließenden (Boden)-Schicht zu verschiedenen Bruchsteinsortimenten aufbereitet wurde.


Dieses Material des C-Horizonts und der schuttreichen Fließerde-Bedeckung des Anstehenden, wie wir es hinter uns angeschnitten vorfinden, diente auch zur Weitergabe an andere kleine temporäre Betriebe, wie sie in den 60er Jahren aufgrund von Emslandprogrammen in großer Anzahl und flächenhaft auf der Ibbenbürener Bergplatte bestanden. Die für die Werksteinherstellung nicht geeigneten Gesteinspartien des Felsuntergrundes wurden vor allem durch jene Brecher-Anlagen zu Schotter und Schüttsteinmaterial für den Wege- und Wasserbau verwertet; letzteres Material kommt heute v.a. aus großen Brecher-Betrieben im Westen und Norden des Dickenberges (Uffeln, Kälberberg). Damals jedenfalls war das gesamte Dickenberggebiet geradezu ein Eldorado der Stein-gewinnung durch "Boden-Siebereien" (Römhild 1974: 173 ff.). Der Tonstein, ein "fettes Material" (aber wasserbeständig) ergab "roten Brand" und fand Absatz bei etlichen Ziegeleien bis zu einem Umkreis von rd. 50 km. - Heute kann man die Demontage dieser kleinen, zwar nicht sehr modernen, aber doch nützlichen Brecher-Anlage bedauern; in den 70er Jahren jedoch war der Bedarf an Bruchsteinmaterial gering geworden. Zwar findet der Steinabfall und der Abraum Verwendung als Füllmaterial hier und da, jedoch ist der Absatzmarkt in der Region schlecht, nicht zu vergleichen mit den 60er Jahren. Heute geht gelegentlich anfallendes Tonsteinmaterial (irrtümlich auch "Schieferton" genannt) an verschiedene Ziegeleien der Umgebung. Die Steinhalde ist neben ihrer Funktion als Deponie auch Ausdruck hohen Anspruchs an das verwertbare Gestein des Aufschlusses und seiner Gesteinspartien - in Erfüllung der genannten Gesichtspunkte a), b) und c).

Hinweis (E): Rheiner Basilika -Sandsteinarchitektur des Historismus


Bei klarer Witterung erkennt man gut den (mit Billerbecks "Ludgerus-Dom") höchsten münsterländischen Kirchturm (102,5 m), nämlich den Turm der Antonius-Basilika zu Rheine rechts der Ems. Dieses hervorragende Bauzeugnis des deutschen Historismus entstand 1899-1905 in Kontakt mit der aufstrebenden Textilindustrie in Rheine "vor dem Emstor". "Hoch die Schlote, höher die Kirchtürme!" gab der Bauherr und Stadtdechant als Devise aus (s. Breuing 1988: 2 f.). Die Masse des verwendeten Werksteins ist Ibbenbürener Sandstein, worüber man heute in Anbetracht des Problems "Steinzerfall" froh ist. Größere Lieferungen kamen namentlich von der Firma "Steinbruch-Betriebe H. Berentelg, Recke-Ibbenbüren", dem Vernehmen nach aber auch aus dem hiesigen Steinbruch. In untergeordnetem Maße kamen Steinlieferungen von weiter her (Baumberge, Bückeberge, Hils, Siebengebirge, Eifel - nach Basilika-Archiv). Die Ibbenbürener Steinbrüche lieferten auch viel Rohsteine, die damals von vielen italienischen Saisonarbeitern an der Kirchenbaustelle steinmetzmäßig bearbeitet wurden.

Auszug aus dem Buch - Der Schafberg - Von Georg Römhild


Quelle: Buch - Der Schafberg im Tecklenburger Land - Von Georg Römhild - 1991



19-2

Die Forst- und Industrielandschaft des Dickenberger Bergbaubezirks bei Ibbenbüren: - Georg Römhild

  Standortwanderung des Steinbruchbetriebes Hollweg/ Kümpers vom Gravenhorster Berg zum Kälberberg (Auszug)

Es wird nun darzulegen sein, dass der Kälberbergbruch Hollweg, Kümpers & Comp. die Endstation einer industriegeographisch bemerkenswerten Standortwanderung ist. Daher hat die Vorgeschichte exemplarisch-grundsätzliche Bedeutung. Unternehmensorganisatorische Voraussetzungen spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Der Ursprung des Steinbruch-unternehmens Hollweg, Kümpers & Comp. liegt in der, in früher Gründerzeit sich entwickelnden Rheiner Textilindustrie. Zum Zweck ihrer Versorgung mit Energie schloss sich der der Textilbranche nahestehende Unternehmer Kümpers mit dem Kohlenhändler Hollweg zusammen, die außerdem den Kompagnon Simon hinzugewannen.

Simon war u.a. mit dem Industriellen Werhahn an einer Steinkohlenzeche in Altenessen beteiligt. Da das Geschäft dieser nun auf breiterer Basis stehenden Rheiner Kohlenhandelsgesellschaft nicht den erwarteten Erfolg brachte, sah man angesichts des im Bau befindlichen Dortmund-Ems-Kanals eine Chance in der Schüttsteingewinnung und eröffnete 1898 bei Gravenhorst einen Steinbruch, der als Bruchstein- und zusätzlich auch als Werksteinbetrieb eingerichtet wurde. Während der Wirtschaftskrise 1930/31 begab sich die Firma Hollweg, Kümpers & Comp. - im folgenden kurz 'Hollweg' - über den Kompagnon Simon in weitreichende Geschäfts-Fusionierung, so dass heute die Firma zu 100 % Tochtergesellschaft des Mischkonzerns Werhahn OHG in Neuß ist. Dieser Tatbestand ist wichtig, da hierdurch die Steinbruchfirma Hollweg in den relativ weit abgesteckten Spielraum unternehmerischer Initiative und Flexibilität innerhalb eines Wirtschaftskonzernes gelangte. Im Verlauf fortgeschrittenen Abbaus im Gravenhorster Bruch war in den 60er Jahren im Streichen des Schicht-Kammgebirges mittlerweile eine 1 km lange und schmale "Vortriebsgasse" entstanden. Hierdurch traten Komplikationen auf, die darin bestanden, dass es bei dem Schichteinfallen von rund 30° und der geringmächtigen Bankung zunehmend schwieriger wurde, die geeigneten Schichten für den Handschlagbetrieb einerseits und den Steinsägebetrieb andererseits "auszuhalten" (die Ausrichtung des Abbaus auf eine bestimmte, oft geringmächtige Gesteinsschicht, wobei das Herein-Gewinnen des Nebengesteins möglichst weitgehend und oft unter Schwierigkeiten vermieden werden soll). Außerdem war die Struktur eines für zwei Wirtschaftsziele arbeitenden Steinbruchbetriebes mit rund 60 Beschäftigten nicht mehr zeitgemäß. Im Übrigen waren die Absatzmöglichkeiten durch die Ibbenbürener Sandsteinindustrie und durch den - allerdings schon 1955 stillgelegten - Bruchsteinbetrieb am Riesenbecker Berg eingeschränkt.


Eine Umorganisation des Bruches in einen modernen Brecher-Betrieb war vor allem auch deshalb unzweckmäßig, weil angesichts der geringen Schicht-mächtigkeit und des starken Einfallens auch bei dieser Betriebsweise das Aushalten (Gewinnen) der genügend festen, d.h. mindestens 850 kp/cm2 festen Schichten in rentabler Weise nicht möglich gewesen wäre. Speziell das Herein-Gewinnen an der deutlich kataklinalen (steiler einfallend als das Hang-Gefälle) Bruchwand bereitete Schwierigkeiten, wie sie ähnlich am Kälberberg beobachtet werden konnten. 1963 wurde die Bruchsteingewinnung eingestellt und 1966 auch der Natursteinsägebetrieb, obwohl das im Vergleich zum Ibbenbürener Sandstein häufig feinkörnigere und farblich mildere Material ein bekannter und gefragter Baustein war. Allerdings hatten sich die Salpeter-Einschlüsse im Sandstein sehr negativ auf das Sägen des Gesteins ausgewirkt, weil hierdurch die Sägeblätter einem hohen Verschleiß unterlagen. Da nach Stilllegung des unrentablen Gravenhorster Bruches die Steinbruchbranche im Werhahn-Konzern dennoch bestehen bleiben sollte, fand man am Uffelner Berg ein Pachtgelände, auf welchem - anknüpfend an einen stillgelegten, kleinen Bruch (an der Rheiner Str.-Alte Str.) - ein Brecher-Betrieb eingerichtet wurde.


Statt des eigenen Walzenbrechers, der wohl in Gravenhorst, nicht aber am Dickenberg zu gebrauchen war, wurde 1966 ein Backenbrecher-Betrieb begonnen. Bis 1968 wurden hier ausschließlich Schüttsteine gröberer Klassierung hergestellt. Nach zwei Jahren war das Gelände teilweise ausgebeutet und der bis zu 20 Mann beschäftigende Bruch wurde verlassen. Dieser kurzfristige Bruchsteinbetrieb hat ähnlich wie der erwähnte Oppermannsche Bruch am Bomberg eine ungewöhnlich große Steinbruch-wüstung hinterlassen (s. Foto 25). Der Aufschluss tieferer Schichten - hier ebenso gut möglich wie im Westermannschen Bruch (vgl. S. 188) - hätte noch festeres Gestein erbracht und die Anforderungen an Wasserbausteine im großen und ganzen noch besser erfüllt. Jedoch ausschlaggebend für die Stilllegung war der Umstand, dass der Versand über die 1,8 km entfernte Kanal-Ladestelle bei km 6,3 erfolgen musste.


Der unmittelbar am Kanal gelegene und still liegende Bruch am Kälberberg bot dem Unternehmen Hollweg die Perspektive eines verkehrsbegünstigten und zukunftssicheren Großbetriebes - ähnlich dem der Firma Westermann. Wenn sich der Standort am Kälberberg nicht angeboten hätte, wäre für die zeitlich dritte Standortwahl des Hollweg-Bruches unter Umständen die Aufschließung des Brandenbergs (Moorweg) sinnvoll gewesen. Hier war ja während der 50er und 60er Jahre durch den ausführlich erwähnten Bahrschen Bruch ein Anfang gemacht worden. Ein moderner Brecher-Betrieb hätte das hier relativ starke Schichtfallen ohne weiteres gemeistert (vgl. S. 193). Entsprechend der tektonischen Anlage wäre gegebenenfalls von diesem Ansatzpunkt der Bergrücken in Längsrichtung "aufzurollen" gewesen (vgl. Abb. 7). Ein direkter Kanalanschluss hätte durch Bandförderung bis zur etwa 1200m entfernten, bereits vorhandenen Ladestelle km 7,8 bewerkstelligt werden können. Diese industriegeographische Erwägung wird am Schluss unter einem weiter gefassten Blickwinkel zu prüfen sein. Inzwischen war es zwischen der Werhahn OHG und der Bundesvermögensverwaltung zu einem Vertrag über den Verkauf des Steinbruchgeländes am Kälberberg gekommen.


  Quelle: Georg Römhild - Die Forst- und Industrielandschaft des Dickenberger Bergbaubezirks bei Ibbenbüren:
  Standortwanderung des Steinbruchbetriebes Hollweg/ Kümpers vom Gravenhorster Berg zum Kälberberg (Auszug)


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Entwicklung und Wirtschaftsgeographie des Sandsteinabbaus am Uffelner Berg und seiner

  Umgebung
  Quelle: Uffeln - Geschichte eines Ibbenbürener Ortsteils

Steinbrüche sowie Sand- und Erdausbeuten, die in der Geschichte dieser Bauerschaft vielerorts zu den Nebennutzungen des Waldes zählten, sind auch im Uffelner Raum und seiner Umgebung zumeist im Wald entstanden. Jedoch infolge mächtiger technischer Entwicklungen in der Steingewinnung und des kräftigen Baubooms haben sich in unserem Raum die Akzente verschoben: Die Steine-Erden-Gewinnung überflügelte inzwischen die Holznutzung und wurde zur verdrängenden Ersatznutzung des Holzbodens. Das Verständnis für die Zusammenhänge verlangt, in wirtschafts-geographischer Betrachtungsweise die Geschehnisse in Uffeln mit anderen Standorten der Branche in Beziehung zu setzen. Die Steingewinnung ist auf dem Sektor des Bruchsteinmaterials ein Massenprodukt. Landläufig wird unter Bruchstein der in einem Steinbruch gebrochene und roh oder halb veredelte (aufbereitete) Naturstein (Schotter) sowie auch der steinmetzmäßig behauene (fein veredelte) Stein für die Architektur verstanden. Diese begriffliche Zusammenfassung mag daher rühren, dass man angesichts einer in Naturwerkstein aufgeführten Gebäudefassade gemeinhin von einer "Bruchsteinfassade spricht. Die nivellierende Benennung ist aber zu verallgemeinernd, unrichtig und irreführend angesichts der Vielfalt steinwirtschaftlicher Produktionsprozesse; daher ist von. einer ganzen Industrie, der Natursteinindustrie zu sprechen, deren zwei Hauptzweige die Bruchsteinherstellung und die Werkstein-Herstellung sind. Die Bruchsteinherstellung ist spätestens seit den 1950er Jahren in Uffeln dominierend, in vorindustrieller Zeit war der "Kalkbrand" auf der Grundlage des in Uffeln exponierten Zechsteinkalk-Vorkommens bedeutender. Seit Anfang der 1970er Jahre liegt der Kalksteinabbau still, und die Kalkbrennerei lief am Uffelner Kalkberg schon 1969 aus. Die Bruchsteinindustrie, die ein Vielfaches dessen ausbeutet, was die Werksteinindustrie abbaut, ist die mit Abstand expansivste Industriebranche von Uffeln bis zum heutigen Tag. Die Produktions- oder Ausstoßleistung eines modernen Bruchsteinbetriebs wie der am Uffelner Berg ist mehrhundertfach so groß wie die eines modernen, ebenfalls großen Werksteinbetriebs, wie derjenige am südöstlichen Dickenberg, oberhalb der Ibbenbürener Westfeldmark. 1 Die Sandsteine sind am Südrand der westlichen Bergplatte fein- bis mittelkörnig und von überwiegend weißgrauer Farbe. Sie bestehen aus meist gut gerundeten Quarzkörnern mit größeren tonigen Komponenten, die trotz des kieselig-serizitischen Bindemittels die relativ geringe Festigkeit des Sandsteins im Vergleich zum karbonischen Piesberg- Sandstein bedingen.


