Meteoritenfall in Ibbenbüren am 17. Juni 1870

Von Werner Suer (2015)

Am 17. Juni 1870 schlug ein Meteorit mit einer Geschwindigkeit von rund 160.000 km/h unter donnerartigem Getöse in Ibbenbüren ein. Der Knall war im Umkreis von mindestens drei Kilometern zu hören. Bereits eine Minute zuvor hatte ein Augenzeuge einen hellen Lichtblitz am Himmel bemerkt.

Der Einschlag erfolgte im heutigen Gartenbereich des Hauses am Püsselbürener Damm 61 – damals ein unbebautes Gelände. Zwei Tage später, am 19. Juni, entdeckte ein Bauer auf einem Fußweg ein Loch im Boden, das wie der Abdruck eines Pferdehufs wirkte. Neugierig steckte er seinen Arm hinein und stieß auf einen Stein mit einer schwarzen Schmelzkruste – typisch für Meteoriten. Er grub ihn aus: Der Fund wog ursprünglich 2034 Gramm. Weitere Bruchstücke, darunter ein etwa 30 Gramm schweres Teil, wurden in der Nähe entdeckt.

Heute wiegt der Hauptmeteorit noch rund 1600 Gramm. Teile wurden an Museen weltweit verteilt – von Wien bis New York. Ironischerweise ging die Stadt Ibbenbüren selbst leer aus, obwohl der Meteorit ihren Namen trägt. Ein kleines Ausstellungsstück oder eine Leihgabe wäre eine bedeutende Bereicherung für die Region und ihre Geschichte.

Meteorit „Ibbenbüren“ im Museum für Naturkunde Berlin © Dr. A. Greshake

Dazu ein historischer Bericht vom Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Prof. vom Rath, Bonn, am 18.1.1872 über den Meteoriten von Ibbenbühren (Westphalen), der am 17.6.1870 gefallen ist.

„Die erste Kunde dieses merkwürdigen Meteorsteinfalls verdanke ich Herrn Prof. Heis in Münster. In einer gütigen Zuschrift vom 27.7.1871 theilte mir derselbe mit, dass bereits vor mehr als Jahresfrist, am 17.6.1870, ein Bauer in der Gegend von Ibbenbühren unter Detonation und Lichterscheinung einen Stein zur Erde habe fallen sehen. Nach zwei Tagen habe der Mann den Stein gefunden, aufgehoben und in seinem Hause aufbewahrt, ohne ihm ein weiteres Interesse zu schenken.

Erst nach Verlauf eines Jahres habe der Bauer, nachdem sein Sohn glücklich aus dem Kriege heimgeehrt war, sich des Steins wieder erinnert und ihn auf den Rat eines Freundes nach Münster zum Professor Heis getragen. Ich erkannte den Stein sogleich als einen Meteoriten, schreibt Heis. Was denselben besonders auszeichnet, ist seine helle Farbe. Glänzende Eisenkörnchen sind nicht zu entdecken. Die Masse erscheint zu Theil deutlich krystalliesiert, mit auffallend großen Spaltungsflächen. Das Gewicht des Meteoriten beträgt 2.034 kg, sein spezifisches Gewicht 3,4. Einer ferneren Mittheilung des verdienstvollen Astronomen entnehme ich noch die folgenden Angaben: „Nach Aussage jenes Bauern geschah der Niederfall am Nachmittag gegen 2 Uhr unter donnerähnlichem Getöse, das von vielen Leuten der Umgebung bis in eine Entfernung von ¾ Wegstunden vernommen wurde. Eine blitzähnliche Erscheinung soll dem Donner um eine Minute vorangegangen sein. Drei Minuten später schien es dem Bauern, als ob in seiner Nähe, einige hundert Schritte entfernt ein Gegenstand in den Boden eingeschlagen sei. Bei diesem Niederfallen habe er ein Geräusch vernommen, vergleichbar einer Schaufel, die man flach auf den Boden schlägt. Auf meine Frage, ob wohl gleichzeitig ein Wölkchen am Himmel beobachtet worden sei, wusste der Bauer nichts zu erwidern. Er achtete mit seinem Begleiter so wenig auf diesen Niedergang, dass er es nicht der Mühe wert fand, zu untersuchen, ob mit dem scheinbaren Blitzschlag wirklich etwas zur Erden niedergefallen war.

Zwei Tage später, als der Bauer wieder in dieser Gegend ist, bemerkt er auf einem Fußweg einen Eindruck wie von einem Pferdehuf. Bei näherer Untersuchung findet er ein 0,7 Meter in den Boden gehendes Loch. Als er seinen Arm bis über den Ellenbogen hineinsteckt, stößt er mit den Fingerspitzen auf einen am Grunde liegenden Stein. Dieser zeigte sich, nachdem er ihn aus dem Loch herausgenommen hatte, an seiner Oberfläche schwarz und an einem Ende zertrümmert, ein Stein von einer Art, wie sie in der dortigen Gegend noch nie gesehen wurde. Die Zertrümmerung muss vor dem Eintritt in den Boden geschehen sein, denn ein kleineres etwa 30 Gramm schweres Stück wurde 300 bis 400 Schritt entfernt aufgefunden. Auf die Anfrage von Prof. Heis, ob die anderen, dem Stein offensichtlich noch fehlenden weiteren Stücke noch aufgefunden werden könnten, erwiderte der Bauer, dass dieses 1 Jahr nach dem Niedergang wohl nicht mehr gelingen werde, weil ringsum weicher Moorboden ist.“

(Soweit der historische Bericht von 1872)

Meteorit von Ibbenbüren © Prof. von Rath
Meteorit von Ibbenbüren © Prof. von Rath