Vor über 200 Jahren: Die Franzosenzeit in Ibbenbüren
von Viktor Schneider (2010)
von Viktor Schneider (2010)
Auf einer Gedenksäule des Vereins für Ortsgeschichte Ibbenbüren e.V. lesen wir: „1806–1813 Kaiserreich Frankreich“ – eine vereinfachte Darstellung der damaligen politischen Lage. Tatsächlich war die Situation weit komplexer.
Vom preußischen Ibbenbüren zur französischen Besatzung
Seit 1702 gehörte Ibbenbüren zu Preußen. Doch mit Napoleons Sieg über Preußen in der Schlacht bei Jena und Auerstädt (1806) endete diese Herrschaft vorerst. Bereits im August 1806 hatten sich preußische Truppen zurückgezogen und das Münsterland kampflos Napoleons Truppen überlassen.
Verwaltung unter französischer Kontrolle
Die französische Besatzung begann unter Napoleons Bruder, König Louis von Holland. Sein General Michaux wurde zunächst als Generalgouverneur eingesetzt – kurz darauf durch General Loison ersetzt, den Napoleon selbst bestimmte. Trotz französischer Kontrolle blieb die preußische Verwaltung zunächst im Amt. 1807 übernahm General Canuel die Verwaltung.
Vom Friedensvertrag zur Gebietszuteilung
Mit dem Frieden von Tilsit (9. Juli 1807) endeten die Kämpfe zwischen Frankreich und Preußen offiziell. Kurz darauf, am 24. Juli 1807, entließ der preußische König seine Untertanen im Münsterland aus ihrer Treuepflicht. Napoleon übertrug das Gebiet am 21. Januar 1808 dem Großherzogtum Berg, das formell ein eigenständiger Staat unter französischem Einfluss war. Ibbenbüren wurde Teil des Departements der Ems, mit Münster als Hauptstadt.
Französisches Recht und Verwaltung
Im Zuge der sogenannten Kontinentalsperre ordnete Napoleon 1810 die direkte Eingliederung nördlicher Gebiete ins Kaiserreich Frankreich an. Ibbenbüren wurde Teil des neuen Departements Ems-Supérieur (Oberems) mit Sitz in Osnabrück. Es galt nun französisches Recht – nach dem Code Napoléon wurde in Ibbenbüren ein Friedensgericht eingerichtet.
Der Kanton Ibbenbüren umfasste u. a. Recke, Mettingen, Hopsten und Schapen – mit rund 11.061 Einwohnern (zuvor im Großherzogtum Berg waren es ca. 12.602).
Das Ende der Franzosenzeit
Mit der Niederlage Napoleons bei der Völkerschlacht bei Leipzig (16. – 19. Oktober 1813) endete auch die französische Herrschaft in Ibbenbüren. Am 6. November rückten Kosaken ein, am 14. November 1813 wurde Freiherr von Vincke zum Generalkommissar für die wieder preußischen Gebiete ernannt.
Rückkehr zu Preußen
Nach einer Übergangsregierung in Münster (1813) wurde 1816 die preußische Verwaltung mit festen Landkreisen eingeführt. Carl-Philipp Mauve, zuvor französischer Unterpräfekt in Lingen, wurde erster Landrat des neu geschaffenen Landkreises Tecklenburg mit Sitz in Ibbenbüren – bis zu seinem Tod 1821.
Chronik
• 1806: Napoleon besiegt Preußen (Jena/Auerstädt)
• 1807: Frieden von Tilsit – Preußen gibt Westfalen auf
• 1808: Gebiet wird dem Großherzogtum Berg zugeteilt
• 1810: Ibbenbüren wird offiziell Teil Frankreichs
• 1813: Völkerschlacht bei Leipzig – Ende der Franzosenzeit
• 1816: Preußische Verwaltung mit Landkreisen etabliert