|
Sie sind hier: Stadtgeschichte > Aufsätze zur Geschichte
Ibbenbürens > Kolpinghaus des Kath. Gesellenvereins |
|
Das Kolpinghaus des Katholischen Gesellenvereins - Ein Stück Stadt- und Baugeschichte
- Von Werner Suer |
|
Das Kolpinghaus in der Poststraße ist eines der
wenigen das Stadtbild prägenden alten Häuser Ibbenbürens. Es ist zu bedauern,
daß es nur Bestandsschutz hat, aber nicht als Baudenkmal in die amtliche Liste
eingetragen ist. Das Amt für Denkmalpflege in Münster führt das Kolpinghaus in
der Liste des zu schützenden Kulturguts. Die Untere Denkmalbehörde bezeichnet
das Gebäude als kultur- u. stadtgeschichtlich von großer Bedeutung. |
|
Das Kolpinghaus des Katholischen Gesellenvereins
Das Foto zeigt das Kolpinghaus im Jahre 1905 in der ortstypischen
Bauweise aus heimischem Sandstein, entstanden vor 1900, ähnlich dem Haus
Bergschneider an der Münsterstraße und dem alten Pfarrhaus an der Kanalstraße.
Das Gebäude ist symetrisch gegliedert und dem Baustil des Klassizismus nachempfunden.
Das verputzte Sandsteingebäude mit Krüppelwalmdach steht auf einem hohen Steinsockel
| |
|
Zwei Gesimse gliedern es horizontal, die Hausecken
sind in Zahnschnitt mit Quadern gestaltet. Alle Fenster haben Sandsteingewände,
der Frontgiebel hat drei Achsen mit einer Freitreppe in der Mitte. Die Giebelkartusche
trägt die Inschrift "Katholisches Gesellenhaus". Darüber ist eine verblendete
halbbogenförmige Nische zur Anbringung des Fahnenschmucks. Die Traufenwand trägt
ein Lattengerüst für Spalierobst . Die Bäume im Vorgarten sind noch kahl, so daß
die Fassade gut zu erkennen ist. Der harmonische Gesamteindruck des Gebäudes ist
bis heute unverändert. Es soll daher versucht werden, seinen stadthistorischen
Stellenwert zu beschreiben und auf die weitgehend unbekannte Entstehungsgeschichte
dieses Hauses zurückblicken. |
| Im
Buch "Ibbenbüren
einst u. jetzt" von Anton Rosen (1952) steht zur Vermessung von 1823
folgender Eintrag: "Parzelle 45 - Kerstein, Moritz Wwe., Scheune
(h. Poststraße 13 - Kolpinghaus". |
|
In der Urkataster-Karte von 1831 steht
an dieser Stelle (Poststr. 12) eine steinerne Scheune. Ein festes Gebäude mit
der Parzellennummer 45. Im Häuserverzeichnis zur Karte ist der Posthalter Moritz
Kerstein als Eigentümer genannt. Wenn man weiß, daß die alte Scheune zum Alten
Posthof gehörte, könnte sie also 1664 zusammen mit dem Posthof erbaut worden
sein. In ihr lagerte sicher das Futter für die Pferde der Postkutschen.
Ab 1871 war Moritz Kerstein Posthalter im Alten Posthof und
auch Besitzer dieser Scheune. Frühestens um 1857 könnte die Scheune verkauft
und zu einem Wohnhaus umgebaut worden sein, vermutlich von dem Landgerichts-Rendanten
Johann-Heinrich Eschmann. Er bewohnte das Haus mit seiner Ehefrau
u. seiner Schwester. Nach der Darstellung in den alten Karten wurde das Haus (Kolpinghaus)
auf den Mauern der Scheune errichtet. Die Geschwister Eschmann verkauften
1899 das Haus an den katholischen Gesellenverein, und es nannte sich nun
"Katholisches Gesellenhaus". |
|
In seinem Buch "Ibbenbüren
einst u. jetzt" schreibt Anton Rosen "Die ursprüngliche
Bezeichnung der Poststraße war "Zum Hallesch". Als aber im Jahre 1664 der alte
Posthof errichtet wurde, da bezeichnete man diesen Weg als Poststraße. Hier mündete
auch der nach Riesenbeck führende alte Postdamm, der noch heute die Bezeichnung
"Riesenbecker Postweg" führt. Dieser Weg führte über den "Grönen Weg" zur Karnhove
(Garnau-Straße), dem großen Kornspeicher für die vogteilichen Naturalabgaben,
einer Zehntscheune." Weiter schreibt Anton Rosen Zu den kirchlich-sozialen
Stiftungen gehört auch der Kolpingsverein, früher Katholischer Gesellenverein.
