Die Malerin Maria Anna Wagener,
1839 bis 1928
von Annette Bucken
von Annette Bucken
Am 14. April 1839 wurde Maria Anna Wagener als viertes von sieben Kindern in Münster geboren und am 16. April in der Überwasser-Kirche getauft. Sie wohnte zuletzt in der Kirchstraße 78, jetzige Stiftstraße, in der Nähe der St. Mauritz-Kirche.
Die Eltern der Malerin, Johann Henrich Wagener, 1794 – 1872, und Henriette Hortensia Virginia, geb. Brandi, 1806 – 1890, heirateten am 29. September 1829 in der Lamberti-Kirche zu Münster. Sie wohnten an der Salzstraße. Ab 1849 waren sie in Ibbenbüren, Waldfrieden 12 gemeldet, später Nordfeldmark 134.
Die sieben Kinder der Familie:
Franz Laurenz, wurde am 15. Februar 1831 in Münster geboren und verstarb am 20. Februar 1831.
Am 21. Juni 1833 kam Joseph Thomas Carl zur Welt. Laut Militäreinzugsliste war er Auszubildender bei der kaiserlichen Post, er starb 1898 in Münster.
Am 12. September 1937 erblickte Agnes das Licht der Welt.
Unsere Künstlerin Maria Anna Josefa wurde am 14. April 1939 geboren.
Dorothea Caroline Virginia lebte vom 15. 4. 1841 bis 1919, verheiratet war sie mit Alfred Dykhoff und ab 1892 mit Heinrich Giese.
Maria Antonetta Therese Gertrud kam am 7. Mai 1845 zur Welt, war verheiratet mit Anton Duncker, dann mit August Sunder. Sterbedatum und –ort sind nicht bekannt.
Anton Ambrosius Max Albert wurde am 4. April 1849 geboren, lebte bis 1917.
Dorothea und Max sind in Ibbenbüren beerdigt.
Um 1907 ist Maria Anna als Bildnis- und Historienmalerin bekannt. Über ihren Lebensweg sowie ihre künstlerische Ausbildung ist bislang wenig bekannt.
Anscheinend besuchte sie die Akademie in Düsseldorf, eingeschrieben war sie dort nicht, aber 1865 wohnte sie dort. Um diese Zeit veranstaltete der Rheinisch-Westfälische Kunstverein eine Kunstausstellung, auf der sie mit vier Bildern vertreten war, zwei Porträts, eine „Madonna“ und eine „Hl. Cäcilia“.
Letztere Arbeit gerät durch Verlosung an eine Kanzleiratswitwe Ronneberg. Ein anderes wird laut Quittung der Malerin vom 5. 12. 1865 vom Westfälischen Kunstverein (WKV) zu Münster für 68 Taler erworben. Am 23.12. 1865 wird es zusammen mit einem Bild der ebenfalls in Düsseldorf tätigen Malerin Charlotte Flamm und weiteren Werken aus dem Besitz des WKV zu einer Gemäldeausstellung nach Recklinghausen geschickt.
1867 erhält sie für die Entwürfe und Kartons zu drei Glasgemälden in der St. Mauritz-Kirche in Münster ein Honorar von 345 Talern.
1868 zeigte sie auf einer Kunstausstellung „Düsseldorfer und Weimarer Kunstwerke des WKV“ in Münster ein Werk ‚Madonna mit Kind‘, das im Januar 1869 verlost wurde.
Um ein vollständiges Bild von Maria Anna Wageners Tätigkeit als Malerin zu erhalten, müssten ihre Gemälde, von denen seit Kurzem einige im Ibbenbürener Umfeld aufgetaucht sind, zusammenfassend beurteilt werden. Offensichtlich ist, dass Maria Anna Wagener 1865, 1885, 1889, 1899, 1905 Kunstwerke geschaffen hat und wahrscheinlich auch vorher und danach noch.
Vielleicht finden sich noch welche mit der „Wagener-Signatur“. Die künstlerische Qualität ist durchaus beachtenswert.
Es ist bekannt, dass Künstlerinnen sich damals, vor 150 Jahren nicht bei der Akademie einschreiben konnten – wohl aber Künstler. Meistens nahmen Malerinnen Privatunterricht und besuchten nebenher die Akademie.
Einige Angaben stammen aus: J. Schmidt-Liebich, Lexikon der Künstlerinnen 1700-1900. Deutschland, Österreich, Schweiz, München 2005. Genealogische Datenbasis.
