Sprengstofflager für die Ibbenbürener Steinbrüche

von Werner Suer

Bis etwa 1930 wurde auf dem sogenannten „Welleken“ Schwarzpulver für die Ibbenbürener Steinbrüche gelagert. Das Pulver, das zum Sprengen in den zahlreichen Steinbrüchen der Region diente, wurde von den Ibbenbürener Kaufleuten Rohmann und Hoffschulte geliefert und in speziell dafür eingerichteten, abgelegenen Häuschen aufbewahrt.

Schon damals ging man beim Transport und der Aufbewahrung von Sprengstoffen äußerst vorsichtig vor.
Das Schwarzpulver kam in einem von Pferden gezogenen Pulverwagen, der von Köln aus acht Tage unterwegs war. Zur Kennzeichnung führte der Wagen rechts eine schwarze und links eine rote Fahne.
Durch geschlossene Ortschaften durfte das Fuhrwerk nur unter polizeilicher Begleitung fahren. Bei der Anlieferung wurde stets eine gewisse Entfernung zur Stadt eingehalten:
– Für Rohmanns Schwarzpulver hielt der Wagen bei Kösters Glashütte,
– Für Hoffschultes Pulver auf der Ledder Straße vor den Toren der Stadt.

Von dort nahmen die Empfänger die Ware entgegen und brachten sie zu ihren jeweiligen Lagerhäuschen. Der Polizeidiener von Ibbenbüren begleitete gemeinsam mit Kaufmann Hoffschulte den Pferdewagen bis zum Welleken zu Fuß.

Das Lager von Hoffschulte befand sich in einem kleinen Gartenhäuschen auf einer Insel nahe der Einmündung Zum Welleken in die Rählege. Diese Insel lag in einem Teich, der durch Grundwasser und eine Quelle gespeist wurde.
Die Anlage, die vermutlich vom Arzt Dr. Lucassen angelegt wurde, war schon sehr alt. Sein Sohn, der Justizkommissar Anton Lucassen, besaß 1831 das Haus am Oberen Markt 5 – später erwarb Kaufmann Hoffschulte dieses Anwesen.

Die dicke Eiche auf der historischen Postkarte markiert die Stelle, wo der Uphof auf die Rählege trifft. Dort befand sich "Hoffschulten Welleken"

Die idyllische Inselanlage war im Volksmund als Hoffschulten Welleken bekannt. Die umlaufende Gräfte war drei bis vier Meter breit und bis zu zwei Meter tief. Die rund 300 bis 400 m² große Insel war mit Obstbäumen, Erlengebüsch, Lärchen und alten Eichen bestanden – ein friedlicher Ort, der in starkem Kontrast zu seiner gefährlichen Nutzung stand.

Stadtplan Ibbenbüren - Ausgabe von 1954

Das ursprüngliche Gartenhäuschen stand gleich hinter der Gräftenbrücke am Eingangstor.
Als dieser einfache Bau den Sicherheitsvorschriften nicht mehr genügte, errichtete man auf der östlichen Seite der Insel ein massives Häuschen aus weißen Ziegelsteinen. Dieses diente noch viele Jahre, auch während des Kanalbaus, als Sprengstofflager.
Im Jahr 1930 verkaufte Hoffschulte das Grundstück an den Bergmann August Johannes, der die Anlage abtrug und an ihrer Stelle sein Wohnhaus an der Rählege 17 errichtete.
Der Kaufmann Joseph Hoffschulte erinnerte sich 1978 im Gespräch mit Lehrer Holwitt (für das Buch Alt-Ibbenbüren) an die Lagerung des Schwarzpulvers auf der Insel:
Im Sommer, so meinte er, würde wohl kaum etwas passieren. Aber im Winter, wenn die Kinder auf dem Eis schlinderten oder Schlittschuh liefen, dann sei die Sache bedeutend schlimmer: „De Blagen kriegt et ferrig un jagt miä dat ganze Wiärks in de Lucht – un sick sölwest met!“
Glücklicherweise ist nie ein Unfall passiert.

Auch Rohmann besaß ein eigenes Sprengstofflager. Es stand im Garten neben dem Krankenhaus, der später vom Bäckermeister Eduard Meyer (um 1925) erworben wurde.
Das kleine Häuschen war solide aus dicken Ziegelmauern gebaut, verfügte über ein gemauertes Gewölbe, eine eiserne Tür und sogar einen Blitzableiter.
Um 1932 war das Gebäude im Besitz des Kaufmanns Rüschenschmidt und diente weiterhin als Sprengstofflagerraum für den privaten Verkauf.

Die Geschichte des Sprengstofflagers auf dem Welleken ist ein eindrucksvolles Beispiel für die industrielle Entwicklung Ibbenbürens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – und für den sorgsamen Umgang mit gefährlichen Stoffen in einer Zeit, als Steinbrüche und Bergbau das Stadtbild prägten.