Der Sandstein zeigt braunrötliche Eisenfiltrationen, die das Gestein sekundär verfestigen und die besonders bei der Steinbearbeitung mit der Säge, die für den Ibbenbürener Sandstein so typische Maserung oder "Flammung" deutlich hervorkehren. Die Steingewinnung auf der Ibbenbürener Bergplatte ist wahrscheinlich älter als der Bergbau. Erste Zeugnisse der Steingewinnung und -Verarbeitung stammen bereits aus früh-geschichtlicher Zeit. Das Alter bearbeiteter Mahlsteine und Mühlenwerkzeuge wird auf 1200 bis 2000 Jahre geschätzt. Das kann man auf den Bergnamen "Querenberg" südlich von Schlickelde beziehen. 2 - Ob der Sandsteinabbau im Westen des Dickenberges, also in Uffeln, schon so früh geschah, ist sehr fraglich. Die geodätisch exakte und topographisch vollständige Landaufnahme durch den preußischen Staat vor gerade hundert Jahren weist für die Südwestflanke des Uffelner Berges lediglich zwei kleine Steinbrüche von etwa 1000 qm nach. Sie lagen bergseits der heutigen Waldrand-straße Up de Hee, wo später in den 60er Jahren sich der Hollweg-Kümpers'sche Steinbruch kräftig nach Nordnordost ausdehnte, und im Gelände zwischen der Einfahrt zum heutigen Steinbruch Westermann und dem Platz des vormaligen Zechenhauses der Grube Mieke. Der zweitgenannte Steinbruch war nach der eben erwähnten Landesaufnahme in den 1890er Jahre außer Betrieb; auf einem Geländeriss von 1817, auf den wir später zurückkommen werden, ist der Bruch noch nicht eingezeichnet. Also ist dieser näher zu Uffeln-Mitte gelegene Platz wohl einer derjenigen Steinbrüche gewesen, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts von Bauern angelegt wurden. Des weiteren findet sich auf dem topographischen Dokument von vor hundert Jahren, gerade östlich der Gemarkungsgrenze an der Rheiner Straße, noch ein Steinbruch solch einer vorindustriellen Dimension in Betrieb, 150 bis 200 Meter vor der kleinen Standortballung nördlich des Anwesens Wolters. Das über Wolters (damals: Altmann) befindliche Steinbruchareal entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zeigte teils gewerbliche Züge. Es war an seinem Ostende durch eine Feldbahn mit dem Bahnhof Esch in Püsselbüren verbunden. Diese Standortgruppierung an der Rheiner Straße, die bis in die 1950er Jahre in Funktion war, stellt standortkundlich die erste Generation eines Konzentrations-prozesses im Vergleich zum heutigen Geschehen am Uffelner Berg dar. Ein Grund für diesen Standortwandel über Jahrzehnte liegt in der verkehrsgeographischen Umorientierung: Die Standortgruppe "Rheiner Straße" war, was den Absatz angeht, auf Landstraße und Eisenbahn hin orientiert, - die Standortgruppe "Uffelner Berg" zur Zeit der Gründung in den 1950er Jahren dagegen vorrangig auf den Kanal.

Der Kalksteinabbau am Uffelner Esch ist sicherlich älter und für Uffeln bedeutender als die frühe Sandsteingewinnung. Aus der Zeit des frühen 17. Jahrhunderts, aus der erste topographisch (bedingt!) verwertbare Risse vorliegen, wird zumindest ein "Calckoven" aufgeführt; eine Karte von 1768 zeigt auf dem Uffelner Kalkberg neben einem offenbar aufgegebenen Standort namens "Alter Kalck-Ofen" - vermutlich gleich nordwestlich des Höhenpunktes 67,5 Meter, einen "Kalck-Ofen, der mehr südlich, inmitten des "Dickebusch", betrieben wurde.3 Für die Jahrhundert-wende (1900) ist im nordöstlich benachbarten "Lampingsliet" (ein Tälchenoberhalb des Hofes Lampe/heute Berghaus) hingegen ein Schwarm kleiner, wohl älterer Steinkuhlen im Sandstein nachweisbar. Innerhalb dieses wirklich alten Abbaugebiets und Steinkuhlen-Areals sind es gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur einige wenige, benachbarte Brüche, die nun im Zeichen der neuen Zeit in Betrieb sind; einer davon ist relativ groß und sollte in den 1950er Jahren der größte Steinbruch in der Nähe Uffelns und am Dickenberg überhaupt werden. Er liegt auf der Recker/Ibbenbürener Grenze und geht auf eine Recker Gründung zurück (Jos. Rumöller bzw. H. Berentelg). Hier liegt der ursächliche Standortbestimmungsfaktor für die, Anfang der 1960er Jahre begründete Bergehalde (Hopstener Straße) des Steinkohlenbergbaus, die sich inzwischen bis Uffeln hin ausgedehnt hat.4 A. GLADEN stellt fest, dass der Ibbenbürener Sandstein als Baumaterial zu hart und zu schwer zu bearbeiten war und als Massengut infolge schlechter Absatzwege zu kostspielig war. Der Autor beziffert für das Jahr 1817 bei geringer Gesamtproduktion den Beschäftigtenstand mit nur acht Arbeitern, hingegen wird der kreidezeitliche Sandstein vom Teutoburger Wald, geologisch namentlich der Gravenhorster Sandstein, als für die Steinmetzkunst geeigneter gepriesen.5 Mit der Eröffnung des Eisenbahn- und Kanalverkehrs, Mitte beziehungsweise Ende des 19. Jahrhunderts, war diese Einschränkung aber nicht mehr gültig. Die Sandsteingewinnung in den Grafschaften Lingen und Tecklenburg lässt sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Das Gestein diente in der Hauptsache zur Herstellung von Mühlsteinen, nebenbei verfertigte man Flurplatten aus den Deckschichten. Eine stärkere Belebung erfuhr die Steingewinnung durch den 1731 einsetzenden Steinhandel nach den Niederlanden. Die Verwendung als Voll-mauerstein muss als zweitrangig angesehen werden, wurde doch der Hausbau vornehmlich in Fachwerkbauweise ausgeführt. Zwecks Ausfüllung der Gefache dürften seit alters her in größerem Umfange Steinbrocken anstelle von Flechtwerk und Lehm beutzt worden sein. - Doch darf man besondere Zeugnisse einer frühen Steingewinnung nicht vergessen: In der Uffelner Umgebung sind dies die Kirchen von Dreierwalde (Altbau) und Ibbenbüren (die Christus-Kirche), die einen Steinabbau im frühen 16. Jahrhundert indirekt belegen.


Vor allem aber die Kirche in Recke zeigt Bearbeitungsstufen des Karbonsandsteins bereits seit dem 12. Jahrhundert. Das am nächsten benachbarte mittelalterliche Bauwerk, die ehemalige Klosterkirche in Gravenhorst, wurde Ende des 13. Jahrhunderts in gut und leicht herstellbarem "Quader-mauerwerk aus Gravenhorster Stein" aufgeführt.6' In Bezug auf plattiges Steinmaterial teilt eine entsprechende Überlieferung mit, wo die Vorfahren an Rand-Stellen der Eschflur oberflächlich Steine abgegraben haben. Zwei nebeneinander liegende Steinkuhlen mit wohl solcher Zweckbestimmung weist eine Karte von 1817 rund 450 Meter östlich der heutigen Uffelner Kirche, am Fuß des Uffelner Berges, oberhalb des Esches und oberhalb der späteren Schule aus. In diesen Steinkuhlen, die die preußischen Geometer vor hundert Jahren - im Wald versteckt - offenbar nicht entdeckten, fand in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts noch einmal Steinabbau statt. Die Quelle von 1817 ist die "Charte von den Steinkohlen Flötzen bey Ibbenbüren im Tecklenburg-Lingenschen Bergamts District".7' Die Steinkuhlen auf diesem Situations-Riss sind sozusagen ein Nebenprodukt der damals kartierenden preußischen Markscheider, was zeigt, wie wichtig bei historisch-geographischen Themen der Quellen- beziehungsweise Karten-Vergleich ist. Die Gewinnung von Steinen für den Bau von privaten wie auch öffentlichen Bauten erfolgte früher in mehr oder weniger flachen Steinkuhlen. Später stellte sich wild aufwachsende Bestockung ein; in den 1970er Jahren war von dieser vorindustriellen Standortgeneration der Steinhauerei und des Steinbruchwesens nichts mehr zu sehen. Das Gelände war begradigt worden und wurde um 1970 mit einer Lärchenaufforstung rekultiviert. Mittlerweile ist das geschichtliche Terrain vom Westrand des expansiven Groß-Steinbruchs am Uffelner Berg her erfasst und untergraben worden, Spuren sind gänzlich verschwunden. Dagegen blickt man von dort, vom Rand des tiefen Steinbruchs, rund 600 Meter in eine Steinbruchlandschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts hinein. Nach Eröffnung der Eisenbahn im Jahre 1856 setzte auch ein Aufschwung des Steinbruchwesens ein. Eine Datenaufnahme zur Innovation des Steinabbaus im Industriezeitalter wurde Anfang der 70er Jahre an denjenigen in Karbonsandstein errichteten Wohnhäusern vorgenommen, an denen das Datum des Baujahres abzulesen war, meistens eingemeißelt auf dem Schlussstein des Torbogens. In den meisten Fällen handelt es sich um Hauptgebäude von Bauernhöfen oder landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. Da die meisten Steinbrüche zugleich der Werkstein- wie auch der Bruchsteinherstellung dienten, gab es sowohl Zeitphasen, in denen die Steinbruchbetriebe quasi ruhten, als auch Phasen, in denen die Produktivität der Brüche wieder auflebte. Seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgte eine zunehmende Verlagerung des Hauptabsatzes in die Ferne.

Es ist auffällig, dass um 1860 plötzlich das bäuerliche Bauen mit steinmetzmäßig behauenem Ibbenbürener Karbonsandstein einsetzte. Es war dies ein Beginn, der dem eigentlich großen, gründerzeitlichen Aufschwung des Steinbruchwesens Anfang der 1870er Jahre und vor allem um 1890 vorausging, beziehungsweise ihn mit einleitete. Besonders die größeren Bauern sind als Vorreiter des später allgemein einsetzenden Hausbaues in Werkstein anzusehen. An vielen Stellen wurden Fachwerkhäuser völlig abgerissen, um sie massiv in Werkstein wieder zu errichten. Wiederaufbau nach Zerstörung durch Feuer hat den Wandel vom Fachwerkbau zum massiv aus Werkstein gemauerten Nachfolgebau beflügelt und rückwirkend das Steinbruchgewerbe gestärkt. Hohes Alter oder Baufälligkeit mancher Fachwerkbauten sowie bäuerlicher Wohlstand, gepaart mit Initiative zu eigener Steingewinnung auf Markengrundparzellen, hatten die größeren Bauern zu dieser Neuerung veranlasst. Sie verdingten für die Arbeiten im Bruch in der Regel Heuerleute, vor allem in der relativ arbeitsschwachen Zeit des landwirtschaftlichen Jahres. Von 1851 bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts sind etliche Hof-Hauptgebäude in Dickenberger Naturwerkstein errichtet worden. Es sind dies in Uffeln-Mitte namentlich das Hofgebäude Dierkes von 1851 (Vorläufer-Bau in Fachwerk, durch Feuer beschädigt). Am Hof Witthake bezeugt die Inschrift "1865" die damalige Neuerung, in Bruch- beziehungsweise Werkstein neu zu bauen. Auch das Fachwerkhaus des Bauern Tegelmann wurde, nachdem es 1917 Opfer eines Feuers geworden war, als Haus aus Sandstein wieder aufgebaut; die Steine wurden mit dem Pferde-fuhrwerk aus dem oben erwähnten Steinbruch an der Rheiner Straße geholt. Für die Zeit ab 1860 kann ein sprunghaft einsetzender Umbau oder Neubau von Bauernhäusern festgestellt werden - insbesondere an der Südflanke des Ibbenbürener Gebirges. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts waren zeitweilig bis zu 1000 Menschen in der Ibbenbürener Sandsteinindustrie beschäftigt und damit mehr als im Steinkohlenbergbau. Die erste Blütephase der Steinbrüche währte nach der oben erwähnten Datenaufnahme bis zum Beginn der 1880er Jahre, um dann von einer noch kräftigeren Aufschwung-Phase, vom Anfang der 90er Jahre bis 1914, abgelöst zu werden. Die Zahl der nachgeborenen Bauernsöhne, die sich als Steinhauer verdingten, wurde immer größer, und das Arbeitereinzugsgebiet reichte über die umliegenden Bauerschaften hinaus. Eine Ansiedlung der Steinhauer in unmittelbarer Nähe der Brüche hat es trotz hoher Beschäftigungszahlen aber nur bedingt gegeben.