Maria Anna Wagener starb am 26. November 1928 in Münster und wurde auf dem Mauritz-Friedhof „Teil 3“ in Münster beerdigt. Das Grab ist nicht mehr vorhanden.
Schönes „armes“ Bild im Stadtmuseum
Sechs Gemälde der Malerin Maria Anna Wagener sind im Besitz des Fördervereins Stadtmuseum Ibbenbüren. Das schönste dieser Gemälde hat eine aufregende Geschichte.
Der Ursprung des Kunstwerks liegt im Jahr 1899. Damals ließ sich eine junge Dame auf großer Leinwand sich porträtieren. Die Malerin Maria Anna Wagener aus Münster malte sie bis ins kleinste Detail fotografisch genau, geradezu meisterlich.
Diese junge Dame ist namentlich bekannt: Katharina Henriette Meyer, 18 Jahre alt, eine Schwester der Elisabeth Többen, geb. Meyer. Elisabeth und Johann Bernhard Többen kauften 1912 das Haus an der Breiten Straße 9 in Ibbenbüren, in dem heute das Stadtmuseum residiert.
Lore Künne, eine Enkelin Többens, überließ 2008 dem Förderverein zur Eröffnung des Stadtmuseums unter anderen ein Gemälde in ovalem Rahmen.
Gehen wir einen kleinen Schritt vor ins Jahr 2011:
Die „Prunkräume“ des Museums werden neu tapeziert. Alle Bilder müssen von den Wänden. Das schöne große ovale Bild wird auf einem Teppich im Obergeschoss zwischengelagert. An der Rückseite zeigt die Pappe ungewöhnliche Wellen, sie ist teilweise lose. Ein vorsichtiger Blick hinter den alten Deckel bringt schier Unglaubliches zu Tage: Das ca. 78 Zentimeter hohe ovale Kunstwerk war ursprünglich hochrechteckig, was bisher niemandem aufgefallen war. Aus bisher nicht bekanntem Grund hatte man um 1910 die bemalte Leinwand an den Kanten vielfach geknickt, umgeschlagen und in einen ovalen Rahmen hineingefaltet.
Über die Hälfte der Bildfläche ging so dem Betrachter verloren, das Gemälde nahm Schaden, an den Bruchkanten platzte Farbe ab und die Leinwand verzog sich. Um dem Ganzen im „neuen Oval“ wieder Halt zu geben, fixierte man alles mit Nägeln am Holzrahmen. So wird es wohl jahrein, jahraus bei der Familie Meyer in Osnabrück, später bei Többens in Ibbenbüren an der Breiten Straße im Wohnzimmer zu sehen gewesen sein.
2016 weilte Diplomrestauratorin Helena Dick aus Münster im Stadtmuseum, um Farbschichtenuntersuchungen an Türen und Wandbekleidungen im Flur vorzunehmen. Beim Gang durch die historischen Räume fiel ihr Blick auch auf das Gemälde „Dame mit Maiglöckchenstrauß“.
Sie ließ sich einige Geschichten aus dem Gemälde-Leben erzählen, bedauerte das „arme Bild im Salon“ und schlug gleich Möglichkeiten zur Restaurierung vor.
In kurzer stellte sie den Kontakt zum LWL Münster und zu Prof. Dr. Ursula Haller von der Hochschule für Bildende Künste in Dresden her. So ergab sich folgende Wendung: Das Gemälde soll untersucht, restauriert, konserviert und ins ursprüngliche Format zurückgeführt werden. Das alles ist Gegenstand einer Diplomarbeit im Studiengang Kunsttechnologie.
Die Kunststudentin Franziska Motz (Fachklasse für Konservierung und Restaurierung) nahm sich des Gemäldes an und führte es im Rahmen ihrer mit „sehr gut“ bewerteten Diplomarbeit in das Ursprungsformat zurück.
Stellvertretend für die Diplomandin reiste Sandra Plötz, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Ko-Referentin der Diplomarbeit – aus Dresden an und überreichte dem Museumsteam das restaurierte Gemälde persönlich.
Rechtzeitig an Katharinas Geburtstag, 22. Mai, wurde das Kunstwerk feierlich enthüllt und erhielt im Salon seinen Ehrenplatz.
Die Diplomarbeit von Franziska Motz kann im Stadtmuseum eingesehen werden.
Wageners Werke, ein kleiner Ausschnitt …
Nachweislich sind Gemälde aus 70 Jahren ihrer Schaffenszeit auch ins Ausland verkauft worden. Niemand weiß wo sie geblieben sind. Einige sind in Ibbenbüren.