Im Jahr 1890 wurde er auf Anregung des Pfarrers Cremann gegründet und er
entwickelte sich sehr rasch. Unter dem Präses Rektor Strumann wurde 1899
das an der Poststraße gelegene Eschmannsche Haus für 13 000 Mark als ein eigenes
Vereinshaus erworben. Von 1905 ab wurden in der Oberwohnung Übernachtungsräume
für wandernde Gesellen geschaffen. Das Kolpinghaus ist zum Mittelpunkt des
auflebenden Ortsvereinswesens, kultureller Bestrebungen und des christlich orientierten
Parteilebens geworden. Der Saal ist gegenwärtig an den Vormittagen an die Kreisberufsschule
vermietet, er wurde Sitzungssaal der Amts-, Stadt- und Gemeindevertretung, Versammlungsstätte
der katholischen Lehrerschaft und der Heimatbewegung. Vor allem ist er eine Heimstätte
der Kolpingsöhne, eine Pflegestätte der Geselligkeit und, wie eben gesagt, der
Mittelpunkt geistigen und kulturellen Lebens und Strebens. |
|
Aus dem Kirchenarchiv St. Mauritius:
Am 1.7.1899 kaufte der Rector und Präses des Katholischen Gesellenvereins
zu Ibbenbüren, Strumann vom Steuerinspector Carl Eschmann aus Marburg und seinem
Bruder, dem Oberlehrer Dr. Eschmann aus Burgsteinfurt das Haus, damals Poststr.
13. Es lag in der Flur 40, Parzelle 45 in der Stadt, mit dem Hausgarten, genannt
" Sünningsgarten" Strumann betonte, er habe das Haus und die Grundstücke für den
Gesellenverein gekauft, sobald der Verein im Vereinsregister eingetragen sei,
werde das Eigentum im Grundbuch umgeschrieben. |
|
Um 1921 bewirtschaftete Paul Wesselmann,
Sohn der bekannten Malerfamilie Joseph Wesselmann aus Laggenbeck, das Kolpinghaus.
Von ihm sind einige Gemälde überliefert. Mehrfach malte er auch die Dekorationen
für die Fronleichnamsprozessionen u. gestaltete den Altar an der Poststraße vor
dem Kolpinghaus. |
| |
Im Januar 1925 bekam das Gesellenhaus
zur Straße hin eine Einfriedigungsmauer aus Sandstein mit 7 Mauerpfeilern, errichtet
durch den Bau-Unternehmer Rieke. Zwischen den Pfeilern waren kunstvoll gestaltete
schmiedeiserne Gitter angebracht. 1927 wurde die größte bauliche Umgestaltung
des Hauses im Erdgeschoß durchgeführt, die dem Hause die heutige (1952) Form gab.