An den Haubuden von früher wird deutlich, dass die regulär betriebenen und dementsprechend relativ großen Brüche in erster Linie Werksteinbetriebe waren. Die gute Druckfestigkeit des Sandsteines ist entscheidend für seine Konkurrenz-Fähigkeit. Die Wetterbeständigkeit des Ibbenbürener Werksteines wurde schon um 1900 als positiver Faktor hervorgehoben. Ein wichtiger auswärtiger Auftrag erging an Sandsteinbrüche aus der Umgebung von Uffeln, als von 1899 bis 1905 die große Antonius-Basilika zu Rheine, rechts der Ems, erbaut wurde. Die Masse des dort verwendeten Werksteins kam aus Brüchen in Recke und Ibbenbüren.81 Heute ist man in Anbetracht des Umweltproblems "Steinzerfall" froh über die damalige Wahl.91 Mit dem Bau der Binnen Schiffahrtswege und deren Häfen setzte eine massenhafte Bruchsteingewinnung ein, die zur zweiten Säule der Ibbenbürener Naturstein-Industrie wurde. Die an einigen Orten hohen Gesteinsfestigkeiten konnten zur Gewinnung von Schüttsteinen für Kanalausbettungen, Uferböschungen und Molen beziehungsweise zur Herstellung von resistenten Ufer-, Molen- und Kaimauersteinen gleichermaßen genutzt werden. Ein Hauptgesichtspunkt bei der qualitativen Mindestanforderung an den Wasserbau ist eine hervor-ragende Wetter- und Nässebeständigkeit beziehungsweise Frostsicherheit. Angesichts dieses dem Ibbenbürener Sandstein eigenen Vorzugs, verbunden mit bankigem Vorkommen, war seinerzeit eine mittlere Druckfestigkeit von zirka 900/1.000 kp/cm2 voll ausreichend. In Anbetracht der Eisen-Infiltration des Ibbenbürener Sandsteins war hier ebenfalls grobkörnigeres und weniger festes Gestein für die Verwendung im Wasserbau und zwar speziell zur Uferanschüttung geeignet. Eine große Blüte hatte das Steingeschäft zur Zeit der Erbauung des Dortmund-Ems-Kanals. Beim Bau des Mittellandkanals, der 1915 in Betrieb genommen wurde, erhielt die Bruchsteingewinnung, speziell am Dickenberg, einen erneuten Aufschwung. Technische Verbesserungen gewährleisteten einen ökonomisch tragbaren Wiederbeginn der Steinbruchindustrie nach dem Ersten Weltkrieg. In den 20er Jahren erfolgte die Einführung des Pressluftbohrers (Abbauhammer), und zwar zunächst in den größten Brüchen. Eine weitere Neuerung war die Einführung von Steinsägen in den 30er Jahren. In den 20er und frühen 30er Jahren kam es zu neuen Spitzen in der Bauentwicklung und damit auch in der Natursteinherstellung. Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine lebhafte Steinbruchtätigkeit, vor allem auf dem Gebiet der Gewinnung von Bruchsteinen, hinzu trat deren Grobbearbeitung. Infolge der Zerstörung an Straßen und Wasserwegen bestand ein erhöhter Bedarf an Packlagesteinen, Pflastersteinen und Bordsteinen für den Straßenbau und Schüttsteinen für den Straßen- und vor allem Wasserbau. Die "Packlage" war bis in die 50er Jahre eine Steine verschlingende Methode beim Straßenneubau, so auf der Nordbahnstraße und in der Flüddert-Siedlung.

Kennzeichnend für die Bruchsteingewinnung in dieser Zeit war der Umstand, dass sie - abgesehen vom Lossprengen -immer noch in Handarbeit, gelegentlich mit Hilfe des Presslufthammers, geleistet wurde. Von wenigen Ansätzen der Mechanisierung des Steinbrechens wird weiter unten berichtet. Kennzeichnend für die Entwicklungsphase der Nachkriegszeit war die Stilllegung etlicher größerer und alter Brüche, die den Anschluss an die moderne Entwicklung der Natursteinindustrie nicht vollzogen hatten. Hinzu kam, dass im Laufe der 50er Jahre beim Hausbau mehr und mehr Ziegelprodukte und andere Baustoffe verwandt wurden. Die Mauerung des Haussockels bei Ziegelbauten blieb zwar weiterhin ein Haupt-verwendungsgebiet der meist bossierten Vollmauersteine aus Ibbenbürener Sandstein; jedoch mit Beginn der 60er Jahre fiel auch diese Verwendungsmöglichkeit des Werksteins fort. Die Beschaffung von Material für den Eigenheimbau erfolgte vielerorts in gepachteten alten Brüchen. Daneben stabilisierten sich die traditionsreichen Werksteinbetriebe recht schnell, und zwar auf Grund des hohen Bedarfs an wetterbeständigem und festem Naturwerkstein, der beim Wiederaufbau in den Städten und nicht zuletzt wegen des regen Kirchenneubaues der Umgebung in großen Mengen abgesetzt wurde. Es entstanden auch neue Steinsägereien; die alten Sägereien waren in sehr wenigen Fällen mit Sägen der 30er und 40er Jahre ausgestattet, sie wurden durch Einführung des Sägegatters modernisiert. Viele regulär betriebene Steinbrüche stellten Werkstein wie auch Bruchstein her. Bis Ende der 50er Jahre stellten etwa ein Dutzend solcher Mischunternehmen im Handbetrieb ihren Betrieb ein wegen nachlassenden Bedarfs an Packlagesteinen für den Straßenbau und wegen zurückgehender Verwendung an Voll-mauersteinen für den Hausbau sowie wegen der Spezialisierung bei der Werkstein- und vor allem auch Bruchstein-Herstellung. Eine teilweise mechanisierte Bruchsteingewinnung mittels Bagger, Bänder, Rüttelsieben und vereinzelte Ansätze zu SteinbrecherBetrieben gehörten zu einem vorbereitenden Stadium vor der Phase der vollmaschinisierten Bruchsteinherstellung. Von den zu Anfang beschriebenen Steinbrüchen oberhalb von Wolters (über der Rheiner Straße) ausgehend - diese waren, wie gesagt, gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden - entfaltete sich dort um 1950 eine rege Steingewinnung, teils durch Wiederaufnahme des Betriebs in alten Brüchen. In diesem Standortkomplex begann der Betrieb Clemens Westermann neu, der Steinbruch war direkt an der Rheiner Straße gelegen (gut 200 Meter östlich der Straßenkurve). In dieser Zeit, 1950, ging die Ausbreitung der Sandsteingewinnung nun Richtung Nordwesten auf den Uffelner Berg zu. Die Firma Hollweg, Kümpers & Comp. aus Rheine schuf - neben Westermann - als erstes Steinbruchunternehmen am Uffelner Berg (nordwestlich der erwähnten Kurve der Rheiner Straße) einen etwas umfangreicheren Bruch; - dann etwas weiter des Weges Up de Hee: Stöcken - und der Steinbruch Cäsar bei der jetzigen Einfahrt zum neuen Standort Westermann.


Im Zuge des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs in der Bundesrepublik setzte um 1960 eine Entwicklungsphase in der Bruchsteinindustrie des Arbeitsgebietes ein, die konsequent zu jenen landschaftsumwälzenden Einflüssen geführt hat, wie sie sich erstmals mit Beginn des siebten Jahrzehnts offenkundig darstellen. Beginnend mit den 60er Jahren (zunächst 1960) entstanden in einer zweiten beziehungsweise dritten Ausbreitungsphase, weiter an der Südwestflanke des Dickenberges (Uffelner Berg) ausgreifend die Steinbrüche Heeger, Lütkemeyer. Brüggemeyer und Krieger, sowie , mehr zurückgelegen im Berg, die Brüche und Abbaustellen Siering, Baumann, Ahaus und van Kessel. Alle bis auf Krieger (hinter der Uffelner Schule) wurden schließlich (bis heute) in das expansive Steinbruch-Areal der Firma Westermann gewissermaßen eingeschmolzen. Mit der Intensivierung der Bruchsteinherstellung erfolgte eine Entmischung der Steingewinnung, die Bruchstein- Gewinnung geschah nun in der Regel nicht mehr zusammen mit einer regelmäßig oder sporadisch betriebenen Werksteingewinnung in ein und demselben Bruch. Eine weitere, unmittelbar erkennbare Auswirkung des Wandels erfolgte dadurch, dass durch eine enorme Erhöhung des Steinausstoßes innerhalb weniger Bruchsteinbetriebe eine Devastation und Aufzehrung des Geländes, vor allem der Holzbodenfläche, eintrat. Die schon früher eingesetzte Rationalisierung bei den Werksteinbetrieben indessen ist - im Gegensatz zu den modernen Bruchstein-Betrieben - nicht primär mit einer wesentlichen Steigerung des Steinausstoßes verbunden; der Abbaufortschritt in den Werksteinbrüchen geht daher immer noch ziemlich langsam vonstatten. Als ein Sonder- oder Zwischentyp konnte bis in die zweite Hälfte der 60er Jahre ein noch von Hand betriebener reiner Bruchsteinbetrieb am Brandenberg fortbestehen. Dieser rund 8000 qm große und Ende der 60er Jahre schon fast zu den mittelgroßen Abgrabungen zählende Steinbruch befand sich an der Nordwestflanke des Dickenberges, noch in Uffeln. Das war nahe der Landstraße Ibbenbüren-Hopsten, 200 Meter südlich des Hofes Berghaus (Lampe). Der Steinbruch wurde durch den entsprechenden Waldrandweg erschlossen. Der Abbau gehörte noch zur Standort-Ballung zwischen Bomberg (Dickenberg)/Hopstener Straße ("Lampingsliet") und Kälberberg. Der Standort war gut gewählt. Der sechs bis sieben Personen beschäftigende Bruch besaß allerdings bereits eine halbmechanische Betriebseinrichtung in Form einer Steinrutsche beziehungsweise -Separation mit Verladevorrichtung. Es handelte sich um einen Nebenbetrieb des Landwirtschafts-, Gastwirtschafts- und Fuhrbetriebes Bahr in Uffeln. Der Steinbruchbetrieb war während der vorangegangenen Entwicklungsphase um die Mitte der 50er Jahre entstanden. Wie bei der Boden-Sieberei, war das Geschäft mit dem Steine fahren durch die damals einsetzenden Fördermaßnahmen zur Struktur-Verbesserung in ländlichen Gebieten (Grüner Plan) wesentlich angeregt worden.

Der Bruchbetrieb am Brandenberg war, wie die modernen und großen Brüche, nicht durch Pacht belastet, sondern war auf eigens erworbenem Gelände eingerichtet worden. Es waren annähernd zehn Hektar aus dem Privatwaldbesitz der ehemaligen Zeche Mathilde, der sich aus forstwirtschaftlich geringwertiger Kiefern-und Birkenbestockung zusammensetzte, aufgekauft worden. Das sogenannte Bodenaussieben (oder "Bodensieben") entwickelte sich im Grunde genommen aus der Verwertung des sogenannten "Kummers"; das ist die über dem Anstehenden, also die über dem Festgestein aufliegende Partie des C-Horizonts, das heißt des Übergangs zwischen Festgestein und Boden. Diese durch Verwitterung, Bodenfließen und Hangschutt teils mächtige Auflageschicht bot in der zweiten Hälfte der 50er Jahre und später noch ein beträchtliches Steingewinnungspotential. Über die traditionell in Steinbrüchen geübte Beseitigung des an sich unbrauchbaren (Stein-)"Kummers" hinausgehend, ja diese ausnutzend, ließen sich große Mengen "Steinschlagmaterial" gewinnen. Dieses an sich minderwertige, natürliche Grobschuttmaterial des Bodens und die oberste Sandsteinpartie ließen sich nun mehr in großen Mengen für das "Emsland-Erschließungs-Programm" der Emsland GmbH - in Verbindung mit frühen Agrarstruktur-maßnahmen - im ganzen Emsland verwerten. Füllmaterial und spezielles Unterlagenmaterial für Straßen- und Wirtschaftswegebau, für den Ausbau von Wegen und Zuwegungen aller Art sowie Steinmaterial für wasserbauliche Maßnahmen an Flurstrecken und Gräben verlangten große Mengen solchen Steinschlagmaterials. Insgesamt weit über 3500 Kilometer Ausbaustrecke sind in jener Emslanderschließungsepoche verbaut worden. Das zum Emsland hin expotnerte Ibbenbürener Karbongebirge mit seiner direkten Straßenverbindung über Lingen erlebte einen "Run" auf dieses Steinmaterial, der um 1964 seinen Gipfel erreichte. Diese große Anforderung an Schüttstein- und Schlagsteinsortiment in Bezug auf das Ibbenbürener Sandsteinvorkommen fiel in die Zeit des Zurückgehens der Packlage-Stein- und Pflastersteingewinnung und fiel zusammen mit der Einführung der modernen Brecher- und Siebtechnik in einzelnen Steinbrüchen. Die Boden-Sieberei ist wie eine Klammer zwischen individuellen, von außen herangetragenen, voll- und nebengewerblichen, episodischen, teils auch abenteuerlichen und unsteten Gewinnungspraktiken und -methoden auf der einen Seite - und gezielten, innovativen Vorstößen in der Bruchsteinherstellung an standortlichen Konzentrationspunkten auf der anderen Seite zu verstehen. Der Steinbruch Bahr am Brandenberg, der nicht in steinwirtschaft-licher Standorttradition gegründet worden war, besetzte auf dieser Klammer den noch mehr auf der episodischen Seite verhafteten Part. Dieser Steinbruch nutzte auf einer Mittelposition jener Gesamtsituation zwischen den 50er und 60er Jahren die günstige Zeit für seine Interessen und verwertete dabei insbesondere auch seine Verladekapazität im LKW-Geschäft. Die bewaldete Nordwestflanke des Dickenberges mit dem großen, zusammenhängenden Waldbesitz Reiser - (Um 1940 war Dr. Reiser Pachtgrubenbesitzer der Zeche Mathilde) - ursprünglich aus der Pachtzeche Mathilde der 20er Jahre hervorgehend (später: Wilhelmschacht der Preussag) - erlaubte kein großes Bodenaussieben, dafür umso mehr der oben genannte Raum zwischen Brandenberg, Kälberberg und Bomberg und im Übrigen auch der Uffelner Berg. Die Gewinnung des beschriebenen Steinmaterials ging entweder von bestehenden, kleineren Steinbrüchen aus oder setzte auch völlig neu auf der Fläche an. Mit eigenen LKWs fuhr die Firma Bahr das gewonnene Straßen- und Wegebaumaterial ab, und zwar vornehmlich in das Dalumer Erdölgebiet bei Lingen.

