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Vor 200 Jahren - Die Franzosenzeit in Ibbenbüren - Von Viktor Schneider |
| Auf der Säule, die der Verein für Ortsgeschichte
Ibbenbüren e.V. (Historischer Verein) vor einigen Jahren an der Einmündung der
Bahnhofstraße in die Oststraße aufgestellt hat, lesen wir bei der Darstellung
der politischen Verhältnisse vor 200 Jahren: " 1806 - 1813 Kaiserreich Frankreich". Diese
aus Platzgründen gewählte etwas vereinfachende Formulierung bedarf einer Ergänzung.
In der Tat waren die Verhältnisse erheblich differenzierter.
Ibbenbüren
gehörte damals seit 1702 zu Preußen | | | |
Foto: Stadtmuseum
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| Ende des Jahres 1806 schlug Napoleon
in der Schlacht von Jena
und Auerstädt die Truppen Preußens
und die der damit verbündeten Staaten. Damit war die Herrschaft Preußens
auch in Westfalen zunächst beendet. Die preußischen Truppen hatten sich
wegen des drohenden Krieges schon ab August 1806 kampflos zurückgezogen und überließen
das Münsterland den vorrückenden Truppen, die unter Napoleons Oberhoheit standen. |
| Diese sogenannte französische Nordarmee wurde
vom Bruder Napoleons, dem König
Louis von Holland geführt. Dessen Divisionsgeneral Michaux, der die Vorhut
der Besatzungsarmee geführt hatte, wurde vom Holländischen König zum Generalgouverneur
der besetzten Gebiete ernannt. Etwas voreilig, denn schon wenige Tage später setzten
seine Majestät der Kaiser von Frankreich seinen General
Loison zum Chef des "ersten Generalgouvernements der eroberten Länder Münster,
Osnabrück, Marck und Tecklenburg" ein. |
| Die alte preußische Verwaltung mit allen
Beamten setzte ihre Arbeit fort. Die Generalgouverneure wechselten. Im August
1807 war es General Canuel.
Die kriegerischen Handlungen zwischen Frankreich
und Preußen
wurden formell mit dem Frieden
von Tilsit vom 9. Juli 1807 beendet.
Während Westfalen bis dahin
als noch zu Preußen gehörendes französisches Besatzungsgebiet anzusehen
war, wurde durch die Tilsiter Vereinbarungen nunmehr das Gebiet "abgetreten".
König
Friedrich Wilhelm von Preußen entließ mit einem ‚Publicandum' vom 24.
Juli 1807 seine Untertanen von den Pflichten Preußen gegenüber. |
| Napoleon vermachte mit Vertrag vom 21. Januar
1808 unser Gebiet zusammen mit großen Teilen Westfalens an das Großherzogtum
Berg. Zwar war auch dieses Großherzogtum ein Gebilde von Napoleons Gnaden
aber formell - ebenso wie das Königreich Westfalen - ein selbstständiger Staat.
Unsere ‚Hauptstadt' war Düsseldorf. | |
| Das Königreich Westfalen, zu dem Ibbenbüren entgegen
der landläufigen Meinung nie gehörte, wurde von Kassel aus regiert. Zwar blieben
die meisten der ehemaligen preussischen Beamten in ihren Ämtern. Die Verwaltungsstrukturen
wurden aber nach französischem Muster in Departements, Arrondissiments und Kantone
eingeteilt. Ibbenbüren gehörte zum ‚Departement der Ems' , dem Arrondissiment
Lingen und war Kanton Ibbenbüren mit den umliegenden Gemeinden von Alstede bis
Schierloh sowie Recke, Mettingen, Schapen, Schale, Hopsten mit den dazugehörigen
Bauernschaften. Departementshauptstadt war Münster. |
| Bekanntlich hatte Napoleon gegen England die
sogenannte ‚Kontinentalsperre'
- eine Art Wirtschaftsembargo verhängt. Um diese besser unter seine Kontrolle
bringen zu können veranlasste er, daß zwischen der ,Einmündung der Lippe in den
Rhein und Lübeck auf der Landkarte ein Strich gezogen wurde und alle nördlich
davon liegenden Gebiete dem Kaiserreich Frankreich auch formell zugeordnet wurden.
Das geschah mit dem Senatsconsult vom 13. Dezember 1810. Erst nun gehörten wir
zu Frankreich. Administrativ gab es wieder einige Veränderungen. Da Münster beim
Großherzogtum
Berg verblieben war, wurde ein neues Departement gebildet. Wie im Mutterland
Frankreich erhielt das neue Departement
"Ems - supérieur" (Oberems) eine Nummer :130. Departementssitz war
nun Osnabrück mit dem Präfekten Ritter der Ehrenlegion von Keverberg. Lingen und
Ibbenbüren behielten ihre Funktionen und räumlichen Ausdehnungen. Der ehemalige
preußische Domänenrat Mauve blieb in französischen Diensten als Unterpräfekt
mit Sitz in Lingen. |
| In Ibbenbüren wurde ein Friedensgericht nach
französischem Vorbild eingerichtet. Es wurde nach dem "Code
Napoleon" Recht gesprochen.