| | Zeichnung
- Kolpinghaus - 1925 | |
|
Die Wirren des 2. Weltkrieges machten aus dem
gastlichen Haus zunächst ein Möbellager, dann eine Ausgabestelle für Bezugsscheine
und schließlich einen Kinderhort. Nach der Freigabe durch die englischen Besatzungstruppen
im Jahre 1946 verliehen fleißige Mitglieder der Kolpingfamilie dem Haus
wieder seine freundlich-gastliche Atmosphäre. 1951 erfolgte ein
weiterer Umbau des Hauses. |
|
1987 übernahm das Ehepaar Bernhard Kunze
das damalige Kolpinghaus als Pächter. 1992 erwarb das Ehepaar Sabine und
Bernhard Kunze den Gasthof und gestaltete das Objekt vollständig um. Heute bildet
das Haus im verkehrsberuhigten Stadtzentrum mit seinem Gaststätten- und Restaurantbetrieb,
einem Saal für Festlichkeiten und zwei Kegelbahnen einen festen Bestandteil der
Ibbenbürener Gastronomie, der nicht mehr wegzudenken ist. Der Hotelbereich
wurde in 2009 komplett renoviert und erweitert. Seitdem stehen den Gästen
in Ibbenbürens einzigem Hotel in Citylage sechs Zimmer und zwei Ferienwohnungn
zur Verfügung. |
|
Nachtrag ... Im Februar 2006
war das Kolpinghaus in der öffentlichen Diskussion. Pläne sahen vor, es abzureißen,
um dort Parkplätze für ein Einzelhandelsunternehmen zu schaffen. Inzwischen besteht
keine Gefahr mehr, daß das Gebäude abgerissen wird. Dazu möchte ich ein Zitat
vom 15.2.2006 in der Ibbenbürener Volkszeitung in Erinnerung rufen. Christina
Darge-Kröner vom Oberen Markt schrieb in einem Leserbrief anläßlich eines Stadtführer-Seminars
: " Ich kann gar nicht verstehen, wie in heutiger Zeit noch jemand auf die Idee
kommen kann, so ein schönes altes Gebäude, wie das Kolpinghaus abzureißen". Dagegen
stand die Aussage des damaligen Stadtbaurats Jochen Michel, das Kolpinghaus werde
erhalten, die Parkplätze würden hinter dem Haus entstehen. Es bleibt
zu hoffen, daß der stadthistorische Wert des Hauses erkannt wird und daß das Kolpinghaus
in Zukunft erhalten bleibt. |
|
Chronik des Hauses "Poststraße 12" |
| 1664 | Die
alte Scheune (Kolpinghaus) könnte 1664 zusammen mit dem Posthof erbaut
worden sein | | 1831 |
In der Urkataster-Karte von 1831 steht an dieser Stelle (noch Poststraße
13) eine steinerne Scheune. | | 1857 | Umbau
der Scheune zu einem Wohnhaus. Um 1857 | | 1899 | Die
Geschwister Eschmann verkauften 1899 das Haus an den katholischen Gesellenverein |
| 1921 | Paul Wesselmann
(Malerfamilie Joseph Wesselmann) bewirtschaftete ab 1921 das Kolpinghaus. |
| 1925 | Im Januar
1925 bekam das Gesellenhaus zur Straße hin eine Einfriedigungsmauer aus Sandstein |
| 1946 | Freigabe
des Hauses durch die englischen Besatzungstruppen im Jahre 1946 |
| 1951 | Umbau
des Kolpinghauses | | 1987 | Das
Ehepaar Bernhard Kunze übernahm 1987 das damalige Kolpinghaus als Pächter. |
| 1992 | Sabine
und Bernhard Kunze erwarben 1992 den Gasthof und gestaltete das Objekt vollständig
um | | 2009 | Der
Hotelbereich des Hauses wurde in 2009 komplett renoviert und erweitert. |
|
Das Haus in der Poststraße 12 | |
|
|
|
|
|
Bebauungsplan Poststraße
Stadt Ibbenbüren 1908 | Kolpinghaus
des Katholischen Gesellenvereins -
1905 | Das
Kolpinghaus (links) in der Poststraße um 1910 |
| |
|
|
|
Kolpinghaus (links)
- Segensbogen zur Fronleichnamsprozession |
Das Kolpinghaus (links)
in der Poststraße 12 um 1956 | Kunze
- Hotel & Gasthof in der Poststraße 12 - 2009 |
|
Links zum Thema |
|
© Aufnahmen dieser Seite - Sammlung Suer
- Sammlung Kunze - Werner Suer - Klaus Dreverhoff |
Foto Seite oben - Luftaufnahme
Unterstadt - Blick zur Poststraße und Posthof - Kolpinghaus
links
Foto - (Ausschnitt) Historischer Verein Ibbenbüren e. V.
|
© Förderverein Stadtmuseum Ibbenbüren
e. V. Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren |
|
| |
|