Die erwähnte Nähe des Steinbruchs Bahr zur Hopstener Straße war unter dieser emsländischen Perspektive von vornherein der entscheidende Standortbestimmungsfaktor. Die Standortwahl nutzte auch Vorteile, wie sie im sozusagen versammelten Steinangebot der Dickenberger Nordwestecke gegenüber dem steinbedürftigen Emsland aufkamen. Von Nachteil für den Bahrschen Steinbruch am Brandenberg allerdings war das in diesem Abschnitt relativ starke Einfallen der Karbonschichten zum Vorland hin. Das bedeutete, der Steinbruch-betrieb musste dieser steinbruchgeologischen Situation quasi entgegenarbeiten. Und in Verfolg der Steinbruchausdehnung im Streichen der Schichten vergrößerte sich dieses steinbruch-geologische Problem noch. Ein solcher "kataklinaler" Schichten-Aufschluss bedeutet also mit anderen Worten, dass die Schichten zur Steinbruchsohle hin einfallen (im wahrsten Sinne des Begriffs); sie fallen dem Abbaubetrieb quasi entgegen.10 Zuletzt erschwerte dieser Umstand den Bahrschen Betrieb, als Rutschungen im oberen Teil der bis zu 14 Meter hohen und ungestuften Wand auftraten. Auf dem von Abraum (Kummer) befreiten Terrain konnten meterlange, aus Klüften hervorgegangene Gesteinsspalten festgestellt werden. Hauptsächlich jedoch wegen der starken Konkurrenz, die von den weiter unten beschriebenen Betrieben mit moderner Aufbereitungstechnik ausging, wurde der Bahrsche Bruchsteinbetrieb Ende der 60er Jahre eingestellt. Der gewissermaßen vormoderner Typ eines Bruchsteinbetriebs am Brandenberg konnte eben noch nicht den Ausstoßbetrag der vollmechanisierten Brüche mit etwa 100.000 bis 500.000 Tonnen/Jahr erreichen.


Jedoch zählte er mit einer jährlichen Leistung von einigen 10.000 Tonnen/Jahr zu den produktivsten Steinbrüchen alten Zuschnitts. Die vollmechanisch arbeitende Brechanlage hat im Steinbruchwesen der 50er Jahre betrieblich und räumlich gesehen zu einer umwälzenden Wandlung in der Bruchsteingewinnung und -herstellung geführt. Mit der Brechanlage erfolgte der Durchbruch zu modernen, massenhaft produzierenden und beständig arbeitenden Bruchsteinbetrieben. Die Brechanlage und der moderne Förderbetrieb erforderten bei einer Neueröffnung oder Umrüstung eines Bruchsteinbetriebes in den Jahren um 1960 allerdings auch einen besonders hohen Kapitaleinsatz. Die Einführung der vollmechanisierten Backenbrecher am Uffelner Berg erfolgte 1958 durch das Unternehmen Westermann. Schon 1950 war die Firma "Clemens Westermann" offiziell gegründet worden - mit Betriebsstandort oberhalb der Rheiner Straße. Bestanden aber hat ein Steinbruch Westermann schon lange davor: Im Alter von 18 Jahren hatte Clemens Westermann - das war in den frühen 20er Jahren (!) - einen Steinbruchbetrieb am Riesenbecker Berg angefangen. Der Bogen spannt sich aus jener Zeit bis zu den letztlich entscheidenden Jahren um 1960 und steht für Beharrlichkeit und Innovationsfreudigkeit. Vorbild waren die Brecher-Aggregate im Großsteinbruch am Piesberg bei Osnabrück. Auf Grund mangelhafter und negativer Erfahrung hatte bislang die Meinung geherrscht, dass sich wegen der Gesteinsbeschaffenheit und wegen der faziellen Schwankungen und Wechselfolgen im Ibbenbürener Sandstein ein moderner Brecher-Betrieb nach Art des Piesbergbruchs nur unrentabel bewerkstelligen ließe. 1957 erfolgte im Untersuchungs-gebiet der erste zielstrebige Versuch, den modernen Backenbrecher-Betrieb aufzunehmen. Diese Basisinnovation fand Eingang in den seit 1955/56 bis heute weiter ausgebauten Westermannschen Steinbruch am Uffelner Berg. Bis 1955 hatte das in Püsselbürener eingesessene Familienunternehmen den an der Rheiner Straße gelegenen, schon zuvor erwähnten Bruch als Handbetrieb geführt und zwar gleich hinter der Uffelner Grenze. Der Neuanfang am Uffelner Berg wurde von der in der lokalen Steinbruchbranche anerkannten Unternehmer-persönlichkeit Clemens Westermann mit Nachdruck betrieben. Dieser Unternehmensgründer ist zugleich anzusehen als der Innovator des Steinbruchwesens bezüglich der Bruchsteingewinnung und -aufbereitung. 1958 nahm die Firma Westermann ihre erste Backenbrecher-Anlage in Betrieb. 1961 waren die Mechanisierung und damit die Umstellung vom Handbetrieb auf den Brecher-Betrieb vollzogen. Im Westen der nordwestfälisch-lippischen Schwelle war der Westermannsche Bruch am Uffelner Berg, abgesehen vom Piesberg-Bruch, der erste moderne Bruchsteinindustriebetrieb und vor allem die früheste, konsequenteste Umsetzung dieser Neuerung in der Natursteingegend von Ibbenbüren und dem nordwestlichen Teutoburger Wald. Die Betriebsform dieses Bruches am Uffelner Berg muss in seinen typischen Zügen und in seiner Entwicklung bis heute als ein Großsteinbruch bezeichnet werden. 1962 erfolgte der Aufbau der jetzigen, größeren Brecher-Anlage. Sie ist im Ursprungsareal des Bruches aufgebaut, auf betriebseigenem Gelände, welches in der ersten Phase der modernen Entwicklung nur in beschränktem Umfang durch Grunderwerb erweitert werden konnte.

Die betroffenen Landbesitzer - Uffelner Bauern - trennten sich grundsätzlich ungern von ihren ehemaligen Waldparzellen, auf denen aufgrund des hohen Ausstoßes des Westermannschen Bruchs, ein ergiebiger Pachtzinsertrag lag. Die in den 1950er Jahren begründeten Ziele im modernen Steinbruchwesen wurden nach Clemens Westermanns frühem Tod (Ende 1962) von dessen Sohn Siegfried weitergeführt. Ihm gebührt das Verdienst, als früh und jung nachfolgender Unternehmensleiter dem Steinbruch hinsichtlich seiner Flächenentwicklung und -sicherung und im Blick auf die technische Ausgestaltung des Betriebes den Durchbruch zu einem Großbetrieb der Branche bereitet zu haben. Siegfried Westermann leitete das Unternehmen bis 1990. Er führte gezielt die weiter unten beschriebene Produkt-Differenzierung ein, um es - ebenfalls früh verstorben - der dritten Generation, nämlich Andreas und Dieter Westermann zu überlassen, die den differenzierten Betrieb von der Verwaltung in der Püsselbürener Okereistraße aus zusammen mit dem Geschäftsführer Ludwig Menger lenken. Das Steinbruchunternehmen Clemens Westermann OHG ist bei aller Entwicklung immer noch als mittelständisch zu bezeichnen. Als Nebenbetrieb ist die Betriebsbeauftragung durch den Kreis Steinfurt für die Mülldeponie am Uffelner Berg - schon vor längerem - hinzugekommen. In jüngster Zeit hat sich, aus letzterem folgend, die Westermann Gasverwertung GmbH auf dem großen Steinbruch- und Betriebsareal von insgesamt etwa einem halben Quadratkilometer etabliert. Von etwa 1960 bis heute ist es eine lange Strecke moderner (Weiter-) Entwicklung innerhalb einer Steine-Erden-Industrie, die am Standort Uffelner Berg nachgerade vor dem Hintergrund bestimmter technischer, wirtschaftlicher und wirtschafts-geographischer Rahmenbedingungen und ihres modernen Wandels zu sehen ist. Bereits während der 1960er Jahre verlief die weitere Entwicklung unter der Leitung von Siegfried Westermann in einem rasanten Aufstieg. Es entstand eine differenzierte Brecheranlage und es erwies sich, dass der Ibbenbürener Sandstein auch auf lange Sicht in verschiedenen geologischen Horizonten wirtschaftlich zu brechen sein würde. Zudem wies (und weist) die Aufschluss-Situation hier an der Südflanke des Gebirges im Zuge der stärkeren Hebung der Karbonscholle einen günstigen. eher anaklinal zu nennenden Schichtenbau auf. Die steinbruchgeologische Situation ist also - anders als im beschriebenen Bahrschen Steinbruch - als günstig bis ideal zu bezeichnen.


Den nahen Anschluss an eine Kanalverladestelle hatte schon der Firmengründer Clemens Westermann in seine Standort-Überlegungen mit einbezogen. Die in den ausgehenden 50er Jahren begonnene Mechanisierung und Umstrukturierung des Westermannschen Steinbruchs stand unter günstigen wirtschaftsgeographischen Rahmenbedingungen. Der Standort Dickenberg konnte sich, dank der Initiative am Uffelner Berg, einen besonderen Platz im Konzert verschiedener großer Steinbruchstandorte der weiteren Umgebung sichern. Daher sind andere und auswärtige Standorte dem Uffelner Westermann-Steinbruch gegenüber in Beziehung zu setzen: Eine besondere Stellung nimmt bei dieser Betrachtungsweise die Piesberger Steinindustrie bei Osnabrück ein. Der Standort Piesberg fußt im Allgemeinen auf härterem, nämlich quarzitischem Material, als es der Dickenberg hergibt. Die Druckfestigkeit liegt dort etwa zwischen 1900 bis weit über 3000 kp/cm2. Bereits 1927 wurden am Piesberg Ausstoßmengen erreicht, wie sie heute im Westermannschen Steinbruch gegeben sind. Schon 1902 hatte am Piesberg mit der Zementwarenfabrik, dem Vorläufer des heutigen, standortverbundenen Betonwerks, die Produktdiversifizierung eingesetzt und diese wurde zum Beispiel durch die bereits 1951 installierte Mischanlage zur Herstellung modernen Straßenbau-materials und durch eine frühe Schüttsteinklassierung fortgesetzt.11 - Diese Daten markieren den eigenen Weg und wirtschaftsgeographisch gesehen, einen anderen Aufgabenbereich des Piesberg-Standortes, der nur bedingt eine Konkurrenz gegenüber dem Standort Uffelner Berg darstellt. Die 1957 am Piesberg begonnene neue, großangelegte Modernisierung entsprach den Zeiterfordernissen und übte indessen auf den Westermannschen Steinbruch eine Vorbildfunktion aus. In der Piesberg-Situation sah Clemens Westermann eine funktionelle und standortliche Aufgabenteilung bei zunehmender Nachfrage am Markt für Bruchsteinerzeugnisse. Das alte, traditionsreiche Unternehmen Kreissteinbruch Gehn (Ueffeln bei Bramsche) -im quarzitischen Material der auslaufenden Gebirgsstruktur des Wiehengebirges- begann 1958 mit der Modernisierung des Steinbruches; 1963 war die Vollmechanisierung dort vollzogen, und 1978 ging der Steinbruch an die erwähnte Firma Hollweg/ Kümpers über.12' Diesen Trend hatte Clemens Westermann bedacht und für den Dickenberg zügig gehandelt. In den 60er Jahren wurde die Absatzlage für Bruchsteinmaterial verschiedener Klassierung hervorragend. Günstig für den (Mikro-)Standort Uffelner Berg war, dass die alte Bruchsteingewinnung am Riesenbecker Berg und dann später am sogenannten Gravenhorster Berg 13' durch das Rheiner Unternehmen Hollweg, Kümpers & Comp. (im folgenden einfach Hollweg/Kümpers) schließlich im Jahre 1963 zum Erliegen kam.

Dieses Ende war für Clemens Westermann wegen des weicheren und für den modernen Brecher-Betrieb nicht oder nur bedingt geeigneten Sandsteinmaterials der dortigen Kreideschichten absehbar. Der dazu gehörige Werksteinbetrieb am Gravenhorster Berg musste 1966 eingestellt werden; denn Salpetereinschlüsse im Sandstein bedingten einen hohen Verschleiß an Sägeblättern des Sägegatter-Betriebs. So musste deswegen und aus Gründen geringerer Nachfrage nach dem relativ weichen Material und nicht zuletzt wegen der erstarkten Ibbenbürener Natursteinindustrie der Standort Gravenhorster Berg, der seit 1898, seit dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals, existiert hatte, aufgegeben werden. Nach 1966 schloss sich unmittelbar die betriebliche Inbesitznahme des alten, kleinen Steinbruchs südöstlich von Westermann durch das Rheiner Unternehmen an, 14 denn die Steinbruchbranche des im Wehrhan-Konzern organisierten Unternehmens Hollweg/Kümpers sollte aufrechterhalten bleiben. Der also hier am östlichen Uffelner Berg zwischen Westermann und dem Steinbruchareal bei Wolters wirtschaftlicher betriebene (Backen-)Brecher-Betrieb arbeitete intensiv mit bis zu 20 Mann und schuf binnen zwei bis drei Jahren einen großen Abbau. Der Ausdruck Exploitation im Sinne von Rohstoffausbeutung ist hier zutreffend. 1968 blieb eine große Steinbruchwüstung zurück. 51 Der alte Kälberbergsteinbruch der Kanal-Verwaltung beziehungsweise Bundes-Verwaltung erhielt erst 1968 nach Umstrukturierung und Umrüstung durch das Unternehmen Hollweg/Kümpers einen modernen Zuschnitt, nachdem der Steinbruchzweig eine Standortwanderung vom Riesenbecker Berg über den Gravenhorster Berg, weiter über den Dickenberg in südöstlicher Nachbarschaft des Westermannschen Bruchs bis hin zum Kälberberg und schließlich mit einem zweiten Standort am eben erwähnten Gehen-Standort vollzogen hatte.


 
Abb. 101 Der vormalige Steinbruch der Fa. Hollweg, Kümpers & Comp., Rheine. am östlichen Uffelner Berg, nach Verlassen des Steinbruchs damals eine Steinbruch-wüstung, heute mit Müll verfüllt (Aufn. v. Verf., Mai 1970).
 