Der Kanton Ibbenbüren in seiner oben beschriebenen
räumlichen Ausdehnung wird mit einer Bevölkerung von 11061 Seelen angegeben. Zu
Zeiten der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Berg waren es noch 12602.
Mit
dem für Napoleon vernichtendem Ausgang der Völkerschlacht
bei Leipzig vom 16. - 19. Oktober 1813 endete auch die "Franzosenzeit" in
Ibbenbüren. Schon am 6. November rückten als Vorhut der alliierten Truppen Kosaken
unter der Führung von Fürst Narischkin im hiesigen Raum ein und bereits am 14.
November 1813 ernannte der preußische kommandierende General des 3. Armee-Corps
von Bülow den ehemaligen Regierungspräsidenten in Potsdam Freiherr
von Vincke zum Generalkommissar der wiederbesetzten preußisch - westfälischen
Provinzen mit Sitz in Münster.
Unmittelbar nach Wiederaufnahme der preußischen
Verwaltung arbeitete in Münster zunächst für einige Wochen eine "Provisorische
Regierungskommission" |
| 1816 war dann die preussische Administration
mit der Bildung der Landkreise und einer ordentlichen "Regierung" in Münster für
Westfalen abgeschlossen.
Der ehemalige Preußische Domänenrat und
spätere bergische und französische Unterpräfekt in Lingen Mauve wurde der erste
Landrat des preußischen Landkreises Tecklenburg. Dieser bestand aus der
alten Grafschaft
Tecklenburg, der alten Obergrafschaft
Lingen (Ibbenbüren, Mettingen, Recke, Brochterbeck) und Teilen des ehemaligen
Hochstifts
Münster (Hopsten, Hörstel, Bevergern) Lienen gehörte damals für ein paar Jahre
noch zum Landkreis Warendorf.
Da Landrat Mauve in Ibbenbüren wohnte, war
der Kreissitz bis zu seinem Tode 1821 in Ibbenbüren. (Carl-Philipp Mauve
(1754-1821) |
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Von
1816 bis 1821 war im ehemaligen Haus Ferdinand Hoffschulte das Landratsamt
des Landkreises Tecklenburg untergebracht. Geheimrat Mauve, der erste Landrat,
hatte dort seinen Amtssitz.
<<< Ehem. Haus Hoffschulte (Heute
Feldmann) Unterer Markt - 1895
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| Foto:
Sammlung Suer/Feldmann | | | | Viktor
Schneider, im August 2010 |
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Chronik :: | | 1806
- Napoleon schlug in der Schlacht von Jena und Auerstädt die Truppen Preußens
| | 1807 - Die kriegerischen
Handlungen zwischen Frankreich und Preußen wurden mit dem Frieden von Tilsit beendet.
| | 1807 - Mit einem ‚Publicandum'
vom 24. Juli 1807 entließ König Friedrich Wilhelm von Preußen seine Untertanen
von den Pflichten Preußen gegenüber. | | 1808
- Napoleon vermachte unser Gebiet zusammen mit großen Teilen Westfalens an das
Großherzogtum Berg | | 1808 Im
1808 gegründeten Königreich Westfalen unter Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte
war Osnabrück Hauptstadt des Departements Weser-Ems und Sitz der Präfektur
| | 1813 - Mit dem vernichtendem
Ausgang der Völkerschlacht (16. - 19. Oktober) bei Leipzig endete auch die "Franzosenzeit"
in Ibbenbüren. | | 1816 war
dann die preußische Administration mit der Bildung der Landkreise und einer
ordentlichen "Regierung" in Münster für Westfalen abgeschlossen. |
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Literatur zum Thema :: | | Helmut
Stubbe-da Luz: „Franzosenzeit“ in Norddeutschland (1803–1814). Napoleons Hanseatische
Departements. Bremen 2003 - . ISBN 3-86108-384-1.
Kerstin Theis / Jürgen
Wilhelm (Hrsg.): Frankreich am Rhein. Die Spuren der „Franzosenzeit“ im Westen
Deutschlands. - Köln 2008. ISBN 978-3-7743-0409 |
Foto Seite oben - Zeichnung von August
Dorfmüller - Ibbenbüren 1844 |
© Förderverein Stadtmuseum Ibbenbüren
e. V. Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren | |
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