Dieser Standort (Kälberberg) beteiligte sich in den ersten Jahren bis zu zirka 90 Prozent am Steingeschäft mit dem Wasserbau. Die Steinbruchsohle bekam durch ein Förderband direkte Verbindung mit der Kanal-Verladestelle. Schon früh, schon in den 50er und namentlich in den frühen 60er Jahren erkannte der mittelständische Steinbruchbetrieb Clemens Westermann das wirtschaftsgeographische Gefüge-Muster seiner Branche und setzte - abgesehen von der nachfragebegünstigten Schüttsteinherstellung - spätestens seit Ende der 60er Jahre auf die Diversifizierung seines Produktes. Rund 30 Kilometer weiter westlich als der Piesberg gelegen und ebenfalls wasserstraßennah war das Standortkonzept für den Uffelner Berg insofern konkurrenzlos. Diese Ideenumsetzung und Ausnutzung der Zeitverhältnisse sowie die Vorreiterrolle, die das mittelständische Unternehmen Westermann in den Jahren von 1957 bis 1963 und auch in den Jahren danach am Dickenberg einnahm - Befürchtungen anderer zum Trotz - gehört zum Wesen eines solchen standörtlichen und räumlichen Innovationsprozesses. Der Uffelner Berg selbst wurde in diesem Sinne ein Innovationszentrum. Bis in die 70er Jahre verlief der Betrieb im Westermannschen Steinbruch zum Beispiel beim "Hereingewinnen" des Gesteins mittels wandtiefer Großbohr-loch-Sprengungen, ab 1971/72 durch Aufladen mit zwei Radladern. Der Förderbetrieb erfolgte in jenen Jahren mit sechs wechselweise im Einsatz befindlichen Muldenkippern mit je 20 Tonnen Ladegewicht. Die Aufbereitung erfolgte durch einen Vor- oder Hauptbrecher und durch zwei Nachbrecher mit Abzugs-Bunkern unter den einzelnen Brech- und Siebmaschinen. Die Investitionen dieser Betriebsanlagen kosteten das Unternehmen damals in den 60er Jahren bereits weit über eine Million DM - bei einem Ausstoß von (später) rund 450.000 Tonnen/Jahr (1971). Das war eine herausragende Leistung für einen mittelständischen Betrieb. Vergleichsweise kostete der Neuaufbau des großen Zentral-Brechers im Piesberger Steinbruch samt Rahmenaufwendungen wohl über sechs Millionen DM, allerdings bei einer Erzeugung von mehr als einer Million Tonnen Material bereits im Jahre 1960.-16 Der Piesberg wurde im Rahmen eines Konzerns und seines "Hartstein-Zweiges" (Klöckner-Durilit) und vor dem Hintergrund einer langen Industriegeschichte einer der größten Steinbruchbetriebe in Europa. Der hohe Einsatz des Unternehmens Westermann hat für die Ibbenbürener Steine-Erden-Branche prägend gewirkt und hat auch anderen Brecher-Betrieben gewissermaßen Mut gemacht, darunter auch solchen, die als kleinere bis mittelgroße Steinbrüche seit Mitte der 60er Jahre am Dickenberg waren.


 
Abb. 102 Der Steinbruch der Fa. Westermann im Frühjahr 1970, Blick gegen Nordwesten, im Mittelfeld die Vorbrecher-Anlage Abb. 103 Der Westermann-Steinbruch im Frühjahr 1970 mit großer Abraum- bzw. Sandhalde, davor der Vor- und Nachbrecher bzw. die Siebanlagen. Blick über die Halde hinweg ins Tiefland, in die Talsand-Ebene der Ems
 

Diesbezüglich wurde der Bahrsche Steinbruch ausführlich beschrieben und der relativ große und lange bestehende Steinbruch am Kälberberg ausdrücklich angeführt, erwähnt sei noch der hinter der Uffelner Grenze, im Lampingliet, nördlich der Bergehalde Hopstener Straße gelegene und um 1970 neu begonnene Bruchsteinbetrieb Otto. Eine weitere Anpassung, die die anfängliche Innovation über nunmehr mehrere Jahrzehnte nicht ins Leere hat laufen lassen, ist die in jüngster Vergangenheit vollzogene Diversifizierung der Produktion im Groß-steinbruch am Uffelner Berg. Die dort anfängliche Betonung der Produktionsausrichtung auf Schüttstein für den Wasserbau 17 ist heute einer ganz gemischten Produktionspalette gewichen, wobei sich zunehmend Konkurrenzsituationen zu anderen Anbietern - insbesondere auch zum Hartstein-Anbieter Piesberg - relativiert haben. Die Gesteinsaufbereitung im Westermannschen Steinbruch hat inzwischen eine hohe Veredlungsstufe erreicht. Der Schüttsteinsektor nimmt heute nur noch gut 15 Prozent des Ausstoßes ein. Die Produktion ist also auf dem verbleibenden Anteil von knapp 85 Prozent diversifiziert worden, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. Die Steingewinnung geschieht heute nur noch durch die erschütterungsärmeren, fünf bis sechs Meter tiefen Flächensprengungen, auch Lockerungssprengungen genannt. Das Haufwerk wird nicht mehr mit Radladern aufgeladen, sondern auf ökonomischere Weise mit hydraulischen Baggern direkt aus dem gelockerten und zerrütteten Gesteinsverband auf die Mulden gekippt. Die fünf Mulden-Kipper der heutigen Generation laden nunmehr jeweils 45 Tonnen, früher 20 Tonnen. Die jüngste - 1993 erfolgte Umrüstung des Vorbrechers der 60er Jahre hat zu einer Maul- weite von 1,5 Metern geführt. So zeigt sich bereits in der Vorproduktion eine erheblich gesteigerte Effizienz. Im Jahre 1986 kam die umfangreiche Waschanlage als Teil des verfeinerten Aufbereitungskonzeptes hinzu. Dies ergab sich aus der zwingenden Frage, wie groß die Sandhalde beziehungsweise Abraumhalde noch werden dürfe zwischen der Straße Up de Hee und der Steinbruch-Hauptsohle. 1992 ging die Kammerfilterpresse mit einem Hallenbau in Betrieb. Seit 1992/93 ist das betriebseigene Heizkraftwerk in Betrieb, ein Block, der derzeit mit zirka 700 Kilowatt/Stunde gefahren wird, der deponieeigenes Gas aus dem Mülldeponie-Betrieb im ehemaligen Hollweg-Kümperschen Steinbruch nebenan für den Werkstattbetrieb ausnutzt und tagsüber den Betriebsstrombedarf deckt.

Die am Ende der 80er durch Anbau erweiterte Werkstatthalle wurde 1991 durch ein gänzlich neues Werkstattgebäude ergänzt. Von 1993 stammt der Sickerwasserbehälter, der auf dem Gelände des im Sommer 1993 verschwundenen Zechenhauses der vormaligen Grube Mieke steht. In der Kammerfilterpresse entstehen "Tonfladen", die an Ziegeleien verkauft werben, derzeit maximal rund 30.000 Tonnen pro Jahr. Es werden inzwischen auch die Tonsteinpartien, die früher nur als Nebenprodukt mit anfielen, regulär abgebaut. Derzeit beläuft sich der Ausstoß auf 600.000 bis 800.000 Tonnen/Jahr.18. Zwölf eigene Straßen-LKWs besorgen als Sattelschlepper weitgehend die Abfuhr der Steinproduktion Die Bindung an die Kanal-verladungsstelle hat an Bedeutung abgenommen. So zeigt sich seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre ein weiterer Entwicklungs- und Technisierungsschub, der auch physiognomisch das Bild des Steinbruchbetriebs als das einer umfangreichen "Fabrikanlage" erscheinen lässt, der Ausstoß hat sich Piesberg-Dimensionen angenähert. Die Beschäftigtenzahl von 65 ist bei diesem technischen Stand hoch, aber auch erklärlich. Das Unternehmen hat inzwischen den eigenen Betriebsgrund seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre ganz beträchtlich erweitern können. Zunächst wurde die Fläche des ehemaligen Steinbruchs Hollweg/Kümpers hinzugekauft, dort, wo durch die Kreismülldeponie eine große Hohlform langfristig gefüllt werden sollte. Das war zu der Zeit, als der ehemalige Woltersche Steinbruch, rechts der Fahrstraße zum Uffelner Berg fast voll (mit Müll) schien. Die Firma Westermann ist "Dritt-beauftragte" und führt den Deponiebetrieb mit eigenen Betriebsmitteln durch. Weitere Steinbruchabschnitte Richtung Norden und weiter nach Nordosten konnten ebenfalls schon in den 70er Jahren erworben werden. Die Ausdehnung des Steinbruchs folgte jüngst mittels eines Tunnels unter der Fahrstraße Uffelner Berg hindurch Richtung Nordosten. Dort kam der Steinbruchvortrieb mit der gegen Südwesten vorrückenden Aufhaldung von Grubenbergen des Steinkohlen-bergwerks Ostfeld in eine Interessenkollision; denn unerwartet schnell wurde von der Halde Hopstener Straße ausgehend, der Brandenberg und die ganze Waldflanke Richtung Südwesten überschüttet. Die Blockade eines noch weiteren Steinbruchvortriebs nach Nordosten durch die längst vorgerückte Berge-Deponie einerseits und andererseits die Grenzsetzung einer eventuell einmal weiter wachsenden Aufhaldung der Grubenberge gen Südwesten geschieht also dadurch, dass die große Steinbrucherweiterung nordöstlich der Straße Uffelner Berg inzwischen in ihrem nördlichen, hang-abwärtigen Teil im Grundeigentum des Steinbruchunternehmens einbezogen ist, das Flurstück 7, weiter oben, ist vom Bergbau gepachtet!

Die jüngste, nordöstlich gerichtete Steinbruchausdehnung - nördlich des mittlerweile verschwundenen Waldrandweges, macht die räumliche Tendenz und Inbesitznahme besonders deutlich: Die Abgrabung, die auch schon auf der Hangseite vor der Berge-haldenerweiterung toniges Gestein zum Ziel hatte, verzahnt sich nunmehr sichtbar mit dem bergbau-seitigen Flächenanspruch.19 Ein weiteres wirtschafts-geographisches Überlagerungsproblem ergab sich 1979 nach Stilllegung des Westfeldbetriebes des Steinkohlenbergbaus. Das abgeworfene Grubengebäude füllte sich nach und nach mit Wasser und bei 65,9 Meter über NN erfolgt dann der Überlauf in den wasserlösenden Dickenberger Stollen. Die obertägige Vorrichtung der Steinbruchsohle bis hinunter auf 40 Meter über NN war bis zu Beginn der 80er Jahre kein Problem. Auf die veränderte hydrogeologische Situation, die mit der um 1960 nicht voraussehbaren Stilllegung des Westfeldes verbunden war, hatte sich das Steinbruchunternehmen nun einzustellen. Beides verdeutlicht die angestammte Domäne des staatlich geförderten Steinkohlenbergbaus mit seinen vielen Arbeitsplätzen im Vergleich zu einem nur einen Bruchteil davon beschäftigenden mittelständischen Steinbruchbetrieb. Die Konstellation Steinbruch /Bergehalde lässt an eine ausweglose Situation denken. Doch der Gebietsentwicklungsplan (GEP) von 1986 weist für unseren Raum einen, die ganze Bergflanke einnehmenden Aufschüttungsbereich aus bis nahe an die Hangstraße Uffelner Berg, der von Bereichen für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen regelrecht umklammert wird. Der jüngst erschienene Entwurf des GEP von 1994 nimmt die potentielle Expansion in Richtung Bergfußmulde (bei Hohnhorst) und Uffelner/Zumwalder Sandfächer" sowie mit Übergang zum Kälberberg zwar wieder zurück, markiert aber ein östliches Ausdehnungsgebiet des Steinabbaus jenseits der Fahrwege Uffelner Berg und Moorweg. 21 Das Steinbruchunternehmen Westermann sichert sich nun Schritt für Schritt die Option für einen späteren Vortrieb gegen Nordosten und zwar in Richtung Moorweg und Waldweg. Eine Erweiterung nach Osten über die Fahrstraße, die von Up de Hee/Rheiner Straße hinaufführt, hinweg - und zwar etwa auf den Höhenpunkt 123,3 Meter (Waldweg/am Wilhelmschacht) zu, ist geplant. Über ein eventuelles Verschwinden der Siedlung oben auf dem Uffelner Berg, die genau in Streichrichtung des Gebirges liegt, gerade 500 Meter nordöstlich der Aufbereitungsanlagen des Groß-Steinbruchs, wurde kontrovers nachgedacht. So eng sind die Raumreserven an der West-/Nordwest-Flanke des Dickenberges geworden! Allerdings ist es auch der von allen Einwohnern einer Region oder eines Raumes verursachte "Müllberg", der als Kreismülldeponie von Süden, über den ehemaligen Hollweg-Kümpers'sehen Steinbruch hinweg, nahe an die Siedlung herangerückt ist. Keiner konnte beim Entstehungsimpuls für die Uffelner Berg-Siedlung während der 50er Jahre das viel spätere und umfangreiche Abgraben und Abladen in der freien Landschaft ahnen.


Ein Erdwall schirmt heute die Siedlung von Deponie und Steinbruch ab. Die ältere Überlegung, eine partielle Verkippung der Grubenberge in alten Steinbrüchen schien in den 70er Jahren doch nicht sinnvoll. Zudem war die große Steinbruchwüstung östlich des Westermannschen Bruchs, wo in den 60er Jahren das erwähnte Rheiner Steinbruchunternehmen Hollweg/Kümpers auf seiner Standortwanderung vom Gravenhorster Berg zum Kälberberg eine Betriebsetappe (von 1966 bis 1968) ausnutzte, schon gegen Ende der 70er Jahre das Ziel einer Mülldeponie-Planung, so dass hier, wie übrigens auch im ehemaligen Apkeschen Steinbruch (jetzt Natursteinbetrieb Schwabe) an der Grenze von Püsselbüren zu Ibbenbüren keine Bergedeponie des Steinkohlenbergbaus entstehen konnte beziehungsweise auch nicht durfte, denn Hanghalden waren damals schon nicht mehr erlaubt. Die schon Anfang der 60er Jahre konzipierte langfristige Berge-Aufhaldung für den Ostfeldbetrieb im Westen des Dickenberges, an der Hopstener Straße, mag zwischendurch vom Vorstellungsbild einer dereinst übergreifenden und ausgreifenden Ausdehnung eines solch konzentrierten Bergebetriebs beeinflusst, den Blick auf die großen Steinbrüche am Dickenberg gerichtet haben, ohne eine, die ganze Flanke des Dickenberges erfassende Bergedeponierung gedanklich ausgeschlossen zu haben. Die gelegentlich eher heftig diskutierte Frage einer Rekultivierungspflicht durch das Unternehmen Westermann ist prinzipiell unstrittig, da auch dieses Steinbruch-Unternehmen entsprechend dem nordrhein-westfälischen Abgrabungsgesetz natürlich nicht aus dieser Pflicht entlassen ist. Ausgleichsflächen in der Umgebung des Uffelner Berges stehen umfangreich dem Wald- und Landschaftsverlust gegenüber. Die Firma Westermann hat in den letzten drei Jahren insgesamt rund 6,5 Hektar aufgeforstet. Nördlich des ehemaligen Wilhelmschachtes wurden zum Beispiel neun Hektar Fläche, teils Offenland, vom Steinbruchunternehmen gekauft, um allein dort zwei Hektar aufzuforsten. Die vielfältigen anderen Flächennutzungen und Flächen-Beanspruchungen in das "Naturraumpotential" Steine-Erden -Baustoffe, nämlich Mülldeponien, Erd- und Bauschuttdeponien (teils mit nachgefolgter Rekultivierung, zum Beispiel über der Rheiner Straße), sodann Bergedeponien des Steinkohlenbergbaus und schließlich die Begrenzung eines tiefsohligen Steinabbaus aufgrund des Grundwasseranstiegs im abgeworfenen Grubengebäude des Westfeldes haben den heute bestehenden, weithin offenen Großsteinbruch als ein zur Offenhaltung und gegebenenfalls weiteren Ausweitung vorgesehenes Rohstoffareal, allein aus Gründen steinbruchgeologischer beziehungsweise abbauorganisatorischer und betriebstechnischer Dispositionen und damit zusammenhängender Zukunftsaspekte bestimmt. Der heutige Wirtschaftsorganismus und Wirtschaftsgeist ist es, der das Südwestende des Dickenberges zu einem unverzichtbaren Naturraumpotential in der nordwest-deutschen Region gemacht hat. So sieht es im Prinzip auch der gesetzliche Gebietsentwicklungsplan der Bezirksregierung. Jede Rohstoffregion schafft Konflikte mit Anwohnern und Außenstehenden und Konkurrenten.

Die Landschaft selbst ist zum Beispiel ein Konkurrent oder sollte stets als Mitbewerber für die (Um-) Gestaltung einer Region und eines Raumes in unserer Zeit gesehen werden. Hätte man diese ineinandergreifenden Raumbeanspruchungen und Raumverfügungen infolge des Zugriffs unserer hochzivilisierten Gesellschaft früh erkennen können oder wollen oder zeitig hätte verhindern wollen - vielleicht zu Beginn des sogenannten Wirtschaftswunders, - dann hätte man die beschriebene Ausdehnung der modernen Sandsteingewinnung in Richtung Uffeln in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts durch Naturschutz beziehungsweise durch verbindliche Landschaftsschutzgebiete stoppen müssen. Die Rekultivierungs- Debatte zeigt die Gespaltenheit dieser Gedanken, weil das langfristige oder perspektivische Prozessdenken im makro- und mikro-geographischen Raum, also in der sogenannten Landschaft, den Bürgern und auch Politikern eher unvertraut ist. Wenn in einigen Jahren auch die Mülldeponie bei Westermann verfüllt ist, wird jedenfalls ein Ansatz zu einer Rekultivierung am Uffelner Berg unmittelbar erfolgen. Ob dereinst nach Norden Erden- und Bauschuttmaterial oder auch Grubenberge verkippt werden oder werden sollten, mit nachfolgenden Rekultivierungen als Landschaftsarchitektur - oder ob irgendwann in der Zukunft eine große Steinbruchwüstung, also ein verlassener Steinbruch als Standort einer natürlichen Wiederbesiedlung mit heimischen Pflanzen-Assoziationen oder -Sukzessionen, wenigstens teilweise, also als landschaftsökologische "Nische" in Frage käme, steht auf einem anderen Blatt. Es ist hier nicht der Platz, dieses zu erörtern. Jedenfalls bleibt am Uffelner Berg vernünftigerweise nur die Chance, einer die Technik mit der Landschaft versöhnenden Betrachtungs-weise. Es ist hier auch nicht der Ort, eine Analyse eines augenscheinlichen Raumnutzungs-Konfliktes bis in die einzelnen Geschehensabläufe hinein vorzunehmen. Die spezifische Faktorenkonstellation, wie sie für den Westen des Ibbenbürener Karbongebirges gegeben ist, legt jedenfalls heute einen solchen Raumnutzungskonflikt offen zu Tage.22. Man hat die Tatsache, dass sich der Steinbruchstandort Westermann am Uffelner Berg spätestens ab 1961 als regionales Innovationszentrum der Sandsteinindustrie /Sparte Bruchsteingewinnung herausschälen würde und demzufolge auf lange Sicht eine beträchtliche räumliche Ausbreitung haben würde, wohl nicht mit dieser Deutlichkeit gesehen.
Quelle - Uffeln - Geschichte eines Ibbenbürener Ortsteils



Anmerkungen

Der vorliegende Beitrag fußt auf der Dissertation des Verfassers: Die Forst- und Industrielandschaft des Dickenberger Bergbaubezirks bei Ibbenbüren (Münster 1974). Darin nimmt die räumliche Entwicklung der Steine-Erden-Industrie breiten Raum ein; auf Beleg- und Quellenangaben wurde daher hier im Allgemeinen verzichtet. Eine Umarbeitung für den vorliegenden Beitrag war selbstverständlich erforderlich, zumal die Entwicklung seit den 70er Jahren bis heute neu beschrieben werden musste. Mit Unterlagen und Auskünften haben geholfen:


- Fa. Clemens Westermann OHG, Steinbrüche, Ibb.-Püsselbüren, namentlich Prokurist Ludwig Menger,
- sodann die Stadt Ibbenbüren
- sowie die Preussag Anthrazit GmbH, namentlich
- Eine schriftliche Auskunft gab die Fa. Hollweg, Kümpers & Comp., Rheine.
- Für eingehende Gelände-Befahrungen ist besonders Herrn L. Menger, Fa. Westermann, zu danken.
- Zudem wurden folgende Literaturtitel herangezogen: GLORIA, Günther / HÄDICKE, Manfred
(1985): Bergewirtschaft und Haldenbegrünung beim Steinkohlenbergwerk Ibbenbüren. - In: Glückauf
121 (1985), Nr. 21, S. 1649-1656.



Literatur ::

Piesberger Steinindustrie, Klöckner Durilit GmbH (Hrsg.):
Geschichte und Entwicklung der Piesberger Steinindustrie (Verf.:
W. HAKENBERG u. a., 2. Aufl., Osnabrück-Pye [als Manuskr. gedruckt]).

Regierungspräsident, Der - (Hrsg.): Gebietsentwicklungsplan
Regierungsbezirk Münster. Teilabschnitt Zentrales Münsterland. 1986.
(o. O.); - derselbe (Entwurf, Münsterland), 1994.

RÖMHILD, Georg (1976): Konzentration und Standortbildung in der Industrie der
Steine und Erden. -
In: Natur- und Landschaftskunde in Westfalen.
12. Jg., H. 2/Juni 1976, S. 39-46.

Die Steinbrüche in der Bundesrepublik Deutschland 1981.
Eine Dokumentation der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft
(Hrsg.: Steinbruchs-Berufsgenossenschaft, Hannover). Hannover 1982.

WOBBE, Erich (1989): Der Ueffelner Steinbruch, Pflasterlieferant
für viele Straßen und Plätze. -
In: Osnabrücker Land 1989, Heimat-Jahrbuch, S. 207-211.



Quellen ::

1
.
RÖMHILD 1991. (s. Anm. 9), S. 20; - betrifft die ehemaligen zwei, heute zusammen-
geschlossenen Betriebsstandorte Apke und Schwabe.

2.
"Quern/en" (germ.-althochdt. "quirn") bedeutet dort wohl: "Bruchstücke" und Halbzeug von "Handmühlen"
und Reibern aus dem nahe dem Schlickelder Altsiedelraum (Mettingen) anstehenden Konglomerat-Sandstein.

3.
Vergleiche Landkarten von 1616/1747 und 1768; Staatsarchiv Münster, Kartensammlung
A 1239 und A 423.

4.
Näheres hierzu siehe im Landschaftsartikel von RÖMHILD im vorliegenden Buch.

5.
Vergleiche Albin GLADEN (Münster 1970): Der Kreis Tecklenburg an der Schwelle des Zeitalters
der Industrialisierung, S. 77.

6.
Nach Georg DEHIO, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. Westfalen (1986), S. 237 (- zur Kritik
der frühen Verwendung Ibbenbürener Sandsteins im frühen Steinmetzhandwerk siehe kurz zuvor!).

7.
Karte im Maßstab von etwa 1 : 8000, die ich bei der Arbeit an meiner Dissertation bei der
Preussag, Steinkohlenbergwerke Ibbenbüren, entdeckte.

8.
Namentlich von der Firma H. Berentelg (RÖMHILD 1991, S. 14).

9.
Vergleiche hierzu im Buch des Verf. "Der Schafberg im Tecklenburger Land" (Ibbenbüren 1991), S. 14.

10.
Das Gegenteil, nämlich "anaklinal", wäre günstiger (Schichteinfallen "nach hinten"!).

11.
Siehe Piesberger Steinindustrie, S. 16 ff. u. 49 ff.

12.
Siehe WOBBE 1989, S. 211.

13.
Eigentlich Nordflanke des "Bergeshöveder Berges".

14.
Schon in den frühen 50er Jahren hatte Hollweg/Kümpers hier am südwestlichen Dickenberg Fuß gefasst, ohne diesen Standort in besonderer Weise betrieblich zu entwickeln oder zu forcieren.

15.
Drei Jahre vor Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Abgrabungsgesetzes; - eine ähnliche Steinbruchwüstung war 1970 durch einen anderen Rheiner Betrieb beim Hof Vorberg in Obersteinbeck innerhalb von zehn Jahren entstanden! Dieser Standort ist heute wieder aufgelebt!

16..
Siehe Piesberger Steinindustrie, S. 24.

17.
Das entsprach ja auch dem vorgegebenen Sandsteinvorkommen quarzitähnlicher Ausprägung (mit serizitischer Kornbindung) von mittelhoher Druckfestigkeit (etwa 900 bis 1100 kp/cm2; n. NAN-DELSTAEDT 1910, zit. b. RÖMHILD 1974); das Schüttsteinangebot wurde früh schon durch Klassierungen für den Wege- und Straßenbau ergänzt.

18.
Davor, als der Betrieb zweischichtig gefahren wurde, ging der Jahresausstoß bis an 1,3 Millionen t/J. heran! Der Kälberbergsteinbruch liegt von seiner Ausstoßleistung her wesentlich darunter! Aus der einschichtigen Produktion kommen heute zirka 500.000 t/Jahr Sandsteinklassierung und zirka 100.000 t/Jahr gewaschener Sand sowie 150.000 t/Jahr Ton.

19.
Siehe Areal- und Physiotopdarstellung (Abbildung 38) beim "Landschaftsartikel" im vorliegenden Buch.

20.
Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster, Teilabschnitt Münsterland, Entwurf, 1994, III. Zeichnerische Darstellung, Bl. 5.

21.
An der Rheiner Straße: im Bereich der ehemaligen Steinbrüche oberhalb von Wolters, sowie östlich anschließend im Restabbaugebiet von Schmitz u. a.

22.
Siehe auch den "Landschaftsartikel" im vorliegenden Buch!


Quelle: Uffeln - Geschichte eines Ibbenbürener Ortsteils


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20

Altes Handwerk in Westfalen - Von Paul Brockhoff (Autor) 1994

Steine und Erden  

Sandsteinbrechen
Um die Jahrhundertwende gab es in den Sandsteinbrüchen des Tecklenburger Landes mehr Beschäftigte als beim Steinkohlebergbau oder in anderen Erwerbszweigen. Schon vor dem Abbau von Kohle waren die vielen Steinbrüche am Teutoburger Wald ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor für diese Gegend. Einige Steinbrüche sind heute noch in Betrieb, ihre Produkte sind der Qualität wegen nach wie vor begehrt. Sandstein ist ein bedeutender natürlicher Baustoff, der über viele Jahrhunderte zum Bau von Burgen, Kirchen, Denkmälern und Privathäusern verwandt wurde. Im Zusammenhang mit dem Bau historischer Denkmäler wurden Steinbrüche hier schon im 14. Jahrhundert genannt. Sandsteine waren für das Tecklenburger Land auch schon immer ein wichtiger Exportartikel, der bis weit in die norddeutsche Tiefebene und in die „steinarmen" Länder wie Holland ausgeführt wurde. Kaufleute aus Holland erwarben Pachtrechte an hiesigen Steinbrüchen. Die Landesfürsten übten ihre Hoheitsrechte bei der Herstellung und beim Vertrieb von Mühlsteinen aus, die hier an Ort und Stelle aus mächtigen Felsblöcken gehauen wurden. Ein solches Mühlsteinrecht bestand auf dem Schafberg in Ibbenbüren, wo der Flurname Querenberg (= Mühle) noch erhalten ist. Einen solchen Sandsteinhandel mit Holland gab es bis zum 19. Jahrhundert. Besonders begehrt war hier der weiche Stein, der zu Streusand gemahlen wurde. Im Zug der Liberalisierung kamen die Steinbrüche und damit auch ihre Ausbeutung immer mehr in die Hände privater Unternehmen. Der Transport von Bruchstein in entferntere Gebiete war natürlich schwierig und mit großem Zeitaufwand verbunden. Anfangs waren Ochsen- und Pferdewagen die einzigen Transportmittel, die diese schweren Lasten befördern konnten. Ackerwagen, die mit dicken Holzbohlen und niedrigen Flechten an beiden Seiten verkleidet waren, fuhren viele Tage über Land, um die Kundschaft zu erreichen.


Einen neuen Auftrieb gab es in der Sandsteinindustrie, als Eisenbahnstrecken und Kanäle gebaut wurden. Die Steine wurden jetzt zu den naheliegenden Bahnhöfen oder Häfen transportiert. Die Eröffnung der Eisenbahnlinie Osnabrück-Ibbenbüren-Rheine im Jahre 1856 und des Dortmund-Ems-Kanals 1902 brachten den Steinbruchbetrieben des Tecklenburger Landes neue Aufträge. Auch der um 1900 begonnene Bau von festen Straßen erleichterte den Transport von Steinen sehr. Alle großen Sandsteinvorkommen des Teutoburger Waldes können im Tagebau abgebaut werden. Es gibt unterschiedliche Qualitäten, wie den härteren, dunkleren Stein, der der Verwitterung eher standhält. Er ist häufiger am Nordhang anzutreffen und lagert oft auch in Schichten über den Kohleflözen. Am Südhang des Berges dagegen lagert der Kreidesandstein, der von Natur aus weicher und leichter zu verarbeiten ist. Kommt dieser Stein mit Luft in Berührung, wird auch er dunkler und fester. Bei einer Wanderung über den Kammweg des Teutoburger Waldes kann man an beiden Seiten des Weges noch offene und teils verfüllte Steinbrüche sehen. Bäume und Sträucher verdecken manchmal diese alten Brüche; Frost und Hitze haben diese Narben in der Landschaft fast völlig verändert. Man kann Hügel entdecken, die heute mit Erde und Pflanzen bedeckt sind. Darunter befindet sich der Abraum der alten Brüche, wie Erde, Steinbrocken oder Schutt. Zu den geologischen Besonderheiten der Brüche kommt auch ihr geschichtlicher Wert; sie sind Zeugen alter Erwerbstätigkeiten. In den Holthauser Bergen lagen die Steinbrüche oft „direkt vor der Haustür". Grundstückbesitzer hatten ihre eigenen Steinbrüche, die sie nach Bedarf selbst bewirtschafteten.


Neben der Stärkefabrik Kröner lag Lehmanns Bruch, Bauer Schulte- Brochterbeck aus dem Dorf hatte seinen eigenen Steinbruch oberhalb des jetzigen Campingplatzes. Hier wurden nach dem zweiten Weltkrieg noch Steine für den Wiederaufbau zerstörter Häuser gebrochen.
Der im Volksmund als „Klöppers Steenkuhle" bekannte Bruch in Holthausen in der Nähe des Hauses Middendorf am Nordhang des Teutoburger Waldes wurde bis 1900 noch gewerblich genutzt. Heute ist er für interessierte Heimatfreunde ein wichtiges Lern-und Anschauungsobjekt. An den Narben in der Landschaft erkennt man, dass in den Holthauser Bergen früher viel Sandstein gebrochen wurde. Die Steinbrüche waren meistens in Privatbesitz. Man räumte die Erdschicht ab und brach die Steine, wie sie für den Eigenbedarf erforderlich waren. In den Brüchen kann man heute noch die Lagerung der Gesteinsschichten erkennen, die allerdings durch Witterungseinflüsse stark erodiert sind. „Klöppers Steenkuhle" in Holthausen lieferte über lange Zeit Sandsteine für viele Bauten in der Umgebung. In der Nähe stand eine Haubude, wo die Steinbrecher die Felsblöcke bearbeiteten. Die fertigen Teile wurden bis nach Holland transportiert. Für Heimatkundler ist der heute mit Wasser gefüllte Bruch ein wichtiges Anschauungsobjekt. In den „Düvelskerken" an der Nordseite des Klotenberges befand sich ein großer Steinbruch, an dessen steilen Wänden heute Bergsteiger gern ihre ersten Kletterversuche machen.


Mit besonderem Interesse wird hier die Ökologie des alten Steinbruches beobachtet. Dabei interessiert die Frage, ob man diesen Bruch als Biotop erhalten oder rekultiviert der Landschaft zurückgeben soll. In den Steinbrüchen arbeiteten früher die „Steenhöwer", Steinhauer oder Steinbrecher. Unter erschwerten Bedingungen wurden Block für Block von den schwer zugänglichen Felsen abgespalten. Oft konnte man diese Felsen nur über Leitern erreichen. Der Steinhauer konnte es in seinem erlernten Beruf bis zum Meistertitel bringen. Die Tagelöhner hießen auch „Steinkühler", sie machten die groben Arbeiten, wie Steine aufladen und Schutt abräumen. Handwerklich und zugleich künstlerisch begabte Steinhauer ließen sich zu Stein­metzen ausbilden. Der Beruf wurde dann hauptamtlich ausgeführt, die Landwirtschaft war nur noch eine Nebenerwerbsquelle. In „Klöppers" Steinbruch wurde nicht gesprengt, weil man mit dem Material sorgsam umgehen und es nicht unnütz vergeuden wollte. Vor dem Abspalten wurde der Boden abgeräumt. Mit einer kurzstieligen Picke wurden in Abständen von 30 cm Löcher in den Stein geschlagen. War die stahlgehärtete Spitze der Picke stumpf geworden, konnte sie für 10 Pf. in der Dorfschmiede wieder geschärft werden.


1. Aus Holthauser Sandstein wurde vor 60 Jahren am Hermannsweg die Marienkapelle gebaut.
2. Das Kirchenportal der evangelischen Dorfkirche Brochterbeck wurde von Steinhauern aus Material
... der Holthauser Brüche geschaffen.
3. Künstler verwerten heute noch Sandsteine aus den Holthauser Bergen. So entstand dieser neuzeitliche
... Bildstock am Hof Middendorf.
4. Mit einem Fäustel und Meißel bearbeitet der Steinhauer die Oberfläche eines Sandsteines.


Dann wurde von Loch zu Loch eine Spaltlinie vorgezeichnet, die als Markierung beim Einschlagen der Keile diente. Zunächst schlug man so einen etwa 2 bis 3 m dicken Block vom Fels ab. Dieser Block konnte dann weiter unterteilt werden. Die Steine wurden mit einer Lore zu einer Rampe gebracht, dann auf Pferdewagen geladen und abtransportiert. Ausgesuchte Blöcke wurden zur weiteren Bearbeitung in die naheliegende Haubude gebracht, einem Schuppen, der an beiden Seiten offen war, damit der unsichtbare Staub besser abziehen konnte. Gerade dieser Staub war für die Lunge besonders gefährlich. In der Haubude arbeiteten die Steinmetze. Sie trugen meistens einen blauen ledernen Steinhauer-Schurz, der bis auf die Füße reichte. Nur so gab es genügend Schutz vor Steinsplittern. Steinmetze legten besonderen Wert darauf, einen überdachten Arbeitsplatz zu haben. Die wichtigsten Werkzeuge waren eine Zweispitz-Hacke, ein meißelförmiges Schlageisen, Spaltkeile, ein Bossierhammer, ein „Büöcker" aus Buchenholz, ein vierkantiges Kröneisen und ein Scharriereisen, um Rillen einzuschlagen.

In Klöppers Kuhle in Holthausen wurden u. a. Kir­chenportale aus Stein gehauen, die bis nach Holland und Belgien geliefert wurden. Außerdem wurden Tür-und Fenstereinfassungen gearbeitet und Kirchenpfeiler, Gewölberippen und Schlußsteine gemeißelt. Steinreste konnten noch für Viehtröge, Fensterbänke, Blumenschalen und Pflastersteine verwandt werden. Das Baumaterial für die katholische Kirche in Brochterbeck kam aus „Klöppers" Steinbruch, so auch die Steine für Grabdenkmäler auf den Friedhöfen. Im Jahre 1889 gründete ein Konsortium aus Bürgern der Gegend im Bocketal den Steinbruch „Düvelskerken". Hier waren 30 bis 40 Arbeiter beschäftigt. Wenn in diesem Steinbruch Felsblöcke gesprengt wurden, wurde die Straße durch das Bocketal durch Signalrufe gesperrt. Gesprengt wurde mit Schwarzpulver, das in vorgefertigte Bohrlöcher oder in Felsspalten gefüllt wurde. Im Steinbruch „Düvelskerken" wurden auch Steine für den Neubau der Basilika in Rheine gebrochen. Sie wurden mit Pferdefuhrwerken dorthin transportiert. Der Steinbruch im Bocketal wurde 1905 wieder aufgegeben, weil er unrentabel geworden war.


Bruchsteinverarbeitung
Aus Sandstein ein Mauerwerk herzustellen, erfordert handwerkliches Können. Wer eine Ziegelmauer lotrecht und waagerecht errichten kann, ist nicht unbedingt auch in der Lage, ein Natursteinmauerwerk fachgerecht herzustellen. Diese Meinung vertrat jedenfalls der 1904 geborene Rentner Anton Schröer in Ibbenbüren. Er ist gelernter Maurer und hat lieber mit Bruchsteinen gearbeitet als mit Ziegelsteinen. Es gibt noch viele Bruchsteinhäuser im Tecklenburger Land, die von Anton Schröer mit gebaut wurden. Er bedauert es, dass in den letzten Jahrzehnten so viele alte Bruchsteinhäuser abgebrochen wurden. Beton und gebrannte Ziegelsteine haben den heimischen Naturstein verdrängt. In einer Bruchsteinmauer bleibt ein Stück Natur erhalten, denn Steine sind gewachsene Naturelemente, die viele Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

Im Unterschied zu gebrannten Ziegelsteinen sind Natursteine jedoch empfindlicher gegen Witterungseinflüsse, sie reagieren auf bestimmte Einflüsse von außen und sind auch druckempfindlich. Farbe, Maserung und Körnung des Gesteins können sich durch Licht-Einflüsse leicht verändern, Steine dunkeln nach und verlieren damit oft ihr natürliches Aussehen. Anton Schröer kann sich noch gut daran erinnern, dass Bruchsteine früher viel billiger waren als gebrannte Ziegelsteine. Es gab viele private Steinbrüche, die auch Mauersteine als Abfall verkauften. Die Verarbeitung von Bruchsteinen war jedoch arbeitsintensiver als das Vermauern von Ziegelsteinen. Der Bauherr musste sich die Frage stellen, ob er höhere Material- oder Lohnkosten berücksichtigen wollte. Die Maurer bearbeiteten das Bruchsteinmaterial vor Ort auf der Baustelle. Große Blöcke wurden vorher in den Steinbrüchen maßgerecht gehauen. Mit Hammerschlägen ließen sich die Steine gut lagengerecht spalten. Sie zerbrachen in ziemlich gleichmäßige rechteckige Qua­der, wenn man an der richtigen Stelle ansetzte. Wenigstens zwei Seiten mussten glatt sein, unregelmäßige Steinbrocken waren zum Mauern im Verband ungeeignet, sie konnten nur als Füllmaterial verwendet werden. Die mit einem Hammer zurecht gehauenen Steine waren nun „hammerrecht" und für ein Schichtenmauerwerk verwendbar. Steine konnten leicht oder stark „bossiert" werden, damit erhielt das Mauerwerk ein besonderes Aussehen. Durch Pickelschläge wurde die Oberfläche gemustert, und mit dem Kröneisen wurden Rillen und Streifen eingeschlagen. Einen „Bossenschlag" gab es an Fenstern und Türen, um das Hänge-Lot besser anbringen zu können.


Der Mörtel zum Vermauern
1924 wurde die erste Speismaschine von einer hannoverschen Firma bei der Preussag eingesetzt. Diese Maschine glich dem Modell eines Fleischwolfes. Sonst wurde Mörtel in einer „Speispfanne" zugerichtet. Vier Teile Sand und ein Teil Kalk mit dem notwendigen Wasser vermischt, ergaben den richtigen Mauerspeis. Die Kalkstücke waren vorher in einer eisernen Pfanne gelöscht worden.

Die Mauerung
Im Sommer war das Verarbeiten von Sandsteinen leichter als im Winter, denn auch in der kalten Jahreszeit wurde ohne Handschuhe gearbeitet. Die Hände waren bald rissig, die zugige Luft machte oft krank, Rückenleiden war sehr häufig die „Maurerkrankheit" und machte viele zu Frührentnern. Bruchsteine wurden nur für ein massives Mauerwerk verwandt, eine isolierende Luftschicht gab es nur bei einem Ziegelmauerwerk. Bruchsteinmauern trockneten langsam; Wärme- und Feuchtigkeitsausgleich bei Temperaturwechsel vollzogen sich nur allmählich. Ein massives Mauerwerk hatte drei Schichten, eine äußere Verblendschicht mit ausgesuchtem Material, eine Hintermauer-Schicht und dazwischen eine Füllschicht mit Abfallsteinen. Eine solche Mauer war mindestens 45 cm stark, ein Fundament aus Bruchsteinen war jedoch bedeutend breiter. Für ein handwerksgerechtes Vermauern von Natursteinen müssen bestimmte „Verbandregeln" beachtet werden; damit kann eine bestimmte Wirkung erzielt werden. Zwei Steine auf einen und ein Stein auf zwei, so eine Maurerregel. Der Maurer muss ein geschultes Auge dafür haben, welchen Stein er jeweils aus dem Vorrat auswählt und wo er ihn hinlegt, dann geht die Arbeit besser voran.


Einige Proportionen müssen stimmen, dazu gehören Länge und Höhe der Steine; zu lange oder zu kurze Steine stören die Harmonie. Im Schichtenmauerwerk müssen die Lagerfugen waagerecht verlaufen. Die Schichten können unterschiedlich hoch sein, Steine einer Schicht müssen die gleiche Höhe haben. Auch im Vielverband lagern die Steine waagerecht mit unterschiedlichen Höhenschichten. Stoßfugen sollen möglichst rechtwinklig zu den Lager-Fugen verlaufen, sie müssen aber nicht immer lotrecht sein. Mehrere Stoßfugen übereinanderzusetzen ist regelwidrig. Beim „Zyklopenmauerwerk" gibt es keine einheitliche Richtung der Lager- und Stoßfugen. Die Natursteine sind bei diesem Mauerwerk wenig bearbeitet und die Fugen breiter, so dass dieses unregelmäßige Netz von Steinen sehr lebendig wirkt. Um den statischen Druck aufzufangen, werden beim Zyklopenmauerwerk die Hausecken meistens mit Quadersteinen ausgebildet. Nicht winkelrechte Steine führen zu weiten Fugen und Zwischenräumen im Mauerwerk. Diese Stellen werden mit Steinstücken „ausgezwickt", die in einem Mörtelbett ihren Halt finden. Ein Mauerwerk muss daher richtig ausgezwickt werden, denn zu dicke Fugen schwächen die Statik. „Handwerksgemäß vermauert und verzwickt", so stand es in den Angeboten früher. Für Wetter-beständigkeit und gutes Aussehen eines Mauerwerkes ist richtiges Verfugen wichtig. Gut verfugtes Mauerwerk kann oft Jahrhunderte alt werden. Der Mörtel muss tief in die Fuge eingestrichen werden, um der Witterung standzuhalten. Neues Mauerwerk muss sich zuerst setzen, bevor es verfugt wird, sonst gibt es Risse. Aufgesetzte Fugen können den Ablauf des Regenwassers aufhalten. Dann dringt Feuchtigkeit in das Mauerwerk und es kommt zu Verwitterung. Bei der Errichtung von Trockenmauern für Einfriedungen und Stützmauern können Natursteine eine wichtige ökologische Aufgabe erfüllen. Hier werden die Steine ohne Mörtel versetzt, Hohlräume und Fugen mit Muttererde verfüllt. Auf der Mauerkrone und in den Fugen siedeln sich dann Pflanzen und Tiere an und erhalten damit ein Stück Natur. Die Anlage einer solchen Trockenmauer erfordert kein besonderes handwerkliches Können, hier kann jeder sein eigener Architekt und Bauherr sein.


Quelle: Altes Handwerk in Westfalen - Von Paul Brockhoff (Autor) 1994


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21 Unser Sandstein - Die Sandsteinindustrie 1938 - Verfasser Albert Schräwer  

Die Sandsteinindustrie 1938

Die umfangreichen Natursteinvorkommen in den Ausläufern des Teutoburger Waldes führten schon früh zu ihrer Gewinnung und Verarbeitung. Der Abbau des Sandsteins in den Grafschaften Lingen und Tecklenburg lässt sich bis in das 14. Jh. zurückverfolgen. Zum Bau von Wohnhäusern wurde der Sandstein des Schafberges und des Teutoburger Waldes nur in vereinzelten Fällen verwandt, da seine kostspielige Verarbeitung und sein auf den damaligen schlechten Straßen schwieriger Transport, ihn dazu nicht geeignet erscheinen ließen. Er diente in der Hauptsache zur Herstellung von Mühlensteinen und nebenbei verfertigte man aus den dünnbackigen Deckschichten feinkörnige hellfarbene Sandsteinplatten, die als Flurbetrag sehr beliebt waren. Die Mühlsteine eigneten sich besonders zum Mahlen groben Mehles, während sie zur Bearbeitung des Weizens zu weich waren. Darum hatten die Müller im Münsterschen und Osnabrückschen stets einen Ibbenbürener und einen harten Rheinischen Stein in Gebrauch, um damit grobes und feines Mehl zu mahlen.

Die bei der Gewinnung der Steinblöcke anfallenden Steine größeren Umfanges wurden zu Trögen, Kümpen, Treppenstufen, Quadersteinen verarbeitet, vereinzelt auch zu Häuserbauten benutzt. Eine starke Belebung erfuhr die Steinbruchindustrie durch den 1731 einsetzenden Steinhandel nach Holland. Das steinarme Holland suchte sich seit dieser Zeit ständig einen regelmäßigen Bezug Tecklenburger Steine zu sichern; im Jahre 1791 wurden die tecklenburgischen und lingenschen Steinberge erstmalig auf 12 Jahre an einen Kaufmann aus Zwolle (Holland) verpachtet und ihm ausschließlich der Steinvertrieb nach den sieben vereinigten Provinzen von Holland und Dwente zugestanden, während der Steinhandel im Inland nach wie vor den Vögten vorbehalten blieb. Nach Ablauf der Pachtzeit wurden die Steinbrüche der Stegemannschen Kompagnie in Amsterdam auf 12 Jahre übertragen, und als die Pachtperiode abgelaufen war, pachtete wiederum ein Holländer Buldermann aus Amsterdam die Lingenschen und Tecklenburgischen Steinbrüche einschließlich der Brochterbecker Brüche.

Der Stein der letzteren Brüche, der äußerst rein und weich war (Bickstein), wurde in Holland zerkleinert und als Streusand benutzt. Später fand sich kein holländischer Unternehmer mehr. Der Bicksteinhandel nach Holland geriet ins Stocken, und im Jahre 1814 waren sämtliche im Kreise gelegenen Steinbrüche in Händen der Einheimischen. In zunehmendem Umfang wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Steine beim Bau der massiven Häuserfronten verwandt. Aber ihren Höhepunkt erreichte die Verwendung Tecklenburger Sandsteine zur Zeit des Kanalbaues, als die Zahl der in den Steinbrüchen beschäftigten Arbeiter mit 1000 Mann die Belegschaftsziffer aller im Kreise vorhandenen Industriezweige, selbst des Kohlenbergbaues, der durch das Ersaufen des Oeynhausenschachtes im Jahre 1894 eine Anzahl Arbeiter an die Steinbruchbetriebe abgab, bei weitem übertraf.
Nach der Jahrhundertwende trat ein Umschwung ein, der durch die steigende Verwendung von Ziegelsteinen, Beton und später von Kalksandsteinen zu Bauzwecken verursacht wurde und bis zu Kriegsbeginn zu einem fast völligen Darniederliegen der Steinbruchindustrie führte. Der durch den großzügigen Ausbau des Straßennetzes im Kreis hervorgerufene steigende Bedarf an Steinen, die seit 1930 erfolgte Neubelebung des Baumarktes und der nicht unbedeutende Bedarf an Sandsteinen beim Bau der Reichsautobahnen, riefen in den letzten Jahren eine Neubelebung der Sandsteinindustrie hervor. Durch die Einführung moderner technischer Verfahren, wie das Zersägen großer Steinblöcke durch Stahlbänder und Quarzsand, die Benutzung eines geeigneten Sprengverfahrens, durch das Blöcke des gewünschten Formates bei verminderter Sprengwirkung gewonnen werden, wurde die Leistungsfähigkeit der Tecklenburger Sandsteinindustrie außerordentlich gehoben. Die Arbeiterzahl stieg seit 1933: von rd. 200 auf rd. 600 im Jahre 1937; in Betrieb sind 50 Brüche. Die Steine, die sich durch ihre Säure- und Wetterfestigkeit sowie durch ihre natürliche Färbung,


die zwischen einem lebhaften blaugrau und einer braun-roten Maserung schwankt, besonders auszeichnen, sind gleich gut geeignet zum Bau von Wohnhäusern, als Fassung für Fenster und Portale, zu Monumental-Arbeiten, wie zur Herstellung großer öffentlicher Gebäude und zu Straßen- und Kanalbauzwecken.
Mengenmäßig liegt die Gewinnung von Steinen zu Wege- und Kanalbauten über der Verarbeitung zu Werksteinen, zumal die beiden Brüche, die von der Wasserbaudirektion Münster und Hannover, übernommen 1898 und 1916 zur Zeit des Baues des Dortmund-Ems-Kanals und des Ems-Weser-Kanals, im Kreise betrieben werden, keine Steine für Bauzwecke verarbeiten.
Wertmäßig dagegen übertrifft die Herstellung von Werksteinen wegen der darin enthaltenen Lohnkosten bei weitem die Bruchstein- und Packlagersteingewinnung. Bruch- und Packlagersteine werden zum Preise von unter 10 RM. für das cbm verkauft, während sich der cbm-Preis für Werksteine je nach der Art der Verarbeitung zwischen 200 RM. und 800 bis 1000 RM. bewegt. Der größte Bruch des Kreises bei Bergeshövede verarbeitet nur 10% der gewonnenen Steine zu Werksteinen, deren Wert aber über 50 % des Gesamtwertes seines Absatzes ausmachen. Mengenmäßig ist der Anteil so gering, weil der an dieser Stelle abgebaute äußerst harte Stein sich nur schwer arbeiten lässt. Bei den Brüchen um Ibbenbüren mit leichter verarbeitendem Material beträgt das mengenmäßige Verhältnis von Werksteinen zu Bruch- und Packlagersteinen im Durchschnitt 70 zu 30.


Auszug aus dem Buch
Entwicklung und Verflechtung der Industrie des Kreises Tecklenburg
Verfasser Albert Schräwer

Quelle für den Aufsatz
Rickelmann, Hubert: Die Sandsteingewinnung im Kreis Tecklenburg,
in Rickelmanns gesammelten Untersuchungen.



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22 Unser Sandstein - Weitere Aufsätze hier als Word doc - Download > > > (224 KB)  


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Links zum Thema :: Sandstein - Steinbruchunternehmen - Naturstein Seite oben

Foto. Wrockl. v. Czirnik - Steinbruch Braunschweig
::: Foto. Wrockl. v. Czirnik - Steinbruch Braunschweig


Grafik Sandstein  
Wikipeda - Ibbenbürener Sandstein - https://de.wikipedia.org/wiki/Ibbenb%C3%BCrener_Sandstein  
  Sandsteinvorkommen in Deutschland - http://www.geodienst.de/sandstein.htm  
  Wikipeda - Steinspaltwerkzeuge - https://de.wikipedia.org/wiki/Steinspaltwerkzeuge  
  Wikipeda - Steinhauer - https://de.wikipedia.org/wiki/Steinhauer  
     
Grafik Steinbruchunternehmen  
  Natursteine Woitzel - http://www.naturstein-woitzel.de/  
  Sandsteinbetrieb STS Ostendorf GmbH - http://www.ostendorf-sandstein.de/  
  Schwabe Natursteinbetriebe - http://www.naturstein-schwabe.de/  
  Westermann GmbH & Co.KG - http://www.westermann-steinbruch.de/lieferprogramm.html  
     
Grafik Natursteinarchive  
  Deutsches Natursteinarchiv am Europäischen Fortbildungszentrum - http://efbz.de/wp/archiv/  
  Natursteinonline.de - http://www.natursteinonline.de/  
     
Grafik Sandsteinmuseen  
  Baumberger Sandstein Museum - http://www.sandsteinmuseum.de/pages/willkommen.php  
  Sandsteinmuseums Bad Bentheim - http://www.sandsteinmuseumbadbentheim.de/  
  Stoffel Park - Bestandteil des Geoparks Westerwald-Lahn-Taunus - http://stoeffelpark.de/de/  


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Bücher zum Thema :: Sandstein


Dickenberg - Ibbenbürener Karbonscholle und angrenzende Kulturlandschaft

Autor: Reinhard Braun
Eigenverlag

255 Seiten, gebunden;
Ibbenbüren - Oktober 2014
40,- Euro

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand

Dickenberg - Ibbenbürener Karbonscholle und angrenzende Kulturlandschaft

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"Dickenberg - Wohnen Menschen Gemeinschaften"

Autor: Reinhard Braun
Eigenverlag
258 Seiten
Ibbenbüren - 08.06.2013
30,- Euro

Das Buch gibt es nicht im Handel.
Erhältlich bei Schürmann auf dem Dickenberg, beim Stadtmuseum, dem SV Dickenberg, der Werbegemeinschaft oder bei Reinhard Braun.

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand

Dickenberg - Wohnen Menschen Gemeinschaften

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Die Forst- und Industrielandschaft des Dickenberger Bergbaubezirks bei
Ibbenbüren - Wandel und räumliche Differenzierung unter besonderer Berücksichtigung
berg- und steinwirtschaftlicher Zustände sowie raumordnerischer Maßnahmen

Römhild, Georg - M.A.
Neuauflage 2014
403 Seiten

Buch erhältlich bei Reinhard Braun - Ibbenbüren - Tel.: 05451 16225 - 38 Euro

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand


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Der Schafberg im Tecklenburger Land
Bilder, Spuren und Denkmale einer westfälischen Bergbaulandschaft
Anleitungen zur Landschaftserkundung und Spurensuche

Römhild, Georg
Hrsg.: Historischer Verein Ibbenbüren 1991
Ibbenbürener Vereinsdruckerei GmbH, 1991
130 S. ; 28 cm : Ill., graph. Darst., zahlr. Kt.

ISBN 3921290538

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand

Der Schafberg im Tecklenburger Land

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Die Forst- und Industrielandschaft des Dickenberger Bergbaubezirks bei
Ibbenbüren - Wandel und räumliche Differenzierung unter besonderer Berücksichtigung
berg- und steinwirtschaftlicher Zustände sowie raumordnerischer Maßnahmen


Römhild, Georg - M.A.
Verlag Westfälische Wilhelms-Universität zu Münster, 1974
Münster, im Frühjahr 1974
341 Seiten

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand


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Alt-Ibbenbüren
- Bilder Berichte Geschichten

von Friedrich E Hunsche (Autor), Bernhard Holwitt (Autor)
2. überarbeitete und erweiterte Auflage: Dezember 1980
Ibbenbürener Vereinsdruckerei GmbH 1980
Gebundene Ausgabe: 272 Seiten

ISBN-10: 3921290031
ISBN-13: 978-3921290033

Ibbenbürener Vereinsdruckerei GmbH - http://www.ivd.de

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand


Alt-Ibbenbüren - Zweite überarbeitete Auflage 1980

Alt-Ibbenbüren
2. Auflage

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Ibbenbüren. Einst und jetzt

Von Anton Rosen

Ibbenbürener Vereinsdruckerei, 1952
Umfang: 535 S. : Ill., Kt.

Ibbenbürener Vereinsdruckerei GmbH - http://www.ivd.de

Stadtmuseum Ibbenbüren - Im Bestand

 

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Foto Seite oben - Steinbruch Braunschweig - Der Stein wird „angestopft“.
 
 
Fotos / Bericht der WN (Westfälische Nachrichten) vom 8.11.1930 über Braunschweig
 



© Förderverein Stadtmuseum Ibbenbüren e. V.
Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren
Stadtmuseum Ibbenbüren
Aktualisiert/Update 29.12.2019
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